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Volkelt-Brief 47/2015

Volkelt-FB-01TTIP, EU-Kri­se, Migra­ti­on, Ter­ror: Nur der Mit­tel­stand hat kei­ne Lob­by + Bit­co­in: Wann eine Inter­net-Wäh­rung kommt und was sie (nicht) kann + Dienst­leis­ter-GmbHs: Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter im Abwärts-Trend + Mit­ar­bei­ter-Test: Wie belast­bar ist der/die Neue? + GmbH-Recht: Schieds­ge­richt ent­schei­det im Gesell­schaf­ter-Streit +  Stel­len­aus­schrei­bung: Deutsch-Kennt­nis­se statt Deutsch als Mut­ter­spra­che + BISS

 

 

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Frei­burg 20. Novem­ber 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

der Wider­stand gegen das TTIP-Abkom­men nimmt zu. Der Zustand Euro­pas lässt mehr als zu wün­schen übrig. Es gibt kei­ne belast­ba­ren Erkennt­nis­se dar­über, ob es zu viel oder zu wenig Zuwan­de­rung gibt. Der IS-Ter­ror bestimmt die Schlag­zei­len und ver­ängs­tigt. Fakt ist: …

Die Ver­hand­lun­gen um TTIP hin­ter ver­schlos­se­nen Türen brin­gen mehr Pro­ble­me als Zustim­mung. Von den Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen der EU pro­fi­tie­ren die Regio­nen (Kata­lo­ni­en). Die Zuwan­de­rung ist Chan­ce und Risi­ko zugleich. Der Ter­ro­ris­mus ist da und ver­langt nach Antworten.

Der Mit­tel­stand steht so gese­hen zwi­schen den Fron­ten. Vie­le Mit­tel­ständ­ler sind Zulie­fe­rer für Inter­na­tio­na­le Kon­zer­ne, sie sind auf das Funk­tio­nie­ren der Welt­wirt­schaft und auf eine Welt-Kon­junk­tur mit Wachs­tums­ra­ten ange­wie­sen. Ein gro­ßer Teil des Mit­tel­stan­des – das sind vie­le klei­ne­re Unter­neh­men – hat ganz ande­re Pro­ble­me: Vie­le erwirt­schaf­ten die hohen und wei­ter stei­gen­den Over­head-Kos­ten nur noch auf Kos­ten einer unter­durch­schnitt­li­chen Rendite.

Ent­las­tung ist für die­sen Teil des Mit­tel­stan­des nicht in Sicht. Es fehlt eine schlag­kräftige Lob­by. Ob Min­dest­lohn, Arbeits­zeit-Doku­men­ta­ti­on, Anspruch auf Eltern­zeit, Anhe­bung der Gewer­be­steu­er, Pro­dukt­haf­tungs-Vor­ga­ben, Teil­ha­be an Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren, Bau­vor­schrif­ten, Anfor­de­run­gen an Arbeits­plät­ze usw.. Fast jeder Arbeits­platz in Deutsch­land wird für den Arbeit­ge­ber Jahr für Jahr teu­rer. Büro­kra­tie­ab­bau ist (lei­der) nur ein Schlag­wort. Das aber ist und bleibt die Mess­lat­te für Mittelstands-Politik.

Bitcoin: Wann eine Internet-Währung kommt und was sie (nicht) kann

Bit­co­in heißt die vir­tu­el­le Wäh­rung, mit der im Inter­net gezahlt wer­den kann und die an kein offi­zi­el­les Ban­ken­sys­tem ange­schlos­sen ist. Zwar haben vie­le Exper­ten die­sem Zah­lungs­mit­tel zuletzt Anfang des Jah­res ein schnel­les Ende vor­aus­ge­sagt. Unter­des­sen machen sich die Ban­ken ernst­haf­te Sor­gen vor der digi­ta­len Kon­kur­renz. Fakt ist, dass der Bit­co­in-Kurs seit der Ein­füh­rung in 2012 star­ken Schwan­kun­gen unter­liegt und in den letz­ten Mona­ten wie­der ein­mal explo­diert ist (Höchst­kurs: 750 EUR). So lag der Kurs Anfang Okto­ber noch unter 100 EUR. Unter­des­sen wird der Bit­co­in wie­der höher gehan­delt, z. T. mit Tages­kur­sen über 500 EUR.

