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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 38/2012

The­men heu­te: Wo lie­gen die Gren­zen der Markt­for­schung? + Füh­rungs­auf­ga­be: Die häu­figs­ten Feh­ler bei der Restruk­tu­rie­rung eines Unter­neh­mens + IHK: Jetzt kommt Bewe­gung in die ver­krsute­ten Struk­tu­ren + BGH-aktu­ell: Mani­pu­lie­ren bei der Ein­la­ge­zah­lung kos­tet dop­pelt + BFH geneh­migt Rück­stel­lung für Kos­ten der Betriebs­prü­fung + Mit TiPP: Arbeit­ge­ber „GmbH” muss Flug­kos­ten für das Bewer­bungs­ge­spräch nicht zah­len + Poli­tik: Ent­las­tung für Klein-GmbHs und UGs kom­men schon 2013 + BISS

 

 

38. KW 2012, Frei­tag, 21.9.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

Inno­va­ti­on ent­steht nicht aus der Markt­for­schung, son­dern aus frei­em Den­ken“. So das Cre­do des Tele­kom-Chefs René Ober­mann auf dem Han­dels­blatt Inno­va­ti­ons­fo­rum 2012. Damit weist Ober­mann der Markt­for­schung die Gren­zen. Die Tele­kom jeden­falls ver­lässt sich nur bedingt auf die Aus­sa­gen ihrer Kun­den, wenn es um die Zukunfts­fä­hig­keit von Pro­duk­ten geht. Sei­ne Erklä­rung dafür ist genau­so sim­pel wie ein­leuch­tend: Kun­den, die auf ihre Vor­lieben befragt wer­den, nen­nen in der Regel Din­ge, die sie schon ken­nen. Fol­ge: Die so ermit­tel­ten Beschaf­fen­hei­ten und Eigen­schaf­ten der Pro­duk­te ver­har­ren im Bekann­ten – der Kun­de ist ganz ein­fach nicht in der Lage, die Inno­va­ti­on für das Unter­neh­men zu den­ken. Das müs­sen Sie in Ihrem Unter­neh­men schon selbst tun und den krea­ti­ven Köp­fen über­las­sen. Die Kun­den­be­fra­gung ist geeig­net, das Pro­dukt zu ver­bes­sern. Nicht aber zur Inno­va­ti­on. Dazu braucht man „Spin­ner“. Aber – so die Ein­schrän­kung: „Es müs­sen Spin­ner mit Dis­zi­plin sein, denn beim unstruk­tu­rier­ten Spin­nen kommt meis­tens nichts Sinn­vol­les bei raus“.

Die häufigsten Blockaden bei der Restrukturierung der GmbH

Kein Unter­neh­men ist für die Ewig­keit gemacht. Stän­di­ge Inno­va­tio­nen, ver­än­der­te Gewohn­hei­ten der Kun­den und neue Wett­be­wer­ber zwin­gen jedes Unter­neh­men dazu, in regel­mä­ßi­gen Abstän­den, das eige­ne Stan­ding zu hin­ter­fra­gen. Aus Geschäfts­füh­rungs-Sicht kommt es dabei dar­auf an, die Rah­men­be­din­gun­gen dafür rich­tig zu orga­ni­sie­ren und Blo­cka­den früh­zei­tig bei­sei­te zu räu­men. Die häu­figs­ten Feh­ler in die­ser Pha­se der Restruk­tu­rie­rung sind:

