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Volkelt-Brief 42/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te Bench­mar­king: Dazu soll­ten Sie sich nicht zu Scha­de sein +  Whist­le­b­lower: So schüt­zen Sie Ihre GmbH + GmbH-Kos­ten: Finanz­äm­ter kas­sie­ren unver­än­dert 0,5 % Zin­sen pro Monat + Ter­min­sa­che: Klei­ne GmbHs müs­sen den Jah­res­ab­schluss 2012 beschlie­ßen Lohn­steu­er: Betriebs­fei­ern wer­den güns­ti­ger Geschäfts­füh­rer pri­vat: Quit­tung reicht nicht für die steu­er­li­che Aner­ken­nung + GmbH-Recht: Geschäfts­füh­rer darf Rechts­streit nicht füh­ren + BISS

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 Nr. 42/2013 vom 18.10.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

Bench­mar­king ist Bestand­teil der Unter­neh­mens­stra­te­gie. Für klei­ne­re Fir­men heißt das: sys­te­ma­ti­sche Kon­kur­renz­be­ob­ach­tung vor Ort, dort, wo sie Ihre Pro­duk­te ver­kau­fen und wo Ihre Kun­den sind.

Bei­spiel: Als die Xerox-Geschäfts­füh­rung Ende der 70er nicht mehr wei­ter wuss­te, ent­schloss man sich, die Pro­duk­te des Kon­kur­ren­ten Canon unter die Lupe zu neh­men. Man kauf­te Canon-Kopie­rer, zer­leg­te sie in ihre Bestand­tei­le und wuss­te anschlie­ßend, was man bes­ser machen kann. Das war nicht nur die Ret­tung für Xerox. Es war auch die Geburts­stun­de des sys­te­ma­ti­schen Benchmarking.

Egal ob Hand­werks-Betrieb, Dienst­leis­ter oder pro­du­zie­ren­des Unter­neh­men: In allen Bran­chen kön­nen Sie fürs Geschäft ler­nen. Das kön­nen Klei­nig­kei­ten sein (Umgangs­for­men), Pro­zess­ab­läu­fe, Arbeits­zeit­re­ge­lun­gen oder Sozi­al­leis­tun­gen. Bench­mar­king bringt Alle weiter.

Es genügt aber nicht, Pro­duk­te, Ser­vice und Kon­di­tio­nen, Preis­ge­stal­tung und Mar­ke­ting Ihrer Kon­kur­ren­ten im Auge zu behal­ten. Eben­so wich­tig ist es, das öffent­lich zugäng­li­che Zah­len­werk Ihrer Kon­kur­ren­ten genau zu ken­nen. Und zwar nicht nur stich­pro­ben­ar­tig, son­dern in der Zeit­rei­he. Bei­spiel: Sie ver­glei­chen die Jah­res­bi­lan­zen Ihrer Kon­kur­ren­ten über die letz­ten drei Jah­re – die Abschlüs­se für GmbHs und UGs für die Jah­re 2009, 2010 und 2011 sind im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter (www.unternehensregister.de) kos­ten­frei ein­zu­se­hen. Zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen über Gesell­schaf­ter, Betei­li­gun­gen, Unter­neh­mens­ver­trä­ge usw. gibt es im elek­tro­ni­schen Han­dels­re­gis­ter (www.handelsregister.de). (Kos­ten: 4,50 € pro Abruf).

 

Whistleblower: So schützen Sie Ihre GmbH 

Feh­ler pas­sie­ren in jeder Fir­ma. Noch grö­ßer wird der Feh­ler aller­dings, wenn Sie damit falsch umge­hen. Im schlech­tes­ten Fall führt das dazu, dass einer Ihrer Mit­ar­bei­ter den  Vor­fall öffent­lich macht (sog. Whist­le­b­lo­wing). Pro­blem: Das Anpran­gern der Fir­ma durch den Arbeit­neh­mer ist grund­sätz­lich durch den Grund­satz der Mei­nungs­frei­heit gedeckt (EGMR, Urteil vom 21.7.2011, 28274/8). Aller­dings kön­nen Sie ver­lan­gen, dass der Arbeit­neh­mer zunächst eine inner­be­trieb­li­che Lösung sucht. Die Chan­cen für eine Kün­di­gung ste­hen gut,

  1. wenn der Mit­ar­bei­ter sei­ne Aus­sa­gen wis­sent­lich und leicht­fer­tig auf unwah­re Tat­sa­chen stützt,
  2. wenn der Vor­wurf oder die Vor­wür­fe unver­hält­nis­mä­ßig sind und
  3. wenn der Mit­ar­bei­ter eigen­süch­ti­ge Moti­ve wie Rache verfolgt.

Deut­schen Arbeits­ge­rich­te prü­fen Whist­le­b­lower-Fäl­le nach die­sen Kri­te­ri­en. Im Umkehr­schluss bedeu­tet das für Sie: Wenn Sie einen der oben genann­ten Punk­te dar­le­gen kön­nen, hat die Kün­di­gung gute Aus­sich­ten auf Erfolg.

