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Volkelt-Brief 41/2016

Volkelt-FB-01Pflicht­ver­si­che­rung: Geschäfts­füh­rer schon wie­der im Visier der DR-Prü­fer + Finan­zen: Bar­geld-Ober­gren­ze kommt in Sicht­wei­te + Nachfolge/Erbschaft: Den Gesell­schafts­ver­trag jetzt prü­fen und nach­bes­sern + Haf­tung: Geschäfts­füh­rer muss Lohn­steu­er­an­mel­dung prü­fen und gekürz­te Lohn­aus­zah­lun­gen bele­gen + GmbH-Finan­zen: För­der­mit­tel für struk­tur­schwa­che Regio­nen im Wes­ten + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Schei­dungs­fol­ge­kos­ten kei­ne außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung + BISS

 

 

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Frei­burg 7. Okto­ber 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

in letz­ter Zeit häu­fen sich die Hin­wei­se von Kol­le­gen, wonach Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer, deren GmbH von der Ren­ten­ver­si­che­rung über­prüft wur­de, einen Nach­zah­lungs­be­scheid erhal­ten haben. Dabei geht es z. T. um fünf­stel­li­ge Beträ­ge. Z. B., wenn sich eine Nach­zah­lung bis zur Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze über den Ver­jäh­rungs­zeit­raum von 4 Jah­ren ergibt.

Bei­spiel: (monat­li­che Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze West 2016) 6.200 € x (Bei­trags­satz für die Ren­ten­ver­si­che­rung) 18,7 % x (Ver­jäh­rungs­frist 4 Jah­re) 48 Mona­te. Die Nach­zah­lungs­for­de­rung liegt dann bei sat­ten 55.651,20 €. In einem Fall ging es um eine Immo­bi­li­en-Fir­ma mit 3 Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern, die vor eini­gen Jah­ren zu glei­chen Betei­li­gun­gen in eine GmbH umge­wan­delt wur­de. Es gab zwei Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer mit jeweils einer 45 % – Betei­li­gung und ein Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer mit einer 10 % – Betei­li­gung. Jetzt stell­te die Ren­ten­ver­si­che­rung nach­träg­lich fest: Auch die bei­den 45 % – Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sind bei­trags­pflich­ti­ge in der Rentenversicherung.

Ach­tung: In Fäl­len, in denen der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer nicht ein­deu­tig beherr­schend ist (Betei­li­gung > 50 %) besteht Alarm­stu­fe „oran­ge“. Gehen Sie davon aus, dass der Prü­fer der Sozi­al­ver­si­che­rung die Ver­hält­nis­se genau recher­chiert und bei Unklar­hei­ten umge­hend einen Nach­trags­be­scheid erlässt.

Die Offen­si­ve der Sozi­al­ver­si­che­rung in Sachen Pflicht­ver­si­che­rung des GmbH-Geschäfts­füh­rers wird gestärkt durch eini­ge neue­re Sozi­al­ge­richts-Urtei­le (vgl. Nr. 22 + 33/2016). Ten­denz: Die Sach­be­ar­bei­ter der Pflicht­ver­si­che­rung sind ange­hal­ten, sich bei der Ein­stu­fung nicht nur an der Betei­li­gungs­hö­he des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers zu ori­en­tie­ren, son­dern auch nach zusätz­li­chen Kri­te­ri­en zu suchen, die für eine abhän­gi­ge Beschäf­ti­gung spre­chen. Bei­spiel: ein­schrän­ken­de Zusatz­ver­ein­ba­run­gen im Gesell­schafts­ver­trag, Gesell­schaf­ter im Hin­ter­grund, die auf­grund hoher Dar­le­hen die GmbH tat­säch­lich „füh­ren“. Wich­tig: Betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer soll­ten sich vom Fach­an­walt für Arbeits- und Sozi­al­recht bera­ten und ver­tre­ten las­sen und auf kei­nen Fall vor­schnell klein bei­geben. In vie­len Fäl­len konn­ten betrof­fe­ne Geschäfts­füh­rer ihr Recht erst in der 2. Instanz vor dem Lan­des­so­zi­al­ge­richt (LSG) durch­set­zen. Durch­haltevermögen wird hier über­durch­schnitt­lich oft belohnt.

