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Volkelt-Brief 49/2016

Volkelt-FB-01Wirt­schafts­po­li­tik: Der Wett­be­werb um bes­se­re Rah­men­be­din­gun­gen für Unter­neh­men ist eröff­net + Ver­lust­ver­rech­nung: Bes­se­re Mög­lich­kei­ten für Start­ups und Grün­der + Groß­han­del-GmbHs: Neue Ver­gleichs­zah­len für die Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter + GmbH-Zie­le 2017: Wie hal­ten Sie es mit der Frau­en­quo­te + Pflicht­ver­öf­fent­li­chung: Behör­de darf Druck machen  Geld/Finanzen: Nicht nach­rüst­ba­re Kas­sen müs­sen raus + BISS

 

 

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Frei­burg 2. Dezem­ber 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

jetzt gibt es ers­te Anzei­chen dafür, dass die EU-Unter­neh­men zu den Gewin­nern des Brexit gehö­ren könn­ten. Und zwar dann, wenn Groß­bri­tan­ni­en die Unter­neh­mens­steu­ern senkt, um damit euro­päi­sche Unter­neh­men (Kon­zer­ne) auf die Insel zu locken. Mehr noch: Das könn­te euro­pa­weit der Auf­takt für eine Abwärts­spi­ra­le der Unter­neh­mens­steu­ern sein. Wie rea­lis­tisch ist ein sol­ches Sze­na­rio? Fakt ist, dass die bri­ti­sche Regie­rungs­chefin The­re­sa May sol­che Plä­ne in Ihrem Kabi­nett und mit ihrer Kon­ser­va­ti­ven Par­tei abge­spro­chen hat. Mehr noch: Die Pla­nungs­pha­se ist wohl schon inso­weit abge­schlos­sen, dass ein Steu­er­satz von max. 15% für Unter­neh­men avi­sier­tes Ziel ist.

Zum Ver­gleich: Die Steu­er­be­las­tung der GmbH ist in Deutsch­land fast dop­pelt so hoch. Das ist in der Tat eine Grö­ßen­ord­nung, die vie­le Con­trol­ling-Abtei­lun­gen zum Rech­nen ani­mie­ren wird. Außer­dem soll ein immenser Staats­fonds auf­ge­legt wer­den, mit dem Start­ups groß­zü­gig geför­dert wer­den sol­len. Dage­gen steht: Die EU und die deut­sche Wirt­schafts­po­li­tik wer­den reagie­ren müs­sen –um stand­ort­un­ab­hän­gi­ge wirt­schaft­li­che Akti­vi­tä­ten bes­ser bin­den zu kön­nen. Der Wett­be­werb um Unter­neh­men mit inten­si­vem FuE-Poten­ti­al und Unter­neh­mens-Neu­grün­­dun­gen ist eröffnet.

Das könn­te in der Tat eine ech­te Chan­ce für fle­xi­ble Unter­neh­men sein. Lon­don ist ein inter­es­san­ter Stand­ort für inno­va­ti­ve Unter­neh­men. Hier gibt es vie­le bes­tens aus­ge­bil­de­te IT-Exper­ten, risi­ko­freu­di­ge Inves­to­ren, prall gefüll­te Fonds und exzel­len­tes Finan­zie­rungs-Know-How. Alles Vor­aus­set­zun­gen, die für Neu- und inno­va­ti­ve Aus­grün­dun­gen hoch­in­ter­es­sant sind. Die EU-Behör­den und deut­sche Wirt­schafts­po­li­tik sind gefordert.

Verlustverrechnung: Bessere Möglichkeiten für FuE und Startups

Das Bun­des­ka­bi­nett hat das Gesetz zur Wei­ter­ent­wick­lung der steu­er­li­chen Verlust­ver­rechnung bei Kör­per­schaf­ten ver­ab­schie­det und ins Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren ein­gebracht. Unter­des­sen hat der Finanz­aus­schuss dazu Stel­lung genom­men (vgl. Nr. 42/2016). Das bringt auf der einen Sei­te hohe Steu­er­ver­lus­te für den Staat. Umge­kehrt bedeu­tet das hohe Steu­er­ent­las­tun­gen für die betrof­fe­nen Unter­neh­men. Pro­fi­tie­ren wer­den davon FuE-inten­si­ve Unter­neh­men und Start­up-Aus­­­grün­dun­gen. Damit wird es zusätz­li­che Mög­lich­kei­ten der Ver­lust­ver­rech­nung bei der Ver­äu­ße­rung von Unter­neh­men geben.

