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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 49/2017

Der (tie­fe) Fall Schle­cker: Leh­ren aus Feh­lern der ande­ren + Geschäfts­füh­rer-Gehalt: Tan­tie­men stei­gen auch in den Indus­trie-GmbHs + Geschäfts­füh­rung 4.0: Ihre Kun­den­da­ten sind die Wäh­rung der Digi­ta­li­sie­rung + Steu­er­prü­fung: Ände­run­gen 2018 – „Kas­sen­nach­schau” + GmbH/Recht: Beur­kun­dung von meh­re­ren Gesell­schaf­ter-Beschlüs­sen + Gesell­schaf­ter-Finan­zen: Betei­li­gun­gen an Start­Ups + Geschäfts­füh­rer pri­vat: So nut­zen Sie den Lohn­steu­er-Frei­be­trag 2018/2019

BISS die Wirt­schaft-Sati­re

 

 

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Frei­burg, 8. Dezem­ber 2017

 

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege

mit 2 Jah­ren zur Bewäh­rung ist der Dro­ge­rie­markt-König Anton Schle­cker eini­ger­ma­ßen davon gekom­men. Im beson­ders schwe­ren Fall wäre sogar ein Haft­stra­fe von bis zu 10 Jah­ren mög­lich gewe­sen. Ver­ge­hen: Insol­venz­ver­schlep­pung, Untreue und Bei­hil­fe zum Bank­rott (§ 283a StGB). Dass mit der Insol­venz­an­trags­pflicht des Geschäfts­füh­rers nicht zu spa­ßen ist, war abzu­se­hen – wir hat­ten dar­auf und die Kon­se­quen­zen für die Geschäfts­füh­rer- Haf­tung bereits aus­führ­lich an die­ser Stel­le hin­ge­wie­sen (vgl. Nr. 43/2017). So war es wohl in ers­ter Hin­sicht dem hohen Alter und der spä­ten Ein­sicht Schle­ckers zu ver­dan­ken, dass das Gericht vom Höchst­maß weit ent­fernt blieb.

Weni­ger Rück­sicht nahm das Gericht auf die Schle­cker-Nach­fol­ger. Das Gericht setz­te ein kla­res Signal dafür, dass man sich nicht mit ver­meint­lich cle­ve­ren Deals auf der Nase her­um­tan­zen lässt. Gewinn­ver­la­ge­rung durch über­höh­te Prei­se und die Ent­nah­me von ver­meint­li­chen Gewin­nen in letz­ter Minu­te vor dem Insol­venz­an­trag sind kein Kava­liers­de­likt. Dabei wird aller­dings noch zu prü­fen sein, ob es Bera­ter im Hin­ter­grund gab, die zu blau­äu­gig oder ver­meint­lich zu geris­sen waren und die Ermitt­lungs­tie­fe der Staats­an­walt­schaft und des Gerichts völ­lig unterschätzten.

Die Crux ist aller­dings, dass Bera­ter, die unge­setz­li­ches Tun auf­zei­gen oder sogar anra­ten, dafür kei­ne Haf­tung über­neh­men. SIE han­deln dann trotz­dem auf eige­nes Risi­ko. Im Klar­text: Der Bera­ter ist kaum zu belan­gen. Eine Insol­venz ist zwar ein Makel. Eine Haft­stra­fe ist fast immer ein das Leben auf den Kopf stel­len­des Ereig­nis für den Betrof­fe­nen und damit kei­ne reel­le Option.

 