Finanzen: Bargeld-Obergrenze kommt in Sichtweite

Unter­neh­men mit 25 Geschäfts­rei­sen pro Monat kön­nen nach Schät­zun­gen jähr­lich ca. 3.500 € an Ver­wal­tungs­kos­ten ein­spa­ren, wenn nicht mehr mit Bar­geld abge­rech­net wird. Soweit die eine Sei­te der Medail­le. Dage­gen steht: Bran­chen, in denen ger­ne mit Bar­geld gezahlt wird (Kfz, Schmuck, Kunst), sind nicht beson­ders gut dar­auf zu spre­chen, wenn der Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter den Bar­geld-Ver­kehr regu­lie­ren will. Zuletzt hat­te das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um geprüft, ob auch in Deutsch­land eine Ober­grenze für Bar­geld-Zah­lun­gen ein­ge­führt wird. Im Gespräch war eine Gren­ze von 5.000 €. In vie­len euro­päi­schen Län­dern ist eine Ober­gren­ze gel­ten­des Recht, so ist z. B. in Polen ab 15.000 €, in Ita­li­en ab 2.999,99 € oder in Frank­reich ab 1.000 € eine Bar­geld­zah­lung nicht zuläs­sig. Unter­des­sen haben sich die Finanz­ver­wal­tun­gen der Län­der posi­tio­niert. Die Mehr­heit der Bun­des­län­der wird einem sol­chen Geset­zes­vor­ha­ben zustim­men. Nur Baden-Würt­te­m­­berg, Bay­ern, Bre­men, Hes­sen und Schles­wig-Hol­stein haben Vor­be­hal­te. Kommt es zu einer Abwahl der Gro­Ko, dürf­te die Bar­geld-Ober­gren­ze zügig umge­setzt werden.

Beschleu­ni­gung in Sachen Bar­geld-Ober­gren­ze ist zusätz­lich aus Brüs­sel zu erwar­ten. Die Euro­päi­sche Zen­tral­bank befür­wor­tet das Vor­ha­ben – auch in der Höhe von 5.000 €. Inwie­weit eine sol­che Maß­nah­me geeig­net ist, Schat­ten­wirt­schaft und Schwarz­geld-Kri­mi­na­li­tät ein­zu­däm­men wird aller­dings auch von Exper­ten unter­schied­lich bewer­tet. Kri­ti­ker befürch­ten, dass die Bar­geld-Ober­gren­ze ein ers­ter Schritt zur Abschaf­fung des Bar­gel­des hin zum tota­len digi­ta­len Zah­lungs­ver­kehr sein wird.

Erbschaft: Den Gesellschaftsvertrag prüfen und nachbessern

Bund und Län­der haben sich auf die Eck­da­ten der neu­en Besteue­rung für die Ver­er­bung von Unter­neh­men und Unter­neh­mens­be­tei­li­gun­gen (GmbH-Antei­le) geei­nigt (Nr. 23/2016). Fazit: Unter­neh­men mit einem Fir­men­wert unter 26 Mio. EUR wer­den zum Teil deut­lich ent­las­tet, wenn sie die Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­scho­nung erfül­len. Für Fir­men mit einem höhe­ren Fir­men­wert kommt es im Ein­zel­fall zu einer (erheb­lich) höhe­ren Belas­tung als nach der bis­he­ri­gen Rege­lung. Grund­la­ge für die Bewer­tung von Unter­neh­men ist das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren. NEU: Für die Bewer­tung von Unter­neh­men wird dabei mit einem Kapi­ta­li­sie­rungs­fak­tor von 13,75 gerech­net (bis­her: 17,86). Für die Gestal­tung von Erb­schaf­ten kön­nen Sie sich an den fol­gen­den Eck­da­ten orientieren:

