GmbH/Recht: Darf der Kollege dem Kollegen kündigen? + Ehegatten-GmbH: Wenn es in der Partnerschaft nicht mehr stimmt – was tun? + Digitales: Vorsicht bei Ihrem Invest in digitales Geld + GmbH-Zahlen: SIE verantworten des Jahresabschluss + Mitarbeiter: Gutverdiener als leitende Angestellte + VW-Folgen: Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung + GmbH/Steuer: Sanierungsgewinn im Insolvenzverfahren + Freiwillig versicherte Geschäftsführer: Voller KV-Beitrag auf die Sofortrente
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 35/2018 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 31. August 2018
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
die Abberufung und Kündigung des GmbH-Geschäftsführers ist Sache der Gesellschafter. Nicht immer. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt es eine Ausnahme: Dann darf der Kollege den Kollegen kündigen. Und zwar dann, wenn die Gesellschafter den Geschäftsführer zwar abberufen, aber nicht gekündigt haben (BGH, Urteil v. 17.7.2018, II ZR 452/17).
Beispiel: Weil der Anstellungsvertrag vertragsgemäß nur „aus wichtigem Grund” gekündigt werden kann und die Gesellschafter sich nicht schlüssig darüber sind, ob der Abberufungsgrund zugleich auch ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages ist, verzichten sie zunächst auf die Kündigung des Anstellungsvertrages. Leistet sich der abberufene aber noch angestellte Geschäftsführer im weiteren Verlauf eine Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt, dann darf ein inzwischen neu bestellter Geschäftsführer den Kollegen kündigen. Das ergibt sich laut BGH „aus der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des neuen Geschäftsführers”. Kurios: Im Verfahren ging es um die geschäftsführenden Anwälte einer Rechtsanwalts-GmbH. Offensichtlich wollte man es „juristisch” ganz genau wissen, so dass die Beteiligten sich erst dem Urteil des obersten deutschen Zivilgerichts beugten.
Ehegatten-GmbH: Wenn es in der Partnerschaft nicht mehr stimmt – was tun?
Eigentlich sind die Voraussetzungen für eine stabile Beziehung auf der Gesellschafter/Geschäftsführer-Ebene nicht schlecht: Beide engagieren sich für die gleiche Sache „GmbH”, beide sind darauf angewiesen, dass das geschäftlich Umfeld und alle damit zusammenhängenden Themen (und Probleme) regelmäßig kommuniziert werden. Man hat gemeinsame Freunde und Bekannte. Dagegen steht: Genau diese Nähe ist auch ein Beschwernis. Es fehlen neue Anregungen. Es bleibt wenig Zeit für die Freunde, für Kulturelles, selbst für gemeinsame Urlaube bleibt wenig Zeit. Noch schwieriger wird es, wenn (kleine) Kinder da sind und beide ihre beruflichen Aufgaben und Herausforderungen weiter wahrnehmen wollen. Kommt es zur Trennung, sind die Beteiligten – was nicht ganz leicht – gut beraten, jederzeit höchst verantwortlich zu agieren. Nicht zuletzt, um den Bestand der gemeinsamen Firma nicht zu gefährden. Aus Sicht der GmbH gilt dann: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Die Rechtslage: Dazu gibt es ein interessantes Grundsatz-Urteil für alle Ehegatten-GmbHs vom Bundesgerichtshof (BGH). Und zwar für den Fall, dass beide an der GmbH beteiligt sind, beide in der GmbH mitarbeiten und die Ehe auseinander geht. Abgesehen von den persönlichen Stress-Momenten geht das meistens auch zu Lasten der GmbH. In der Regel werden dann wirtschaftlich kleinere Brötchen gebacken als möglich.
