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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 34/2011

Finanz­kri­se – Kon­junk­tur­ab­schwä­chung – wie als Geschäfts­füh­rer reagie­ren? – brem­sen bei den Kapa­zi­tä­ten + Neu­es Steu­er-Urteil hilft bei der Nach­fol­ge in der GmbH + Steu­er­spar-Modell: Inkon­gru­en­te Gewinn­ver­tei­lung – kein Pro­blem + Arbeits­recht: Kün­di­gung bei feh­len­der Krank­mel­dung + FG: Sanie­rungs­klau­sel wird zunächst wei­ter prak­ti­ziert + Kor­rek­tur bei Ein­la­ge von GmbH-Antei­len + BISS 

The­men heu­te: Finanz­kri­se – Kon­junk­tur­ab­schwä­chung – wie als Geschäfts­füh­rer reagie­ren? – brem­sen bei den Kapa­zi­tä­ten + Neu­es Steu­er-Urteil hilft bei der Nach­fol­ge in der GmbH + Steu­er­spar-Modell: Inkon­gru­en­te Gewinn­ver­tei­lung – kein Pro­blem + Arbeits­recht: Kün­di­gung bei feh­len­der Krank­mel­dung + FG: Sanie­rungs­klau­sel wird zunächst wei­ter prak­ti­ziert + Kor­rek­tur bei Ein­la­ge von GmbH-Antei­len + BISS

34. KW 2011
Frei­tag, 26.8.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

die unsi­che­re Kon­junk­tur-Pro­gno­se und die unüber­sicht­li­che Lage auf den welt­wei­ten Finanz­märk­ten sor­gen auch bei vie­len Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gen für gro­ße Ner­vo­si­tät. Tenor: „Die Auf­trags­bü­cher sind zwar noch gut gefüllt, aber wir wis­sen nicht, wie lang das noch geht“. An die­sen Unsi­cher­heits-Fak­to­ren wird sich in den nächs­ten Wochen und Mona­ten Zeit nichts ändern.

Auch die meis­ten Ban­ker hal­ten sich in die­sen Wochen mit Urtei­len über die wei­te­re Ent­wick­lung zurück. Auch hier herrscht gro­ße Ver­un­si­che­rung dar­über, was zu tun ist. Einig­keit besteht ledig­lich in der Ein­schät­zung, dass die Kri­se der Finanz­wirt­schaft die nächs­te kon­junk­tu­rel­le Abschwä­chungs­pha­se sehr weit nach unten zie­hen kann. Die meis­ten klei­ne­ren und mit­tel­gro­ßen Unter­neh­men haben in die­ser Situa­ti­on nicht vie­le Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven. Blei­ben Anschluss-Auf­trä­ge aus, geht es meist gleich an die Sub­stanz. Sie sind gut bera­ten, in die­sem Umfeld die Kapa­zi­tä­ten der Fir­ma fle­xi­bel zu hal­ten. Das betrifft:

  • Inves­ti­tio­nen mit Kapa­zi­täts­ef­fekt müs­sen erneut auf den Prüf­stand. Genügt zur Abwick­lung von Auf­trä­gen die bis­he­ri­ge Kapa­zi­tät, soll­ten die Mehr­kos­ten für Zusatz­in­ves­ti­tio­nen neu gerech­net und u. U. gekürzt werden.
  • Geprüft wer­den muss auch, ob die Geschäfts­füh­rung neue Vor­ga­ben für die Per­so­nal­pla­nung vor­gibt. Soweit mög­lich, ist es jetzt rich­tig, nur noch pro­jekt­be­zo­ge­ne oder anders befris­te­te Arbeits­ver­trä­ge anzu­bie­ten. Aus­nah­men sind nur noch mit Zustim­mung der vor­ge­setz­ten Stel­le bzw. der Geschäfts­lei­tung möglich.

Rich­tig lie­gen Sie als Geschäfts­füh­rer, wenn sich nicht auf dem Auf­trags­pols­ter aus­ru­hen, son­dern jetzt mit­tel­fris­ti­ge Auf­trä­ge rekru­tie­ren, die die mini­ma­le Kapa­zi­täts­aus­las­tung sichern. Legen Sie zusam­men mit dem Ver­trieb ent­spre­chen­de Rah­men­be­din­gun­gen fest (Prei­se, Lie­fer­ter­mi­ne, Service-Konditionen).

Steuer-Urteil hilft bei der Nachfolge-Planung in der GmbH

Das neue Urteil des BFH zur steu­er­li­chen Behand­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten hat Aus­wir­kun­gen auf die Nach­fol­ge­pla­nung in der GmbH. Danach sind sogar die Kos­ten für eine Erst-Aus­bil­dung bzw. ein Erst­stu­di­um als Wer­bungs­kos­ten absetz­bar. Wer­den kei­ne oder nur wenig Ein­künf­te erzielt, kön­nen die­se Kos­ten als Ver­lust­vor­trag gel­tend gemacht wer­den. Das hat auch Aus­wir­kun­gen für den geplan­ten Nach­fol­ger in der Fami­li­en-GmbH, der nach einer qua­li­fi­zier­ten Aus­bil­dung spä­ter ein­mal die Geschäf­te der GmbH über­neh­men soll.