  • Klei­ne­re Unter­neh­men: Unter­neh­men mit bis zu 5 Mit­ar­bei­ter kön­nen nach dem Ver­scho­nungs­mo­dell bis zu 100 % von der Erb­schaft­steu­er befreit wer­den. Für die­se GmbHs ent­fällt die Nach­weis­pflicht für den Arbeitsplatzerhalt.
  • Unter­neh­men mit einem Unter­neh­mens­wert bis 26 Mio. EUR: Die­se GmbH/UG kön­nen die Ver­scho­nungs­re­gel in Anspruch neh­men, müs­sen aber den Erhalt der Arbeits­plät­ze nach­wei­sen. Beson­der­hei­ten gel­ten für Fami­li­en-GmbHs (sie­he unten). Das begüns­ti­ge Ver­mö­gen darf höchs­tens zu 20 % Ver­wal­tungs­ver­mö­gen sein.
  • Unter­neh­men mit einem Unter­neh­mens­wert zwi­schen 26 Mio. und 90 Mio. EUR: Für die­se Unter­neh­men gibt es eine Bedürf­nis­prü­fung. D. h., der Gesell­schaf­ter muss nach­wei­sen, dass er nicht in der Lage ist, die Erb­schaft­steu­er aus sei­nem Pri­vat­ver­mö­gen zu zah­len. Der Schwel­len­wert liegt hier bei einem Pri­vat­ver­mö­gen > 5 Mio. EUR. Für jede 750.000 EUR Pri­vat­ver­mö­gen ver­rin­gert sich der Verschonungs­abschlag um 1 %.
  • Unter­neh­men mit einem Unter­neh­mens­wert > 90 Mio. EUR: Kei­ne Ver­scho­nung gibt es für Anteils-Über­tra­gun­­gen ab 89,75 Mio. € bzw. 90 Mio. € – je nach Hal­te­frist und Lohnsumme.

Als Geschäfts­füh­rer einer Fami­li­en-GmbH, die am Schwel­len­wert von 26 Mio. € Fir­men­wert liegt, soll­ten Sie zusam­men mit Ihrem Steu­er­be­ra­ter klä­ren, ob sol­che beschrän­ken­de Ver­ein­ba­run­gen gewollt sind. Sinn­voll ist das z. B. dann, wenn in der GmbH regel­mä­ßig gute Gewin­ne erwirt­schaf­tet wer­den, davon aber ohne­hin nur ein Teil an die Gesell­schaf­ter aus­ge­schüt­tet wird. Dann kann das bis­he­ri­ge Aus­schüt­tungs­ver­hal­ten wei­ter prak­ti­ziert wer­den und gleich­zei­tig kön­nen Sie die Frei­gren­ze bean­spru­chen. Das Han­dels­blatt errech­net in einem aus­führ­li­chen Bei­spiel für eine sol­che Gestal­tung unter Nut­zung des Frei­be­tra­ges – je nach Höhe des Pri­vat­ver­mö­gens und der Steu­er­klas­se – eine Steu­er­erspar­nis zwi­schen 500.000 € bis zu 7 Mio. €. Es han­delt sich also um rele­van­te Beträ­ge. Anders liegt der Fall z. B., wenn die (eini­ge) Gesell­schaf­ter finan­zi­ell dar­auf ange­wie­sen sind, dass der GmbH-Gewinn regel­mä­ßig und zum größ­ten Teil aus­ge­schüt­tet wird. Dann müs­sen sich die Gesell­schaf­ter bewusst dar­über sein, dass sie in Zukunft weni­ger Ein­kom­men aus dem GmbH-Gewinn bezie­hen kön­nen. Aus­weg: Der Gesell­schaf­ter wird Mit­ar­bei­ter der GmbH, erhält so ein zusätz­li­ches Gehalt und ver­zich­tet dafür auf einen Teil der bis­her übli­chen Gewinnausschüttung.

Wich­tig: Fami­li­en-GmbHs kön­nen einen Abschlag von 30 % auf den berech­ne­ten Fir­men­wert bean­spru­chen, wenn

  • im Gesell­schafts­ver­trag eine Aus­schüt­tungs- bzw. eine Abfin­dungs­ver­fü­gung ver­ein­bart ist (Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges) und
  • die­se Ver­ein­ba­run­gen bereits 2 Jah­re vor Ein­tritt des Erb­falls gilt und für wei­te­re 20 Jah­re in der GmbH prak­ti­ziert wird (§ 13a ErbStG). For­mu­lie­rung: „Die Gewinn­aus­schüt­tung beträgt max. 37,5 % des aus­schüt­tungs­fä­hi­gen Gewinns. Die­se Rege­lung gilt für 20 Jah­re nach der Über­tra­gung des GmbH-Anteils auf einen Erben“).