In vie­len (Inter­net-) Unter­neh­men macht man sich Gedan­ken dar­über, ob und wie man das neue Zah­lungs­mit­tel in den Geschäfts­be­trieb inte­grie­ren kann. Gewin­ne aus dem Ver­kauf von Bit­co­ins sind steu­er­lich ein pri­va­tes Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft und unter­lie­gen der Ein­kom­men­steu­er. Anders als bei Wert­pa­pie­ren sind Gewin­ne nach einem Jahr Hal­te­dau­er steu­er­frei. Geschäf­te und Trans­ak­tio­nen, die in Bit­co­in abge­wi­ckelt wer­den, unter­lie­gen den Steu­er­pflich­ten, sie sind nicht geeig­net, legal z. B. der Umsatz­besteuerung zu entgehen.

Unter­des­sen gibt es eini­ge Anbie­ter (BBco­in, Name­co­in, Lite­co­in) vir­tu­el­ler Wäh­run­gen. Ziel ist es, die tech­nisch anspruchs­vol­le Nut­zung des Bit­co­in zu ver­ein­fa­chen, ohne des­sen Vor­tei­le (Fäl­schungs­si­cher­heit, Schutz vor Daten­miss­brauch) auf­zu­ge­ben. Fakt ist, dass der mobi­le Geld­ver­kehr im Inter­net­han­del mit den bis­he­ri­gen Ver­fah­ren teu­er ist. Unter­des­sen beschäf­ti­gen sich auch eini­ge der tra­di­tio­nel­len Bank­häu­ser mit dem The­ma vir­tu­el­le Wäh­rung. Hier ist Eini­ges in Bewe­gung und in den nächs­ten Jah­ren wird auch das The­ma Tauschhandel/Tauschbörse wie­der ver­stärkt auf die Agen­da der Inter­net-Händ­ler kommen.

Dienstleister-GmbHs: Geschäftsführer-Gehälter im Abwärts-Trend

Die BBE-Media hat jetzt die neu­es­ten Zah­len zur Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung vor­ge­legt. Wir haben die Zah­len für Dienst­leis­ter-GmbHs etwas genau­er unter die Lupe genom­men. Im Ver­gleich zum Vor­jahr fällt auf:

  • Die Gehalts-Ent­wick­lung stellt sich sehr unter­schied­lich dar. Unse­res Erach­tens ist die laut BBE fest­ge­stell­te brei­te Abwärts­ent­wick­lung so nicht nach­zu­voll­zie­hen. Wir gehen davon aus, dass sich bei einer klei­nen Daten­ba­sis bereits eini­ge Abwei­chun­gen bei weni­gen gro­ßen Fir­men deut­lich auf das Gesamt­ergeb­nis auswirken.
  • Nimmt man den (gewich­te­ten) Dienst­leis­tungs-Durch­schnitt fällt die Abwärts­be­we­gung etwas mode­ra­ter aus. Das Durch­schnitts-Fest­ge­halt liegt 2015 im Durch­schnitt bei 115.860 € (2014: 117.420 €/Abweichung gegen­über 2014: – 1,4 %). Die durch­schnitt­li­che Tan­tie­me 2015 bei 21.454 € (2014: 22.258 €/Abweichung gegen­über 2014: – 3,7%).
  • Im Quer­schnitt über alle GmbHs sind die Gehäl­ter der Geschäfts­füh­rer ohne Betei­li­gung an der GmbH laut BBE-Stu­die um 3,9 % gestie­gen, die der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer dage­gen um 0,2 % geschrumpft. Dienst­leis­ter-GmbHs sind in der Regel Inha­ber geführ­te Unternehmen.
  • Den­noch ergibt sich aus den BBE-Zah­len ein Trend für 2015: Gegen­über dem Vor­jahr gibt es einen leich­ten bis spür­ba­ren Abwärts­trend. Das Gesamt-Niveau bleibt aber zufrie­den­stel­lend bis gut. Das deckt sich auch mit unse­ren Erfah­run­gen und den Gesprä­chen mit den Kol­le­gen. Hier die aktu­el­len Ver­gleichs­zah­len zur Gesamt­ver­gü­tung der Geschäfts­füh­rer in eini­gen aus­ge­wähl­ten Dienstleistungs-Branchen:
Dienst­leis­tung Gehalt 2014/2015 Gehalt 2013/2014 Dif­fe­renz
Ver­lag 137.000 € 162.000 € - 16 %
Unter­hal­tun­g/TV-Pro­duk­ti­on 161.000 € kei­ne Angaben - %
Telekommunikation/Internet 160.000 € 165.000 € - 3,1 %
Finanzen/Versicherungen 160.000 € 165.000 € - 3,1 %
Zeitarbeit/Wachdienste 157.000 € 160.000 € - 1,9 %
Ausbildung/Schulung 151.000 € 159.000 € - 5,1 %
Werbung/Medien 151.000 € 151.000 € +/- 0 %
Leasing/Vermietung 147.000 € 142.000 € + 3,5 %
Unter­neh­mens­be­ra­tung 145.000 € 133.000 € + 9,0 %
Gesund­heit 140.000 € 170.000 € - 17,7 %
Reisebüro/Verkehr 137.000 € 132.000 € + 3,7 %
Rei­ni­gung 136.000 € 134.000 € + 1,4 %
Umwelttechnik/Entsorgung 135.000 € 140.000 € - 3,6 %
EDV/Software 145.000 € 136.000 € + 6,6 %
Architekten/Ingenieure 131.000 € 136.000 € - 3,7 %
Gastronomie/Hotel 130.000 € 151.000 € - 14 %
Spe­di­ti­on 129.000 € 151.000 € - 14,6 %
Immo­bi­li­en 123.000 € 120.000 € + 2,5 %
Bau­trä­ger 118.000 € 136.000 € - 13,3 %
Steuerberater/Wirtschaftsprüfer 128.000 € 128.000 € +/- 0 %

