Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 42/2011

The­men heu­te: Wie viel Ver­mö­gen hat der durch­schnitt­li­che Geschäfts­füh­rer – wie schützt er die­ses Ver­mö­gen? + GmbH-Finan­zen: Schau­en Sie Ihrer Bank auf die Fin­ger + Weih­nachts­geld: Zah­lung unter Vor­be­halt dop­pelt absi­chern + Geschäf­te mit „GmbHs”: Ver­tre­tungs­voll­macht muss stim­men + Ver­zicht auf Mehr­heits-Stimm­recht unter­liegt nicht der Schen­kungs­steu­er + Bun­des­ar­beits­ge­richt legt neue Fall­stri­cke zum AGG aus + BISS …

 

42. KW 2011
Frei­tag, 21.10.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

nach einer Umfra­ge der Kanz­lei Dick & Part­ner  besitzt der „durch­schnitt­li­che“ GmbH-Geschäfts­füh­rer ein Ver­mö­gen bestehend aus:

  • einer pri­vat genutz­ten Immo­bi­lie (30%),
  • einer Alters­ver­sor­gung (24 %),
  • einem Spar­ver­mö­gen (16 %),
  • einer ver­mie­te­ten Immo­bi­lie (15 %),
  • einer Geld­an­la­ge aus Akti­en, Fonds u. Ä. (10 %) und
  • sons­ti­gen Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den (5 %).

Rech­net man das hoch, ergibt sich für den durch­schnitt­li­chen Geschäfts­füh­rer ein Ver­mö­gens­be­stand von 750.000 bis 1.000.000 €. Berück­sich­tigt man dabei, dass jün­ge­re Kol­le­gen zunächst weni­ger ange­spart haben, kann man davon aus­ge­hen, dass zumin­dest die älte­ren Kol­le­gen gut über dem Durch­schnitts­wert lie­gen und damit nicht schlecht ver­sorgt sind. Wie aber sieht es aus mit dem Schutz die­ses Pri­vat­ver­mö­gens vor dem Zugriff aus der Tätig­keit als Geschäfts­füh­rer für eine frem­de oder sogar die eige­ne GmbH?

58 % der 120 befrag­ten Geschäfts­füh­rer geben an, dass sie sich schon mit der Fra­ge der Siche­rung des pri­va­ten Ver­mö­gens beschäf­tigt haben. Umkehr­ge­kehrt heißt das bedeu­tet: Über 40 % der Kol­le­gen haben sich damit kaum oder noch nicht beschäf­tigt. 80 % glau­ben, dass ihr pri­va­tes Ver­mö­gen bei einer Insol­venz der GmbH aus­rei­chend geschützt ist. Die meis­ten Geschäfts­füh­rer sind sich ihrer Haf­tungs­ri­si­ken aus  Ihrer Posi­ti­on bewusst: Sie wis­sen, dass sie zusätz­li­chen Haf­tungs­ri­si­ken aus­ge­setzt sind, etwa im Insol­venz­fall der GmbH. 56 % aller Kol­le­gen ken­nen das Risi­ko der Durch­griffs­haf­tung, wonach Gläu­bi­ger in bestimm­ten Fäl­len (Ver­stoß gegen Insol­venz­an­trags­pflicht, Ver­bo­te­ne Aus­zah­lung von GmbH-Ver­mö­gen) sich am Pri­vat­ver­mö­gen des Geschäfts­füh­rers schad­los hal­ten können.

Fazit: Die beschränk­te Haf­tung der GmbH hat (lei­der) vie­le Lücken. Auch des­we­gen berich­te ich regel­mä­ßig dazu und zei­ge Ihnen ganz kon­kre­te Risi­ko-Vor­sor­ge-Maß­nah­men auf.

GmbH-Finanzen: Schauen Sie Ihrer Hausbank auf die Finger 

Knapp 1 Jahr nach dem ers­ten Stress­test hat die Stif­tung Waren­test die Ban­ken jetzt wie­der unter die Lupe genom­men. Fast kei­ne Bes­se­rung gibt es bei den Über­zie­hungs­zin­sen. Vie­le Ban­ken ver­lan­gen 14 % und mehr – auch von gewerb­li­chen Kun­den (Ergeb­nis­se unter > www.test.de/themen/geldanlage-banken/test/).   Bil­lig ist die Über­zie­hung bei der DAB Bank mit 6,96 % für Zin­sen. Geschäfts­füh­rer sind gut bera­ten, zusam­men mit dem Sach­be­ar­bei­ter der Haus­bank, indi­vi­du­el­le Kon­di­tio­nen zu ver­ein­ba­ren und dabei mit Ver­gleichs-Kon­di­tio­nen zu argu­men­tie­ren. Aber auch an ande­rer Stel­le müs­sen Sie Ihrer Bank auf die Fin­ger schauen:

