Die Themen …
Das Geschäftsjahr 2024: Krisen-Management als Dauerzustand + Konjunktur 2025: Prognosen mit Unbekannten + Geschäftsführer-Perspektive: Cannabis während der Arbeitszeit + Digitales/KI: Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand + Mitarbeiter/Personal: Kreative Lösungen bleiben gefragt + Geschäftsführer-privat: Resilienz, Auszeiten und Nachfolge-Planung
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Freiburg, 20. Dezember 2024
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
keine Besserung in Sicht – und wie schon für das zu Ende gehende Geschäftsjahr 2024 gibt es auch für 2025 wenige Erkenntnisse, die auf einen Ruck oder auf Veränderungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hoffen lassen. Nach den verlorenen Corona-Jahren, den Kriegsbedingten Einschränkungen, der Inflation und den konjunkturellen Problemen bekamen insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen immer noch die Folgen schlechter Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahren – genau genommen aus den Versäumnissen des letzten Jahrzehnts – zu spüren. Stichworte: Finanz- und Steuerpolitik, Bürokratie, Fehlentscheidungen in der Energiepolitik, eine auf Industriepolitik ausgerichtete Förderpolitik und eine Arbeitsmarktpolitik, die die seit Jahrzehnten vorhersehbare demografische Entwicklung weitgehend ignoriert hat. Die zuletzt wieder stark gestiegenen Insolvenzen sind Ausdruck dessen, was kommt und zu bewältigen sein wird.
Aber auch jetzt wieder heißt es: Bange machen gilt nicht. Auch und gerade für die Unternehmens- und Geschäftsleitungen, die neben den laufenden Geschäften die strategischen Dimensionen mitdenken und planen müssen. Das sehen es auch die meisten Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich über das abgelaufene Geschäftsjahr 2024 gesprochen habe, so. Aber: Auf Dauer geht das an die Substanz vieler Unternehmen – und zwar branchenübergreifend. Die Prognosen fast aller Experten lassen derzeit nicht viel Platz für Optimismus und bessere Zeiten. Die Rahmenbedingungen stehen nicht auf Expansion und Wachstum, sondern auf Konsolidierung und Konzentration auf neue Geschäftsfelder unter sich schnell ändernden Marktbedingungen.
Ich wünsche Ihnen erholsame Feiertage und einen guten Start in ein hoffentlich wieder phantasievolleres Geschäftsjahr 2025 …
L. Volkelt
Konjunktur 2025: Prognosen mit Unbekannten
Das ifo Institut prognostiziert für das deutsche Wirtschaft 2025 ein Wachstum von gerade einmal + 0,1 %. Der internationale Währungsfond rechnet mit einem Wachstum von + 0,8 %. Die Wirtschaftswaisen erwarten offiziell + 0,2 % Wachstum. Die Bundesbank erwartet + 0,2 %. Fazit: Je nach Interessenlage differieren die Erkenntnis-Schwerpunkte und die daraus resultierenden Prognosen. Alles Werte, die sogar deutlich unter den Vorjahres-Prognosen liegen. Auch der ifo-Geschäftsklima-Index hat sich weiter eingetrübt. Der Index ist nach aufsteigender Tendenz im Frühjahr/Sommer 2024 im Dezember auf einen neuen Tiefststand von 84,7 Punkte gefallen, nach einem Jahresdurchschnitt von bisher 87 Punkten. Fakt ist, dass alle Institute, Banken und politischen Entscheider die Prognosen für 2025 zum Jahresende erneut nach unten korrigiert haben.
Neben diesen auf Schätzungen, Hochrechnungen und Befragungen basierenden Daten gibt es für Analysten vier Ist-Faktoren, die die Lage und die daraus resultierenden Perspektiven für 2025 konkreter machen:
- Insolvenzen: Im Gesamtjahr 2024 wird sich der Anstieg der Insolvenzzahlen bei den Unternehmen auf 25 % beschleunigen. Mit 22.400 Unternehmensinsolvenzen wird laut Creditreform 2024 erneut der Höchstwert aus 2016 erreicht. Damit hat die Zahl der Insolvenzen erneut signifikant zugenommen.
