Digital-Hype: „Schwachstelle” Mitarbeiter + Geschäftsführer/Haftung: Da hilft nur lückenlos dokumentieren + Geschäftsführer-Perspektive: 200 Stunden für die Steuer ist zuviel! + Wirtschafts-Trends: Was Geschäftsführer veranlassen müssen … + Digitales: KI und der Haus-Roboter + GF-Kompetenzen: Müssen Sie den Sohnemann des Haupt-Gesellschafters einstellen? + Geschäftsführer privat: Geldvermögen schrumpfen – was tun? + Warnung: Das sog. Sozialkreditsystem betrifft alle China-Geschäfte + GmbH/Recht: Streitigkeiten um die Höhe der Abfindung
Der Volkelt-Brief 39/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 27. September 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
die Einzelfälle mehren sich: Mit provokanten E‑Mail Anhängen – vermeintliche Rechnungen, attraktive Werbebotschaften oder humorige Clips – fangen Sie sich einen Virus ein, der Ihre komplette IT blockiert und Sie unverhohlen zur Zahlung auffordert. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine Erpressung (§ 253 StGB) mit teuren Folgen. Nicht nur große Unternehmen sind betroffen. Die Bedrohung richtet sich gegen Handwerksbetriebe, gegen mittelständische Unternehmen. Kurz: Unterdessen ist jede eMail-Adresse bedroht. Was tun?
Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass hier der Mitarbeiter die Schwachstelle ist. Der eine handelt verantwortlicher als der andere. Es ist Ihre Aufgabe, alle Mitarbeiter für dieses Thema zu sensibilisieren. Die Botschaft heißt: „Anhänge von externen eMails dürfen nicht geöffnet werden“. Da selbst über bestehende Geschäftsbeziehungen Trojaner oder unerwünschte Virenprogramme eindringen könnten, sollten Anhänge grundsätzlich nicht geöffnet, sondern zunächst in den Datei-Ordner „Downloads“ abgespeichert und vor dem Öffnen mit dem Virenprogramm (Kaspersky, Microsoft Security) getestet werden. So viel Sicherheit muss sein.
Geschäftsführer/Haftung: Da hilft nur lückenlos dokumentieren
Zuletzt haben wir in Ausgabe 21/2018 (Seite 4) auf ein aktuelles und wichtiges Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg (Urteil v. 7.2.2018, 7 U 132/16) zur Geschäftsführer-Haftung und seiner Verpflichtung zur Dokumentation von Entscheidungen hingewiesen. Tenor: Das Gericht verlangt, dass der Geschäftsführer „in der konkreten Entscheidungssituation die verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft”. Hier einige konkrete Hinweise, wie Sie sich als Geschäftsführer entsprechend absichern bzw. wie Sie ganz konkret Dokumentieren, um im Ernstfall zu belegen, dass Sie Ihrer Informationsverpflichtung korrekt nachgekommen sind:
- Verträge: Bedenken Sie immer, dass im Ernstfall (Kündigung, Abberufung) gegen Sie ein sofortiges Hausverbot verhängt werden kann – Sie also keinen Zugang mehr zu den Unterlagen haben, die im Eigentum der GmbH stehen. Sie sind also gut beraten, wenn Sie Unterlagen, die Ihre Tätigkeit betreffen, in zweiter Ausführung bei sich zu Hause aufbewahren. Das betrifft selbstverständlich auch alle vertraglichen Dokumente – also z. B. den Gesellschaftsvertrag der GmbH (hier: Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte), Ihren Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (hier: Rechte und Pflichten, Zusatzvereinbarungen) und sonstige vertragliche Beziehungen zur GmbH (hier: Gesellschafterdarlehen, stille Beteiligung usw.).
- Protokolle: Neben den reinen Beschluss-Protokollen aus den Gesellschafter-Versammlungen bzw. Geschäftsführungs-Sitzungen sollten Sie bei wichtigen Entscheidungsfragen Wert darauf legen, dass auch der wesentliche Sitzungs- bzw. Gesprächsverlauf protokollarisch festgehalten wird.