  • Zur­zeit wer­den immer wie­der Fäl­le bekannt, dass Belas­tungs­bu­chun­gen auf Geschäfts­kon­ten vor­da­tiert und Gut­ha­ben­bu­chun­gen erst Tage nach dem Geld­ein­gang gut­ge­schrie­ben wer­den. So ist jetzt z. B. wie­der ein Fall aus Fürs­ten­feld­brück bekannt gewor­den, in dem die­ses Buchungs­ver­hal­ten der Bank inner­halb von 10 Jah­ren bei der Fir­ma zu einem Scha­den von rund 200.000 € führ­te. Der Geschäfts­füh­rer der betrof­fe­nen GmbH hat unter­des­sen Kla­ge gegen die Bank ein­ge­reicht. Dabei kann er auf die ent­spre­chen­den Vor­ga­ben des Bun­des­ge­richts­hofs ver­wei­sen (z. B. BGH, Urteil vom 17.6.1997, XI ZR 54/88, in BB 1989, Sei­te 243, sie­he unter „Für die Praxis“).
  • Genau­so umstrit­ten ist die Pra­xis von Ban­ken ein ein­sei­ti­ges Leis­tungs­be­stim­mungs­recht für Zin­sen in den AGB zu ver­ein­ba­ren. Der BGH hat das für unzu­läs­sig erklärt. Eini­ge Ban­ken hal­ten sich aber nach wie vor nicht dar­an. Auch das soll­ten Sie prü­fen bzw. bean­stan­den (BGH, Urteil vom 21.4.2009, XI ZR 55/08).

Für die Pra­xis: Schecks müs­sen spä­tes­tens nach 3 Tagen, Über­wei­sun­gen zuguns­ten der Fir­ma müs­sen am Tag des Ein­gangs. Bar­ein­zah­lun­gen müs­sen auch tat­säch­lich am Tag der Ein­zah­lung von der Bank gut­ge­schrie­ben wer­den. Über­wei­sun­gen, Last­schrif­ten, Dau­er­auf­trä­ge und Bar­aus­zah­lun­gen zu Las­ten der Fir­ma müs­sen tag­ge­nau gebucht wer­den. Feh­ler­haf­te oder unkla­re Zins­an­pas­sungs­klau­seln bewir­ken die voll­stän­di­ge Unwirk­sam­keit der Zins­ver­ein­ba­rung. Prü­fen Sie die Trans­ak­ti­ons­pra­xis Ihrer Bank. Scheu­en Sie sich nicht davor, ein­zel­ne Vor­gän­ge ganz genau zu prü­fen. Bei Unklar­hei­ten soll­ten Sie sich anwalt­lich absi­chern bevor Sie Män­gel vor­tra­gen und Nach­bes­se­rung for­dern. U. U. gelingt es Ihnen so, Ihre Ver­hand­lungs­po­si­ti­on bei der Fest­set­zung der Über­zie­hungs­kon­di­tio­nen zu verbessern.

Weihnachtsgeld: Zahlung „unter Vorbehalt“ doppelt absichern

Grund­sätz­lich kön­nen Sie – soweit nicht anders ver­ein­bart – Weih­nachts­geld frei­wil­lig zah­len. Dazu müs­sen Sie den Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt dem Arbeit­neh­mer mit­tei­len. Dabei muss die Ver­trags­for­mu­lie­rung ein­deu­tig sein und darf nicht im Wider­spruch zu ande­ren Ver­ein­ba­run­gen (z. B. Betriebs­ver­ein­ba­rung, Tarif­ver­trag) ste­hen (BAG, Urteil vom 8.12.2010, 10 AZR 671/09). Prü­fen Sie, ob die von Ihnen ver­wen­de­te Klau­sel den gericht­li­chen Anfor­de­run­gen stand­hält. Mus­ter-For­mu­lie­rung: „Die Zah­lung des Weih­nachts­gel­des stellt eine frei­wil­li­ge Leis­tung dar. Ein Anspruch auf sie wird für die Zukunft nicht begrün­det. Das gilt auch im Fall wie­der­hol­ter Zah­lung“.

Für die Pra­xis: Ist die in bestehen­den Arbeits­ver­trä­gen ver­wen­de­te Klau­sel recht­lich nicht „ein­ein­deu­tig“ und kön­nen Sie eine Ände­rung des Ver­tra­ges nicht durch­set­zen (Ände­rungs­kün­di­gung), soll­ten Sie sich absi­chern. Das kön­nen Sie z. B., indem Sie mit der Zah­lung des Weih­nachts­gel­des dem Arbeit­neh­mer einen per­sön­li­chen Brief mit Absen­der „GmbH“ zukom­men las­sen, in dem Sie sich für die geleis­te­te Arbeit im ablau­fen­den Geschäfts­jahr bedan­ken und dabei ein­ein­deu­tig (sie­he die For­mu­lie­rung oben) auf die Frei­wil­lig­keit der Zah­lung ver­wei­sen. Ter­min für den Brief­ver­sand: 49. KW.

