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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 28/2012

The­men heu­te: Ober­gren­zen für Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter – Front für 500.000 €-Gren­ze beim Betriebs­aus­ga­ben­ab­zug for­miert sich + Fall „Schle­cker”: Geschäfts- und Pri­vat­ver­mö­gen müs­sen strikt getrennt sein – wie geht das? + Jah­res­steu­er­ge­setz: Organ­schaft wird ein­fa­cher + Unsi­cher? Dann müs­sen Sie ein Zweit-Gut­ach­ten ein­ho­len + Teil­wert­ab­schrei­bung n auf Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen sind Betriebs­aus­ga­ben + ACHTUNG: GmbH muss bei Leis­tungs­kür­zung der Pen­si­ons­kas­se drauf­zah­len + BISS

 

 

28. KW 2012, Frei­tag, 13.7.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

die Steu­er­fron­ten für die Bun­des­tags­wahl 2013 neh­men Kon­tu­ren an: Nach der SPD hat sich jetzt auch der Grü­nen-Finanz­po­li­ti­ker Tho­mas Gambke öffent­lich dazu bekannt, die Gehäl­ter für Geschäfts­füh­rer und Mana­ger auf jähr­lich 500.000 € zu deckeln. Und zwar flä­chen­de­ckend. Das betrifft dann auch Sie als GmbH-Geschäfts­füh­rer unmittelbar.

Bis­her rich­te­ten sich die Poli­ti­ker-For­de­run­gen nach Gehalts-Ober­gren­zen aus­schließ­lich an die Fir­men-Chefs in öffent­lich-recht­li­chen Unter­neh­men – also sol­chen AGs und GmbHs, in denen der Staat – etwa durch den Ver­wal­tungs­rat – sei­ne Inter­es­sen als Arbeit­ge­ber des Geschäfts­füh­rers recht­lich durch­set­zen kann. Nach den neu­en Plä­nen soll die Ober­gren­ze mit den Mit­teln des Steu­er­rechts durch­ge­setzt wer­den. Kon­kret for­dern die Grü­nen: „Gehäl­ter über 500.000 € sol­len nicht mehr als Betriebs­ausgaben abge­setzt wer­den kön­nen“. Die Steu­er­erhö­hung gilt dann für alle Gehäl­ter – auch für die der GmbH-Geschäfts­füh­rer in pri­va­ten Unter­neh­men. Die Gesamt­be­las­tung  bei Zah­lun­gen über 500.000 € liegt dann bei ca. 80 % (KSt, Soli, GewSt, ESt, Soli). Na dann!

Jahrssteuergesetz 2013: Steuerliche Organschaft wird einfacher

Unter­des­sen liegt der Gesetz­ent­wurf für das Jah­res­steu­er­ge­setz 2013 vor (Bun­des­rats-Druck­sa­che 302/12). Wie berich­tet wird es für Unter­neh­men nur zu mar­gi­na­len Ände­run­gen kom­men (vgl. zuletzt Vol­kelt-Brief Nr. 15/2012).

Für Unter­neh­men wich­tig: Es zeich­net sich ab, dass es bei der steu­er­li­chen Organ­schaft zu eini­gen Erleich­te­run­gen kom­men wird. Hier sol­len die steu­er­li­che Aner­ken­nung der Organ­schaft (das betrifft: Umsatz­steu­er, Kör­per­schaft­steu­er, Ver­lust­ver­rech­nung) ver­ein­facht wer­den und bereits mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz umge­setzt wer­den. Bis­her muss ein Gewinn­ab­füh­rungs­ver­trag mit fes­ter Lauf­zeit (5 Jah­re) abge­schlos­sen wer­den.  und eine Ver­lust­über­nah­me zwin­gend ver­ein­bart sein. Laut Pla­nung soll es mög­lich sein, im Ergeb­nis­ab­füh­rungs­ver­trag (EAV) die Über­nah­me des han­dels­recht­li­chen Gewinns zu ver­ein­ba­ren, so dass kei­ne Steu­er­bi­lanz-Kri­te­ri­en bei der Gewinn­ermitt­lung berück­sich­tigt wer­den müs­sen. Das bedeu­tet gleich­zei­tig mehr Rechts­si­cher­heit für die betrof­fe­nen Unter­neh­men, da die bis­he­ri­gen Vor­ga­ben für den Ergeb­nis­ab­füh­rungs­ver­trag an die­ser Stel­le unklar aus­ge­legt waren und es in der Pra­xis zu zahl­rei­chen Aner­ken­nungs­pro­ble­men bei der steu­er­li­chen Organ­schaft kam.

