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Volkelt-Brief 8/2015

Dipl. Vw. Lothar Volkelt
Dipl. Vw. Lothar Volkelt

AZUBIS: Sozi­al-Prak­ti­kum – eine gute Idee erwei­tert den Hori­zont und die Sozi­al­kom­pe­tenz + Durch­hal­ten: Min­dest­lohn-Büro­kra­tie kommt doch auf den Prüf­stand + Betriebs­prü­fung beim Ster­ne­koch: 5 Feh­ler, die (Ihnen) nicht pas­sie­ren dür­fen + Geschäfts­füh­rer-pri­vat: Vor­ar­bei­ten für die ESt-Erklä­rung 2014 + Pflicht­ver­si­che­rung: Rück­zah­lun­gen sind kei­ne vGA + GmbH-Recht: Gesell­schaf­ter darf Unter­la­gen ein­se­hen + GmbH-Recht: Geschäfts­füh­rer muss unzu­läs­si­ge Zah­lun­gen erstat­ten + GmbH-Bilanz: Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag kann auf­ge­stockt wer­den +  BISS

 

 

 

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Nr. 8/2015

Frei­burg 20. Febru­ar 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

das hät­te ich nicht für mög­lich gehal­ten, dass es so etwas gibt“. So die Reak­ti­on eines Azu­bis, der im Rah­men sei­ner Aus­bil­dung in einem Kfz-Betrieb ein Sozi­al­prak­ti­kum im Frei­bur­ger Tafel­la­den absol­vie­ren konn­te. Fakt ist, dass ein sol­ches Prak­ti­kum den Hori­zont erwei­tert und dar­über hin­aus die Sen­si­bi­li­tät im Umgang mit Men­schen erhöht.

Unter­des­sen müs­sen alle Azu­bis des Frei­bur­ger Auto­hau­ses ein sol­ches Prak­ti­kum absol­vie­ren. Mehr noch: Die meis­ten Azu­bis – so die beglei­ten­de Befra­gung – hal­ten das Sozi­al­prak­ti­kum für eine wert­vol­le Erfah­rung, die sie wei­ter gebracht hat und auf die sie auf kei­nen Fall mehr ver­zich­ten woll­ten. Vie­le begrei­fen erst danach, wel­che Chan­ce sie mit einer qua­li­fi­zier­ten Aus­bil­dung haben und was es bedeu­tet, in einer Aus­bil­dungs­ge­mein­schaft und in einem Betrieb sozi­al ein­ge­bet­tet zu sein. Wir mei­nen: Eine gute Idee des Aus­bil­dungs­be­trie­bes und der Ver­ant­wort­li­chen des Frei­bur­ger Tafelladens.

Sol­che Pro­jek­te ste­hen und fal­len mit dem per­sön­li­chen Enga­ge­ment der betei­lig­ten Per­so­nen. Ansprech­part­ner sind dabei die Trä­ger der Orga­ni­sa­ti­on – hier der Vor­stand der Frei­bur­ger Tafel­la­dens. Vie­le Orga­ni­sa­tio­nen (Tafel, Essens-Treff, Klei­der­aus­ga­be, Alten­be­treu­ung, Kitas) haben unter­des­sen auch aus­sa­ge­kräf­ti­ge Home­pages auf denen sie auf ent­spre­chen­de Prak­ti­kums-Mög­lich­kei­ten hin­wei­sen. Aber auch eine direk­te Anfra­ge bei den Ver­ant­wort­li­chen wird in der Regel posi­tiv auf­ge­nom­men, u. U. kön­nen Sie ein sol­ches Ange­bot auch neu inszenieren.

Änderungsverordnung soll Arbeitsstättenverordnung retten

Bereits im Okto­ber hat­te das Bun­des­ka­bi­nett die Über­ar­bei­tung der Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung nach den Vor­ga­ben der Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rung gebil­ligt. Aller­dings waren die kon­kre­ten Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen der Ver­ord­nung auf Kri­tik der Arbeit­ge­ber gesto­ßen. Z. B. Punk­te wie: Aus­stat­tung der Pau­sen­räu­me, Vor­ga­ben für Arbeits­plät­ze, Vor­ga­ben für Tele­ar­beits­plät­ze, abschließ­ba­re Spin­de für die Mit­ar­bei­ter usw. Unter­des­sen ist man bereit, büro­kratische Aus­wüch­se zu kor­rigieren.