Geschäfte mit anderen GmbHs: Vertretungsvollmacht muss stimmen 

Eine böse Über­ra­schung gab es jetzt für einen Kol­le­gen vor dem OLG Hamm, weil er eine Rechts­vor­schrift zum Ver­trags­schluss mit einem Geschäfts­part­ner über­se­hen hat­te. Es ging um einen Ein­kaufs­rah­men­ver­trag, der die Preis- und Men­gen­vor­ga­ben für den Bezug von Zulieferer­ware regelt. Feh­ler: Der Ein­kaufs­rah­men­ver­trag war ledig­lich durch die  Unter­schrift eines Geschäfts­füh­rers gezeich­net. Im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH gab es aber eine Vor­schrift, wonach Ver­trä­ge nur mit der Zustim­mung aller Geschäfts­füh­rer abge­schlos­sen wer­den kön­nen. Fol­ge: Der Zulie­fe­rer kam mit der Lie­fe­rung der Ware in Rück­stand. Die betrof­fe­ne GmbH konn­te aber kei­nen Scha­dens­er­satz dafür durch­set­zen. Begrün­dung: „Der Ein­kaufs­rah­men­ver­trag ist nicht rechts­wirk­sam zustan­de gekom­men“ (OLG Hamm, Urteil vom 22.2.2011, I‑19 U 133/10; GmbHR 2011, 1099).

Für die Pra­xis: Bei Abschluss von Ver­trä­gen mit neu­en Geschäfts­part­ner in der Rechts­form GmbH soll­ten Sie zuvor prü­fen, wel­che Ver­tre­tungs­be­fug­nis für die­se GmbH gilt. Dazu genügt in der Regel eine Schnell­re­cher­che im elek­tro­ni­schen Han­dels­re­gis­ter unter > www.handelsregister.de (aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen über Geschäfts­part­ner kos­ten 4,50 € pro Abfra­ge; voll­stän­di­ge online-Abfra­ge für GmbHs ab Ein­tra­gung 2007 möglich).

Verzicht auf Mehrheits-Stimmrecht unterliegt nicht der Schenkungssteuer

Ver­zich­tet der Gesell­schaf­ter, der laut Gesell­schafts­ver­trag ein sog. Mehr­heits­stimm­recht hat, auf die­ses Recht, führt dies nicht zu einer steu­er­pflich­ti­gen Zuwen­dung bei dem ande­ren Gesell­schaf­ter. Das Finanz­amt darf dafür kei­ne Schen­kungs­steu­er ver­an­la­gen (FG Baden-Würt­tem­berg, Urteil vom 25.5.2011, 7 K 1475/09, GmbHR 2011, 1116).

Für die Pra­xis: Das Urteil ist noch nicht rechts­kräf­tig. Es ist also davon aus­zu­ge­hen, dass die Finanz­be­hör­den die­sen Fall noch durch den BFH abschlie­ßend prü­fen las­sen. U. E. lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für eine Schen­kung auch hier nicht vor (vgl. dazu Vol­kelt-Brief Nr. 41/2011 zur inkon­gru­en­ten vGA).

Bundesarbeitsgericht legt neue Fallstricke für Verstöße gegen das AGG

Wenn Sie einen schwer behin­der­ten Arbeit­neh­mer im Bewer­bungs­ver­fah­ren ableh­nen, müs­sen Sie auf­pas­sen: Haben Sie sich als pri­va­ter Arbeit­ge­ber vor­her nicht mit der Arbeits­agen­tur über die Beset­zung einer Stel­le mit Schwer­be­hin­der­ten abge­stimmt, wird das als Indiz für eine Benach­tei­li­gung des schwer behin­der­ten Arbeit­neh­mer gewer­tet – u. U. müs­sen Sie dann Aus­gleich zah­len (BAG, Urteil vom 13.10.2011, 8 AZR 608/10).

Für die Pra­xis: Haben Sie den Ein­druck, dass eine gefak­te Bewer­bung eines schwer Behin­der­ten ein­geht, soll­ten Sie umge­hend Kon­takt mit der Arbeits­agen­tur auf­neh­men und damit bele­gen, dass Sie eine inten­si­ve Prü­fung zur Beset­zung des Arbeits­plat­zes durch einen schwer behin­der­ten durch­ge­führt haben.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt, Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS > Die Wirt­schafts­sa­ti­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/rettung

Schreibe einen Kommentar