Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 35/2011

Feh­len­der Jah­res­ab­schluss recht­fer­tigt Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers + Engül­ti­ge Umstel­lung auf E‑Bilanz kommt erst 2015 + Finanz­amt muss Anschaf­fungs­kos­ten für GmbH-Betei­li­gung in vol­ler Höhe aner­ken­nen + Abschluss-Urteil zum Rauch­ver­bot + Kei­ne Chan­ce für Aus­lands­füh­rer­schein + Vor­sicht bei Ein­brin­gung eines Gewer­be­be­trie­bes in die GmbH (hier: Erb­schaft) + BISS 

The­men heu­te: Feh­len­der Jah­res­ab­schluss recht­fer­tigt Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers + Engül­ti­ge Umstel­lung auf E‑Bilanz kommt erst 2015 + Finanz­amt muss Anschaf­fungs­kos­ten für GmbH-Betei­li­gung in vol­ler Höhe aner­ken­nen + Abschluss-Urteil zum Rauch­ver­bot + Kei­ne Chan­ce für Aus­lands­füh­rer­schein + Vor­sicht bei Ein­brin­gung eines Gewer­be­be­trie­bes in die GmbH (hier: Erb­schaft) + BISS

35. KW 2011
Frei­tag, 2.9.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

was pas­siert, wenn ich den Jah­res­ab­schluss der GmbH nicht ter­min­ge­recht vor­le­ge?“ – so die Anfra­ge eines Kol­le­gen, der mit den Zah­len der GmbH nicht hin­ter­her­kommt (vgl. dazu zuletzt unse­re Aus­füh­run­gen zur klei­nen GmbH im Vol­kelt-Brief 28/2011). Danach müs­sen GmbHs jähr­lich einen Jah­res­ab­schluss auf­stel­len und die­sen durch die Gesell­schaf­ter fest­stel­len las­sen (Rechts­quel­le: § 42 Abs. 2 GmbH-Gesetz). Ein Ver­stoß gegen die­se Vor­schrif­ten bedeu­tet für Sie als Geschäftsführer:

  • Als Geschäfts­füh­rer sind Sie zustän­dig zur Vor­la­ge der Steu­er­erklä­run­gen der GmbH. Dazu ist auch der Jah­res­ab­schluss der GmbH ein­zu­rei­chen. Ver­stö­ße gegen die­se Steuer­vorschrift wer­den mit Buß­gel­dern, Straf­zin­sen oder sogar als Straf­tat belangt.
  • Außer­dem kön­nen die Gesell­schaf­ter der GmbH den Geschäfts­füh­rer in die Haf­tung neh­men. Ggf. muss der Geschäfts­füh­rer ent­stan­de­nen Scha­den erset­zen. Außer­dem dro­hen organ- und arbeits­recht­li­che Konsequenzen.

Die Rechts­la­ge: In einem aktu­el­len Urteil hat jetzt ganz aktu­ell das Kam­mer­ge­richt Ber­lin zu die­sem Sach­ver­halt ent­schie­den. Dort heißt es: „Der Geschäfts­füh­rer hat dafür zu sor­gen, dass der Jah­res­ab­schluss inner­halb der gesetz­ten Fris­ten den Gesell­schaf­tern vor­ge­legt wird. Unter­lässt er das, stellt das ein gra­vie­ren­des Fehl­ver­hal­ten dar“.  Fol­ge: Das recht­fer­tigt eine sofor­ti­ge Abbe­ru­fung aus dem Amt – und zwar sogar aus wich­ti­gem Grund. Das bedeu­tet: Ist per Gesell­schafts­ver­trag eine Abbe­ru­fung nur aus wich­ti­gem Grun­de vor­ge­se­hen, dann genügt die­ses Ver­ge­hen für eine Abbe­ru­fung. Wei­te­re Rechts­fol­ge: In der Regel kann dann  auch der Anstel­lungs­ver­trag aus wich­ti­gem Grund und damit „frist­los“ auf­ge­kün­digt wer­den (Kam­mer­ge­richt Ber­lin, Urteil vom 11.8.2011, 23 U 114/11).

