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Der Volkelt-Brief 51/2015 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 18. Dezember 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
die meisten Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe, sind – wirtschaftlich gesehen – mit dem Geschäftsjahr 2015 zufrieden bis sehr zufrieden. Das kann sich sehen lassen. Viele sind aber verunsichert über einige Entwicklungen in der deutschen Politik, in Europa und über die weltweite Destabilisierung. Unangenehme Begleiterscheinung: Wirtschaftliche Anliegen blieben und bleiben liegen:
- Infrastruktur: Ob Verkehrslogistik, Entwicklung der regionalen Zonen, Datennetze oder Energiepolitik – die Probleme nehmen zu, ohne dass Lösungen erkennbar werden.
- Bürokratie: Seit Jahren gibt es Ankündigungen aber keine wirklichen Veränderungen. Im Gegenteil: Auch in 2015 mussten viele Unternehmen feststellen, dass es „noch mehr“ Bürokratie geworden ist. Fast alle Kommunen haben weiter und zum Teil kräftig an der Gewerbesteuerschraube gedreht.
- Wettbewerb: Hier geht es der Politik seit Jahren nicht mehr um (europaeinheitliche und mittelstandsfreundliche) Rahmenbedingungen als um das Abschöpfen von Gewinnen aus (vermeintlichen) Kartellvergehen. Die Behörden haben die Wettbewerbspolitik als Einnahmequelle entdeckt.
Die besten Analysen helfen Unternehmern und den Unternehmen auch nicht weiter. Sie sind es gewohnt, mit den Realitäten zu leben. Dennoch: Der Blick nach vorne ist eine Vorbereitung auf die neuen Entscheidungssituationen. Fazit: 2015 war wirtschaftlich gesehen ein durchaus erfolgreiches Jahr für die meisten Unternehmen. 2016 wird unsicherer, noch schwerer planbar und – wieder wirtschaftlich gesehen – eine Rechnung mit noch mehr Unbekannten. Erwähnt werden muss an dieser Stelle auch, dass die Finanzmärkte und die Staatsschulden nur vorübergehend aus den Schlagzeilen sind. Zuletzt alarmierten Meldungen, wonach die griechische Misere die Finanzmärkte wieder einholen dürfte – mit ungewissem Ausgang.
Konjunktur – Voraussagen nur unter Vorbehalt: Das beginnt schon mit der Konjunkturprognose. Begannen die letzten Jahre mit optimistischen Zahlen, die im Laufe des Jahres kontinuierlich nach unten korrigiert werden mussten, bis schlussendlich nur ein mageres Wachstum herauskam, prognostizieren die meisten ernstzunehmenden Institute für 2016 lediglich ein schwaches Wachstum von 1 bis 1,8 %. Dazu kommen Unwägbarkeiten aus den weltweiten politischen Entwicklungen, die sich auf die Konjunktur auswirken. Ob die Binnennachfrage stabil bleibt, lässt sich u. E. höchstens für das 1. Halbjahr 2016 prognostizieren.
Schon im 2. Halbjahr können sich Konjunktur- und Wachstums-Schwächen in einzelnen Märkten, Sektoren und Branchen auf Deutschland auswirken. Fakt ist: Einige wichtige reale Zahlen (Auftragseingang, EURO-Kurs) zeigen bedrohlich nach unten. Fakt ist, dass die Welt‑, die Binnenwirtschaft und die regionale Wirtschaftsentwicklung in immer kürzeren Zyklen takten. Für die Krisenmärkte (Russland, Ukraine, Griechenland, mittlerer Osten, Nordafrika, EU-Südstaaten) ist weiterhin keine Entspannung in Sicht.
Wirtschaftspolitik – wenig Gestaltungswillen erkennbar: Die deutsche Wirtschaftspolitik tritt bestenfalls auf der Schwelle. Hier geht es um Forschungsgelder und Fördermittel, steuerliche Rahmenbedingungen und Wettbewerbsrecht. Oder um Themen wie Organisation der Energiewende, Ausbau der digitalen Netze oder Förderung der Grundlagenforschung. Die meisten dieser Themen haben für kleinere Unternehmen, die regional tätig sind oder auf Sondermärkten agieren, keine oder nur marginale Bedeutung.
Eine Neuausrichtung der Mittelstandspolitik dahin, dass mittelständische Firmen gegen die Übermacht der großen Konzerne und die zunehmende Konzentration ganzer Branchen zumindest etwas gefördert werden, wird weiterhin nicht kommen und ist auch nicht Bestandteil der Wirtschaftspolitik der großen Koalition – entgegen vieler offizieller Aussagen zum Stellenwert und zur Bedeutung des Mittelstandes in Deutschland.
Geld bleibt billig – nutzen Sie das zum Investieren: Abseits der großen Probleme um Zinsen und Staatsfinanzen machen viele kleinere Firmen auch in diesem Jahr wieder die Erfahrung, dass herkömmliche Finanzierungen von mittel- und langfristigen, umfangreicheren Projekten schwierig bleiben. Und dass, obwohl viele (private und öffentlich-rechtliche) Banken den Geschäftskunden unterdessen wieder entdeckt haben. Fakt ist, dass die Zinsen so günstig sind wie noch nie. Allerdings: Das Ende der Zinsbaisse ist in Sichtweite. Aus Finanzierungsperspektive gibt es keinen Grund, mit Investitionen zu warten.
Dabei gilt: Ersatzinvestitionen mit Rationalisierungspotenzial vor Erweiterungsinvestitionen. Viele, auch kleinere Unternehmen setzen auf neue Finanzierungsformen. Dank Internet ist hier Vieles transparenter geworden. Der Wettbewerb von Anlegern um Investitionen in die Realwirtschaft ist für kleinere Unternehmen unterdessen zu einer echten Chance geworden. Stichwort: Crowdfunding. Diese Form der Mittelstandsförderung ist weiter auf dem Vormarsch.