- Wichtig: Mit der Unterschrift zum Protokoll (durch die Gesellschafter bzw. Ihre Mit-Geschäftsführer) bestätigen diese den Inhalt und die Richtigkeit der Aufzeichnungen. Achten Sie darauf, dass Ihnen wichtige Aussagen/Einschätzungen zu Protokoll genommen werden (hier: „… für´s Protokoll”). Zu schwierigen oder strittigen Sachverhalten sollten Sie zusätzlich ein Gedächtnisprotokoll anfertigen – in dem Sie Ihre persönlichen Stellungnahmen zu den Themen festhalten, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht im offiziellen Protokoll vermerkt sind.
Geschäftsführer-Perspektive: 200 Stunden für die Steuer ist zuviel!
Jede Regierung versprich, Bürger und Unternehmen mit weniger Bürokratie zu belasten. Keiner Regierung ist das bisher gelungen. Gerade kleinere Unternehmen kämpfen täglich mit für außen stehende unvorstellbar vielen, komplizierten und teuren Vorschriften, deren praktischer Sinn sich oft nur schwer erschließt (Zertifizierungsverfahren, Meldepflichten, Dokumentation von Arbeitszeiten).
Dazu kommen mehr und mehr Vor-Ort-Kontrollen von Zoll, Gewerbeaufsicht, Kontrollen der Landratsämter, Außenprüfung der Finanzbehörden, der Rentenversicherung, der Künstler-Sozialversicherung usw.. Vorgänge, die jedes Mal den betrieblichen Ablauf empfindlich stören und kosten. In einigen Branchen ist die Belastungsgrenze mit unproduktiven Overhead-Kosten schon lange erreicht. Laut einer PWC-Studie („Paying Taxes 2019“) muss der deutsche Durchschnitts-Mittelständler pro Jahr ca. 200 Arbeitsstunden darauf verwenden, seine Steuern ordnungsgemäß zu entrichten. Zum Vergleich: In Norwegen braucht man für diese Aufgaben gerade einmal 80 Stunden. In der Schweiz braucht der Unternehmer gerade einmal 60 Stunden zur Erledigung seiner steuerlichen Pflichten. Bleibt da überhaupt noch Zeit, Geschäfte zu machen? Mit den besten Grüßen.
Wirtschafts-Trends: Was Geschäftsführer veranlassen müssen …
Betrifft … | Darum geht es … | to do … |
Online-Banking | Seit dem 14. September 2019 ist es verbindlich: Kunden müssen sich nach der EU-Zahlungsrichtlinie bei Geschäften mit Banken im Netz zweifach identifizieren. Neben der Eingabe von Nutzerkennung beziehungsweise PIN ist z. B. eine TAN einzugeben, die mittels App, SMS oder eines TAN-Generators neu erzeugt wurde. | Prüfen Sie, ob alle Online-Bankverbindungen funktionieren |
Abmahnungen | Geplant sind höhere Anforderungen an die Befugnis zur Geltendmachung von Ansprüchen, die Verringerung finanzieller Anreize für Abmahnungen und vereinfachte Möglichkeiten zur Geltendmachung von Gegenansprüchen. | Das Gesetzgebungsverfahren abwarten, ggf. die Websites auf abmahnträchtiges prüfen. |
Digitales: KI und der Haus-Roboter
Alles, was Siri oder Alexa nicht können, soll nach den Vorstellungen des japanischen StartUps Preffered Networks in nicht allzu ferner Zukunft ein Haushaltsroboter erledigen: den Geschirrspüler einräumen, den Müll trennen und vor die Tür stellen, das Geschirr wegräumen, die Küchenarbeit für´s Genuss-Kochen vorbereiten oder Leergut verstauen. Der Prototyp arbeitet schon nach Plan, nur noch ein wenig zu langsam. In 2 bis 5 Jahren soll der Roboter in Serie gehen.