Beträ­ge auf vol­le Tau­send gerun­det. Quel­len: BBE Media Gehalts­um­fra­ge 2014/2015, eige­ne Analysen

Zusätz­li­che Ori­en­tie­rungs­hil­fe für die Geschäfts­füh­rer von Dienst­leis­ter-GmbHs lie­fern die sog. Karls­ru­her Tabel­len – das sind die offi­zi­el­len Ver­gleichs­zah­len der Finanz­be­hör­den zur Ange­mes­sen­heits­prü­fung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter. Auch hier bestä­tigt der Blick in die Zah­len: Für klei­ne­re Dienst­leis­ter-GmbHs mit einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR hal­ten die Finanz­be­hör­den eine Spann­wei­te von 140.000 bis 180.000 € als Gesamt­ge­halt in der Regel für ange­mes­sen. Nur wer hier deut­lich nach oben aus­bricht muss damit rech­nen, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) unter­stellt wer­den kann. In Dienst­leis­ter-GmbHs mit 2,5 bis 5 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt bereits zwi­schen 190.000 und 230.000 €. In Dienst­leis­ter-GmbHs mit 5 bis 25 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 210.000 € und 270.000 €. In Dienst­leis­ter-GmbHs mit 25 bis 50 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 240.000 € und 460.000 € (Quel­le: OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84 – St 221 Karls­ru­her Tabel­len). Die von der BBE-Media jetzt ermit­tel­ten Ver­gleichs­zah­len bele­gen, dass in vie­len GmbHs längst nicht bis zu „Ange­mes­sen­heits­gren­ze“ ver­dient wird. Was im Ein­zel­fall auch Sinn macht, weil die Lohn­steu­er­be­las­tung für das Geschäfts­füh­rer-Gehalt z. B. bei 200.000 € schon rund 40 % beträgt.

Mitarbeiter-Test: Wie belastbar ist der/die Neue?

Eine gute Idee für den „Geschäfts­füh­rer-Test“ hat mir vor eini­gen Tagen der Vor­stand der Geschäfts­füh­rung einer gro­ßen Fir­ma gesteckt. Grund für die Test-Idee ist die Erfah­rung des Seni­or-Geschäfts­füh­rers, dass es bei noch so sorg­fäl­ti­ger Vor­auswahl durch den Per­so­nal­be­ra­ter immer wie­der dazu kommt, dass ein neu ein­zu­stel­len­der Geschäfts­füh­rer oder Lei­ten­der Ange­stell­ter nicht ins Unter­neh­men oder ins Team passt. Der Dreh ist eine sog. Här­te­fall-Simu­la­ti­on. Als letz­ten Test muss die/der Bewer­be­rIn mit auf eine mehr­tä­ti­ge Geschäfts­rei­se des Chefs. Unter Nor­mal-Bedin­gun­gen zu einem wich­ti­gen Kun­den oder zu einem aus­län­di­schen Standort.

