Themen heute: Wo in Familienunternehmen Konflikte entstehen – wie Sie vorbeugen können (PWC-Studie) + zulässige Verlust-Gestaltung: Ringkauf von GmbH-Anteilen + Neues FA-Prüfschema für Spesen und Bewirtungskosten + BISS …
10. KW 2011
Freitag, 11.3.2011
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
nach der aktuellen PWC-Studie „Familienunternehmen 2010/2011“ sind deutsche Familien-Unternehmen auf Konfliktfälle zwischen den Familienmitgliedern schlecht vorbereitet. Lediglich 40 % der Unternehmen haben ein Konflikt-Management z. B. in einer Unternehmens-Charta oder als Bestandteil der Gesellschaftsverträge institutionalisiert. Umgekehrt bedeutet das: Bei 6 von 10 Unternehmen besteht das Risiko, dass sie bei Ungereimtheiten zwischen den Familien-Mitgliedern in eine Entscheidungskrise gezogen werden.
Wie schnell so etwas passieren kann, belegt alleine schon die Statistik zu Trennungen und Scheidungen. Tendenz: weiter steigend. Typische Familien-geprägte Konfliktauslöser in den deutschen Familien-Unternehmen, die „Zündstoff“ bergen, sind:
- unterschiedliche Vorstellungen über die Bewertung der Leistungen der Familien-Mitglieder (25 %),
- unterschiedliche Einstellung zur Beschäftigung von Familien-Mitgliedern im Unternehmen, z. B. von Kindern, Eingeheirateten und deren Verwandte usw. (23 %),
- unterschiedliche Vorstellungen über die Verwendung des erwirtschafteten Gewinns – also: Ausschüttung oder Reinvestition (20 %),
- Fragen der Kommunikation mit Familien-Mitgliedern, die zwar an der GmbH beteiligt sind, aber außer ihrer Gesellschafter-Eigenschaft mit dem Unternehmen nichts weiter zu tun haben – also typische Informationsprobleme (20 %),
- unterschiedliche Vorstellungen über die Rolle der eingeheirateten Familien-Mitglieder (15 %) oder
- Konflikte über die Höhe der Vergütung der im Unternehmen tätigen Familien-Mitglieder (12 %).
Dabei steigt die Konfikt-Wahrscheinlichkeit mit der Lebensdauer des Unternehmens deutlich an. Spätestens mit dem Übergang der 2. zur 3. Generation sollte deswegen zusätzlich zu den üblichen vertraglichen Vorkehrungen ein Konflikt-Management eingerichtet werden. Dazu kann eine Charta für alle Familien-Mitglieder verbindlich gemacht werden (ähnlich: Shareholder Agreement). Damit wissen alle Familien-Mitglieder vorab, auf was sie sich einlassen und welche Sanktionen bei Verstößen drohen. So können die meisten Konflikte bereits im Vorfeld verhindert werden. Möglich ist auch die Einrichtung eines sog. Schiedsgerichts, die Vorgabe zur Einschaltung externer Schlichter (Mediation) oder die Berufung eines Beirates, der mit familiennahen Mitgliedern besetzt und mit weit gehenden Kompetenzen ausgestattet wird.
Zulässige Verlust-Gestaltung: Ringverkauf von GmbH-Anteilen
Ein hochinteressantes Urteil kommt jetzt vom Bundesfinanzhof (BFH). Es geht um die Zulässigkeit von sog. Ringverkäufen von GmbH-Anteilen (BFH, Urteil vom 7.12.2010, IX R 40/09). Vorteil dieser Gestaltung: Macht die GmbH Verluste, können diese bereits im Verlustjahr – also sofort – mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten des Unternehmers verrechnet werden. Und das geht so:
Ausgangslage: Mehrere Gesellschaften haben zusammen eine GmbH gegründet, die vermögensverwaltend tätig wurde – im konkreten Fall kaufte und verkaufte die GmbH Aktien. Die Gesellschafter waren jeweils mit einem GmbH-Anteil von 50.000 € beteiligt. Im Verlustjahr (Krise am Neuen Markt) musste die GmbH enorme Verluste hinnehmen, bedingt aus fallenden Aktienkursen.
Das Steuer-Modell: Daraufhin gestalteten die Gesellschafter wie folgt: Jeder Gesellschafter veräußerte seine GmbH-Anteil an einen Mit-Gesellschafter – und zwar zum Kaufpreis von lediglich 7.500 €. Den Verlustbetrag (Anschaffungskosten – Veräußerungserlös) in Höhe von 42.500 € verrechnete jeder Gesellschafter mit anderen Einkünften (gemäß § 17 EStG).
Die Rechtslage: Das Finanzamt wollte das nicht mitmachen. Es unterstellt „Gestaltungsmissbrauch“ und erkannt die Verlustverrechnung nicht an. Die Gesellschafter klagten dagegen vor dem Finanzgericht. In erster Instanz gab das Finanzgericht dem Finanzamt Recht. Jetzt hat der BFH dazu klargestellt: Es liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor. Den Gesellschaftern steht es frei, über Ihre Anteile zu verfügen – auch und gerade dann, wenn die Gesellschafter eine neue steuerliche Ausgangslage schaffen wollen.