Wei­ter­füh­rend: Das neue Erbschaftsteuergesetz

Die­se Rege­lung gilt für alle Erb­fäl­le seit 1.7.2016. Sie kön­nen aber nicht davon aus­ge­hen, dass die­se Rege­lun­gen letz­ter Stand der Din­ge sind. Selbst unter Exper­ten ist wei­ter­hin umstrit­ten, ob die­se Rege­lung den Kri­te­ri­en des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG) ent­spricht. Kla­gen sind bereits ange­kün­digt. Ein neu­er­li­ches Ver­fah­ren dürf­te wie­der eini­ge Jah­re dau­ern. U. U. sind für Unter­neh­menser­ben dann Nach­zah­lun­gen fäl­lig – die Erb­schaft­steu­er-Beschei­de dürf­ten bis dahin nur unter Vor­be­halt aus­ge­stellt wer­den. Rechts­si­cher­heit sieht anders aus.

Geschäftsführer muss Lohnsteuer prüfen und belegen

Ist ein vor­läu­fi­ger Insol­venz­ver­wal­ter in der Kri­se der GmbH bestellt, haf­tet der ein­ge­tra­ge­ne Geschäfts­füh­rer wei­ter­hin für die ord­nungs­ge­mä­ße Anmel­dung und Abfüh­rung der Lohn­steu­er (FG Meck­len­burg Vor­pom­mern, Urteil vom 4.7.2016, 2 K 203/16, Revi­si­on zugelassen).

Ledig­lich die mit dem Gerichts­ver­fah­ren ver­bun­de­nen Kos­ten für die Schei­dung und den Ver­sor­gungs­aus­gleich sind als zwangs­läu­fig ent­stan­den anzu­se­hen und als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzieh­bar. Damit haben sich die Finanz­be­hör­den durch­ge­setzt (vgl. Nr. 13/2016).

GmbH-Finanzen: Fördermittel für strukturschwache Regionen

Nach For­de­run­gen aus dem Wes­ten hat das Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um reagiert und die Grund­la­gen der För­der­po­li­tik umge­stellt. Ab 1.12017 wird so z. B. der För­der­fonds für struk­tur­schwa­che Regio­nen auch für die Inves­ti­ti­ons­för­de­rung in west­deut­sche Regio­nen geöff­net. Damit haben auch Unter­neh­men mit Forschungs­abteilungen z. B. im Saar­land, Bre­men oder Ober­bay­ern die Mög­lich­keit, För­der­mit­tel zu beantragen.

Das Pro­gramm heißt INNO-KOM (vor­her: INNO-KOM Ost). Im Mit­tel­punkt der För­de­rung ste­hen Indus­trie­for­schungs­ein­rich­tun­gen in struk­tur­schwa­chen Regio­nen, die ihre For­schungs­er­geb­nis­se auch klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men (KMU) zur Ver­fü­gung stellen.

Scheidungsfolgekosten sind keine außergewöhnliche Belastung

Kos­ten, die durch die ver­gleichs­wei­se Bei­le­gung der Strei­tig­kei­ten über die elter­li­che Sor­ge für die gemein­sa­men Kin­der, das Umgangs­recht und den Kin­des­un­ter­halt, den Ehe­gat­ten­un­ter­halt ein­schließ­lich teil­wei­sen Unter­halts­ver­zichts, den Zuge­winn sowie den Haus­rat und das Ein­fa­mi­li­en­haus ent­stan­den sind, sind nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen zu berück­sich­ti­gen (BFH, Urteil vom 28.4.2016, VI R 15/15).

Der Geschäfts­füh­rer argu­men­tier­te, dass das von ihm beauf­trag­te Lohn­bü­ro auch noch nach Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens die Lohn­steu­er wie üblich – also ohne Abzü­ge für die unter­des­sen gekürz­ten Lohn­aus­zah­lun­gen – und ohne sei­ne Kennt­nis in vol­ler Höhe ange­mel­det hat­te. Wich­tig: Sie müs­sen in einem sol­chen Fall unver­züg­lich dem Finanz­amt gegen­über bele­gen, dass nur gekürz­te Löh­ne aus­ge­zahlt wur­den (Über­wei­sungs­be­le­ge).

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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