Nach der jet­zi­gen Rege­lung gehen nicht genutz­te Ver­lus­te ganz oder teil­wei­se ver­lo­ren, wenn mehr 25 % eines Unter­neh­mens über­tra­gen bzw. erwor­ben wer­den (§ 8c KStG, qua­li­fi­zier­ter Anteils­eig­ner­wech­sel bzw. Kon­zern­klau­sel). Bleibt der Geschäfts­be­trieb des über­nom­me­nen Unter­neh­mens erhal­ten und ist sicher­ge­stellt, dass der Ver­lust­vor­trag nicht zur Gewinn­min­de­rung in ande­ren Kon­zern­be­rei­chen ein­ge­setzt wird, soll die vol­le Ver­lust­ver­rech­nung wie­der mög­lich sein. Auch dann, wenn ein sog. qua­li­fi­zier­ter Anteils­eig­ner­wech­sel statt­fin­det, also mehr als 25 % eines Unter­neh­mens erwor­ben wer­den. Die­se Mög­lich­keit wird auf Antrag gewährt. Es ist also davon aus­zu­ge­hen, dass die Finanz­be­hör­den jeden Ein­zel­fall prü­fen wer­den – auch, ob die Ver­lust­ver­rech­nung kor­rekt durch­ge­führt wird.

Die neu­en Regeln zum Ver­lust­vor­trag (fort­füh­rungs­ge­bun­de­ner Ver­lust­vor­trag) sol­len bereits für alle Erwerbs­vor­gän­ge aus dem Wirt­schafts­jahr 2016 ange­wandt wer­den. Dazu muss die GmbH mit der KSt-Erklä­rung 2016 einen ent­spre­chen­den Antrag stel­len. Zusätz­lich muss der Nach­weis erbracht wer­den, dass der Geschäfts­be­trieb (das betrifft Dienst­leis­tun­gen, Pro­duk­te, Kun­den, Lie­fe­ran­ten, Arbeit­neh­mer) unver­än­dert fort­ge­führt wur­de bzw. wird.

Großhandel-GmbHs: Vergleichszahlen für die Geschäftsführer-Gehälter

Die BBE-Media hat die neu­es­ten Zah­len zur Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung 2016 vor­ge­legt. Wir haben die Zah­len für Groß­han­del-GmbHs etwas genau­er unter die Lupe genom­men. Besonderheiten:

  • Je nach Seg­ment ist die Gehalts-Ent­wick­lung wie­der sehr unter­schied­lich. In ers­ter Linie liegt das dar­an, dass klei­ne­re Groß­han­del-GmbHs stark von der Per­son des Geschäfts­füh­rers geprägt sind.
  • Bei den neu­en Zah­len han­delt es sich um Durch­schnitts­zah­len zu Fest­ver­gü­tung. In der Pra­xis gibt es aber in weni­gen Seg­men­ten die unter­schied­lichs­ten Betriebs­grö­ßen – von der klei­ne­ren GmbH mit ein­stel­li­gem Mil­lio­nen-Umsatz bis zur Groß­han­del-GmbH mit 25 Mio. € und deut­lich mehr Umsatz im Jahr.
  • Das Gesamt-Niveau ist wei­ter­hin zufrie­den stel­lend bis gut. Bei den unten genann­ten Wer­ten han­delt es sich um die Fest­be­zü­ge. Zusätz­lich wird in fast 90 % der Groß­han­del-GmbHs eine Tan­tie­me gezahlt und zwar im Durch­schnitt in Höhe von 16 % der Fest­be­zü­ge. Hier die aktu­el­len Ver­gleichs­zah­len der Geschäfts­füh­rer in den Großhandel-GmbHs:
Bran­che Fest-Gehalt 2015/2016 Gesamt­ver­gü­tung inkl. Tan­tie­me (16 %)
Bau­stof­fe/-bedarf 175.000 € 203.000 €
Bürobedarf/EDV 150.000 € 174.000 €
Che­mi­sche Produkte 165.000 € 191.000 €
Elektro/Sanitär/Heizung 140.000 € 162.000 €
Gesund­heits­we­sen 133.000 € 154.000 €
Han­dels­ver­tre­tung 132.000 € 153.000 €
Import/Export 116.000 € 134.000 €
Lebensmittel/Getränke 116.000 € 134.000 €
Maschinen/Anlagen 161.000 € 186.000 €
Metall/Werkzeuge 127.000 € 147.000 €
Tech­ni­scher Großhandel 127.000 € 147.000 €
Textilien/Leder/Sport 135.000 € 156.000 €
Sons­ti­ge Industrie 124.000 € 144.000 €