Mit an Bord ist Toyota´s Roboterabteilung. Die liefern die Hardware, Preffered Netwoks die Künstliche Intelligenz. Unterdessen beschäftigt das StartUp 250 Mitarbeiter, wird mit einem Marktwert von zwei Milliarden Dollar gehandelt und gehört damit zu den wenigen Einhörnern, die Japan´s StartUp-Szene bis dato hervorgebracht hat. Fragt sich, was die Kunden mit der so gewonnenen Zeit anfangen. Am besten ein gutes Buch lesen: Über die Zukunft der Künstlichen Intelligenz und den weiteren Ambitionen der Menschheit.
GF-Kompetenz: Müssen Sie den Sohnemann des Haupt-Gesellschafters einstellen?
Wenn die oder einer der Gesellschafter Einfluss auf die Personalpolitik nehmen wollen und z. B. auf die Einstellung von Familien-Mitgliedern drängen, kann das gut gehen – muss aber nicht, z. B. wenn die Qualifikation des Bewerbers für die Stelle nicht ausreicht. Das führt dann meist zu unangenehmen Konflikten mit der Geschäftsführung. Aber wer hat denn nun das Sagen in Sachen Personal-Politik?
Grundsätzlich gilt: „Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Arbeitnehmer der GmbH jedoch Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung“ (Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.5.2001, B 12 KR 34/00 R). Das sind klare Vorgaben. Einstellung, Auswahl und Anleitung der Mitarbeiter gehört mit zu den Organisationspflichten des Geschäftsführers. Er muss dafür sorgen, dass Mitarbeiter eingestellt werden, die ausreichend qualifiziert sind und in der Lage sind, die Ihnen übertragenen Aufgaben zu erledigen.
Geschäftsführer privat: Geldvermögen schrumpfen – was tun?
Auch nach Mario Draghi wird die Europäische Zentralbank (EZB) die (durchaus umstrittene) Nullzinspolitik fortsetzen. Nachfolgerin Christine Lagarde machte in ihrer Antrittsrede unmissverständlich klar, dass es auch unter ihrer Leitung keine Änderungen in der Geldpolitik der EZB geben wird. Unterdessen haben zahlreiche Banken die Kontoführungsgebühren zum Teil drastisch erhöht, andere haben angekündigt, Negativzinsen auch für kleinere Bargeldanlagen (ab 100.000 EUR) zu berechnen. Das gilt auch für Barvermögen von Unternehmen – also für Tagesgeld- und Sparkonten, die Sie privat oder in der GmbH führen.
Warnung: Das sog. Sozialkreditsystem betrifft alle China-Geschäfte
Trotz massiver Proteste der europäischen Handelskammer wird in China derzeit an einer Verschärfung der Rating-Kriterien für Unternehmen gearbeitet. Auch kleine und mittlere Unternehmen, die schlechte Noten erhalten bzw. auffällig werden, können danach strenger geprüft und von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Das soll auch für Unternehmen gelten, deren Mitarbeiter auffällig werden (Steuervergehen u. Ä.) oder die sich politisch (unerwünscht) engagieren. Die Handelskammer empfiehlt, sich über die geänderten Vorgaben zu informieren und dagegen offiziell zu protestieren – die Vorgaben aber dennoch exakt einzuhalten, um Benachteiligungen zu vermeiden.
GmbH/Recht: Streitigkeiten um die Höhe der Abfindung
Muss eine Zwischenbilanz erstellt werden, um die Höhe des Abfindungsguthabens des ausscheidenden GmbH-Gesellschafters zu ermitteln, muss dies von der GmbH zur Verfügung gestellt bzw. beauftragt werden. Die GmbH ist auch zuständig, wenn im Rahmen eines dazu eingeleiteten Schiedsverfahrens ein Schiedsgutachter bestellt wird. Fehlen eindeutige vertragliche Vorgaben zur Festsetzung der Abfindung (z. B. nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren) ist es auf jeden Fall nicht Sache des ausscheidenden Gesellschafters, die Voraussetzungen für die Ermittlung des Wertes des GmbH-Anteils zu schaffen (OLG München, Urteil v. 31.7.2019, 7 U 3799/18).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief