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Volkelt-Brief 21/2015

Volkelt-NLDer Fir­men­wa­gen von mor­gen: Urba­ne Jun­ge kom­men mit dem Bike – so bin­den Sie die Jun­gen + Indus­trie 4.0: Das sind die Erfolgs-Clus­ter von mor­gen + Haf­tungs­fal­le: Geschäfts­füh­rer muss sich bei Dum­ping-Ange­bot absi­chern + Arbeits­recht: Neu­es Urteil zum Min­dest­lohn + Steu­ern: Juni­or ohne Steu­er­fest­set­zung hat Anspruch auf Ver­lust­vor­trag aus Aus­bil­dungs­kos­ten +  BISS

 

 

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Frei­burg 22. Mai 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

es gibt bei immer mehr jun­gen Men­schen den Trend, ganz auf ein eige­nes Fahr­zeug zu ver­zich­ten. Grün­de: Hohe Sprit- und Unter­halts­kos­ten. Aber auch die Park­flä­chen gera­de in den Innen­stadt-Berei­chen wer­den immer teu­rer. Aus­weg: Statt einem Fir­men­wa­gen über­las­sen Sie ihren jun­gen Mit­ar­bei­tern ein Fahrrad/E‑Bike. Das ist natür­lich auch für Sie in Ihrer Vor­bild­funk­ti­on als Geschäfts­füh­rer mög­lich. Seit 2013 gibt es bun­des­weit ein­heit­li­che Vor­ga­ben für die steu­er­li­che Behand­lung (Weg zur Arbeits­stät­te, pri­va­te Nut­zung, Ver­rech­nung beim Sach­be­zug, § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG). Danach gilt:

  • Der Vor­teil für die pri­va­te Nut­zung kann nach der sog. 1 % – Metho­de ermit­telt werden.
  • Die pri­va­te Nut­zung des Fir­men-Fahr­ra­des für die Weg­stre­cke von der Woh­nung zur Arbeits­stät­te ist lohnsteuerfrei.
  • Finan­ziert der Arbeit­neh­mer das E‑Bike (zum Teil) aus dem Gehalt, zahlt er weni­ger Bei­trä­ge zur Sozialversicherung.

Bei­spiel: Die GmbH über­lässt einem Mit­ar­bei­ter ein E‑Bike zum Kauf­preis von 2.000 EUR. Der Arbeit­neh­mer muss ledig­lich für 20 EUR zusätz­li­che Lohn­steu­er zah­len. Die GmbH kann die Umsatz­steu­er, die antei­li­ge AfA und die Betriebs­kos­ten (War­tung, Ver­si­che­rung) als Betriebs­aus­ga­ben absetzen.

Unter­neh­men, die ihre Betriebs­stät­te in zen­tra­len Lagen ohne gute Nah­ver­kehrs­an­ge­bo­te haben, kön­nen gera­de jun­gen Mit­ar­bei­tern ein attrak­ti­ves Zusatz­an­ge­bot machen, das den Arbeits­platz noch wei­ter auf­wer­tet und damit die Fir­men­bin­dung stärkt. Unter­des­sen gibt es Dienst­leister, die sich auf das Lea­sing von Fir­men­rä­dern spe­zia­li­siert haben und die einen Full­ser­vice rund ums Fahr­rad anbie­ten, von der War­tung, über die Finan­zie­rung bis zur Ver­si­che­rung (z. B. die Fir­ma Lea­se­r­ad GmbH – soeben mit dem Job­mo­tor-Award für die Ver­dop­pe­lung der Mit­ar­bei­ter­an­zahl aus­ge­zeich­net – unter https://www.jobrad.org – mit bun­des­weit fast 500 Kun­den, u. a. Com­merz­bank, Badenova)