Bei­spie­le: Ein Mit­ar­bei­ter zeigt sei­ne Fir­ma wegen Ver­sto­ßes gegen Umwelt­auf­la­gen bei der Behör­de an, ohne vor­her eine inter­ne Klä­rung zu suchen. Dann kann das Arbeits­ver­hält­nis gegen Zah­lung einer Abfin­dung been­det wer­den (LAG Schles­wig-Hol­stein, Urteil vom 20.3.2012, 2 Sa 331/11). Oder zeigt der in der Fir­ma für die Kin­der­be­treu­ung zustän­di­ge Mit­ar­bei­ter sei­nen Arbeit­ge­ber vor­schnell beim Jugend­amt an, recht­fer­tig das eine frist­lo­se Kün­di­gung (LAG Köln, Urteil vom 5.7.2012, 6 Sa 71/12).

Für die Pra­xis: Gibt es Hin­wei­se dar­auf, dass ein Mit­ar­bei­ter Ver­stö­ße nach außen tra­gen will, soll­ten Sie ihm anbie­ten, sei­ne Mei­nung intern ein­zu­brin­gen. Kann die Abtei­lungs­lei­tung den Kon­flikt nicht kana­li­sie­ren, müs­sen Sie sich der Sache selbst anneh­men. Oft han­delt es sich bei den Kri­ti­kern um Men­schen, die schwie­rig im Umgang sind. Aber: Die Fir­ma ist kein The­ra­peut. Den­noch soll­ten Sie Gespräch­be­reit­schaft zei­gen, um im wei­te­ren Ver­fah­ren kei­ne Feh­ler zu machen. Es gilt: „Je mehr Sie inner­be­trieb­li­che Lösun­gen anbie­ten (Betriebs­rat, Benen­nung einer Ver­trau­ens­per­son) umso bes­ser ste­hen Ihre Chan­cen auf eine (ein­ver­nehm­li­che) Tren­nung“. Noch im Novem­ber wird es zum Whist­le­b­lo­wing ein wich­ti­ges Urteil des Arbeits­ge­richts Ham­burg geben, das wei­te­re Hin­wei­se für kon­kre­te Hand­lungs­an­lei­tun­gen brin­gen wird. Dann muss das Arbeits­ge­richt über eine Job-Cen­ter-Mit­ar­bei­te­rin ent­schei­den, die der BA öffent­lich „men­schen­un­wür­di­ges Ver­hal­ten“ und „Geld­ver­schwen­dung“ vor­ge­wor­fen hat. Der­zeit ist die Mit­ar­bei­te­rin frei­ge­stellt und eine güt­li­che Eini­gung im Ver­fah­ren ist nicht in Sicht. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

GmbH-Kosten: Finanzämter kassieren unverändert 0,5 % pro Monat

Für Steu­er­nach­for­de­run­gen ver­langt der Fis­kus Ver­zugs­zin­sen. Auch dann, wenn das Finanz­amt zunächst Aus­set­zung der Voll­zie­hung zulässt gewährt, müs­sen Sie nach­träg­lich Zin­sen zah­len. Das sind pro ange­fan­ge­nen Monat 0,5 %, im Jahr also 6 % Zin­sen ( § 238 AO). Umstrit­ten ist, ob die fest­ge­setz­te Höhe der Zin­sen auch in einer Nied­rig­zins­pha­se zuläs­sig ist.

EZB und Bun­des­bank gehe davon aus, dass die­se bis 2014 anhält. Damit muss der Steu­er­zah­ler mehr Steu­er ent­rich­ten als bei einer ver­gleich­ba­ren Ver­schul­dung zu Markt­be­din­gun­gen. Bis­lang hat die Recht­spre­chung die Ver­zugs­zin­sen nicht bean­stan­det (BFH, Urteil vom 29.5.2013, X B 233/12). Aber der BFH wird sich erneut damit befas­sen (Az. des anhän­gi­gen Ver­fah­rens: IX R 31/13).

Bis­lang gehen die meis­ten Steu­er­ex­per­ten (noch) davon aus, dass der BFH auch in die­sem Ver­fah­ren nicht anders ent­schei­det – also die Zuläs­sig­keit fixer Zin­sen bestä­tigt. Aber: Eine so lan­ge Nied­rig­zins­pha­se mit Aus­wir­kun­gen auf die gesam­te Volks­wirt­schaft (Schrump­fen von Geld­ver­mö­gen), gab es bis­her nicht. Bei vie­len Indi­zes besteht eine gesetz­li­che Ver­pflich­tung zur Dyna­mi­sie­rung. Wir infor­mie­ren Sie umge­hend, wenn der BFH abschlie­ßend ent­schei­det und Chan­cen auf Rück­zah­lung von Steu­er­zin­sen bestehen.

Terminsache: Kleine GmbHs müssen den Jahresabschluss 2012 beschließen

Klei­ne GmbHs haben noch 6 Wochen Zeit, den Gesell­schaf­tern der GmbH den Jah­res­ab­schluss für das Geschäfts­jahr 2012 vor­zu­le­gen, die­sen fest­stel­len und beschlie­ßen zu las­sen (Frist: 30.11.2012 gemäß § 42a GmbH-Gesetz). Pla­nen Sie die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung recht­zei­tig und fas­sen Sie alle Beschluss korrekt.