Im konkreten Fall gab es 4 Gesellschafter, davon ein Ehepaar. Alle waren zugleich Ressort verantwortliche Geschäftsführer. Nach der privaten Trennung zeichnete sich ab, dass eine weitere Zusammenarbeit in der GmbH schwierig sein würde. Dabei verhielt sich der Ex-Ehemann (wie leider sehr oft) ungeschickt und machte Fehler. Die Ex-Ehefrau beschloss dann mit den beiden anderen Gesellschaftern, den Ausschluss ihres Ex-Ehegatten. Das war laut Gesellschaftsvertrag möglich. Und zwar für den Fall, dass in der Person des Gesellschafters „ein wichtiger Grund“ vorlag, der eine weitere Zusammenarbeit unmöglich macht. Die Rechtslage: Bevor die Gesellschafter den Ausschluss einleiteten, gingen sie schrittweise vor und zwar so:
- Erste Pflichtverletzungen des betroffenen Geschäftsführers (Terminversäumnisse) wurden anwaltlich abgemahnt. Und zwar insgesamt 3mal (Voraussetzung: Beschluss der übrigen Gesellschafter mit ¾‑Mehrheit, eine entsprechende Abmahnung auszusprechen).
- Beschluss der Gesellschafter zur Freistellung des Geschäftsführers. Daran hielt sich der Geschäftsführer nicht. Er versuchte, seine Tätigkeit weiter auszuüben, legte aber keine Rechtsmittel ein (Feststellung der Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses).
- Daraufhin erfolgten die Beschlussfassung über die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grunde und der Beschluss über den Ausschluss des Gesellschafters aus wichtigem Grunde.
Wie der Ausgang dieses Verfahrens belegt, ist dieses Vorgehen erfolgreich. Die einzelnen Schritte sind angemessen, juristisch begründet und belegen, dass das Fehlverhalten überwiegend beim ausgeschlossenen Gesellschafter-Geschäftsführer selbst liegt (der im Übrigen schlecht beraten war, ohne juristischen Beistand „ins offene Messer“ zu rennen). Der BGH hält dieses Vorgehen der verblieben Gesellschafter für rechtmäßig.
Wichtige Voraussetzung: Laut Gesellschaftsvertrag ist der Ausschluss geregelt und die Ausschlussgründe werden genannt. Das gilt dann und ist wörtlich zu nehmen. Das wie oben beschriebene Verfahren zum Ausschluss ist damit rechtmäßig (BGH, Urteil v. 24.9.2013, II ZR 216/11).
Digitales: Vorsicht bei Ihrem Invest in digitales Geld
Krypto-Währungen bieten Vorteile (vgl. Nr. 50/2017) und Risiken. Dass das Spekulieren mit Krypto-Währungen nicht unerhebliche Risiken birgt, haben jetzt 30.000 Anleger des FinTech-Unternehmens Enivon AG erfahren müssen. Der Anlage-Verlust beläuft sich auf rund 100 Mio. US-Dollar. Was ist hier falsch gelaufen und worauf müssen Sie bei der Anlage in Krypto-Währungen achten? Ausgangspunkt war ein Renditeversprechen von 161 % im Januar dieses Jahres.
Bei der Ausgabe von virtuellen Aktien wurde ein Envion-Token mit einem Dollar gehandelt, unterdessen ist er nur noch 8 Cent wert. Jetzt wurde bekannt, dass das Berliner Unternehmen niemals einen Geschäftsbetrieb ausübte – das aus der Krypto-Währung geschürfte Geld nie in konkrete Projekte angelegt wurde. Die Prospekte der Enivon AG waren zwar ausgesprochen umfangreich und warben mit bekannten Gesichtern aus der Finanz-Branche, waren aber zu keinem Zeitpunkt von den zuständigen Behörden geprüft oder genehmigt. Die beiden Gründer prozessieren gegeneinander. Nach einer Studie der US-Beratungsgesellschaft Satis sind 80 % aller virtuellen Börsengänge (ICO) Betrug. Also aufgepasst.
GmbH-Zahlen: SIE verantworten des Jahresabschluss
„Was passiert, wenn ich den Jahresabschluss der GmbH nicht termingerecht vorlege?“ – so die Anfrage eines Kollegen, der mit den Zahlen seiner GmbH nicht hinterher kommt und den Jahresabschluss seiner mittelgroßen GmbH eigentlich bis zum 31.8. des Jahres – also bis Ende dieses Monats – durch die Gesellschafter feststellen lassen muss (Datum des Beschluss-Protokolls). Danach müssen GmbHs jährlich einen kompletten Jahresabschluss aufstellen und diesen durch die Gesellschafter feststellen lassen (Rechtsquelle: § 42a GmbH-Gesetz). Ein Verstoß gegen diese Vorschriften bedeutet für Sie als Geschäftsführer:
- Sie sind zuständig zur Vorlage der Steuererklärungen der GmbH. Dazu ist auch der von den Gesellschaftern festgestellte Jahresabschluss der GmbH an das Finanzamt einzureichen. Verstöße gegen diese Steuervorschrift werden mit Bußgeldern, Strafzinsen oder sogar als Straftat belangt.