- Baubranche: Für das Gesamtjahr 2024 wird in der Branche mit einem Umsatzrückgang um 2 % auf knapp 160 Mrd. EUR gerechnet. Berücksichtigt man die starken Preiserhöhungen aus 2023/2024 in der Branche, wird ersichtlich, wie groß die Zurückhaltung in dieser Branche ist. Bauanträge und Baugenehmigungen sind im 1. Halbjahr 2024 erneut zweistellig gesunken (bis zu – 28 %). 2025 wird mit einem weiteren Rückgang gerechnet. Außerdem drückt das gesamtwirtschaftliche Umfeld – Stichworte: Zinsen, Rohstoffpreise, Vorprodukte, Energie und Löhne. Auch Zulieferer und Handel der Baubranche müssen sich auf dieses Umfeld vorbereiten und einstellen.
- Finanzen/Geldmarkt: Im Einklang mit den sinkenden Inflationsraten in Europa (zuletzt 2,3 %) und in Deutschland (Oktober: 2,0 %) sinken die Zinsen wieder. Aber: So zurückhaltend die EZB mit der Erhöhung der Zinsen zur Eindämmung der Inflation abgewartet hat, ist davon auszugehen, dass auch die Zinssenkungen von den Banken nur verzögert weitergegeben werden und entsprechend verzögert Wirkung zeigen. Trotz der verbesserten Möglichkeiten nach dem Zukunfts-Finanzierungs-Gesetz wird es auch wieder in 2025 gerade für kleinere Unternehmen und auch für StartUp-Gründungen nicht einfacher werden, Investoren bzw. Beteiligungskapital aufzutun.
- Globalisierung/Export: Kaum planbar ist, was die Trump-Regierung für den weltweiten Handel bringen wird. Wie einschneidend die Unterbrechung/Störung der weltweiten Lieferketten wirkt, war bereits in den letzten beiden Jahren zu spüren – etwa in der Automobil-Industrie, in der Chip- oder der Pharma-Branche. Dazu kommen gestiegene Frachtkosten (Energie) und krisenbedingte Unwägbarkeiten in den Frachtrouten (Versicherungen). Absehbar ist, dass auch in 2025 in den Lieferketten Probleme zu erwarten sind (Konjunktur in China). Deutsche Unternehmen müssen die Vorgaben aus dem Lieferketten-Gesetz umsetzen. Abmahner, Anwalts-Kanzleien, aber auch Gewerkschaften und Betriebsräte werden hierzu qualifizierte Informationen einfordern und ggf. einklagen.
Geschäftsführer-Perspektive: Cannabis während der Arbeitszeit
Alkohol im Betrieb ist – unterdessen schon fast seit Jahrzehnten – ein drastisches No-Go. Das ist gut und richtig so. Aber bekommen die Probleme jetzt mit der Cannabis-Legalisierung neue Dimensionen. Z. B., wenn die Kreativen aus dem Marketing vortragen, dass man da mit ein wenig Cannabis nachhelfen könnte. Oder wie KI noch effizienter eingesetzt werden könnte. Promps formulieren, auf die kein Mensch im Normalzustand kommen würde? Wie gesagt: Vielleicht ja für die einen rosa Aussichten. Ganz anders der Einsatz im Maschinenpark. Nicht auszudenken, was so Alles passieren kann, wenn bekiffte Mitarbeiter die Sache nicht mehr ganz so ernst nehmen. Im Polizeidienst jedenfalls hat man jetzt die ersten Präzedenzfälle: Weil ein Polizeikommissar bekifft zum Dienst angetreten ist, ist er nicht mehr tragbar – und durfte aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werden. Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen bejaht durchgreifende Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeidienst (VG Aachen, Beschluss v. 16.12.2024, 1 L 884/24). Aber auf jeden Fall erst einmal abmahnen. Mit freundlichen Grüßen.
Digitales/KI: Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand
Kleinere Unternehmen tun sich schwer mit der Digitalisierung von Prozessen und Verwaltungsabläufen. Laut Bundeswirtschaftsministerium ist der Indexwert der kleinen Unternehmen mit 1 bis 49 Beschäftigten sogar von 94,8 Punkten im Jahr 2022 auf nur noch 94,5 Punkte im Jahr 2023 gesunken. Die kleinen Unternehmen sind damit weiterhin die am wenigsten digitalisierte Unternehmensgrößenklasse. Dennoch: Nach unseren Erfahrungen und aus vielen Gesprächen mit den Geschäftsführungen in kleineren Unternehmen ist in 2024 Einiges in Bewegung gekommen – die neuen Möglichkeiten mit KI – und hier insbesondere mit ChatCPT, OpenAI und anderen KI-Chatbots – haben viel Kreativität freigesetzt und den Weg für neue Ideen und Projekte eröffnet.