  • In der Umstel­lungs­pha­se wird zu knapp geplant: U. U. müs­sen zusätz­li­che Mit­ar­bei­ter und exter­ne Bera­tungs­leis­tun­gen ein­ge­kauft wer­den. Dazu kom­men oft auf­wen­di­ger als ange­nom­me­ne Test­pha­sen für die Pro­dukt­ent­wick­lung und die Wer­be­stra­te­gie, Kos­ten für Kun­de­be­fra­gun­gen oder nicht kal­ku­lier­te Bean­stan­dun­gen und Rück­läu­fer. Alle die­se Pro­zes­se kos­ten Geld und müs­sen finan­ziert werden.
  • Der Kapi­tal­dienst für die Finan­zie­rung wird unter­schätzt: Die knap­pe Liqui­di­tät stärkt den Ein­fluss der Haus­bank. Die­se ist jedoch nicht am Fort­be­stand des Unter­neh­mens inter­es­siert, son­dern an der Siche­rung ihrer Ein­la­ge. Des­we­gen ist die Finanz­pla­nung für das Unter­neh­men über­le­bens­wich­tig. Lie­fe­ran­ten las­sen mit sich reden. Mit­ar­bei­ter sind not­falls auch zu Zuge­ständ­nis­sen bereit. Eine Bank hat kein Ver­ständ­nis für aus­blei­ben­de Zah­lun­gen, und die Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger sind sogar nach genau drei Mona­ten gesetz­lich dazu ver­pflich­tet, Insol­venz für das Unter­neh­men zu bean­tra­gen, soll­ten die Renten‑, Arbeits­lo­sen- und Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge der Mit­ar­bei­ter oder ange­stell­ten Geschäfts­füh­rer ausbleiben.
  • Neu­es Mar­ke­ting wird ver­nach­läs­sigt: Wer im Geschäft ist, über­schätzt ger­ne sei­ne eige­ne Stel­lung und ver­nach­läs­sigt neue Fra­ge­stel­lun­gen. Wel­che Trends haben die wich­tigs­ten Nach­bar­märk­te? Gibt es kon­junk­tu­rel­le Kauf­kraft­ver­schie­bun­gen in der anvi­sier­ten Käu­fer­schicht? Wel­che Kauf­kraft­kenn­zif­fer hat das Ein­zugs­ge­biet? Bewe­gen sich die Wett­be­wer­ber in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­po­li­tik zyklisch oder anti­zy­klisch, betrei­ben sie Online-Shops oder News­groups? Der Geschäfts­plan muss immer auch das Sze­na­rio für Wer­be- und PR-Akti­vi­tä­ten auf der Grund­la­ge einer seriö­sen Markt­be­ob­ach­tung enthalten.
  • Wett­be­werbs­re­geln wer­den nicht ein­ge­hal­ten: Das Gesetz (GWB) ent­hält zahl­rei­che Vor­ga­ben, mit wel­chen Anga­ben das Unter­neh­men im geschäfts­mä­ßi­gen Ver­kehr auf­zu­tre­ten hat (z. B. Tele­me­di­en­ge­setz). Im Geschäfts­plan hat die Fest­le­gung der Fir­mie­rung zu erfol­gen, patent­recht­li­che Fra­gen sind zu fixie­ren, und die geplan­te Wer­be­stra­te­gie muss wett­be­werbs­recht­lich geprüft wer­den.  Ein feh­len­des oder feh­ler­haf­tes Impres­sum im Inter­net, fal­sche Preis­an­ga­ben oder Anleh­nung  an bekann­te Mar­ken im Fir­men­lo­go bzw. der Farb­ge­bung kön­nen das frü­he und schlag­ar­ti­ge Aus für neue Pro­duk­te bedeuten.
  • Die eige­ne Struk­tu­ren wer­den falsch ein­ge­schätzt: Bei stra­te­gi­schen Ent­schei­dun­gen muss ein Unter­neh­mer die Ent­schei­dung tref­fen. Die Unter­neh­mens­auf­tei­lung im Ver­hält­nis 50:50 kann schnell zur Blo­cka­de füh­ren. Hier soll­te not­falls ein neu­tra­ler Steu­er­be­ra­ter als Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter vor­ge­se­hen wer­den, der mit 1% des Unter­neh­mens bei strit­ti­gen Sach­fra­gen zur Ent­schei­dung führt.

IHK-Mitgliedschaft: Jetzt kommt Bewegung in festgefahrene Strukturen 

Über Jah­re haben unzu­frie­de­ne Unter­neh­men ver­sucht, die IHK-Pflicht­mit­glied­schaft auf gericht­li­chem Wege zu kip­pen – erfolg­los. Jetzt hat sich eine Unter­neh­mer-Initia­ti­ve begrün­det, die die IHK-Orga­ni­sa­tio­nen von innern ver­än­dern wol­len. The­men: Ver­öf­fent­li­chung der Zah­len, Trans­pa­renz bei Gehäl­tern, Pen­si­ons­an­wart­schaf­ten, Betei­li­gun­gen und Leis­tun­gen. In eini­gen IHK-Bezir­ken stellt sich die Unter­neh­mer-Initia­ti­ve zu den nächs­ten Wah­len. Danach soll ein ers­ter IHK-Bezirk über­nom­men und exem­pla­risch umge­baut wer­den. Seit Juni sit­zen 14 Mit­glie­der der Ber­li­ner Initia­ti­ve Pro KMU in der Voll­ver­samm­lung der Ber­li­ner IHK. Ein Mit­glied der Grup­pe kan­di­diert für den Prä­si­den­ten­pos­ten. Infos zur Ber­li­ner Initia­ti­ve gibt es unter > www.pro-kmu.com.

BGH-aktuell – Manipulieren bei der Einlagezahlung kostet doppelt

Zah­len Sie als GmbH-Gesell­schaf­ter die Ein­la­ge z. B. für eine Kapi­tal­erhö­hung ein und ver­rech­nen Sie die­se Zah­lung mit einer For­de­rung gegen die GmbH, han­delt es sich den­noch um eine sog. ver­deck­te Ein­la­ge. Fol­ge: Es gel­ten die recht­li­chen Vor­schrif­ten für die Ein­la­ge­er­brin­gung nach § 19, 22 und 56a GmbH-Gesetz (BGH, Urteil vom 10.7.2012, II ZR 212/10).