Geschäftsführer-Gehalt: Tantiemen steigen auch in den Industrie-GmbHs 

Die BBE-Unter­neh­mens­be­ra­tung hat die neu­es­ten Zah­len zur GmbH-Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung ver­öf­fent­licht. Abge­fragt wur­de auch die Gehalts­ent­wick­lung aus dem aktu­el­len Geschäfts­jahr und den sich aus den vor­läu­fi­gen Zah­len zum Jah­res­er­geb­nis erge­ben­den Wer­ten für die Tan­tie­me. Wir haben die Gehalts­ent­wick­lung für Indus­trie-GmbHs etwas genau­er ange­schaut. Auf­fäl­lig: Der Anteil, der als Erfolgs­ver­gü­tung (Tan­tie­me) gezahlt wird, ist auch in die­sem Wirt­schafts­sek­tor deut­lich gestie­gen. In 2016 lag der durch­schnitt­lich als Tan­tie­me gezahl­te Anteil an der Gesamt­ver­gü­tung noch bei rund 16 %. Unter­des­sen liegt kein Wirt­schafts­zweig der Indus­trie mehr unter die­sem Wert. Mitt­ler­wei­le liegt der durch­schnitt­li­che Tan­tie­me-Anteil bei knapp über 26 % – das ist ein Anstieg von 10 Pro­zent­punk­ten inner­halb nur eines Jah­res. Damit wird fast jeder vier­te Euro in Abhän­gig­keit vom Betriebs­er­geb­nis ver­dient. Das deckt sich auch mit den Zah­len aus ande­ren Sek­to­ren – auch dort ist ein ste­tig stei­gen­der Tan­tie­me-Anteil aus­zu­ma­chen (z. B. Dienst­leis­ter-GmbHs bzw. Hand­wer­ker-GmbHs mit einem Tan­tie­me-Anteil von jeweils rund 20 %).

Ins­ge­samt ergibt sich gegen­über dem Vor­jahr ein sehr dif­fe­ren­zier­tes und unein­heit­li­ches Bild. Bei­spiel: Für die Spar­te Chemie/Pharma lag der Ver­gleichs­weit in 2016 noch bei 288.000 EUR Gesamt­ge­halt. In 2017 wer­den hier nach der BBE-Stu­die nur noch 216.000 EUR aus­ge­wie­sen – und das bei einem Tan­tie­me-Anteil von 38 %. Auch die all­ge­mei­nen Durch­schnitts­wer­te (sons­ti­ge Indus­trie) wer­den in 2017 nur noch mit 141.000 EUR aus­ge­wie­sen gegen­über 180.000 EUR im Vor­jahr. Umge­kehrt: Im Sek­tor Elektro/Elektronik wur­de 2017 mit 190.000 EUR deut­lich mehr ver­dient als im Vor­jahr (148.000 EUR). Das ist aber auch ein Sek­tor, in dem mit 36 % ein beson­ders hoher Tan­tie­me-Anteil gezahlt wird. Auch hier könn­te der Grund für die Abwei­chun­gen in der erwei­ter­ten Daten­ba­sis lie­gen. Erfah­rungs­ge­mäß wer­den dann auch immer mehr klei­ne­re Indus­trie-Unter­neh­men erfasst, so dass die Durch­schnitts­zah­len ins­ge­samt nach unten gedrückt wer­den. Vgl. dazu eini­ge aus­ge­wähl­te Ver­gleichs­wer­te in der Tabelle.

Indus­trie­zweig …. Fest-Gehalt 2017 Tan­tie­me Gesamt­ver­gü­tung
Bauzubehör/Holz 144.000 27 % 183.000 €
Chemie/Pharma 156.000 38 % 216.000 €
Ener­gie 124.000 19 % 148.000 €
Elektro/Elektronik 140.000 36 % 190.000 €
Fahr­zeug­bau 152.000 26 % 192.000 €
Kunststoff/Textil/Leder 152.000 22 % 186.000 €
Maschinen/Anlagenbau 140.000 27 % 178.000 €
Metall/Werkzeuge 137.000 25 % 171.000 €
Sons­ti­ge 119.000 18 % 141.000 €
Beträge auf volle Tausend gerundet. Quelle: BBE Media Gehaltsumfrage 2017 eigene Analysen
Zusätz­li­che Ori­en­tie­rungs­hil­fe für die Geschäfts­füh­rer von Indus­trie-GmbHs lie­fern die sog. Karls­ru­her Tabel­len – das sind die offi­zi­el­len Ver­gleichs­zah­len der Finanz­be­hör­den zur Ange­mes­sen­heits­prü­fung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter. Auch hier bestä­tigt der Blick in die Zah­len: Für klei­ne­re Indus­trie-GmbHs mit einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR hal­ten die Finanz­be­hör­den eine Spann­wei­te von 140.000 bis 180.000 € als Gesamt­ge­halt in der Regel für ange­mes­sen. Nur wer hier deut­lich nach oben aus­bricht, muss damit rech­nen, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) unter­stellt wer­den kann. In Indus­trie-GmbHs mit 2,5 bis 5 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt bereits zwi­schen 180.000 und 230.000 €. In Indus­trie-GmbHs mit 5 bis 25 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 230.000 € und 260.000 €. In Indus­trie-GmbHs mit 25 bis 50 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 280.000 € und 440.000 € (Quel­le: OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84 – St 221, Karls­ru­her Tabel­len). Die von der BBE-Media jetzt ermit­tel­ten Ver­gleich­zah­len bele­gen, dass in vie­len GmbHs längst nicht bis zur „Ange­mes­sen­heits­gren­ze“ ver­dient wird. Quel­le: BBE Media Gehalts­um­fra­ge 2017, eige­ne Ana­ly­sen, Beträ­ge auf vol­le Tau­send gerundet.

