Die Themen …
Das Geschäftsjahr 2023: Krisen-Management als Dauerzustand + Konjunktur 2024: Prognosen mit noch mehr Unbekannten + Geschäftsführer-Perspektive: Polarisieren oder diplomatisch Handeln + Digitales/KI: Den Hype nutzen und schlanker werden + Mitarbeiter/Personal: Kreative Lösungen sind gefragt + Geschäftsführer-privat: Achtsamkeit, Auszeiten und Nachfolge-Planung
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Freiburg, 22. Dezember 2023
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
was für ein Jahr – kann, muss man schon wieder sagen. Nach zwei verlorenen Corona-Jahren und den Kriegs-bedingten Energie-Krisen mit all seinen Folgen. Aber: In 2023 bekamen kleinere und mittelständische Unternehmen auch die Folgen schlechter Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahren – genau genommen aus den Versäumnissen des letzten Jahrzehnts – zu spüren. Stichworte: Finanz- und Steuerpolitik, Fehlentscheidungen in der Energiepolitik, eine auf Industriepolitik ausgerichtete Förderpolitik und eine Arbeitsmarktpolitik, die die seit Jahrzehnten vorhersehbare demografische Entwicklung weitgehend ignoriert hat. Nahezu alle Unternehmen in Deutschland mussten mit den Vorboten einer wirtschaftspolitischen Verweigerungspolitik in 2023 leben und umgehen. Die zuletzt stark gestiegenen Insolvenzen sind ein erster Ausdruck dessen, was zu bewältigen sein wird.
Bange machen gilt nicht. Besonders in Kreisen der Unternehmens- und Geschäftsleitungen, die neben den laufenden Geschäften immer auch ein strategisches Auge nach vorne haben müssen. So sehen es auch die meisten Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich das Geschäftsjahr 2023 resümiert habe. Aber auf Dauer geht das an die Substanz vieler Unternehmen – und zwar branchenübergreifend. Die Prognosen fast aller Experten lassen derzeit nicht viel Platz für Optimismus und bessere Zeiten. Die Rahmenbedingungen stehen nicht auf Expansion und Wachstum, sondern auf Konsolidierung und Konzentration auf neue Geschäftsfelder unter sich schnell ändernden Marktbedingungen. In vielen GmbH/UG hat dieser Druck jetzt schon dazu geführt, dass die Teams enger zusammengerückt sind und die Bereitschaft sich einzubringen gestiegen ist. Zumindest eine gute Ausgangslage für die nächsten Herausforderungen.
Konjunktur 2024: Prognosen mit noch mehr Unbekannten
Laut Hans-Böckler Stiftung wird die Wirtschaftsleistung in Deutschland in 2024 um – 0,3 % zurückgehen. Das ifo Institut hat soeben seine Vorhersage für das deutsche Wirtschaftswachstum 2024 gekappt, von + 1,4 % auf nur noch + 0,9 %. Der internationale Währungsfond rechnet ebenfalls mit einem Wachstum von + 0,9 %. Die Bundesregierung erwartet offiziell + 1,3 % Wachstum. Die Bundesbank erwartet + 0,4 %. Fazit: Je nach Interessenlage differieren die Erkenntnis-Schwerpunkte und die daraus resultierenden Prognosen. Auch der ifo-Geschäftsklima-Index hat sich eingetrübt. Der Index ist nach aufsteigender Tendenz im Sommer/Herbst 2023 im Dezember erstmals wieder auf 86,4 Punkte gefallen, nach 87,2 Punkten (saisonbereinigt korrigiert) im November. Fakt ist, dass alle Institute, Banken und politischen Entscheider die Prognosen für 2024 zum Jahresende nach unten korrigiert haben.
Neben diesen auf Schätzungen, Hochrechnungen und Befragungen basierenden Daten gibt es für Analysten vier Ist-Faktoren, die die Lage und die daraus resultierenden Perspektiven für 2024 konkreter machen:
- Insolvenzen: Im 1. Halbjahr hat sich der Anstieg der Insolvenzzahlen bei den Unternehmen auf 16,2 % beschleunigt. Mit 8.400 Unternehmensinsolvenzen in den ersten sechs Monaten 2023 (2022: 7.230) wurde der höchste Wert seit 2020 erreicht. Damit hat die Zahl der Insolvenzen erstmals signifikant zugenommen.