Risi­ko: Kön­nen sich die Betei­lig­ten im Bun­des­ar­beits­mi­nis­te­rin Nahles/SPD und Arbeitgeberverbände/CDU auf der ande­ren Sei­te nicht eini­gen, blei­ben die im Gesetz fest­ge­schrie­be­nen Vor­ga­ben ver­bind­lich – z. B. die Vor­ga­ben für Bild­schirm­ar­beits­plät­ze. Danach unter­lie­gen Home-Arbeits­plät­ze den glei­chen Vor­schrif­ten wie Büro-Arbeits­­plät­ze. Z. B., dass die Arbeit­ge­ber selbst oder ein Arbeits­me­di­zi­ner die Tele­ar­beits­plät­ze zu Hau­se über­prü­fen müssten.

Es ist zu befürch­ten, dass die neue Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung für Betrie­be mit star­ker gewerk­schaft­li­cher Aus­rich­tung des Betriebs­ra­tes zusätz­li­che Rei­bung bringt. Abseh­bar ist, dass zusätz­li­che Kos­ten für die Prü­fung und Aus­stat­tung der Arbeits­plät­ze kom­men wer­den. Selbst wenn Aus­nah­me­re­ge­lun­gen kom­men, brin­gen die zusätz­li­chen Auf­wand, etwa indem Anträ­ge gestellt oder Begrün­dun­gen geschrie­ben wer­den müs­sen. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Durchhalten: Mindestlohn-Bürokratie kommt doch auf den Prüfstand

Allei­ne in der ers­ten Janu­ar­hälf­te 2015 gab es 5.325 Anfra­gen auf der Hot­line der Bun­des­re­gie­rung zum Min­dest­lohn. Das waren über­wie­gend Arbeit­ge­ber, die mit der kon­kre­ten Umset­zung Pro­ble­me hat­ten und haben. Auf Druck der Arbeit­ge­ber, der Ver­bän­de und ande­rer Betrof­fe­ner hat die Bun­des­re­gie­rung nun eine Prü­fung der Umset­zungs­be­stim­mun­gen zum Min­dest­lohn bis April zuge­sagt. Dabei soll es nicht nur um Son­der­pro­ble­me (Ver­ei­ne, aus­län­di­sche Beschäf­tig­te) gehen. Auf Druck z. B. des Wirt­schafts­flü­gels in der Uni­on wer­den wohl auch die Pro­ble­me zur Spra­che kom­men, die in der Pra­xis klei­ne­rer mit­tel­stän­di­scher Fir­men auf­tre­ten. Nach wie vor unge­löst sind:

  • die Anrech­nung und Berück­sich­ti­gung von Sonderzahlungen,
  • die Umrech­nung von leis­tungs­be­zo­ge­nen Löh­nen (Umsatz- oder Stück-abhän­gi­ge Bezahlung),
  • die Erfas­sung der Arbeits­zei­ten in Unter­neh­men ohne ein auto­ma­ti­sches Zeiterfassungs-System,
  • die Doku­men­ta­ti­on der Arbeits­zei­ten von Mini-Job­bern und
  • die Doku­men­ta­ti­on frei zu ver­ein­ba­ren­der Arbeitszeiten.

Für die Pra­xis: Bis Mit­te April wer­den von der Bun­des­re­gie­rung noch Rück­mel­dun­gen aus der Pra­xis ange­nom­men – dann wird neu ent­schie­den. Wenn Sie eine Rück­mel­dung geben wol­len: Kein Pro­blem > www.Der-Mindestlohn-gilt.de > Ihre Fra­gen > Hot­line unter 030/60280028.

Wich­tig: Die Doku­men­ta­ti­ons­pflicht gilt nur für gering­fü­gig Beschäf­tig­te (Mini­job­ber) und für die im Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz (§ 2a) genann­ten Wirt­schafts­be­rei­che, in denen eine beson­de­re Miss­brauchs­ge­fahr besteht. Sie ist in die­sen Berei­chen beschränkt auf Beschäf­tig­te mit ver­ste­tig­ten regel­mä­ßi­gen Monats­ge­häl­tern von höchs­tens 2.958 EUR (Bau­bran­che, Logis­tik und Trans­port, Gas­tro­no­mie, Per­so­nen­be­för­de­rung, Gebäu­de­rei­ni­gung, Fleischwirtschaft).