- Außerdem können die Gesellschafter der GmbH den Geschäftsführer in die Haftung nehmen. Ggf. muss der Geschäftsführer entstandenen Schaden ersetzen. Außerdem drohen organ- und arbeitsrechtliche Konsequenzen.
Die Rechtslage: Das Kammergericht (KG) Berlin hat konkret zu diesem Sachverhalt entschieden. Dort heißt es: „Der Geschäftsführer hat dafür zu sorgen, dass der Jahresabschluss innerhalb der gesetzten Fristen den Gesellschaftern vorgelegt wird. Unterlässt er das, stellt das ein gravierendes Fehlverhalten dar“. Folge: Das rechtfertigt eine sofortige Abberufung aus dem Amt – und zwar sogar aus wichtigem Grund. Das heißt: Ist per Gesellschaftsvertrag eine Abberufung nur aus wichtigem Grunde vorgesehen, dann genügt dieses Vergehen für eine Abberufung. Weitere Rechtsfolge: In der Regel kann auch der Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund und damit fristlos aufgekündigt werden (so zuletzt Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.8.2011, 23 U 114/11).
Mitarbeiter: Gutverdiener als leitende Angestellte
Die Bundesregierung plant Ausnahmen vom Kündigungsschutz. Danach sollen Gutverdiener mit einem Jahreseinkommen > 234.000 EUR in Zukunft als leitende Angestellte qualifiziert werden. Vorteil für die Unternehmen: Diese sog. Risikoträger in den Unternehmen (hier: Bankenbranche) genießen dann nicht mehr den vollen Kündigungsschutz. Für das im Koalitionsvertrag bereits vereinbarte Vorhaben liegt allerdings noch kein konkreter Gesetzentwurf vor.
VW-Folgen: Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung
Weil der VW-Vorstand Heinz-Jakob Neußer bei der Aufklärung der Diesel-Affäre gegen seine arbeitsrechtliche Verschwiegenheitspflicht (so ausdrücklich vereinbart im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag) verstoßen hat, wurde er mit sofortiger Wirkung freigestellt und fristlos gekündigt. Der wird diese Kündigung nicht hinnehmen, sondern die Rechtmäßigkeit vor dem Arbeitsgericht klären lassen. Interessant auch für Geschäftsführer: Kann sich ein Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder leitender Angestellter auf seine arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht berufen, wenn im staatsanwaltlichen/gerichtlichen Verfahren ermittelt wird? Und: Ist eine so begründete fristlose Kündigung korrekt und wirksam. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
GmbH/Steuer: Sanierungsgewinn im Insolvenzverfahren
Dass sog. Sanierungsgewinne laut BMF-Erlass steuerbegünstigt bleiben, spielt im finanzgerichtlichen Verfahren keine Rolle. Im Urteilsfall musste das Gericht darüber entscheiden, ob das Finanzamt die Steuer für einen Sanierungsgewinn unzutreffend erhoben hat. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits in vorherigen Entscheidungen dazu Stellung genommen und die Steuerbegünstigung nach dem Sanierungserlass als unzulässig abgelehnt (BFH, Beschluss v. 8.5.2018, VIII B 124/17).
Freiwillig versicherte Geschäftsführer: Voller KV-Beitrag auf die Sofortrente
Geschäftsführer, die freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind und eine Direkt- bzw. private Rentenversicherung mit Auszahlungswahlrecht abgeschlossen haben, müssen auf den vollen Auszahlungsbetrag der Sofortrente und nicht nur auf den Kapitalzuwachs Krankenkassenbeiträge zahlen. Damit bestätigt das Bundessozialgericht die bisher bereits den Sozialgerichten entschiedene Rechtslage und bestätigt seine bereits dazu ergangenen Entscheidung vom 10.10.2017 (Bundessozialgericht, Urteil v. 15.8.2018, B 12 R 5/17 R).
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