Für die Pra­xis: Gibt es im Ver­hält­nis zwi­schen dem/den Geschäftsführer/n und den Gesell­schaf­tern Pro­ble­me, müs­sen Sie die Fris­ten zur Auf­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses ganz genau neh­men. Nur dann ist sicher­ge­stellt, dass Ihnen dar­aus kein Nach­teil in Form eines Abbe­ru­fungs­grun­des bzw. eines Fehl­ver­hal­tens-Vor­wurfs gemacht wer­den kann. Beden­ken Sie, dass Ihnen das Frist­ver­säum­nis bei künf­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen auch noch Jah­re spä­ter vor­ge­hal­ten wer­den kann – even­tu­ell als Beleg für Ihre Unzu­ver­läs­sig­keit oder als Bei­spiel für ein Fehl­ver­hal­ten in der Ver­gan­gen­heit. Es gilt: Der Jah­res­ab­schluss der klei­nen GmbH (Bilanz­sum­me bis 4.840.000 €, Umsatz bis 9.680.000 €, bis 50 Mit­ar­bei­ter) muss bis zum 31.8. des Fol­ge­jah­res fest­ge­stellt sein. Für alle ande­ren GmbHs ist der 30.11. der letz­te Zeit­punkt. Im Urteils­fall hat­te der Geschäfts­füh­rer bis zuletzt den Jahres­abschluss 2009 nicht vor­ge­le­gen können.

Endgültige Umstellung auf die elektronische Bilanz kommt erst 2015

Laut Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um (BMF) soll­ten alle Unter­neh­men bereits zum 1.1.2012 gesetz­lich dazu ver­pflich­tet wer­den, Ihre Bilan­zen und Gewinn- und Ver­lust­rech­nun­gen in elek­tro­ni­scher Form zum Finanz­amt ein­zu­rei­chen. Die sog. E‑Bilanz wird nun aber vor­aus­sicht­lich erst ab 2015 flä­chen­de­ckend kommen.

Hin­ter­grund: Zwar wur­de das Gesetz zur E‑Bilanz bis­her noch nicht offi­zi­ell aus­ge­setzt. Per BMF-Schrei­ben (IV C 6 – S 2133‑b/11/10009) soll es den Unter­neh­men aber wei­ter­hin erlaubt blei­ben, Ihre Unter­la­gen in Schrift­form ein­zu­rei­chen. Die Ein­füh­rung einer sol­chen Über­gangs­vor­schrift war laut BMF not­wen­dig, weil vie­le Fir­men die Umstel­lung bis zum Jah­res­en­de nicht hin­be­kom­men wer­den. Auch die Finanz­be­hör­den haben anschei­nend noch Pro­ble­me mit der geplan­ten Umstellung.

GmbHs müs­sen Ihre Unter­la­gen dann im XBRL-For­mat ein­rei­chen – das ist das For­mat, das bereits für die Ein­rei­chung des Jah­res­ab­schlus­ses zum elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter ver­wen­det wird. Das end­gül­ti­ge Sche­ma, nach dem die Steu­er­da­ten ein­zu­rei­chen sind, wird aber erst in den nächs­ten Wochen fest­ste­hen. Erst dann ist auch abseh­bar, ob es sinn­voll ist, neben der Steu­er­bi­lanz zusätz­li­che eine Han­dels­bi­lanz zu erstellen.

Für die Pra­xis: Geschäfts­füh­rer, in deren GmbH noch kei­ne Vor­be­rei­tun­gen für die Umstel­lung auf die E‑Bilanz getrof­fen wur­den, müs­sen jetzt die ers­ten Schrit­te vor­be­rei­ten. Prü­fen Sie zusam­men mit dem Steuer­berater, wel­che Anpas­sun­gen in Ihren Buchungs­sys­te­men not­wen­dig sind. Ver­schaf­fen Sie sich einen Über­blick dar­über, wel­che Zusatz­kos­ten der Steu­er­be­ra­ter für die Umset­zung erhebt bzw. wel­che zusätz­li­chen   Kos­ten und Mög­lich­kei­ten sich erge­ben, wenn Sie Ihre Buch­hal­tung kom­plett aus­la­gern – etwa über den Steu­er­be­ra­ter auf die Datev oder einen ver­gleich­ba­ren Dienst­leis­ter für Buchführung/Buchhaltung/Jahresabschluss­erstellung.

Finanzamt muss Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung in voller Höhe anerkennen

Hat der Gesell­schaf­ter einer GmbH aus­schließ­lich Ein­nah­men aus der Betei­li­gung in den Jah­ren erzielt, in denen das Anrech­nungs­ver­fah­ren anzu­wen­den war (bis: 31.12.2000), dann darf das Finanz­amt die Anschaf­fungs­kos­ten für die GmbH-Betei­li­gung nicht nach dem seit­dem ein­ge­führ­ten sog. Halb­ab­zugs­ver­fah­ren kür­zen. Das Finanz­amt muss die Anschaf­fungs­kos­ten in vol­ler Höhe bei Berech­nung des Ver­äu­ße­rungs­ver­lus­tes aner­ken­nen (BFH, Urteil vom 6.4.2011, IX R 28/10).