Betriebsprüfung beim Sternekoch: 5 Fehler, die nicht passieren dürfen

Befragt auf sei­ne Betriebs­prü­fungs-Gerüch­te reagier­te Ster­ne­koch Johann Lafer schon im Früh­jahr 2014 im SWR1-Talk nur höchst zurück­hal­tend: „Kein Kom­men­tar zum lau­fen­den Ver­fah­ren“. Jetzt läuft sein Ver­fah­ren vor dem Land­ge­richt Koblenz. Die Betriebs­prü­fer haben – mit Hil­fe von ehe­ma­li­gen Ange­stell­ten und deren Anwäl­ten – Laf­ers Fir­men-Geflecht aus­ein­an­der genommen.

Die­se 5 Feh­ler soll­ten Ihnen auf kei­nen Fall passieren:

  1. Aus­gangs­punkt war die For­de­rung sei­ner Haus­an­ge­stell­ten, eine Zusatz­zah­lung wegen aus­ge­blie­be­ner Sozi­al­bei­trä­ge gegen Herrn Lafer durchzusetzen.
  2. Der dul­de­te kei­nen Wider­spruch und schal­te­te umge­hend sei­nen Anwalt ein. Dar­auf­hin sah sich die Haus­an­ge­stell­te ver­an­lasst, eben­falls einen Anwalt einzuschalten.
  3. Die Ereig­nis­se ver­selb­stän­dig­ten sich. Die Anfra­ge an die Sozi­al­kas­se war abseh­bar. Die anschlie­ßen­de Prü­fung ergab: Die Haus­an­ge­stell­te war über die Fir­ma angestellt.
  4. Der Sozial­prüfer rief die Steu­er­prü­fung auf den Plan. Die stell­ten fest: Auch für 8 ande­re Ange­stell­te und für die Ehe­frau wur­den kei­ne regu­lä­ren Arbeits­ver­hält­nis­se abgeschlossen.
  5. Die tat­säch­li­chen Tätig­kei­ten deck­ten sich nicht mit den für die Sozi­al­ver­si­che­rung und das Finanz­amt vor­ge­leg­ten Verträgen.
Der grund­le­gen­de Feh­ler besteht dar­in, die Arbeits­ver­hält­nis­se falsch dekla­riert zu haben, es also Abwei­chun­gen zwi­schen den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen und der Arbeits­pra­xis gibt (Arbeits­zei­ten, Bezah­lung, Arbeits­in­hal­te). Das geht in der Regel immer nur solan­ge gut, wie der Arbeit­neh­mer mit­spielt. Risi­ko: Jeder Kon­flikt, jede Ver­än­de­rung der Rah­men­be­din­gun­gen (Ver­är­ge­rung, Miss­ver­ständ­nis­se, Tren­nung, Schei­dung) birgt das Risi­ko einer Anzei­ge. Die Behör­den scheu­en kei­nen Auf­wand, jedem Ein­zel­fall nach­zu­ge­hen und auch auf­wen­di­ge Recher­chen zu füh­ren. Auch dann, wenn es nicht um Pro­mi­nenz geht. Bes­ser ist es, alle Arbeits­ver­hält­nis­se ver­trag­lich kor­rekt abzubilden.

Geschäftsführer-privat: Vorarbeiten für die ESt-Erklärung 2014

Mit dem Steu­er­hin­ter­zie­hungs­be­kämp­fungs­ge­setz hat der Finanz­mi­nis­ter seit 2010 ein Instru­ment geschaf­fen, das auch sys­te­ma­ti­sche Steu­er­prü­fun­gen bei pri­va­ten Steu­er­zah­lern mög­lich macht. Und zwar dann, wenn der Steu­er­zah­ler mehr als 500.000 EUR posi­ti­ves Ein­kom­men im Jahr zu ver­steu­ern hat. Eine beson­de­re Begrün­dung ist nicht notwendig.

Allei­ne der Tat­be­stand des Gut­ver­die­nens recht­fer­tigt den staat­li­chen Ein­blick in pri­va­te Sphä­ren. Hier gilt es, vor­beu­gend zu han­deln. Z. B. bei den Bele­gen. Sie müs­sen alle pri­va­ten Bele­ge, die für die steu­er­li­che Beur­tei­lung von Bedeu­tung sind, über 6 Jah­re auf­be­wah­ren. Wei­sen Sie z. B.  kei­ne Zins­ein­künf­te aus, müs­sen Sie bele­gen kön­nen, dass Sie Ihr Ein­kom­men ander­wei­tig aus­ge­ge­ben haben – z. B. auf Rei­sen (Bele­ge auf­be­wah­ren). Anschluss­prü­fun­gen sind möglich.