Z. B. die Geschäfts­rei­se zum chi­ne­si­schen Kun­den. Hier kann der Neue zei­gen, was er kann: Ist er belast­bar? Kann er ana­ly­sie­ren? Kann er die rich­ti­gen Ent­schei­dun­gen tref­fen? Klingt plau­si­bel, dass sich die neu­en Geschäfts­part­ner in die­ser Situa­ti­on bes­tens ken­nen ler­nen. Die Zusatz­kos­ten sind für den Seni­or-Geschäfts­füh­rer kein Pro­blem. Die­se Inves­ti­ti­on lohnt alle­mal. So hat es schon den Fall gege­ben, „dass der neue Ver­triebs­lei­ter allei­ne mit dem Flug­zeug zurück­flie­gen muss­te“ und man anschlie­ßend getrenn­te Wege ging. Auf­lö­sungs­ver­trag, Abfin­dung und ein gestör­tes Betriebs­kli­ma wären dann auf jeden Fall deut­lich teu­rer geworden.

 Kei­ne schlech­te Idee mei­nen wir. In die­ser Ent­schei­dungs­hö­he muss nicht nur die Che­mie stim­men. Genau so wich­tig ist der fak­ti­sche Arbeits­stil des Neu­en (Belast­bar­keit, Kom­mu­ni­ka­ti­on (auch: Small Talk), ana­ly­ti­sches Ver­mö­gen, Leis­tungs­be­reit­schaft, Ent­schei­dungs­si­cher­heit – alles Eigen­schaf­ten, die sich im Ernst-Test­fall bes­tens über­prü­fen las­sen. Das gilt natür­lich auch für Sie, wenn Sie sich auf eine neue Stel­le bewer­ben. Auch Sie wis­sen dann, auf was Sie sich ein­las­sen. Sie kön­nen eine sol­che „Geschäfts­rei­se unter Här­te­be­din­gun­gen“ im Bewer­bungs­ver­fah­ren von sich aus anbieten.

GmbH-Recht: Schiedsgericht entscheidet im Gesellschafter-Streit

Laut BGH kön­nen die Gesell­schaf­ter mit einer ein­stim­mig gefass­ten Gesell­schaf­ter­ver­ein­ba­rung fest­le­gen, dass Strei­tig­kei­ten der Gesell­schaf­ter nicht vor einem ordent­li­chen Gericht, son­dern vor einem Schieds­ge­richt aus­ge­tra­gen wer­den (BGH, Beschluss vom 16.4.2015, I ZB 3/14).

Aller­dings muss der Beschluss dazu ein­stim­mig gefasst wer­den. Gibt es einen Gesell­schaf­ter­wech­sel oder wer­den neue Gesell­schaf­ter in die GmbH auf­ge­nom­men, sind die­se nicht an die­se Schieds­ver­ein­ba­rung gebun­den. Um das sicher­zu­stel­len soll­te eine ent­spre­chen­de Klau­sel bereits im Über­nah­me bzw. Kauf­ver­trag um den GmbH-Anteil ver­ein­bart werden.

Stellenausschreibung: Deutsch-Kenntnisse statt Deutsch als Muttersprache

Wenn Sie in einer Stel­len­aus­schrei­bung „Deutsch als Mut­ter­spra­che“ unter den Anor­de­run­gen for­mu­lie­ren, ris­kie­ren Sie einen Ver­stoß gegen das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG). Zuletzt muss­te ein Arbeits­ge­ber für einen sol­chen Lap­sus einem rus­si­schen Bewer­ber dafür zwei Monats­ge­häl­ter zah­len (Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen, Urteil vom 15.6.2015, 16 Sa 1619/14).

Das Urteil belegt wie­der ein­mal, wie schnell ein kleins­ter Feh­ler den Arbeit­ge­ber 4.000 bis 5.000 EUR kos­tet. Das Urteil ist auch ein Beleg dafür, wie „klein­lich“ deut­sche Arbeits­ge­rich­te mit inlän­di­schen Arbeit­ge­bern umge­hen. U. E. wird eine solch enge Inter­pre­ta­ti­on von Geset­zen in den meis­ten ande­ren EU-Staa­ten so nicht praktiziert.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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