- Bautätigkeit: Für 2023 wird in der Branche mit einem Umsatzrückgang um 6 % gerechnet. Berücksichtigt man die starken Preiserhöhungen aus 2022/2023 in der Branche, wird ersichtlich, wie groß die Zurückhaltung in dieser Branche ist. Bauanträge und Baugenehmigungen für 2023 sind bereits zweistellig gesunken (bis zu – 30 %). 2024 wird mit einem weiteren Rückgang gerechnet. Außerdem drückt das gesamtwirtschaftliche Umfeld – Stichworte: Zinsen, Rohstoffpreise, Vorprodukte, Energie und Löhne. Auch Zulieferer und Handel der Baubranche müssen sich auf dieses Umfeld vorbereiten und einstellen.
- Finanzen/Geldmarkt: Kaum sinken die Inflationsraten in Europa (3,1 %) und in Deutschland (November: 3,2 %) werden Forderungen nach Zinssenkungen laut. Aber: So zurückhaltend die EZB mit der Erhöhung der Zinsen zur Eindämmung der Inflation abgewartet hat, ist davon auszugehen, dass es in Deutschland erst im 2. HJ 2024 zu einer Zinssenkung kommen wird. Die Banken sind in der Breite nicht bereit, den Zins-Spielraum an die Kunden – auch gewerblichen Kunden – weiterzugeben. Hier wird man auch weiter versuchen, die Margen zur Deckung der Zinsverluste aus den Null-Zins-Jahren zu kompensieren. Trotz der verbesserten Möglichkeiten nach dem Zukunfts-Finanzierungs-Gesetz wird es in 2024 gerade für kleinere Unternehmen und StartUp-Gründungen nicht einfacher werden, Investoren bzw. Beteiligungskapital aufzutun.
- Globalisierung/Weltmärkte: Wie einschneidend die Unterbrechung/Störung der weltweiten Lieferketten wirkt, war bereits in den vergangenen Monaten zu spüren – etwa in der Automobil-Industrie, in der Chip- oder der Pharma-Branche. Dazu kommen gestiegene Frachtkosten (Energie) und krisenbedingte Unwägbarkeiten in den Frachtrouten (Versicherungen). Absehbar ist, dass auch in 2024 in den Lieferketten Probleme zu erwarten sind (Konjunktur in China). Deutsche Unternehmen müssen die Vorgaben aus dem Lieferketten-Gesetz umsetzen. Abmahner, Anwalts-Kanzleien, aber auch Gewerkschaften und Betriebsräte werden hierzu qualifizierte Informationen einfordern und ggf. einklagen. Erste Verfahren dazu sind bereits anhängig. Wir haben dazu berichtet.
Geschäftsführer-Perspektive: Polarisieren oder diplomatisch Handeln
Wie geht es Ihnen mit der zunehmenden Polarisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Trump oder Demokratie. Globalisierung oder Autarkie. Boykott oder Freihandel. Rechts, links, populistisch, rassistisch oder antisemitisch. Gendern oder doch nicht. Menschen werden als Referenten ein- und wieder ausgeladen oder gekündigt, weil sie etwas Falsches sagen oder irgendwann einmal gesagt haben. Die eigene Meinung in die Öffentlichkeit tragen oder nur noch in den eigenen vier Wänden vertreten? Schlimm genug. Was mich aber noch mehr beunruhigt ist, dass zur Zurückhaltung mahnende und Diplomatie einfordernde Stimmen in der Auseinandersetzung um eine neue Weltordnung im öffentlichen Raum – in der Politik und nur sehr zögerlich in den Medien – nicht oder nur ganz leise zu vernehmen sind. Angst ist und war – wie schon in Corona-Zeiten – noch nie guter Ratgeber. Im Gegenteil: In der politischen Auseinandersetzung um eine einzige Wahrheit wirkt Angst als Brandbeschleuniger. Keine gute Perspektive. Mit freundlichen Grüßen.
Digitales/KI: Den Hype nutzen und schlanker werden
Kleinere Unternehmen tun sich nach wie vor schwer mit der Digitalisierung von Prozessen und Verwaltungsabläufen. Laut Bundeswirtschaftsministerium ist der Indexwert der kleinen Unternehmen mit 1 bis 49 Beschäftigten nur in moderatem Umfang von 93,9 Punkten im Jahr 2021 auf 94,8 Punkte im Jahr 2022 gewachsen. Die kleinen Unternehmen sind damit weiterhin die am wenigsten digitalisierte Unternehmensgrößenklasse. Dennoch: Nach unseren Erfahrungen und aus vielen Gesprächen mit den Geschäftsführungen in kleineren Unternehmen ist in 2023 doch Einiges in Bewegung gekommen – die neuen Möglichkeiten mit KI – und hier insbesondere mit ChatCPT – haben viel Kreativität freigesetzt und den Weg für neue Ideen und Projekte eröffnet.