Beträ­ge auf vol­le Tau­send gerun­det. Quel­len:  BBE Media Gehalts­um­fra­ge 2015/2016, eige­ne Analysen. 

Zusätz­li­che Ori­en­tie­rungs­hil­fe für die Geschäfts­füh­rer von Groß­han­del-GmbHs lie­fern die sog. Karls­ru­her Tabel­len – das sind die offi­zi­el­len Ver­gleichs­zah­len der Finanz­be­hör­den zur Ange­mes­sen­heits­prü­fung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter. Auch hier bestä­tigt der Blick in die Zah­len: Für klei­ne­re Groß­han­del-GmbHs mit einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR hal­ten die Finanz­be­hör­den eine Spann­wei­te von 160.000 bis 200.000 € als Gesamt­ge­halt in der Regel für ange­mes­sen. Nur wer hier deut­lich nach oben aus­bricht muss damit rech­nen, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) unter­stellt wer­den kann. In Groß­han­del-GmbHs mit 2,5 bis 5 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt bereits zwi­schen 170.000 und 240.000 €. In Groß­han­del-GmbHs mit 5 bis 25 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 200.000 € und 260.000 €. In Groß­han­del-GmbHs mit 25 bis 50 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 260.000 € und 450.000 € (Quel­le: OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84 – St 221 Karls­ru­her Tabel­len). Die von der BBE-Media jetzt ermit­tel­ten Ver­gleich­zah­len bele­gen, dass in vie­len GmbHs längst nicht bis zu „Ange­mes­sen­heits­gren­ze“ ver­dient wird. Was im Ein­zel­fall auch Sinn macht, weil die Lohn­steu­er­be­las­tung für das Geschäfts­füh­rer-Gehalt z. B. bei 200.000 € schon rund 40 % beträgt.

GmbH-Ziele 2017: Wie halten Sie es mit der Frauenquote

Die Ver­pflich­tung zur Frau­en­quo­te betrifft auch mit­tel­stän­di­sche GmbHs. Das gilt für alle mit­be­stimm­ten GmbHs mit mehr als 500 Beschäf­tig­ten. Dabei gel­ten für den Auf­sichts­rat und die Geschäfts­füh­rung ana­log die Vor­schrif­ten für Akti­en­ge­sell­schaf­ten (§ 52 Abs. 2 GmbHG). Die Frau­en­quo­te gilt auch für das Manage­ment unter­halb der Geschäfts­füh­rungs-Ebe­ne. Kei­ne kla­ren Vor­ga­ben gibt es dazu, was kon­kret unter den „bei­den Füh­rungs­ebe­nen unter­halb der Geschäfts­lei­tung“ zu ver­ste­hen ist.