Fazit: Eine solche Gestaltung ist damit möglich. Zwar ist davon auszugehen, dass die Finanzbehörden zukünftige vergleichbare Fälle mit neuen Begründungen kippen wollen. Die Aussagen des BFH zur Sache sind aber so klar, dass diese Verlust-Gestaltung weiter möglich bleibt. Dazu müssen Sie aber einige Voraussetzungen einhalten.
Für die Praxis: Die Gestaltung funktioniert steuerlich nur unter den Voraussetzungen aus § 17 EStG – also dann, wenn der GmbH-Anteil im Privatvermögen Voraussetzung ist auch, dass der Wertverlust der GmbH-Beteiligung nach objektiven Kriterien ermittelt wird – er darf also nicht nur vorübergehend sein, der Wertverlust muss nach objektiven Bilanz-üblichen Kriterien nachzuvollziehen sein. Das ist z. B. der Fall (siehe oben), wenn der Kursverfall der Aktien als dauerhaft einzuschätzen ist und die GmbH berechtigt ist, darauf entsprechende Abschreibungen vorzunehmen. Das ist z. B. auch dann möglich, wenn in der GmbH Beteiligungen an anderen Unternehmen gehalten werden oder andere Vermögensanlagen mit potenziellen Wertverlust verwaltet werden (Immobilien in schlechten Lagen), aber auch im Handel, wenn mit risikobehafteten Produkten gehandelt wird (PC, Notebooks, Handys, iPods usw.) und Verluste privat verrechnet werden können. Um den Steuereffekt insgesamt betragsgenau einschätzen zu können, sollten dazu unbedingt die Steuerberater der beteiligten Gesellschafter gemeinsam planen.
Spesen und Reisekosten: Finanzämter wenden neues Prüf-Schema an
Laut BFH ist das generelle Abzugsverbot sog. gemischter Aufwendungen nicht zulässig. Jetzt haben die Finanzämter flächendeckend reagiert und neue Vorgaben zur Behandlung von Spesen und Fahrtkosten erarbeitet. Diese werden ab sofort bei Spesen- und Fahrtkostenabrechnungen umgesetzt (Quelle: BMF-Schreiben vom 6.7.2010, IV C 3 – S 2227/07/10003). Danach gilt:
- Die Finanzämter werden in der Praxis eine Vereinfachungsregel anwenden. Bei einer privaten Mitveranlassung von unter 10 % dürfen die Aufwendungen bei der GmbH in vollem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden.
- Bezieht der Geschäftsführer für seinen Job Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, kann gilt das auch für seine Spesen. Bei einem Privatanteil von bis 10 % kann er den gesamten Betrag als Werbungskosten absetzen.
- Wird die 10 % – Grenze überschritten, teilt das Finanzamt die Ausgaben auf – in einen abzugsfähigen und in den nicht abzugsfähigen privaten Nutzungsanteil. Aufteilungskriterien sind bei den Spesen die Anzahl der bewirteten bzw. untergebrachten Personen.
Unverändert bestehen daneben die Kürzungsvorschriften z. B. für die Bewirtung von Geschäftsfreunden (70 % – Regel) und auch die Wertgrenzen für die Abzugsbeschränkung von Geschenken (35 €).
Für die Praxis: Aufpassen müssen Sie aber nach wie vor bei gemischten Aufwendungen, bei denen eine sog. Doppelmotivation vorliegt. Dann ist es nicht mehr möglich, klare Abgrenzungskriterien für die berufliche bzw. die private Motivation zu benennen. Beispiel: Sie fahren mit Ihrer Ehefrau in Urlaub und treffen bei dieser Gelegenheit einen Geschäftspartner. Hier wird das Finanzamt nach wie vor nicht mitmachen, wenn Sie Kosten anteilig ansetzen wollen. Fazit: Vermeiden Sie überzogene „Fälle“ – das macht das Finanzamt misstrauisch und führt dazu, dass das Finanzamt bei anderen Sachverhalten ganz hinschaut und ggf. eine Betriebsprüfung einleitet.
Gericht untersagt Werbung für Ghostwriter von wissenschaftliche Arbeiten
Laut Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf darf der als Ghostwriter tätige Schreiber von wissenschaftlichen Arbeiten nicht damit werben, das der „Marktführer“ sei. Das ist alleine schon deswegen unzulässig, weil er eine verbotene Dienstleistung anbietet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.2.2011, I‑20 U 116/10).
Für die Praxis: Geklagt hatte ein anderer Ghostwriter – der die Marktführerschaft des „Kollegen“ so nicht hinnehmen wollte. Nach den neuesten Umständen ein bemerkenswertes Urteil, das wohl Einige aufschrecken wird, die ihrer Karriere mit einer Promotion einen zusätzlichen Kick geben wollen. Aus dem Urteil: Beide Ghostwriter verlangen für eine sog. „Übungsarbeit“ je nach Umfang zwischen 10.000 und 20.000 €.
Mit besten Grüßen
Ihr Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur der Volkelt-Brief