Für die Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung gilt die Frist von 1 Woche, wenn der Gesell­schafts­ver­trag nichts ande­res bestimmt. Danach ergibt sich fol­gen­de Frist­be­rech­nung: Spä­tes­ter Ver­sand­tag der Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung: 20.11. Zustel­lung (+ 2 Tage): 22.11. Wochen­frist (+ 7 Tage ab Zugang). Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung: Frei­tag 29.11.2013. Die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ist dann ord­nungs­ge­mäß ein­be­ru­fen (§ 51 GmbH-Gesetz). Wich­tig: Auch die Tages­ord­nung muss den Gesell­schaf­tern min­des­tens 3 Tage vor­her vor­lie­gen. Für die Tages­ord­nung die­ser Gesellschafter­versammlung sind die­se For­mu­lie­run­gen üblich:

  1. Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses des Jah­res 2012 (GuV, Bilanz, Lage­be­richt, Anhang)
  2. Beschluss über die Gewinn­ver­wen­dung (inkl. Vor­schlag der Geschäfts­füh­rung zur Gewinn­ver­wen­dung, also Aus­schüt­tung an die Gesell­schaf­ter bzw. Ein­stel­lung in Rück­la­gen) und
  3. Beschluss der Gesell­schaf­ter über die Ent­las­tung der Geschäfts­füh­rer.

Wir emp­feh­len exak­te Ein­hal­tung des Ter­mins, wenn es mit den Gesell­schaf­tern zu Unstim­mig­kei­ten kom­men kann (Fami­li­en­ge­sell­schaf­ten mit kon­kur­rie­ren­den Stäm­men). Auch in GmbHs mit Fremd-Geschäfts­füh­rern ist eine kor­rek­te Umset­zung anzu­ra­ten. Nur wenn der Beschluss über die Ent­las­tung gefasst wird, ist sicher­ge­stellt, kön­nen kei­ne Ersatz­an­sprü­che gegen den Geschäfts­füh­rer gel­tend gemacht werden.

Lohnsteuer: Betriebsfeiern werden günstiger

Saal­mieten, all­ge­mei­ne Kos­ten einer Event-Agen­tur und sons­ti­ge nicht dem ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter zure­chen­ba­re Neben­kos­ten für eine Betriebs­ver­an­stal­tung blei­ben bei der Fest­set­zung der Arbeit­neh­mer-Frei­gren­ze bei der Lohn­steu­er (hier: 110 EUR je Mit­ar­bei­ter) unbe­rück­sich­tigt (BFH, Urteil vom 16.5.2013, VI R 94/10).

Damit setzt der BFH dem Finanz­amt Gren­zen. Es ist nicht mehr mög­lich, ein­fach sämt­li­che Kos­ten der Betriebs­ver­an­stal­tung auf die Anzahl der teil­neh­men­den Mit­ar­bei­ter zu ver­tei­len. Das Finanz­amt darf nur sol­che Kos­ten auf den Mit­ar­bei­ter über­wäl­zen, die dem tat­säch­lich und direkt zugu­te kommen.

Geschäftsführer privat: Quittung reicht nicht für die steuerliche Anerkennung

Zah­lun­gen für Hand­wer­kerlei­tun­gen im häus­li­chen Bereich kön­nen Sie von der Steu­er abset­zen. Vor­aus­set­zung: Die Zah­lung erfolgt und Sie kön­nen das stich­hal­tig nach­wei­sen. Dazu genügt die Vor­la­ge einer Quit­tung nicht. Der BFH ver­langt, dass Sie die Zah­lung per Über­wei­sungs­be­leg nach­wei­sen (BFH, Beschluss vom 30.7.2013, VI B 31/13).

Kei­ne Chan­ce gegen das Finanz­amt haben Sie mit dem Hin­weis, dass der Hand­wer­ker von Ihnen „Bar­zah­lung“ ver­langt hat. Wol­len Sie die Steu­er­an­rech­nung mit­neh­men, geht das nur mit einem ordent­li­chen Über­wei­sungs­be­leg der Bank (Kon­to­aus­zug).

GmbH-Recht: Geschäftsführer darf Rechtsstreit nicht führen

Macht ein Treu­hän­der (hier: Insol­venz­ver­wal­ter gemäß § 313 InsO) über das Ver­mö­gen eines Geschäfts­füh­rers Ansprü­che gegen die von die­sem ver­tre­te­ne GmbH gel­tend, kann der Geschäfts­füh­rer die GmbH in die­sem Rechts­streit nicht ver­tre­ten (LAG Düs­sel­dorf, Urteil vom 2.9.2013, 13 Sa 508/13).

Soll eine Kla­ge gegen die GmbH und nicht gegen den Geschäfts­füh­rer einer GmbH erho­ben wer­den, muss die Kla­ge aus­drück­lich an die Anschrift der GmbH mit ent­spre­chen­der Fir­mie­rung zuge­hen. Geht die Kla­ge an den Geschäfts­füh­rer, dann gilt die­se als nicht ord­nungs­ge­mäß zugestellt.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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