Für die Außen­prü­fung kön­nen auch elek­tro­ni­sche Daten her­an­ge­zo­gen wer­den. Im Klar­text: Der Prü­fer hat Zugang zu Ihrem pri­va­ten PC oder Note­book bzw. kann die Her­aus­ga­be von elek­tro­ni­schen Daten ver­lan­gen – und juris­tisch durch­set­zen. Stel­len Sie sicher, dass finanz­amts­re­le­van­te Infor­ma­tio­nen und ande­re pri­va­te Daten auf dem PC deut­lich getrennt wer­den – zu den pri­va­ten Daten hat der Betriebs­prü­fer näm­lich kei­nen Zugang.

Pflichtversicherung: Rückzahlungen sind keine vGA

Zahlt die GmbH an die Ehe­frau des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers zu unrecht abge­führ­te Bei­trä­ge zur Ren­ten­ver­si­che­rung aus, han­delt es sich nicht um eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung. Vor­aus­set­zung: Der Arbeits­ver­trag mit der an der GmbH betei­lig­ten und mit­ar­bei­ten­den Gesell­schaf­te­rin ent­spricht den zwi­schen Drit­ten zu ver­ein­ba­ren­den Bedin­gun­gen (BFH, Urteil vom 21.10.2014, VIII R 21/12).

Das Ver­fah­ren betrifft Rück­zah­lun­gen der Sozi­al­ver­si­che­rung an die Ehe­gat­tin des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers, die auf­grund ihrer Betei­li­gung an der GmbH als nicht sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig ein­zu­stu­fen war und die auf­grund des (übli­chen) Arbeits­ver­tra­ges Anspruch auf eine ent­spre­chen­de Brut­to­ver­gü­tung hatte.

GmbH-Recht: Geschäftsführer muss unzulässige Zahlungen erstatten

Ver­an­lasst der Geschäfts­füh­rer einer Kom­ple­men­tär-GmbH unzu­läs­si­ge Aus­zah­lun­gen aus dem Ver­mö­gen der KG an die Gesell­schaf­ter der Kom­ple­men­tär-GmbH haf­tet er per­sön­lich für die­se Beträ­ge – und zwar unab­hän­gig davon, ob es neben der Kom­ple­men­tär-GmbH auch noch ande­re voll haf­ten­de Kom­ple­men­tä­re gibt (BGH, Urteil vom 9.12.2014, II ZR 360/13).

Im kon­kre­ten Fall hat der Bun­des­ge­richts­hof hier nur über eine juris­ti­sche Fein­heit zu ent­schei­den. Näm­lich dar­über, ob sich der Geschäfts­füh­rer einer Haf­tung für unzu­läs­si­ge Aus­zah­lun­gen ent­zie­hen kann, wenn wei­te­re voll haf­ten­de Kom­ple­men­tä­re vor­han­den sind. NEIN – kann er nicht. Er hat die Aus­zah­lung ver­an­lasst und zu verantworten.

GmbH-Bilanz: Investitionsabzugsbetrag kann aufgestockt werden

Ent­ge­gen der bis­he­ri­gen Auf­fas­sung der Finan­zer­wal­tung (BMF-Schrei­ben vom 20.11.2013, BStBl I 2013, Sei­te 1493) ist es zuläs­sig, den bean­spruch­ten und geneh­mig­ten Investitions­abzugsbetrag im Fol­ge­jahr inner­halb des 3jährigen Inves­ti­ti­ons­zeit­raums bis zum zuläs­si­gen Höchst­be­trag auf­zu­sto­cken, solan­ge die ent­spre­chen­den Inves­ti­tio­nen wie geplant vor­ge­nom­men wer­den (BFH, Urteil vom 12.11.2014, X R 4/13).

Der Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag kann als Rück­stel­lung für Inves­ti­tio­nen in Höhe von 40 % der geplan­ten Inves­ti­ti­ons­sum­me gebil­det wer­den und das bis zu einem Höchst­be­trag von 200.000 EUR je Betrieb (§ 7g EStG). Die Finanz­ver­wal­tung wird prü­fen, ob sie mit einem sog. Nicht­an­wen­dungs­er­lass reagiert. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Briefe

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