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Volkelt-Brief 38/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te Vor­sicht – Gestal­tun­gen mit Arbeit­neh­mern wer­den immer mehr zur Risi­ko-Fal­le mit hohem Kos­ten­ri­si­ko Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung: Die GmbH pro­fi­tiert und der Staat zahlt drauf + GAU: + Steu­er­recht: GmbH-Gesell­schaf­ter darf nied­ri­ge Pacht für die GmbH anset­zen + BISS …

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 Nr. 38/2013 vom 20.9.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

heu­te vor­ab eine Bit­te an alle Kol­le­gen: Wir pla­nen wir ein neu­es Buch/eBook zum The­ma „Basics – Wie wer­de ich Geschäfts­füh­rer“ (Ver­lag Sprin­ger Sci­ence Media, 2013). Dar­in  möch­ten wir „alte Hasen“ zu Wort kom­men las­sen – damit sie poten­zi­el­le Geschäfts­füh­rer auf das ein­stim­men, was da auf sie zukommt. Anbei: Ein kur­zer Fra­ge­bo­gen – wir wür­den uns sehr freu­en, wenn Sie mit­ma­chen und jun­ge Kol­le­gen damit unter­stüt­zen. Hier geht´s zum Fra­ge­bo­gen > Hier ankli­cken. Vie­len Dank. Zu den heu­ti­gen The­men:

Die strit­ti­gen Fäl­le bei Gestal­tun­gen mit Arbeits­ver­trä­gen häu­fen sich. Zuletzt muss­te die Super­markt­ket­te Kauf­land 9 Mio. EUR für Schein­ar­beits­ver­trä­ge nach­zah­len und leg­te damit genau den Betrag auf den Tisch, den man mit der Ver­trags­ge­stal­tung ein­ge­spart hat­te. Fakt ist: In 80 % aller Unter­neh­men – auch in klei­ne­ren und mitt­le­ren Unter­neh­men – sind exter­ne Arbeit­neh­mer mit Leih­ar­beits­ver­trä­gen oder Werk­ver­trä­gen tätig. Gleich­zei­tig steigt das Risi­ko, dass die Arbeits­ge­rich­te die­se Gestal­tun­gen monie­ren. Jüngs­te Beispiele:

  1. Leih­ar­beit­neh­mer, die über einen län­ge­ren Zeit­raum beschäf­tigt wer­den, haben vol­len Anspruch auf Son­der­zah­lun­gen (LAG Schles­wig-Hol­stein, Urteil vom 21.5.2013, 2 Sa 398/12).
  2. Leih­ar­beit­neh­mer dür­fen grund­sätz­lich nur für einen vor­über­ge­hen­den Ein­satz beschäf­tigt wer­den (BAG, Urteil vom 10.7.2013, 7 ABR 91/11).
  3. Ent­schei­dend ist, was in der Pra­xis pas­siert und nicht, was im Ver­trag steht (LAG Baden-Würt­tem­berg, Urteil vom 1.8.2013, 2 Sa 6/13).

Für alle Arbeit­neh­mer ist das ein deut­li­ches Signal dafür, vor Ort genau hin­zu­schau­en, Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter und Gewerk­schafts­funk­tio­nä­re über die Vor-Ort-Rea­li­tä­ten zu infor­mie­ren. Im Klar­text: Man wird die Gerich­te bemü­hen, um die dehn­ba­ren Begrif­fe (Was ist: „vor­über­ge­hend“?; was heißt: „Werks­rea­li­tät“?) ding­fest zu machen. Dar­auf soll­ten Sie sich einstellen.

Für die Pra­xis: Auch die CDU mit Kanz­le­rin Mer­kel haben das The­ma unter­des­sen im Visier. Ver­las­sen Sie sich nicht auf die Zusi­che­run­gen der Ver­leih­fir­men oder der Werk­ver­trags-Dienst­leis­ter. Im Zwei­fel müs­sen Sie nach­zah­len. Prü­fen Sie mit Ihrem Anwalt, wie Sie das Rest-Risi­ko auf den Anbie­ter über­wäl­zen können.