Bei­spiel: In den Urtei­len dazu ging es um eine Pilo­ten­aus­bil­dung, in einem ande­ren Urteil um eine Arzt­aus­bil­dung. In bei­den Fäl­len sagt der BFH: Es lie­gen Wer­bungs­kos­ten vor – und zwar in vol­ler Höhe (hier: 28.000 €). Das Finanz­amt muss das als Wer­bungs­kos­ten aner­ken­nen, even­tu­ell auch zum Ver­lust­vor­trag anrech­nen – u. U. rück­wir­kend bis 2004 (BFH, Urteil vom 28.7.2011, VI R 38/10).

Gehen Sie davon aus, dass die Kos­ten für eine Aus­bil­dung bzw. für das Stu­di­um, das zur Geschäfts­füh­rung befä­higt, auch als Wer­bungs­kos­ten aner­kannt wer­den müs­sen. Also zum Bei­spiel das kauf­män­ni­sche Stu­di­um (BWL, VWL, Fach­ab­schluss, kauf­män­ni­sche Leh­re), die Aus­bil­dung zum Mar­ke­ting-Spe­zia­lis­ten (Mar­ke­ting-Stu­di­um), aber auch zum Dipl. Ing. als Geschäfts­füh­rer „Tech­nik“. Gera­de Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer kön­nen damit Nach­fol­ger auf­bau­en und die kön­nen dann die Kos­ten von der Steu­er abset­zen. Auch für die Kosten:

  • z. B. für die Kos­ten für ein not­we­ni­ges Aus­lands-Stu­di­um, z. B. dann, wenn die GmbH inter­na­tio­nal aus­ge­rich­tet ist oder regel­mä­ßig Geschäf­te mit aus­län­di­schen  Geschäfts­part­nern abge­wi­ckelt werden,
  • oder die Kos­ten für eine dop­pel­te Aus­lands­füh­rung, wenn der Nach­fol­ger bereits eine Fami­lie begrün­det hat und aus die­sem Grund ein zwei­ter Haus­halt am Aus­bil­dungs­ort ein­ge­rich­tet wer­den muss.

Das BMF wird prü­fen, das ESt-Gesetz  nach­träg­lich zu ändern (es geht um ca. 1,2 Mrd. EUR). Aus­bil­dung ist in Deutsch­land aber ein Zukunfts­the­ma, dass von allen Par­tei­en nach­hal­tig und zukunfts­träch­tig besetzt wer­den muss. Es ist also damit zu rech­nen, dass die für die Ände­rung des Steu­er­rechts not­wen­di­gen Beschluss­mehr­hei­ten kaum zustan­de kom­men wer­den – zumal die FDP hier den Mit­tel­stand bedie­nen wird.

Für die Pra­xis: Aus­zu­bil­den­de und stu­die­ren­de Junio­ren soll­ten ab sofort und rück­wir­kend alle Bele­ge sam­meln (Stu­di­en­ge­büh­ren, Kos­ten für Pflicht­ver­an­stal­tun­gen, Arbeits­mit­tel, Lite­ra­tur, even­tu­ell Rei­se­kos­ten für Pflicht-Aus­land­s­­auf­ent­hal­te usw.). Zu prü­fen ist, inwie­weit Rück­wir­kung mög­lich ist. Bespre­chen Sie mit dem Steu­er­be­ra­ter auch, wie Sie die steu­er­li­chen Mög­lich­kei­ten bei Ihrer Nach­fol­ge-Pla­nung umset­zen kön­nen, z. B. auch, ob die Nach­fol­ge­klau­sel im Gesell­schafts­ver­trag kon­kre­ti­siert wer­den muss (Qua­li­fi­ka­ti­ons­nach­weis des nach­fol­gen­den Geschäfts­füh­rers, etwa: abge­schlos­se­nen Stu­di­um mit Auslandsaufenthalt).

FG Münster: „Inkongruente“ Gewinnausschüttung ist zulässig

Nach einem aktu­el­len Urteil des Finanz­ge­richts (FG) Müns­ter liegt nicht grund­sätz­lich ein sog. Gestal­tungs­miss­brauch (§ 42 AO) vor, wenn die Gesell­schaf­ter der GmbH den Gewinn anders als die ent­spre­chen­den Antei­le aus­schüt­ten. Im Urteil hat­te die GmbH dem 40 % – Gesell­schaf­ter den gesam­ten Gewinn aus­ge­zahlt. Das FA unter­stellt in Höhe der über­schüs­si­gen Gewinn­aus­zah­lung von 60 % eine Kauf­preis­zah­lung und erhöh­te den Ver­äu­ße­rungs­ge­winn. Das ist aber so nicht kor­rekt (FG Müns­ter, Urteil vom 12.4.2011, 1 K 3117/08 F).

