In vielen mittelständischen GmbHs ist per Gesellschaftsvertrag einer der Gesellschafter zum Leiter der Gesellschafterversammlung bestimmt. Damit soll der professionelle Ablauf der Gesellschafterversammlung sichergestellt werden. Das macht Sinn, wenn die übrigen Gesellschafter keine oder nur wenig geschäftliche Erfahrung haben und sich auch nicht weiter in der GmbH engagieren wollen.
Achtung: …
Eine solche Regelung führt aber immer wieder zu Problemen, wenn es in der GmbH zwischen den Gesellschaftern zu Konflikten kommt – z. B. wenn mehrere Familien-Stämme unterschiedliche Interessen haben. Ist im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht zur Leitung der Gesellschafterversammlung eingeräumt, müssen Sie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) beachten. Danach gilt: „Will ein Gesellschafter den Versammlungsleiter abwählen, hat der per Gesellschaftsvertrag zur Versammlungsleitung beauftragte Gesellschafter grundsätzlich Stimmrecht“. Auch, wenn es bei der bevorstehenden Gesellschafterversammlung um TOPs geht, die ihn betreffen – also z. B. seine Abberufung als Geschäftsführer oder die Einziehung seines GmbH-Anteils (BGH, Urteil vom 21.6.2010, II ZR 230/08). Also auch dann, wenn der Gesellschafter indirekt in eigener Sache abstimmt, hat er Stimmrecht, wenn es um die Besetzung der Versammlungsleitung geht.
Faktisch heißt das: Ist der Mehrheitsgesellschafter (Anteil > 50 %) per Gesellschaftsvertrag zum Versammlungsleiter bestellt, ist er nicht abwählbar. Er hat damit alle Möglichkeiten kraft Amtes als Versammlungsleiter – auch zum Manipulieren, etwa bei der Zuteilung des Rederechts, bei Beschlussanträgen. Und er kann das Protokoll beeinflussen.
Arbeitshilfe: Ablauf und Führung der Gesellschafterversammlung