Mitarbeiterbeteiligung: Die GmbH profitiert und der Staat zahlt drauf

Wer gute Mit­ar­bei­ter enger an die Fir­ma bin­den will, muss sich etwas ein­fal­len las­sen. Gute Löh­ne sind nur eine Mög­lich­keit. Vie­le, gera­de jun­ge Arbeit­neh­mer, die in der Fami­li­en-Grün­dungs­pha­se sind, erwar­ten fle­xi­ble Arbeits­zei­ten, Kin­der­be­treu­ung u. Ä. Es geht aber noch mehr. Auch für klei­ne­re Unter­neh­men inter­es­sant: Die Betei­li­gung am Unter­neh­men – in einer der unter­schied­li­chen Aus­ge­stal­tun­gen, die dafür mög­lich sind. Nach dem Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gungs­ge­setz haben Sie seit 1.1.2009 die Mög­lich­keit, Mit­ar­bei­ter ein­fa­cher und staat­lich begüns­tigt an der Fir­ma zu betei­li­gen. Im Ein­zel­nen gilt: Sie kön­nen die Mit­ar­bei­ter bis zu einer Höhe von 360 € pro Jahr steu­er- und sozi­al­ver­si­che­rungs­frei betei­li­gen. Voraussetzung:

  1. Dabei darf die Über­las­sung nicht mit tarif­li­chen oder ein­zel­ver­trag­li­chen Ansprü­chen des Arbeit­neh­mers ver­rech­net wer­den und
  2. Sie müs­sen das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot beach­ten, d. h. allen Mit­ar­bei­tern eines Unter­neh­mens, die län­ger als ein Jahr beschäf­tigt sind, muss das Ange­bot zur Betei­li­gung offen stehen.

Wich­tig: Der Anspruch des Mit­ar­bei­ters auf Ver­gü­tung aus der Betei­li­gung muss sich zwei­fels­frei und als ein­ein­deu­ti­ger recht­li­cher Anspruch aus der Ver­trags­ge­stal­tung ergeben.

Bei­spiel: Sie beschäf­ti­gen regel­mä­ßig 50 Mit­ar­bei­ter in der Stamm­be­leg­schaft. Die­se betei­li­gen Sie an der GmbH (vgl. dazu unten) und zwar nach § 3 Nr. 39 EStG – also 360 € pro Mit­ar­bei­ter steu­er- und sozi­al­ab­ga­ben­frei. Die­ser Betrag wird regel­mä­ßig in der Form einer typi­schen stil­len Betei­li­gung ins Unter­neh­men ein­ge­bracht. Danach ergibt sich fol­gen­de Rech­nung: 360 € x 50 x 7 = 126.000 €. Das ist der Betrag, den Ihr Unter­neh­men in die­ser Zeit unab­hän­gig von Ban­ken oder ande­ren Kapi­tal­ge­bern ein­pla­nen kann.

Ver­brei­tet ist die Betei­li­gung als typi­sche stil­le Betei­li­gung an der GmbH. Dabei haben die Mit­ar­bei­ter einen Anspruch auf Gewinn­an­tei­le und ent­spre­chen­de Aus­kunfts- und Ein­sichts­rech­te, aber kei­ne Ver­lust­be­tei­li­gung (aty­pisch stel­le Betei­li­gung). Die stil­len Gesell­schaf­ter haben kei­ne Mög­lich­keit auf die Geschäfts­po­li­tik Ein­fluss zu neh­men. Für vie­le Unter­neh­men ist das das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um. In Deutsch­land gibt es rund 1.200 Unter­neh­men, in denen die Stil­le Betei­li­gung prak­ti­ziert wird. Vor­teil: Die­se Betei­li­gungs­form erfüllt alle Vor­aus­set­zun­gen für die steu­er­li­che Ver­güns­ti­gun­gen (sie­he oben). Mög­li­che ande­re Betei­li­gungs­for­men sind:

  1. Direk­te Kapi­tal­be­tei­li­gung an der GmbH (auf­wen­dig, wenig flexibel)
  2. Mit­ar­bei­ter­dar­le­hen (fle­xi­bel, aber mit Verlustrisiko)
  3. Mit­ar­bei­ter­gut­ha­ben (kei­ne ech­te Beteiligung)
  4. Erfolgs­be­tei­li­gung (Gewinn- oder Umsatz-Tantieme)

Für die Pra­xis: Meis­tens wird die Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung zur Leis­tungs­stei­ge­rung ein­ge­setzt. Unbe­strit­ten ist, dass die Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung ein wich­ti­ger Fak­tor für die Mit­ar­bei­ter­ge­win­nung und ‑bin­dung ist. Beach­ten Sie, wel­che Fol­gen ein Betei­li­gungs­sys­tem – unter Berück­sich­ti­gung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes zwi­schen der Stamm­be­leg­schaft und poten­zi­el­len neu­en Mit­ar­bei­tern – für Ihr Unter­neh­men brin­gen kann.

GAU: Wie Sie als Geschäftsführer GmbH-Fehler richtig kommunizieren

Ob Schwarz­ar­beit, Ver­stö­ße gegen Gewer­be- oder Steu­er­vor­schrif­ten oder Umwelt­pan­nen: Fast täg­lich gera­ten Unter­neh­men in die Schlag­zei­len. Dann ist es Ihre Auf­ga­be als Geschäfts­füh­rer, dafür zu sor­gen, dass die Fir­ma mög­lichst schnell wie­der aus den (nega­ti­ven) Schlag­zei­len ver­schwin­det und kein nach­hal­ti­ger Scha­den ent­steht. Pro­blem: Jetzt kommt es ganz stark auf den Auf­tritt und die Per­for­mance der Geschäfts­füh­rung an. Kri­sen-Manage­ment kann man aber nicht am Reiß­brett üben. Der Scha­dens­fall tritt in den meis­ten Fäl­len völ­lig unvor­be­rei­tet ein. Die schlimms­ten Aus­wir­kun­gen ver­mei­den Sie, wenn Sie die­se Punk­te beachten:

1. Schnel­lig­keit ent­schei­det: Ist der „Kri­sen­fall“ da, dür­fen Sie nicht abtau­chen. Es geht dar­um, „schnell“ auf Gesicht zu zei­gen. Auch wenn Sie nicht den gan­zen Hin­ter­grund ken­nen und nicht alle Infor­ma­tio­nen haben, sind Sie gefor­dert: „Wir haben das Pro­blem erkannt und wer­den uns dar­um küm­mern und dazu infor­mie­ren“.

2. Aus­sit­zen geht nicht auf: Die Medi­en beob­ach­ten sich gegen­sei­tig. Gibt es eine Mel­dung, die Schlag­zei­len-Wert hat, ist es immer nur eine Fra­ge der Zeit (Minu­ten) wie lan­ge es dau­ert, bis der nächs­te Jour­na­list an der Sache dran ist. Hat sich die Unter­neh­mens­lei­tung aber bereits der Öffent­lich­keit gestellt, ist es schlech­ter Stil, wenn der nächs­te Jour­na­list recher­chiert, ohne Ihre Stel­lung­nah­me ein­zu­ho­len. 1:0 für Sie.

3. Kei­ne Kano­nen auf Spat­zen: Wich­tig ist, dass Sie cool blei­ben und „ange­mes­sen“ reagie­ren. So soll­ten Sie nicht gleich den Anwalt zum PR-Ter­min mit­brin­gen, kei­ne ellen­lan­gen Gut­ach­ten vor­le­sen, die kei­ner ver­steht. Mit dem Inter­net (Goog­le, Blogs) wer­den über­zo­ge­ne oder fal­sche Reak­tio­nen für die  Ewig­keit manifestiert.