Für die Pra­xis: Ob es dar­über hin­aus zu Ände­run­gen des Außen­steu­er­ge­set­zes kom­men wird, ist wei­ter frag­lich. Strit­tig ist hier die Besteue­rung von unselb­stän­di­gen aus­län­di­schen Betriebs­stät­ten. Zwar sol­len damit Dop­pel­be­steue­run­gen ver­mie­den wer­den. Unklar ist aber wei­ter­hin, ob damit tat­säch­lich Rechts­si­cher­heit für die betrof­fe­nen Unter­neh­men geschaf­fen wird, da dies je nach Stand und Aus­prä­gung der bestehen­den Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men vari­iert. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Fall „Schlecker“: Unternehmer müssen Vermögenssphären abgrenzen 

Eines zeigt der Fall des Unter­neh­mers Anton Schle­cker über­deut­lich: Die unkla­re Abgren­zung der Ver­mö­gens­sphä­ren zwi­schen pri­vat und geschäft­lich wird dem Unter­neh­mer und sei­ner Fami­lie immer mehr zum Verhängnis.Mit der Kon­struk­ti­on einer sog. haf­tungs­of­fe­nen Gesell­schafts­form hat sich der Unter­neh­mer ganz bewusst für eine Gestal­tung sei­ner geschäft­li­chen Akti­vi­tä­ten ent­schie­den, die im Kri­sen­fall – wie jetzt – unver­meid­lich auch zu einem Zugriff auf gro­ße Tei­le des ver­meint­lich pri­va­ten Ver­mö­gens juris­tisch mög­lich macht. Die­sen Preis zahl­te der Unter­neh­mer, weil er den direk­tes­ten Ein­fluss auf alle geschäft­li­chen Ent­schei­dun­gen neh­men woll­te (und wahr­schein­lich neh­men muss­te). Er brauch­te sich auf kei­ner Ebe­ne mit Auf­sichts­gre­mi­en oder ope­ra­ti­ven Geschäfts­füh­rern abzu­spre­chen oder arran­gie­ren. Er muss­te kei­ne Form­vor­schrif­ten für Vor­ga­ben (Wei­sungs­recht über die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen even­tu­ell mit Abspra­chen mit Ehe­gat­ten) ein­hal­ten und konn­te jeder­zeit in allen Ange­le­gen­hei­ten „durch­re­gie­ren“. Selbst die Diver­si­fi­zie­rung der ein­zel­nen Schle­cker-Akti­vi­tä­ten (Logis­tik, Immo­bi­li­en, Ver­trieb, Fili­al­ge­schäft) konn­te den Zugriff auf das Pri­vat­ver­mö­gen nicht ver­hin­dern. Das Kon­glo­me­rat aus per­sön­lich haf­ten­den Gesell­schafts­for­men mit Pri­vat-Dar­le­hen und Bürg­schaf­ten konn­te zu kei­nem Zeit­punkt eine kla­re Abgren­zung der Ver­mö­gens­sphä­ren garantieren.

Die meis­ten Unter­neh­mer wickeln ihre Geschäf­te über Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten ab und las­sen sich ent­spre­chend bera­ten, wel­che Geschäfts­mo­del­le die unter­neh­me­ri­schen und pri­va­ten Zie­le am bes­ten abbil­den. Die Zah­len spre­chen für sich: Allein im Jahr 2011 stieg die Zahl der GmbHs in Deutsch­land um 27.000 auf einen neu­en Höchst­stand von 1.071.908 (GmbH und UG) (Quel­le: GmbH-Rund­schau 2012, Sei­te 728 ff.). Beson­ders im klei­ne­ren Bereich ist die Sen­si­bi­li­tät in Sachen Haf­tungs­be­gren­zung und Ver­mö­gen­s­tren­nung wei­ter gestie­gen. So stieg die Zahl der Unter­neh­mer­ge­sell­schaf­ten (UG) in 2011wieder um 45% auf rund 47.000.  

Für die Pra­xis: Sicher ist die Per­son Schle­cker ein sehr eigen­wil­li­ger Unter­neh­mer, der über Alles die letz­te Ent­schei­dung haben muss­te. Das Pro­blem des „Los­las­sens“ ist ver­brei­tet und auch aus Nach­fol­ge-Kon­flik­ten bekannt. Fast alle Unter­neh­mer tun sich schwer damit, Ent­schei­dun­gen zu dele­gie­ren. Als Unter­neh­mer sind Sie nicht gut bera­ten, wenn Sie die Fra­ge der Siche­rung des Ver­mö­gens hin­ter die Mög­lich­keit der direk­ten Ein­fluss­nah­me zurück­stel­len. Bei grö­ße­ren Geschäfts­mo­del­len, die über meh­re­re Unte­neh­men abge­wi­ckelt wer­den, ist obers­tes Gebot, Pri­vat- und Geschäfts­ver­mö­gen rechts­ver­bind­lich abzu­gren­zen. Das geht in der Regel nur über Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten (AG, GmbH, GmbH & Co. KG, UG) mit den damit ver­bun­de­nen Rech­ten und Pflich­ten (Mit­spra­che der Orga­ne, Offen­le­gung). Prü­fen Sie regel­mä­ßig Ihr eige­nes Geschäfts­mo­dell. Ver­an­schau­li­chen Sie sich, wel­che Ver­qui­ckun­gen zwi­schen Pri­vat- und Geschäfts­ver­mö­gen bestehen (Bürg­schaf­ten, Dar­le­hen) und ob die­se Kon­stel­la­tio­nen erwünscht sind. Berück­sich­ti­gen Sie Ihre pri­va­ten Ver­mö­gens­zie­le bei dem jähr­li­chen Beschluss über die Gewinn­ver­wen­dung (Aus­schüt­tung in das Privatvermögen).