 

Geschäftsführung 4.0: Ihre Kundendaten sind die Währung der Digitalisierung

Als unser Solar-Modul schon wie­der defekt war, platz­te mir der Kra­gen. Ich beauf­trag­te den Mon­teur, das Modul abzu­bau­en. Dann pas­sier­te erst ein­mal nichts. Zwei Wochen spä­ter rief mich der Chef der Lug­ins­land GmbH per­sön­lich an und mach­te sich die Mühe, mir die Nach­hal­tig­keit eine Solar-Moduls zu erklä­ren und die Kos­ten­er­spar­nis der Warm­was­ser­auf­be­rei­tung vor­zu­rech­nen. Das leuch­te­te mir ein. Wir ver­ein­bar­ten, dass der Mon­teur im Früh­jahr bei der nächs­ten Rou­ti­ne-War­tung der Hei­zungs­an­la­ge das Ersatz­teil für das Solar-Modul mit­bringt und ein­baut. Was das mit Digi­ta­li­sie­rung zu tun hat?

Noch vor weni­gen Jah­ren hät­te man sich nicht wun­dern dür­fen, wenn die oben ange­spro­che­ne Ver­ein­ba­rung mit dem Kun­den irgend­wo auf einem Notiz­zet­tel ver­lo­ren gegan­gen wäre. Heu­te soll­ten alle Kun­den­da­ten (Infor­ma­tio­nen) in einer tages­ak­tu­el­len Daten­bank mit Zugang für alle damit befass­ten Mit­ar­bei­ter abge­legt sein. Rea­li­tät ist aller­dings, dass es hier in vie­len klei­ne­ren Betrie­ben Defi­zi­te gibt (Hand­werk, Dienst­leis­ter, Han­del). Wis­sen über den Kun­den ist die digi­ta­le Wäh­rung erfolg­rei­cher Unter­neh­men. Die­sen Schwer­punkt set­zen SIE.

Wann haben Sie zuletzt mit Ihrer Kun­den­da­ten­bank gear­bei­tet? Wo feh­len Infor­ma­tio­nen? Gibt es genü­gend und vor allem vor­gangs­be­zo­ge­ne Daten­fel­der? Wer kann und darf Daten ein­ge­ben? Gibt es einen Ver­ant­wort­li­chen, der die ste­ti­ge Aktua­li­sie­rung und Wei­ter­ent­wick­lung der Daten­bank orga­ni­siert? Gera­de die Vor­weih­nachts­zeit, wenn alle Kun­den ange­schrie­ben oder bedacht wer­den, ist eine gute Mög­lich­keit, Infor­ma­ti­ons­lü­cken zu fül­len und/oder neue Pro­duk­te für 2018  vorzustellen.

 

Steuerprüfung: Änderungen 2018 – „Kassennachschau”

Ab 1.1.2018 sind die Finanz­be­hör­den berech­tigt, unan­ge­kün­dig­te Kas­sen­prü­fun­gen (Kas­sen­nach­schau) vor Ort durch­zu­füh­ren. Dazu muss der Prü­fer sich nicht nur mit sei­nem Dienst­aus­weis zu iden­ti­fi­zie­ren, son­dern auch ein Doku­ment vor­le­gen, aus dem aus­drück­lich sei­ne Auto­ri­sie­rung zur Nach­schau her­vor­ge­hen muss (Gesetz zum Schutz vor Mani­pu­la­tio­nen an digi­ta­len Grund­auf­zeich­nun­gen).