In den Abteilungen und Teams wird experimentiert. Texte für die Werbung, Produktbeschreibungen und Geschäftsberichte werden geprüft und verbessert, PR-Texte und Redebeiträge optimiert, Kundenprofile und ‑Verhalten systematisiert. Auch in den Personalverwaltungen kann ChatCPT schon jetzt hilfreiche Ergänzungen leisten oder einzelne Arbeitsschritte vereinfachen: Stellenbeschreibungen, Texte für Ausschreibungen oder bei der Analyse von Bewerbungsschreiben. Die Dokumentation für den Status von Projekten lässt sich systematisieren. Sicher ist, dass das erst der Anfang zu einem großen Innovations-Schub insbesondere in den Verwaltungs-Funktionen ist. Der nächste Schritt wird nicht lange auf sich warten lassen und schon in 2024 in vielen Unternehmen einziehen. Und zwar dann, wenn die KI-Lösungen in die bereits jetzt genutzten IT-Systeme implementiert werden. Microsoft und Google haben bereits angekündigt, passende KI-Lösungen zu integrieren – z. B. in MS-Word mit optimierten Rechtschreibe- und Formulierungshilfen oder intelligenten Datenbank-Recherche-Möglichkeiten.
Als Geschäftsführer sind Sie gut beraten, Mitarbeiter-Initiativen in Sachen KI zu fördern und zu koordinieren. Wichtig ist es, über die KI-Entwicklung und deren Anwendung zeitnah und qualifiziert informiert zu sein. Das Thema KI gehört zu den Routinen in den IT-Info-Runden, aber auch in allen Abteilungen und Teams, für die Änderungen und Innovationen anstehen. Eine zeitnahe und umfangreiche Dokumentation zum Thema KI gibt es z. B. auf den Internet-Seiten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Auch einige IT-Portale bieten interessante Einstiegs-Angebote und Hintergrund-Informationen (z. B. cortical).
Mitarbeiter/Personal: Kreative Lösungen sind gefragt
Wer Mitarbeiter ersetzen muss oder zusätzliche Mitarbeiter braucht, muss weiter kreativ bleiben. Kleinere Unternehmen in Ballungsgebieten oder im Umfeld von Konzernen können davon profitieren, wenn dort Personal abgebaut wird. Ansonsten ist der Markt leer. Und zwar nicht nur für qualifizierte Tätigkeiten. Auch Mitarbeiter für ungelernte und Hilfstätigkeiten sind rar. Sie sind also gut beraten, die Befindlichkeiten Ihrer Mitarbeiter zu kennen und zu pflegen. Für die meisten Kollegen/innen wird kein Weg daran vorbeiführen, in der Personal-Akquise neue Wege zu gehen und ganz Neues auszuprobieren – etwa in der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen (Teilzeit, Ausbildung in Teilzeit, Homeoffice, Mini- und Midi-Jobber) oder mit Menschen zusammenzuarbeiten, mit denen man noch keine beruflichen Erfahrungen gemacht hat (Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund oder neu angeworbene ausländische Mitarbeiter, Leiharbeit).
Arbeitnehmer wählen ihren Arbeitgeber – wem sage ich das – nicht nur nach dem Verdienst. Betriebsklima, Entwicklungsmöglichkeiten, Wertschätzung und der persönliche Umgang mit dem Mitarbeiter werden immer wichtiger. All das können Sie als Arbeitgeber direkt und selbst beeinflussen und haben dabei als kleinerer Betrieb durchaus Vorteile. Und zwar dann, wenn es Ihnen gelingt, Unternehmenskultur und unternehmerische Verantwortung vorzuleben. Setzen Sie auf „Mund-zu-Mund-Akquise” Ihrer zufriedenen Mitarbeiter (Prämien), schalten Sie Stellenanzeigen in regionalen sozialen Medien (Online-Tageszeitung) und testen Sie neue Formen der Bewerbersuche (unkonventionelle Print-Anzeigen, Content-Marketing und Video-Clips). Animieren Sie auf Ihrer Homepage zu Initiativ-Bewerbungen.