GmbH-Krise: Im Zweifel müssen Sie ein Zweit-Gutachten beauftragen

Der Geschäfts­füh­rer ist ver­pflich­tet, sich fach­kun­di­gen Rat zur Erken­nung der wirt­schaft­li­chen Kri­se ein­zu­ho­len (vgl. Nr 24/2012) . Dazu fol­gen­de Zusatz-Infor­ma­ti­on: Ist z. B. ein – in die­sen Din­gen uner­fah­re­ner – Steu­er­be­ra­ter nicht in der Lage, zwei­fels­frei zu erken­nen, ob Über­schul­dung vor­liegt, ist der Geschäfts­füh­rer immer noch nicht aus der Haf­tung. U. U. ist er dann dazu ver­pflich­tet, ein Zweit-Gut­ach­ten ein­zu­ho­len (so gemäß OLG Schles­wig, Urteil vom 11.2.2010, 5 U 60/09). Haben Sie den Ein­druck, dass der Bera­ter „über­for­dert“ ist, soll­ten Sie sich zusätz­lich absi­chern und ein Zusatz­gut­ach­ten einholen.

BFH: Teilwertabschreibungen von Gesellschafter-Darlehen sind Betriebsausgaben

Sub­stanz­ver­lus­te von im Betriebs­ver­mö­gen gehal­te­nen Gesell­schaf­ter­dar­le­hen auf­grund von Wert­min­de­run­gen, wie sie durch Teil­wert­ab­schrei­bun­gen ent­ste­hen, unter­lie­gen man­gels wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hangs nicht dem Abzugs­ver­bot (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Das gilt aller­dings nur, wenn das Dar­le­hen der Gesell­schaf­ter an ihre GmbH wie zwi­schen Drit­ten üblich ver­ein­bart ist und nicht durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst ist (BFH, Urteil vom 18.4.2012, X R 7/10).

Für die Pra­xis: Damit stellt sich der BFH gegen die Grund­sät­ze zum Betriebs­aus­ga­ben­ab­zug von Teil­wert­ab­schrei­bun­gen von Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums (BMF-Schrei­ben vom Novem­ber 2010, BStBl. I 2010, Sei­te 1292). Wich­tig: Auch der BFH stellt auf das Kri­te­ri­um der „Fremd­üb­lich­keit“ ab. Ach­ten Sie also auch im Kri­sen­fall dar­auf, dass übli­che Zin­sen ver­ein­bart blei­ben – neh­men Sie also erst eine Teil­wert­ab­schrei­bung vor und kei­nen Zins­ver­zicht, z. B. dann wenn im Rah­men einer Betriebs­auf­spal­tung die GmbH die ver­ein­bar­ten Zin­sen an die Ver­mö­gens GbR nicht mehr erwirtschaftet.

ACHTUNG: GmbH muss bei Leistungskürzung der Pensionskasse draufzahlen

Das Bundes­arbeitsgericht (BAG) hat ent­schie­den, dass der Arbeit­ge­ber zu Aus­gleichs­zah­lun­gen ver­pflich­tet ist, wenn die Pen­si­ons­kas­se ursprüng­lich ver­ein­bar­te Leis­tun­gen nicht mehr an die Arbeit­neh­mer aus­zah­len kann – z. B. weil die Ein­nah­men der Kas­se zurück­ge­hen (§1 Abs. 3 BetrAVG). Die Rechts­la­ge ist ein­deu­tig und nach die­sem höchst­rich­ter­li­chen Urteil nicht mehr anzu­fech­ten (BAG, Urteil vom 19.6.2012, 3 AZR 408/10).

Für die Pra­xis: Gegen die­ses Aus­fall­ri­si­ko gibt es u. E. kei­nen wirk­sa­men Schutz. Wich­tig ist aber, dass Sie vor Abschluss und Über­tra­gung eines von Ihnen zuge­sag­ten Pen­si­ons­an­spruchs für Ihre Mit­ar­bei­ter an eine exter­ne Unter­stüt­zungs­kas­se genau­es­tens prü­fen las­sen, inwie­weit die Kas­se laut Sat­zung berech­tigt ist, Leis­tun­gen zu kürzen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS – die rea­le Wirt­schafts-Sati­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/schaeuble

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