4. Blei­ben Sie wider­spruchs­frei: Ach­ten Sie dar­auf, dass Ihre öffent­li­chen Äuße­run­gen zum The­ma kon­sis­tent sind. Dass Sie am Tele­fon die glei­chen Aus­sa­gen machen, wie in der Pres­se­kon­fe­renz oder in Ihren schrift­li­chen Infor­ma­tio­nen zum Sach­ver­halt. Las­sen Sie sich auf kei­nen Fall auf eine „unter 4‑Au­gen-Situa­ti­on“ ein und unbe­dach­te oder unau­to­ri­sier­te Aus­sa­gen entlocken.

5. Wer macht, macht Feh­ler: Räu­men Sie Feh­ler ein. Aber erst, wenn eine sorg­fäl­ti­ge Prü­fung ab­geschlossen ist und die­se offen­sicht­lich sind. Ver­bür­gen Sie sich aber erst dann für eine Bes­se­rung, wenn Sie per­sön­lich und es tat­säch­lich garan­tie­ren kön­nen, dass die­ser Feh­ler nicht mehr vor­kom­men wird.

6. Der Fak­tor Mensch ent­schei­det: Ste­hen Sie und Ihr Unter­neh­men in der öffent­li­chen Kri­tik, geht es nicht dar­um, Recht zu haben. Es geht dar­um, dass man Ihnen glaubt. Das gelingt Ihnen nur, wenn Sie etwas von sich her­ge­ben und wenn Sie den Men­schen die Mög­lich­keit geben, etwas über Ihr Unter­neh­men zu erfah­ren. Wenn Sie das gut machen, kann es Ihnen sogar gelin­gen, PR in eige­ner Sache zu machen.

7. Offen­si­ve gewinnt: Ver­schan­zen Sie sich nicht in den eige­nen Wän­den. Gehen Sie offen­siv auf Ihre Kri­ti­ker zu. Auch mit unkon­ven­tio­nel­len Mit­teln, z. B. einem (gut vor­be­rei­te­ten) Anruf ver­bun­den mit einer Ein­la­dung, sich vor Ort zu infor­mie­ren und mit den Mit­ar­bei­tern zu sprechen.

8. Aus Feh­lern ler­nen: Ist die Kri­se aus­ge­stan­den, beginnt die Feh­ler­ana­ly­se (Pro­dukt­be­an­stan­dun­gen und ‑män­gel, Fehl­in­for­ma­tio­nen, fal­sche Wer­be­aus­sa­gen, Umgang mit Beschwer­den, Ver­stö­ße gegen gesetz­li­che Vor­schrif­ten und Auf­la­gen usw.). Wie ver­hal­ten sich Mit­ar­bei­ter, die mit dem feh­ler­haf­ten Ablauf zu tun haben und hat­ten? Gibt es par­al­le­le Vor­gän­ge, die mit einem ähn­li­chen Feh­ler behaf­tet sein können?

GmbH-Gesellschafter darf niedrige Pacht für die GmbH ansetzen

Ver­ein­bart der Gesell­schaf­ter mit sei­ner GmbH eine nied­ri­ge Pacht, ist das noch kein Indiz dafür, das es sich um eine Eigen­ka­pi­tal erset­zen­de Bezu­schus­sung han­delt. Mit der Fol­ge, dass der Gesell­schaf­ter in einem Insol­venz­ver­fah­ren die ein­ge­nom­me­nen Pacht­zah­lun­gen an den Insol­venz­ver­wal­ter zurück­er­stat­ten muss­te (BGH, Urteil vom 28.5.2013, II ZR 83/12).

Für die Pra­xis: Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) ver­langt, dass anhand der Boni­tät der GmbH zu beur­tei­len ist, ob es sich bei den Pacht­zah­lun­gen um eine Eigen­ka­pi­tal erset­zen­de Leis­tung han­delt. Danach muss der genaue Zeit­punkt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit fest­ge­stellt wer­den und ledig­lich bis zu die­sem Zeit­punkt kann eine Rück­zah­lung von Miet- bzw. Pacht­zah­lun­gen ver­langt und durch­ge­setzt werden.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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