Exper­ten sagen: Die Unter­neh­men kön­nen die Füh­rungs­ebe­nen nach frei­em Ermes­sen fest­le­gen. Kri­te­ri­en kön­nen sein: Wei­sungs­rech­te, Berichts­we­ge, Voll­mach­ten wie Pro­ku­ra. Nach den gesetz­li­chen Vor­ga­ben müs­sen die Ziel­vor­ga­ben für eine Frau­en­quo­te bis spä­tes­tens zum 30.6.2017 fest­ge­legt wer­den. Etwas ande­res gilt für die Umset­zung: Hier­für dür­fen Sie sich dann max. 5 Jah­re Zeit las­sen (§ 36 Satz 4 GmbH-Gesetz). GmbHs, für die in den Gre­mi­en und in der 2. Manage­ment-Ebe­ne die Frau­en­quo­te gilt, müs­sen mit einem Buß­geld zwi­schen 2.500 und 25.000 € rech­nen, wenn sie dazu kei­ne oder nur unvoll­stän­di­ge Anga­ben in ihrem Lage­be­richt ver­öf­fent­li­chen. Der Bun­des­an­zei­ger­ver­lag wur­de dazu ver­pflich­tet, Hin­wei­se an das BfJ zu mel­den. Dazu kön­nen Ihnen die Gesell­schaf­ter per Wei­sung kon­kre­te Vor­ga­ben machen (30 % Frau­en­an­teil). Dabei soll­te die glei­che Quo­te für die Geschäfts­lei­tung wie für das Manage­ment vor­ge­ge­ben wer­den. Ver­lan­gen die Gesell­schaf­ter eine Quo­te, dann ist die­se Ziel­vor­ga­be für die Geschäfts­füh­rung ver­bind­lich. Als Geschäfts­füh­rer einer mit­be­stimm­ten GmbH sind Sie dann ver­pflich­tet, ent­spre­chen­de Ziel­vor­ga­ben als Ein­stel­lungs­kri­te­ri­en vor­zu­ge­ben und einzuhalten.

Pflichtveröffentlichung: Behörde darf Druck machen

Kann das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) die Ord­nungs­geld­an­dro­hung gegen eine GmbH nicht durch­set­zen, dann ist die Behör­de berech­tigt, statt­des­sen das Organ der Gesell­schaft – sprich: den Geschäfts­füh­rer – dafür in die Pflicht zu neh­men. Oder umge­kehrt: Kann die Behör­de ein gegen den Geschäfts­füh­rer aus­ge­stell­tes Ord­nungs­geld wegen Ver­stoß gegen die Offen­legungspflichten der GmbH nicht durch­set­zen, kann Sie die GmbH in Anspruch neh­men (OLG Köln, Urteil vom 5.10.2016, 28 Wx 18/16, Quel­le: GmbH Rund­schau 2016 Sei­te 1202).

Es geht aber nur ent­we­der oder. Die­ses Umswit­chen im Ord­nungs­geld­ver­fah­ren ist nur mög­lich, wenn der Bescheid zuvor schrift­lich auf­ge­ho­ben wur­de und der neue Emp­fän­ger des Ord­nungs­geld­be­scheids dar­über auf­ge­klärt wird.

Geld/Finanzen: Nicht nachrüstbare Kassen müssen raus

Zum 31.12.2016 läuft die Über­gangs­frist zur Nach­rüs­tung alter Kas­sen­sys­te­me ab, die nicht die gel­ten­den Auf­zeich­nungs- und Auf­be­wah­rungs­fris­ten erfül­len (vgl. Nr. 31 + 47/2016). Ach­tung: Ist Ihre Kas­se nicht auf den erfor­der­li­chen Stand nach­zu­rüs­ten, soll­ten Sie die­se unbe­dingt spä­tes­tens zum 1.1.2017 erset­zen. Unter­las­sen Sie das, ris­kie­ren Sie, dass die Finanz­be­hör­den Ihre gesam­te Buch­füh­rung „ver­wirft“ und ihre Umsät­ze kom­plett schätzt. Das kann teu­er wer­den. U. U. droht sogar ein Steuerstrafverfahren.

Gehen Sie davon aus, dass in den davon betrof­fe­nen Bran­chen gezielt geprüft wird, ob Sie den neu­en Stan­dard erfül­len. Schon bei klei­nen Män­geln (feh­len­de Hand­bü­cher) wird geschätzt. Nach unse­ren Erfah­run­gen wer­den dann unrea­lis­tisch bis uto­pisch hohe Umsät­ze geschätzt und ent­spre­chend Steu­ern nach­ver­an­lagt. Das müs­sen Sie dann erst ein­mal schlüs­sig wider­le­gen – was in der Pra­xis kaum zu leis­ten ist und meist nur zu einer gerin­gen Kor­rek­tur der gefor­der­ten Steu­er­nach­zah­lung führt. Klei­ner Trost: Die ange­bo­te­nen Abzah­lungs­mo­da­li­tä­ten (Raten­zah­lung) fal­len in vie­len Fäl­len sehr groß­zü­gig aus.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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