In den Abteilungen und Teams wird experimentiert. Texte für die Werbung, Produktbeschreibungen und Geschäftsberichte werden geprüft und verbessert, PR-Texte und Redebeiträge optimiert, Kundenprofile und ‑Verhalten systematisiert. Auch in den Personalverwaltungen können die neuen KI-Instrumente schon jetzt hilfreiche Ergänzungen leisten oder einzelne Arbeitsschritte selbst erledigen: Stellenbeschreibungen, Texte für Ausschreibungen oder bei der Analyse von Bewerbungsschreiben. Die Dokumentation für den Status von Projekten lässt sich systematisieren. Sicher ist, dass das erst der Anfang zu einem großen Innovations-Schub insbesondere in den Verwaltungs-Funktionen ist. Der nächste Schritt wird nicht lange auf sich warten lassen und in 2025 in vielen Unternehmen einziehen lassen. Und zwar dann, wenn die KI-Lösungen in die bereits jetzt genutzten IT-Systeme noch besser implementiert werden können. Microsoft und Google haben bereits passende KI-Lösungen integriert – z. B. in MS-Word mit optimierten Rechtschreibe- und Formulierungshilfen oder intelligenten Datenbank-Recherche-Möglichkeiten.
Als Geschäftsführer sind Sie gut beraten, Mitarbeiter-Initiativen in Sachen KI zu fördern und zu koordinieren. Wichtig ist es, über die KI-Entwicklung und deren Anwendung zeitnah und qualifiziert informiert zu sein. Das Thema KI gehört zu den Routinen in den IT-Info-Runden, aber auch in allen Abteilungen und Teams, für die Änderungen und Innovationen anstehen. Eine zeitnahe und umfangreiche Dokumentation zum Thema KI gibt es z. B. auf den Internet-Seiten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Einige IT-Portale bieten interessante Einstiegs-Angebote und Hintergrund-Informationen (z. B. cortical, botpress).
Mitarbeiter/Personal: Kreative Lösungen bleiben gefragt
Wer Mitarbeiter ersetzen muss oder zusätzliche Mitarbeiter braucht, muss weiter kreativ bleiben. Kleinere Unternehmen in Ballungsgebieten oder im Umfeld von Konzernen können davon profitieren, wenn dort Personal abgebaut wird (vgl. Nr. 50/2024). Ansonsten ist der Markt leer. Und zwar nicht nur für qualifizierte Tätigkeiten. Auch Mitarbeiter für ungelernte und Hilfstätigkeiten sind rar. Sie sind also gut beraten, die Befindlichkeiten Ihrer Mitarbeiter zu kennen und zu pflegen. Für die meisten Kollegen/innen wird kein Weg daran vorbeiführen, in der Personal-Akquise neue Wege zu gehen und ganz Neues auszuprobieren – etwa in der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen (Teilzeit, Ausbildung in Teilzeit, Homeoffice, Mini- und Midi-Jobber) oder mit Menschen zusammenzuarbeiten, mit denen man noch keine beruflichen Erfahrungen gemacht hat (Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund oder neu angeworbene ausländische Mitarbeiter, Leiharbeit).
Arbeitnehmer wählen ihren Arbeitgeber – wem sage ich das – nicht nur nach dem Verdienst. Betriebsklima, Entwicklungsmöglichkeiten, Wertschätzung und der persönliche Umgang mit dem Mitarbeiter werden immer wichtiger. All das können Sie als Arbeitgeber direkt und selbst beeinflussen und haben dabei als kleinerer Betrieb durchaus Vorteile. Und zwar dann, wenn es Ihnen gelingt, Unternehmenskultur und unternehmerische Verantwortung vorzuleben. Setzen Sie auf „Mund-zu-Mund-Akquise” Ihrer zufriedenen Mitarbeiter (Prämien), schalten Sie Stellenanzeigen in regionalen sozialen Medien (Online-Tageszeitung) und testen Sie neue Formen der Bewerbersuche (unkonventionelle Print-Anzeigen, Content-Marketing und Video-Clips). Animieren Sie auf Ihrer Homepage zu Initiativ-Bewerbungen.