Für die Pra­xis: Damit seg­net das FG Müns­ter fol­gen­de Gestal­tung ab: Zunächst wird ein GmbH-Anteil ver­kauft, und zwar zu einem gerin­gen Kauf­preis. Damit der Gesell­schaf­ter aber an den in der Ver­gan­gen­heit erwirt­schaf­te­ten Gewin­nen ange­mes­sen Anteil hat, erhält die­ser Abwei­chend von der Anteils­ver­tei­lung einen inkon­gru­ent hohen Gewinn, z. B. den vol­len Gewinn von 100 %. Das FA darf den Betrag nicht dem Kauf­preis zurech­nen, son­dern muss ihn als nor­ma­le Gewinn­aus­schüt­tung besteu­ern (inkon­gru­en­te Gewinnausschüttung).

Verspätete Krankmeldung hat Konsequenzen

Nach einem Urteil des Landes­arbeitsgerichts Hes­sen darf der Arbeit­ge­ber eine ordent­lich kün­di­gen, wenn der Arbeit­neh­mer wie­der­holt sei­ne Mel­de­pflicht bei einer Erkran­kung ver­letzt. Vor­aus­set­zung: Der Arbeit­ge­ber hat­te den Mit­ar­bei­ter bereits mehr­fach vor­her schrift­lich abge­mahnt und ihn dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er im Wie­der­ho­lungs­fall eine Kün­di­gung aus­spre­chen wird (LAG Hes­sen, Urteil vom 18.1.2011, 12 Sa 522/10).

Für die Pra­xis: Der Arbeit­neh­mer ist nicht nur dazu ver­pflich­tet, die ärzt­li­che Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung vor­zu­le­gen. Unab­hän­gig davon ist der Arbeit­neh­mer ver­pflich­tet, den Arbeit­ge­ber über die vor­aus­sicht­li­che Dau­er der Erkran­kung zu unter­reich­ten. Wich­tig ist auch, dass die feh­len­de Krank­mel­dung auch zu grö­ße­ren orga­ni­sa­to­ri­schen Pro­ble­men in der Fir­ma führt. Auch die­ses Argu­ment ist vor dem Arbeits­ge­richt wich­tig und darf in Ihrer Kün­di­gungs­be­grün­dung nicht fehlen.

Auch Finanzgericht Münster hält „Sanierungsklausel“ für rechtens

Zuletzt hat­te die EU-Kom­mis­si­on die deut­sche Sanie­rungs­klau­sel für unzu­läs­sig erklärt. Fol­ge: Der Ver­lust­über­trag im Sanie­rungs­fall geht ver­lo­ren. Die­se Ein­schät­zung lässt die Bun­des­re­gie­rung zur­zeit juris­tisch prü­fen. Jetzt hat­te das Finanz­ge­richt Müns­ter in einem sol­chen Fall der Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV) gegen­über einem über­nom­me­nen Unter­neh­men zuge­stimmt. Die betrof­fe­ne Fir­ma muss also zunächst nicht nach­ver­steu­ern (FG Müns­ter, Urteil vom 1.8.2011, 9 v 357/11 K, G).

Für die Pra­xis: Die Sanie­rungs­klau­sel wird danach zunächst noch­mals vor dem BFH geprüft, evt. anschlie­ßend vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Nach dem FG Müns­ter-Urteil wird sich für die Unter­neh­men selbst an der Besteue­rungs­pra­xis nichts ändern. Der Ver­lust­vor­trag bleibt vor­erst erhalten.

Korrektur der GmbH-Wertes wirkt sich auf Veräußerungspreis aus

Wird ein GmbH-Anteil in eine ande­re Gesell­schaft ein­ge­bracht, rich­tet sich der Ver­äu­ße­rungs­preis nach der Bewer­tung des ein­ge­brach­ten GmbH-Anteils in der Bilanz der auf­neh­men­den Gesell­schaft. Fol­ge: Ergibt sich nach­träg­lich eine Ände­rung der Bewer­tung (z. B. wegen Anwen­dung des ver­ein­fach­ten Ertrags­wert­ver­fah­ren) wirkt sich das steu­er­lich auch auf den Ver­äu­ße­rungs­preis aus (BFH, Urteil vom 20.4.2011, I R 977/10).

Für die Pra­xis: Im Urteils­fall ging es um die Ein­brin­gung von Akti­en im Wert 85 Mio. EUR. Die Akti­en waren zur Abwen­dung einer Insol­venz zum Teil­wert ein­ge­bracht und in die­ser Höhe bilan­ziert wor­den. Spä­ter wur­den die Akti­en nur noch auf 15 Mio. EUR kor­ri­giert. Das wirkt sich auch auf die Besteue­rung des Ein­brin­gen­den aus. Er konn­te nur noch den ver­kürz­ten Ver­lust in sei­ner Steu­er­erklä­rung ansetzen.

Mit bes­ten Grüßen

Ihr Lothar Vol­kelt 

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief

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