Industrie 4.0: Das sind die Erfolgs-Cluster von morgen

Über kein The­ma wird der­zeit mehr in der Wirt­schafts­pres­se berich­tet und spe­ku­liert. Selbst die Bun­des­re­gie­rung hat die indus­tri­el­le Zukunft Deutsch­lands zur Chef­sa­che gemacht. Aber nach wie vor hal­ten selbst vie­le Geschäfts­füh­rern Indus­trie 4.0 für ein Schlag­wort, das ledig­lich den per­ma­nen­ten Inno­va­ti­ons­druck in fast allen Bran­chen auf den Punkt beschreibt. Die Digi­ta­li­sie­rung der Pro­zes­se ist schon seit etli­chen Jah­ren in Pla­nung und Pro­duk­ti­on ange­kom­men. Die Ver­zah­nung der Pro­zes­se schrei­tet wei­ter vor­an. Als Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie den per­ma­nen­ten Wan­del steu­ern, für die Qua­li­fi­ka­ti­on der Mit­ar­bei­ter sor­gen und für die damit ver­bun­de­nen Inves­ti­tio­nen die rich­ti­gen Finan­zie­run­gen orga­ni­sie­ren. Die Fraun­ho­fer-Gesell­schaft beglei­tet die­se Ent­wick­lung schon seit Jah­ren bereits und pro­gnos­ti­ziert für den Stand­ort Deutsch­land 12 The­men­fel­der, die zum Teil bereits umge­setzt wur­den, zum Teil „in der Mache“ und zum Teil noch Zukunfts­mu­sik sind. Die dort pro­gnos­ti­zier­ten Geschäfts­fel­der wer­den sich nahe­zu in alle Bran­chen aus­wir­ken und die Geschäfts­mo­del­le fast aller Unter­neh­men beein­flus­sen. Die Clus­ter im Überblick:

  • Ambi­ent Intel­li­gence: Minia­tu­ri­sie­rung der Elek­tro­nik und draht­lo­se Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik ermög­li­chen den Durch­bruch zur „intel­li­gen­ten Umge­bung“ von Arbeits­welt und Frei­zeit bis zu Ver­kehr und Gesundheit.
  • Poly­tro­nik: Dis­plays von mor­gen sind hauch­dünn, bieg­sam und haben eine aus­ge­zeich­ne­te Bild­qua­li­tät. Sie kön­nen gerollt und in die Jacken­ta­sche gesteckt werden.
  • Digi­ta­le Medi­zin: Moder­ne Ver­fah­ren der medi­zi­ni­schen Bild­ge­bung unter­stüt­zen den Arzt bei der Dia­gno­se und The­ra­pie. Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien ermög­li­chen prä­ope­ra­ti­ve Pla­nung und prä­zi­se gesteu­er­te Eingriffe.
  • Beschleu­nig­te Medi­ka­men­ten­ent­wick­lung: Mole­ku­lar­bio­lo­gi­sche Metho­den hel­fen Wirk­sam­keit und Toxi­zi­tät von neu erforsch­ten Arz­nei­en früh zu erkennen.
  • Intui­ti­ve Mensch-Maschi­ne-Koope­ra­ti­on: Die Inter­ak­ti­on des Men­schen mit dem Rech­ner über Stan­dard­ober­flä­chen, Tas­ta­tur und Maus wird in Zukunft ersetzt durch intui­ti­ve bedien­ba­re Benut­zer­schnitt­stel­len. Neue intui­ti­ve Mensch-Maschi­ne-Schnitt­stel­len ermög­li­chen, dass die Gerä­te aufs Wort gehor­chen, Com­pu­ter Wün­sche von den Augen able­sen und Robo­ter auf Fin­ger­zeig reagieren.
  • Inte­gra­ti­ve Pro­duk­ti­on – schnel­ler zum Pro­dukt: Gefor­dert sind extrem schnel­le und fle­xi­ble Ent­wick­lungs- und Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se. Und die sind nur durch die voll­stän­di­ge Digi­ta­li­sie­rung der Pro­zes­se und die infor­ma­ti­ons­tech­ni­sche Ver­net­zung der Sys­te­me zu erreichen.
  • Logis­tik: Moder­ne Logis­tik stei­gert die Effi­zi­enz und senkt die Kos­ten für Unter­neh­men im inner­be­trieb­li­chen Mate­ri­al­fluss, in den Aus­tausch­pro­zes­sen von Gütern und Infor­ma­tio­nen über Unter­neh­mens­gren­zen hin­weg. Durch eine opti­mier­te Waren- und Infor­ma­ti­ons­ver­tei­lung sind erheb­li­che Kos­ten­ein­spa­run­gen möglich.
  • Adap­ti­ve Struk­tu­ren: Nach dem Vor­bild der Natur ent­wi­ckeln For­scher Bau­tei­le, die sich mit­hil­fe von inte­grier­ten Sen­so­ren, Aktua­to­ren und Rege­lungs­tech­nik selbst­stän­dig an ihre Umwelt anpas­sen. Die­se adap­ti­ven Struk­tu­ren kön­nen Schwin­gun­gen dämp­fen und Lärm redu­zie­ren. Eine Schlüs­sel­kom­po­nen­te sind Piezokeramiken.
  • Simu­lier­te Rea­li­tät: Maß­ge­schnei­der­te Werk­stof­fe für spe­zi­el­le Anfor­de­run­gen las­sen sich mit­hil­fe der Simu­la­ti­on am Rech­ner ent­wer­fen. Auf­wän­di­ge und teu­re Ver­su­che an rea­len Test­mus­tern kön­nen dann deut­lich redu­ziert werden.
  • Maß­ge­schnei­der­tes Licht: Sys­te­me zur kon­trol­lier­ten Erzeu­gung, Aus­brei­tung und Nut­zung von Licht füh­ren zu neu­ar­ti­gen Anwen­dun­gen in der Mate­ri­al­be­ar­bei­tung, Infor­ma­ti­ons­über­tra­gung und Mikro­elek­tro­nik. Das Poten­zi­al von Licht ist noch lan­ge nicht ausgeschöpft.
  • Nano­welt: Hohe Licht­in­ten­si­tät und Strahl­for­mungs­op­ti­ken im extre­men Ultra­vio­lett­be­reich ermög­li­chen neu­ar­ti­ge Anwen­dun­gen in Mikro­elek­tro­nik, Life Sci­en­ces und Pro­duk­ti­on. EUV-Strah­lung gilt als Favo­rit für die nächs­te Litho­gra­phie­ge­ne­ra­ti­on. Damit könn­ten Chip­struk­tu­ren von 35 Nano­me­tern erzeugt werden.
  • Maß­ge­schnei­der­te Ener­gie­ver­sor­gung: Von der Ener­gie­ver­sor­gung por­ta­bler IuK-Enge­rä­te bis zum gebäu­de­inte­grier­ten Block­heiz­kraft­werk sind ange­pass­te Lösun­gen gefragt, die mit höchs­ten Wir­kungs­gra­den arbei­ten. Ener­gie wird in Zukunft dezen­tral erzeugt: Groß­kraft­wer­ke wei­chen nach und nach einem fein ver­äs­tel­ten Netz von Block­heiz­kraft­wer­ken, Wind­kraft­ge­ne­ra­to­ren, Solar­an­la­gen und Brennstoffzellen.