Für die Pra­xis: Auch wenn der Gesell­schaf­ter Ein­nah­men aus der Betei­li­gung vor und nach der Ände­rung des GmbH-Besteue­rungs­ver­fah­rens (Anrech­nungs­ver­fah­ren zum Halb­ein­künf­te­ver­fah­ren bzw. zur Besteue­rung mit Abgel­tungs­steu­er) hat­te, muss im Ein­zel­fall geprüft wer­den, wie die Anschaf­fungs­kos­ten beim Ver­äu­ße­rungs­ver­lust im Fal­le einer Insol­venz zu ermit­teln sind. Prü­fen Sie auf jeden Fall den Bescheid des Finanz­am­tes, ggf. durch einen ver­sier­ten Fach­an­walt für Steu­er­recht. Wie im hier ent­schie­de­nen Fall, wer­den immer wie­der Steu­er­ver­an­la­gun­gen durch­ge­führt, in denen das Finanz­amt zum Nach­teil des GmbH-Gesell­schaf­ters vor­schnell die Anschaf­fungs­kos­ten zusammenstreicht.

Abschluss-Urteil zum Rauchverbot

Laut Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat der Päch­ter einer Gas­tro­no­mie-Immo­bi­lie kei­nen Anspruch dar­auf, dass der Ver­päch­ter die Vor­aus­set­zun­gen dafür schafft, dass in den Gast­räu­men ein Rau­cher­be­reich ein­ge­rich­tet wer­den kann (BGH, Urteil vom 13.7.2011, XII ZR 189/09).

Für die Pra­xis: Der Päch­ter der Gas­tro­no­mie-Immo­bi­lie ver­lang­te die ent­spre­chen­den bau­li­chen Ver­än­de­run­gen (Tei­lung der Geschäfts­räu­me) vom Ver­päch­ter. Da die­ser sich wei­ger­te, for­der­te der Päch­ter Scha­dens­er­satz für die mit dem Rauch­ver­bot ein­her­ge­hen­den Umsatz­rück­gän­ge. Der Bun­des­ge­richts­hof hält die­se For­de­run­gen für nicht begrün­det. Nicht ent­schie­den wur­de, ob die Wei­ge­rung zum Umbau ein wich­ti­ger Grund zur Kün­di­gung des Pacht­ver­tra­ges darstellt.

Keine Chancen für Auslandsführerschein

In meh­re­ren Urtei­len hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt abschlie­ßend klar­ge­stellt, dass ein im Aus­land erwor­be­ner Füh­rer­schein in Deutsch­land nur aner­kannt wird, wenn zum Zeit­punkt des Füh­rer­schein­er­werbs ein Wohn­sitz im Aus­land bestand. Außer­dem darf im Zeit­punkt des Führer­schein­erwerbs kei­ne deut­sche Sperr­frist lau­fen (BVerwG, Urtei­le vom 25.8.2011, 3 C 25.10, 3 C 28.10 und 3 C 9.11).

Vorsicht bei Einbringung eines bestehenden Einzelunternehmens in die GmbH (Erbschaft)

Wird ein Gewer­be­be­trieb unent­gelt­lich ohne Gewäh­rung von Gesell­schafts­rech­ten in eine GmbH ein­ge­bracht, han­delt es sich um eine steu­er­pflich­ti­ge Betriebs­auf­ga­be (FG Baden-Würt­tem­berg, Urteil vom 19.4.2011, 11 K 4386/08).

Für die Pra­xis: Soll z. B. ein geerb­ter Gewer­be­be­trieb ohne steu­er­pflich­ti­ge Betriebs­auf­ga­be in eine GmbH über­führt wer­den, muss das im Wege einer (rich­tig bewer­te­ten) Sach­ein­la­ge gegen Gesell­schafts­rech­te voll­zo­gen wer­den und in den Ver­trä­gen („das Stamm­ka­pi­tal wird als Sach­ein­la­ge erbracht“) ent­spre­chend ver­ein­bart werden.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr Lothar Vol­kelt 

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief

Schreibe einen Kommentar