Arbeitsmarkt – gute Mitarbeiter sind Ihr Kapital: Das Thema Mitarbeiter bleibt das Kernthema der nächsten Jahre für kleinere Unternehmen. Der Arbeitsmarkt für Qualifizierte ist leer gefegt und die demographische Entwicklung gibt vor, dass sich daran in den nächsten Jahren auch nichts ändern wird. Auch eine verstärkte Zuwanderung wird daran kurz- und mittelfristig nichts ändern. Als Arbeitgeber müssen Sie den Wettbewerb um Arbeitskräfte annehmen, das Thema zur Chefsache machen und kreative Ideen entwickeln, um gute Mitarbeiter zu binden und neue zu finden.
Mindestlohn, Elternzeit, Teilzeitarbeitsanspruch und Equal Pay wirken sich auf die Lohnkosten von kleineren Firmen überproportional aus. Dazu kommen die geplanten Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt bei den Werkverträgen und Leiharbeitnehmern. Alle angesprochenen Vorgaben haben sich und werden sich weiter auf die Arbeitskosten auswirken und insbesondere für kleinere und mittelgroße Betriebe für zusätzliche Probleme bei der Personalbeschaffung sorgen. Ihre Nachteile im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter gegenüber Großunternehmen und Konzernen nehmen weiter zu.
Geschäftsführer privat: Die Anforderungen bleiben hoch: Ein Geschäft zu führen heißt nicht nur, die wirtschaftliche Verantwortung zu tragen. Viele Unternehmer, Gesellschafter-Geschäftsführer oder Nur-Geschäftsführer engagieren sich mehr als nur für die Firma und Ihre Mitarbeiter. Sie übernehmen Verantwortung in der Gesellschaft, in der Politik, im Ehrenamt oder – wegen permanentem Zeitmangel – als Spender oder Sponsor. Hatte zuletzt die Finanzkrise in 2007 viele nachdenklich gemacht, waren es 2015 völlig neue Entwicklungen, die manchen Unternehmer bisweilen sprachlos gemacht haben. Etwa die Heftigkeit der Migrationsproblematik, der Krieg unter osteuropäischen Nachbarn oder zuletzt die Ohnmacht gegen den Terror. Dabei war es auch bestimmt nicht immer schön zuzuschauen, wie sich die Politik und die Medien aus der Affäre gezogen haben und ziehen.
Globalisierung bedeutet aber auch mehr Dynamik. Alle Prozesse laufen schneller. Alle Räder drehen noch schneller. Auch das Hamsterrad, in dem Geschäftsführer laufen (vgl. Nr. 46/2015, „Wie war Geschäftsführung vor 20 Jahren?“). Verstärkt hat sich für viele auch das Gefühl, dass sich Einiges verselbständigt hat und niemand mehr in der Lage ist, das aufzuhalten. Immer neue Vorschriften und Erlasse. Immer mehr Regulierungen engen die Gestaltungsmöglichkeiten ein und kosten viel Geld. Das Alles ist bekannt. Die Medien beklagen die Zustände. In politischen Diskussionen und Talkrunden werden die Zustände beschrieben. Aber an den eingeschlagenen Wegen ändert sich seit Jahren und Jahrzehnten grundsätzlich nichts und es ist (leider) auch keine politische Kraft (vgl. Nr. „Die CDU verliert den Rand – Wer vertritt eigentlich kleinere Unternehmen?“) in Sicht, die bereit, in der Lage und realistischerweise dazu fähig wäre, hier die Hebel anzusetzen. Aus Sicht eines Geschäftsführers bedeutet das:
- Geschäftsführer kleinerer Unternehmen verbringen immer mehr Zeit mit Tätigkeiten, die nichts oder nur wenig mit dem eigentlichen Geschäft zu tun haben. Änderung nicht in Sicht.
- Die Diskrepanz zwischen den Zielen der politischen Entscheidungsträger und den Notwendigkeiten kleinerer Wirtschaftseinheiten an der Basis wird immer größer. Keine gute Perspektive.
Wie oben bereits angemerkt: Bange machen gilt nicht. Als Unternehmer sind Sie es gewohnt, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Egal unter welchen Rahmenbedingungen. Dagegen stehen die Herausforderungen und Chancen, die sich immer wieder aufs Neue ergeben. Wem sage ich das: Als Geschäftsführer wissen Sie genau, an welchen Stellschrauben Sie drehen müssen und können, um die Produkte zu verbessern, die Mitarbeiter einzubeziehen und mitzunehmen, den Service besser zu machen oder dem Kunden noch bessere Lösungen anbieten zu können. Gerade diese Ideen, diese kreativen Herausforderungen sind es, die die Geschäftsführung so abwechslungsreich und spannend machen. Auch daran wird sich im nächsten Jahr nichts ändern. Sie bleiben gefordert für 2016 – geschäftlich und privat.
Nicht einfach ist und bleibt auch das private Umfeld. Fast alle Unternehmer-Beziehungen sind vom stressigen Geschäfts-Alltag geprägt. Es bleibt wenig Zeit, sich um die Familie, um Ausbildung und Erziehung oder um eine ausgleichende Freizeitgestaltung zu kümmern. Alles Dinge, die sich über die Jahre nachteilig auswirken und zusätzliche Probleme schaffen (Gesundheit, Unternehmensnachfolge, Trennung). Dennoch:
Mit den besten Wünschen zu den Festtagen und für 2016
Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur
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