Geschäftsführer muss sich bei Dumping-Angebot absichern

Erwar­ten die Gesell­schaf­ter von Ihnen, dass Sie bzw. die GmbH für einen bestimm­ten Auf­trag unbe­dingt den Zuschlag erhält, müs­sen Sie auf­pas­sen. Und zwar dann, wenn Sie die Kal­ku­la­ti­on so zurecht­bie­gen, dass die GmbH zwar den Auf­trag erhält. Aber nur, weil Sie drauf­zah­len. Das kann zwar Sinn machen, z. B. wenn sich dar­aus Fol­ge­auf­trä­ge erge­ben oder wenn Sie den Auf­trag als Refe­renz brau­chen. Pro­ble­me kann es aber geben, wenn einer der Gesell­schaf­ter dem poten­zi­el­len Geschäfts­part­ner einen Gefal­len tun will, ohne dafür die Zustim­mung der übri­gen Gesell­schaf­ter einzuholen.

Ach­tung: Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) muss­te in einem sol­chen Fall bereits ent­schei­den – aller­dings zu Unguns­ten des Geschäftsführers.

Bei­spiel: Ein Geschäfts­füh­rer hat­te für die GmbH ein Ange­bot zur Auf­trag­be­schaf­fung abge­ge­ben, das weit unter den Kos­ten der GmbH zur Leis­tungs­er­brin­gung lag. Die GmbH ver­lang­te Scha­dens­er­satz vom Geschäfts­füh­rer. Beson­der­heit: Für die­sen Haf­tungs­fall gilt § 93 des Akti­en­ge­set­zes (AktG) auch für den GmbH-Geschäfts­­­füh­rer. Das bedeu­tet eine Umkehr der Beweis­last. Der Geschäfts­füh­rer muss bewei­sen, dass er mit der Sorg­falt des ordent­li­chen Geschäfts­man­nes kal­ku­liert hat. Die GmbH muss vor Gericht ledig­lich dar­le­gen, dass ihr aus dem Ver­hal­ten des Geschäfts­füh­rers ein Scha­den ent­stan­den ist (so zuletzt BGH mit Beschluss vom 18.2.2008, II ZR 62/07).