Für die Pra­xis: Das Pro­blem taucht auf, wenn in ver­bun­de­nen Unter­neh­men die Unter­bi­lanz eines Unter­neh­mens durch eine Kapi­tal­erhö­hung besei­tigt wer­den soll, dabei aber kei­ne rea­le Leis­tung erbracht wird. D. h., die Ein­la­ge wird nur auf dem Papier geleis­tet. Dazu der Bun­des­ge­richts­hof: Im Zwei­fel kann der Insol­venz­ver­wal­ter die Ein­la­ge vom Gesell­schaf­ter noch­mals in vol­ler Höhe ein­for­dern und auch durchsetzen.

BFH genehmigt Rücklage für Kosten der Betriebsprüfung

Jeden­falls für Groß­betriebe ist es laut Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) selbst­ver­ständ­lich, dass für die Kos­ten der Mit­wir­kung an der Betriebs­prü­fung (§ 3 BpO) eine Rück­la­ge gebil­det wer­den darf. Und zwar auch dann, wenn die Prü­fungs­be­hör­de noch kei­ne Prü­fungs­an­ord­nung erlas­sen hat (BFH, Urteil vom 6.6.2012, I R 99/10).

Für die Pra­xis: Das betrifft zumin­dest alle abge­lau­fe­nen Wirt­schafts­jah­re. Ach­tung: Die Rück­stel­lung muss abge­zinst wer­den. Auch klei­ne­re Betrie­be, die nicht anschluss­ge­prüft wer­den, kön­nen eine Rück­stel­lung für die Betriebs­prü­fung bil­den, wenn die Prü­fungs­an­ord­nung der Finanz­be­hör­den vor­liegt. Zuläs­sig ist laut Finanz­be­hör­den auch die sog. GDPdU-Rück­stel­lung – damit wird für die Kos­ten eine Rück­stel­lung gebil­det, die für eine not­wen­di­ge Soft­ware-Umstel­lung auf­grund von FA-Erfor­der­nis­sen anfallen.

Arbeitgeber „GmbH“ muss Flugkosten für das Bewerbungsgespräch nicht zahlen

Wenn Sie sich als Geschäfts­füh­rer beruf­lich ver­än­dern wol­len und sich um eine neue Her­aus­for­de­rung bewer­ben, ist es üblich, dass der poten­zi­el­le neue Arbeit­ge­ber Ihre Kos­ten für die Anrei­se über­nimmt. Inso­fern haben sich in der Pra­xis die Maß­stä­be durch­ge­setzt, die ganz all­ge­mein für Arbeit­neh­mer gel­ten. Ach­tung: Das gilt aber nicht unein­ge­schränkt für die Kos­ten einer Anrei­se mit dem Flug­zeug (ArbG Düs­sel­dorf, Urteil vom 15.5.2012, 2 Ca 2404/12).

Für die Pra­xis: In der Regel erstat­tet der neue Arbeit­ge­ber die Rei­se­kos­ten für das Bewer­bungs­ge­spräch anstands­los. Und zwar auch für die Bewer­bung um eine Geschäfts­füh­rer-Posi­ti­on, die von einer Con­sul­ting Fir­ma durch­ge­führt wird. Schwie­rig wird es in der Pra­xis meist dann, wenn über­zo­ge­ne Kon­stel­la­tio­nen ent­ste­hen. Z. B., wenn der Fremd-Geschäfts­füh­rer eines mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mens, der gera­de in Asi­en weilt, die Anrei­se mit dem Flie­ger nach Deutsch­land in Rech­nung stellt. Laut Recht­spre­chung gilt dann: Die Über­nah­me der Flug­kos­ten ist nicht selbst­ver­ständ­lich, son­dern nach der Bedeu­tung der Stel­le zu beur­tei­len. Stim­men Sie sich vor­her mit dem poten­zi­el­len neu­en Arbeit­ge­ber ab, ob er bereit ist, die Flug­kos­ten zu übernehmen.

Entlastungen für Klein-GmbHs und UGs kommen schon ab dem Geschäftsjahr 2013

Die von der EU gefor­der­te Ent­las­tung für klei­ne Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten wird jetzt auch in Deutsch­land zügig umge­setzt (vgl. dazu Nr. 31, 3/2012). Das Bundes­justizministerium hat jetzt dazu den ent­spre­chen­den Refe­ren­ten­ent­wurf (Micro­BilG) vor­ge­legt. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Erleich­te­run­gen noch in 2012 umge­setzt wer­den und damit bereits für das Geschäfts­jahr 2013 gelten.

Für die Pra­xis: Klei­ne Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten kön­nen danach eine noch wei­ter ver­ein­fach­te Bilanz auf­stel­len, eine ver­ein­fach­te Glie­de­rung der GuV nut­zen und wei­te­re Ver­ein­fa­chun­gen bei der Offen­le­gung nutzen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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