Auch die Kostenseite wird 2024 zusätzlich belastet. Im Forecast müssen Sie absehbar berücksichtigen, dass sich die Gewerkschaften in den tarifgebundenen Branchen dafür einsetzen werden, zumindest einen Inflationsausgleich durchzusetzen. Lohnerhöhungen im Bereich + 5 – 10 % sind eine realistische Kalkulationsgrundlage.
Geschäftsführer-privat: Achtsamkeit, Auszeiten und Nachfolge-Planung
2023 – für viele Kolleginnen und Kollegen ging es schon wieder bis an die Belastungsgrenze. Es gab Verunsicherung, schonungslose Bestandsaufnahmen und auch Offenbarungseide. Es gab ungewohnte und neue Entscheidungssituationen. Viele sahen sich erstmals in der Rolle des schlechte Nachrichten-Überbringers oder sogar eines um Unterstützung und Hilfe Suchenden. Keine dankbare Aufgabe.
Es gab aber auch Solidarität, neue Erkenntnisse, Versuche. Ansätze einer neuen Arbeits- und Organisationsstruktur. Hinweise auf ein neues Geschäftsmodell mit Zukunft und Perspektive. Und es gab viele Mitarbeiter, die sich mächtig und manchmal so auch gar nicht erwartet ins Zeug gelegt haben und legen. Trotz allem: Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten, dass Sie auch in Zukunft und in jeder Situation Antworten parat, eine Strategie für´s Geschäft haben und alles dafür tun, dass die Firma überlebt und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Anforderungen, die Geschäftsführer aushalten mussten, waren auch 2023 wieder außergewöhnlich hoch. Das wird 2024 so bleiben. Für Ihre Tätigkeit als Geschäftsführer/in heißt das:
- Geschäftsführer kleinerer Unternehmen immer mehr Zeit mit Tätigkeiten verbringen, die nichts oder nur wenig mit dem eigentlichen Geschäft zu tun haben.
- Staat und Behörden verwenden immer mehr Aufwand und Energie für die Überwachung und Kontrolle von Vorschriften und Auflagen.
- Die Diskrepanz zwischen den Zielen der politischen Entscheidungsträger und den Notwendigkeiten kleinerer Wirtschaftseinheiten ist unter der Ampel-Koalition eher weiter gestiegen.
Gefordert sind und bleiben Sie aber auch privat. Viele Kollegen und Kolleginnen haben ihrer Familie auch in diesem Jahr wieder mehr zugemutet als sie dies ohnehin schon tun. Unter dem Dauerdruck driften Ehen und Beziehungen auseinander, die Kinder können nicht wie erforderlich gefördert und unterstützt werden. Der Spagat zwischen Familie und Geschäft ist und bleibt eine Gratwanderung. Kommen ungeplante Ereignisse – Trennung, ein Pflegefall, Probleme eines Kindes – dazu, kann das schnell die Belastungsgrenze erreichen.
Dagegen stehen die Herausforderungen und Chancen, die sich für Sie als Geschäftsführer immer wieder aufs Neue ergeben. Sie wissen genau, an welchen Stellschrauben Sie drehen müssen und können, um die Produkte zu verbessern, die Mitarbeiter einzubeziehen und mitzunehmen, den Service besser zu machen oder dem Kunden noch bessere Lösungen anzubieten. Gerade diese kreativen Herausforderungen sind es, die „Geschäftsführung“ so abwechslungsreich und spannend machen. Daran wird sich auch im nächsten Jahr nichts ändern. Sie sind gefordert für 2024 – geschäftlich und privat.
Um es mit Modeworten zu sagen: Gönnen Sie sich Achtsamkeit und Resilienz. Nutzen Sie die freien Tage für sich selbst. Überplanen Sie Ihre persönlichen und geschäftlichen Ziele für 2024. Die älteren Kollegen/innen sind gut beraten, sich klar zu machen, dass die Nachfolgeregelung in der Praxis mehr Zeit braucht als üblicherweise eingeplant wird.
Hier gilt: Je früher Sie dieses schwierige Thema anpacken, umso eher gewinnen Sie Klarheit darüber, wie das aussehen kann und umso eher gibt es Ergebnisse (> Nachfolge-Planung – jetzt anpacken). Jüngere Kollegen/innen sind gut beraten, sich nicht ständig zu verausgaben – Stichwort: Burnout. Planen Sie Auszeiten und Abstand ein, halten Sie sich an diese Planung und gönnen Sie sich und Ihrem Körper Verschnaufpausen.
Die GmbH/UG braucht SIE.