Die Kas­sen­nach­schau darf ohne vor­he­ri­ge Ankün­di­gung und außer­halb einer Außen­prü­fung durch­ge­führt wer­den. Aller­dings nur auf den Geschäfts­grund­stü­cken bzw. in den Geschäfts­räu­men des Steu­er­pflich­ti­gen und auch nur wäh­rend der übli­chen Geschäfts- und Arbeits­zei­ten. Wel­che Geschäfts- und Arbeits­zei­ten dabei „üblich” sind, rich­tet sich nach den Gepflo­gen­hei­ten der jewei­li­gen Branche.

 

GmbH/Recht: Beurkundung von mehreren Gesellschafter-Beschlüssen

Beschlie­ßen zwei GmbHs die Been­di­gung eines Unter­neh­mens­ver­tra­ges und müs­sen die­se Beschlüs­se nota­ri­ell beur­kun­det wer­den, dann ist das zwar in einer ein­heit­li­chen nota­ri­el­len Urkun­de mög­lich. Es sind aber zwei Vor­gän­ge, die ein­zeln berech­net wer­den (BGH, Urteil v. 26.9.2017, II ZB 27/16).

Kei­ne Rol­le spielt es dabei, wenn es sich bei den an der Beschluss­fas­sung betei­lig­ten Gesell­schaf­ten um Kon­zern­ge­sell­schaf­ten han­delt. Eine ein­heit­li­che, zusam­men­fas­sen­de nota­ri­el­le Beur­kun­dung und Berech­nung in sich unab­hän­gi­ger Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ist im Gesetz und in der Gebüh­ren­ord­nung für Nota­re nicht vor­ge­se­hen. Sie müs­sen für einen nur for­mal zusam­men­hän­gen­den Beur­kun­dungs-Sach­ver­halt auf jeden Fall dop­pelt zahlen.

 

Gesellschafter-Finanzen: Günstig beteiligen an StartUps

Eine gute Mög­lich­keit, sich an Start­Ups zu betei­li­gen, die Ihre Bran­che betref­fen, bie­tet das För­der­pro­gramm „INVEST Zuschuss zum Wag­nis­ka­pi­tal”. Aller­dings müs­sen Sie sich dazu als Pri­vat­per­son bzw. Gesell­schaf­ter pri­vat enga­gie­ren. Eine direk­te Betei­li­gung der GmbH an den Start­Ups ist nicht mög­lich. Vor­teil: Es gibt einen Erwerbs- und einen Exit-Steu­er­zu­schuss für den Inves­tor. Auf der Invest­zu­schuss-Sei­te des Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums gibt es eine Lis­te der Start­Up-Unter­neh­men, die für die­sen Zuschuss zuge­las­sen sind. Hier kön­nen Sie ein­se­hen, wel­che inter­es­san­ten Start­Ups es in Ihrem Geschäfts­feld gibt.

 

Geschäftsführer privat: Nutzen Sie den Lohnsteuer-Freibetrag 2018/2019

Für Geschäfts­füh­rer mit hohen Wer­bungs­kos­ten lohnt ab sofort der Ein­trag des Frei­be­trags für die Steu­er­jah­re 2018/2019. Der Frei­be­trag wird dann vom Finanz­amt als elek­tro­ni­sches Lohn­steu­er­ab­zugs­merk­mal (ELS­tAM) gespei­chert und Ihrem Arbeit­ge­ber „GmbH” auto­ma­tisch mit­ge­teilt, der ihn dann sofort beim Lohn­steu­er­ab­zug berücksichtigt.

Ver­wen­den Sie dazu den „Antrag auf Lohn­steu­er­ermä­ßi­gung 2018”. Das Antrags­for­mu­lar dazu erhal­ten Sie im Inter­net auf der Home­page des für Sie zustän­di­gen Finanz­am­tes unter der Rubrik Ser­vice > For­mu­la­re oder direkt vor Ort bei Ihrem Finanz­amt oder Hier ankli­cken. Wenn Sie den Antrag 2017 bereits für zwei Jah­re gestellt haben, brau­chen Sie nichts zu ver­an­las­sen. Der Frei­be­trag wird dann auto­ma­tisch auch für das Steu­er­jahr 2018 berücksichtigt.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

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