Als Geschäfts­füh­rer dür­fen Sie sich bei der Erstel­lung von Leis­tungs­an­ge­bo­ten auf kei­nen Fall „blind“ auf die Vor­la­ge der jewei­li­gen Fach­ab­tei­lung ver­las­sen. Prü­fen Sie unbe­dingt mit Ihrem erfah­re­nen Blick, ob das Leis­tungs­an­ge­bot den Auf­trag umfas­send abdeckt und die aus­ge­wie­se­nen Prei­se plau­si­bel sind. Schwie­ri­ger ist es, wenn die Gesell­schaf­ter erwar­ten, dass ein Auf­trag unbe­dingt akqui­riert wer­den soll – auch wenn das nur mit Dum­ping-Prei­sen mög­lich ist. In die­sem Fall muss sich der Geschäfts­füh­rer absi­chern. Bestehen Sie auf einer schrift­li­chen Wei­sung der Gesell­schaf­ter – am bes­ten in Form eines Beschlus­ses der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung. Ist das nicht durch­zu­set­zen, soll­ten Sie den Vor­gang exakt im Pro­to­koll (Wer hat wann was ange­wie­sen; Sor­gen Sie dafür, dass Sie Zeu­gen benen­nen kön­nen) fest­hal­ten und die­ses anschlie­ßend allen Gesell­schaf­tern zur Kennt­nis zukom­men lassen.

Arbeitsrecht: Neues Urteil zum Mindestlohn

Will der Arbeit­ge­ber einem Mit­ar­bei­ter die Arbeits­zeit so kür­zen, dass dadurch bei unver­än­der­ter Gehalts­zah­lung die Vor­schrif­ten zum Min­dest­lohn ein­ge­hal­ten wer­den, dann darf der Mit­ar­bei­ter ein sol­ches Ange­bot ableh­nen, ohne dass er mit arbeits­recht­li­chen Kon­se­quen­zen rech­nen muss. Eine nach der Ableh­nung aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung ist unwirk­sam (Arbeits­ge­richt Ber­lin, Urteil vom 17.4.2015, 28 Ca 2405/15).

Als Arbeit­ge­ber sind Sie nicht berech­tigt, einen Mit­ar­bei­ter zu „bestra­fen“, wenn die­ser Ihr gut gemein­tes Ange­bot ablehnt. Das gilt auch, wenn der Arbeit­ge­ber durch­set­zen will, dass Urlaubs- und Weih­nachts­geld so umge­legt wer­den, dass die Bezah­lung rein rech­ne­risch dem Min­dest­lohn ent­spricht. Auch in die­sem Fall hat das AG Ber­lin eine danach erfolg­te Kün­di­gung als unwirk­sam zurück­ge­wie­sen (vgl. Nr. 12/2015). Gehen Sie davon aus, dass die Arbeits­ge­rich­te in Sachen Min­dest­lohn bzw. Ände­rungs­kün­di­gung sehr restrik­tiv urteilen.

Steuern: Junior ohne Steuerfestsetzung hat Anspruch auf Verlustvortrag aus Ausbildungskosten

Erzielt der Juni­or wäh­rend sei­ner Aus­bil­dung kei­ne steu­er­ba­ren Ein­künf­te, dann ist nach aktu­el­ler Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) ein ihm zuge­wie­se­ner Ver­lust vor­trags­fä­hig. Auch dann, wenn der zugrun­de lie­gen­de Steu­er­be­scheid bereits bestands­kräf­tig ist (BFH, Urteil vom 13.1.2015, IX R 22/14).

Der Aus­zu­bil­den­de hat­te eine Steu­er­erklä­rung ein­ge­reicht, um die Aus­bil­dungs­kos­ten als Werbungskosten/Sonderausgaben gegen gering­fü­gi­ge Ein­künf­te zu ver­rech­nen. Weil kei­ne Steu­er ermit­telt wur­de, wur­de auch ein ihm zuge­wie­se­ner Ver­lust nicht berück­sich­tigt. Das Finanz­amt muss die­sen aber als Ver­lust­vor­trag wei­ter führen.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

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