Auch die Kostenseite wird 2025 zusätzlich belastet. Im Forecast müssen Sie absehbar berücksichtigen, dass sich die Gewerkschaften in den tarifgebundenen Branchen dafür einsetzen werden, zumindest eine Netto-Erhöhung durchzusetzen. Lohnerhöhungen im Bereich + 3 bis 5 % bleiben die realistische Kalkulationsgrundlage.
Geschäftsführer-privat: Resilienz, Auszeiten und Nachfolge-Planung
Für viele Kolleginnen und Kollegen ging es 2024 wieder einmal bis an die Belastungsgrenze und manchmal auch darüber. Es gab Verunsicherung, schonungslose Bestandsaufnahmen und Offenbarungseide. Es gab ungewohnte und neue Entscheidungssituationen. Viele sahen sich erstmals in der Rolle des schlechte Nachrichten-Überbringers oder sogar eines um Unterstützung und Hilfe Suchenden. Keine dankbare Aufgabe.
Es gab aber auch Solidarität, neue Erkenntnisse, Versuche. Ansätze einer neuen Arbeits- und Organisationsstruktur. Hinweise auf ein neues Geschäftsmodell mit Zukunft und Perspektive. Und es gab viele Mitarbeiter, die sich mächtig und manchmal so auch gar nicht erwartet ins Zeug gelegt haben und legen. Trotz allem: Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten, dass Sie auch in Zukunft und in jeder Situation Antworten parat, eine Strategie für´s Geschäft haben und alles dafür tun, dass die Firma überlebt und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Anforderungen, die Geschäftsführer aushalten mussten, waren auch 2024 wieder außergewöhnlich hoch. Das wird 2025 so bleiben. Für Ihre Tätigkeit als Geschäftsführer/in heißt das:
- Geschäftsführer kleinerer Unternehmen immer mehr Zeit mit Tätigkeiten verbringen, die nichts oder nur wenig mit dem eigentlichen Geschäft zu tun haben.
- Staat und Behörden verwenden immer mehr Aufwand und Energie für die Überwachung und Kontrolle von Vorschriften und Auflagen.
- Die Diskrepanz zwischen den Zielen der politischen Entscheidungsträger und den Notwendigkeiten kleinerer Wirtschaftseinheiten ist unter der Ampel-Koalition eher weiter gestiegen.
Gefordert sind und bleiben Sie aber auch privat. Viele Kollegen und Kolleginnen haben ihrer Familie auch in diesem Jahr wieder mehr zugemutet als sie dies ohnehin schon tun. Unter dem Dauerdruck driften Ehen und Beziehungen auseinander, die Kinder können nicht wie erforderlich gefördert und unterstützt werden. Der Spagat zwischen Familie und Geschäft ist und bleibt eine Gratwanderung. Kommen ungeplante Ereignisse – Trennung, ein Pflegefall, Probleme eines Kindes – dazu, kann das schnell die Belastungsgrenze erreichen.
Dagegen stehen die Herausforderungen und Chancen, die sich für Sie als Geschäftsführer immer wieder aufs Neue ergeben. Sie wissen genau, an welchen Stellschrauben Sie drehen müssen und können, um die Produkte zu verbessern, die Mitarbeiter einzubeziehen und mitzunehmen, den Service besser zu machen oder dem Kunden noch bessere Lösungen anzubieten. Gerade diese kreativen Herausforderungen sind es, die „Geschäftsführung“ so abwechslungsreich und spannend machen. Daran wird sich auch im nächsten Jahr nichts ändern. Sie sind gefordert für 2025 – geschäftlich und privat.
Um es mit Modeworten zu sagen: Gönnen Sie sich Achtsamkeit und Resilienz. Nutzen Sie die freien Tage für sich selbst. Überplanen Sie Ihre persönlichen und geschäftlichen Ziele für 2025. Die älteren Kollegen/innen sind gut beraten, sich klar zu machen, dass die Nachfolgeregelung in der Praxis mehr Zeit braucht als üblicherweise eingeplant wird.
Hier gilt: Je früher Sie dieses schwierige Thema anpacken, umso eher gewinnen Sie Klarheit darüber, wie das aussehen kann und umso eher gibt es Ergebnisse (> Nachfolge-Planung – jetzt anpacken).
Jüngere Kollegen/innen sind gut beraten, sich nicht ständig zu verausgaben – Stichwort: Burnout. Planen Sie Auszeiten und Abstand ein, halten Sie sich an diese Planung und gönnen Sie sich und Ihrem Körper Verschnaufpausen.