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Volkelt-Brief 26/2016

Volkelt-FB-01Fami­li­en-GmbHs: „mixed stra­tegy” gewinnt + Per­so­nal: Immer mehr Arbeit bleibt am Chef hän­gen + CMS: Brin­gen Sie Ihre Unter­neh­mens-Richt­li­nen auf Vor­der­mann (I) + Gekün­digt: Geschäfts­füh­rer kön­nen Lücke nut­zen + Wirt­schafts­recht: Neue Vor­ga­ben für AGBs bei B2C-Geschäf­ten + Per­so­nal: Das Ent­gelt­gleich­heits­ge­setz kommt, gewal­tig + Finanz­amt: Straf-Zins­satz kommt auf den Prüf­stand + BISS

 

 

 

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Frei­burg 23. Juni 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

nach einer neu­en Stu­die der INTES Aka­de­mie für Fami­li­en­ge­sell­schaf­ten ist die idea­le Geschäfts­füh­rung eine Mischung aus inter­nen und exter­nen Geschäfts­füh­rern – also eine Geschäfts­füh­rungs-Beset­zung, die sich aus Mit­glie­dern der Grün­der-Fami­lie und exter­nen Mana­gern zusam­men­setzt (Quel­le: Stu­die „Gemisch­te Geschäfts­füh­rer-Teams in Fami­li­en­ge­sell­schaf­ten“).

Wich­tig: Die Fami­lie behält die stra­te­gi­sche Hoheit im Unter­neh­men, der exter­ne Mana­ger bringt ein gehö­ri­ges Fach­wis­sen mit. Das sind dann bevor­zugt die Berei­che Finan­zen, Con­trol­ling, Per­so­nal oder IT, für die der exter­ne Mana­ger zustän­dig ist. In die­sen Fäl­len klappt das Zusam­men­spiel meist rei­bungs­los. Schwie­ri­ger wird es, wenn das unter­neh­me­ri­sche Ele­ment an Fremd-Mana­ger geht. Noch kon­flikt­träch­ti­ger wird es, wenn auch noch die Che­mie zwi­schen den Par­tei­en nicht stimmt. Immer­hin 54 % der befrag­ten Fami­li­en-Unter­­neh­mer geben an, dass es dann häu­fi­ger kracht. Fehlt den Betei­lig­ten eine kon­struk­ti­ve Streit­kul­tur, geht das zu Las­ten des Unter­neh­mens – die Pra­xis lässt grü­ßen. Mit Fäl­len wie Märk­lin, Trumpf oder zuletzt der Fall Hess-Leuch­ten.

Das deckt sich auch mit den Erkennt­nis­sen zur erfolg­rei­chen Zusam­men­set­zung von Teams (Ernest & Young Stu­die: „Mixed Lea­der­ship“). Danach sind Füh­rungs-Teams erfolg­rei­cher, wenn die­se gleich­ge­wich­tig mit Män­nern und Frau­en und nicht über­wie­gend mit Männern/Frauen besetzt sind. sind. Das gilt auch für die Zusam­men­set­zung mit ver­schie­de­nen Natio­na­li­tä­ten und ver­schie­de­nen Alters­stu­fen. Die rich­ti­ge Mischung macht es ganz offensichtlich.

Personal: Immer mehr Arbeit bleibt am Chef hängen

Füh­ren ist Dienst­leis­tung“ – so die Bot­schaft eines aktu­el­len Manage­ment-Titels zur Per­so­nal­füh­rung in Zei­ten der Per­so­nal-Knapp­heit. Dar­in beschreibt der Geschäfts­füh­rer der Upstall­sboom Hotel­le­rie-Grup­pe Bodo Jans­sen sei­ne Erfolgs­re­zep­te in Sachen Per­so­nal­füh­rung. Was die Mit­ar­bei­ter in mit­tel­stän­di­schen und grö­ße­ren Unter­neh­men zu Höchst­­leistungen moti­vie­ren kann, wird in klei­ne­ren Betrie­ben immer mehr zum Pro­blem. Hier ist der Geschäfts­füh­rer immer weni­ger Dienst­leis­ter für die Mit­ar­bei­ter, der für die Erle­di­gung der Jobs opti­ma­le Arbeits­be­din­gun­gen orga­ni­siert. Immer öfter muss der Geschäfts­füh­rer Arbei­ten erle­di­gen, die die Mit­ar­bei­ter lie­gen las­sen und die sonst nicht (ter­min­ge­recht) fer­tig wer­den. Das betrifft z. B. Hand­werks-Betrie­be, aber auch klei­ne­re Dienst­leistungsunternehmen (Wer­be-Agen­tu­ren, Soft­ware-Ent­wick­ler, Gas­tro­no­mie usw.). O‑Ton eines Kol­le­gen: „Im Ver­gleich zu den Vor­jah­ren muss ich jetzt jede Woche selbst mit anpa­cken“. Die Pro­ble­me auf dem Arbeits­markt und bei der Per­so­nal­su­che fal­len immer öfter auf den Geschäfts­füh­rer zurück. Vor Ort heißt das dann:

  • Die Mit­ar­bei­ter tun sich immer schwe­rer mit Über­stun­den, Mit­ar­bei­ter, die Über­stun­den machen, for­dern län­ge­re Erho­lungs­zei­ten (exak­tes Ein­hal­ten von Pau­sen, län­ge­re Pau­sen, mehr Pausen),
  • Mit­ar­bei­ter mit Mehr­be­las­tung for­dern und erwar­ten ver­stärkt zusätz­li­che Lohn­leis­tun­gen (Ent­gelt, steu­er- und sozi­al­ver­si­che­rungs­freie Zusatzleistungen)
  • Mit­ar­bei­ter, die dau­er­haft mehr belas­tet sind, zei­gen eine erhöh­te Bereit­schaft zum Arbeitsplatzwechsel.
  • Aus­schei­den­de /Stamm- Mit­ar­bei­ter kön­nen nicht, nur schwer und meist nicht zu glei­chen Kos­ten ersetzt werden.
  • Das bedeu­tet aber auch, dass immer mehr ori­gi­nä­re Geschäfts­füh­rungs-Auf­ga­ben (Büro­kratie, Vor­be­rei­tung neu­er Pro­jek­te, Stra­te­gi­sches) in die Abend­stun­den bzw. auf die Zeit nach dem offi­zi­el­len Fei­er­abend ver­scho­ben wer­den (müs­sen). Die Arbeits­be­las­tung ins­ge­samt nimmt zu, für vie­le unter­des­sen dau­er­haft. Was tun?
Per­so­nal ist Chef­sa­che. Gehen Sie davon aus, dass es bei qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal immer enger wird. Bin­den Sie Ihr Stamm­per­so­nal mit allen dazu Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln (Prä­mi­en, betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung, Berück­sich­ti­gung der fami­liä­ren Wün­sche), bin­den Sie neue Mit­ar­bei­ter ver­trag­lich gut ein (ver­län­ger­te Kün­di­gungs­fris­ten für den Arbeit­neh­mer, Rück­zah­lungs­klau­seln für Wei­ter­bil­dungs­fi­nan­zie­run­gen) und geben Sie enga­gier­ten Nach­wuchs­leu­ten die Chan­ce, sich gezielt wei­ter zu qua­li­fi­zie­ren (Über­nah­me der Kos­ten für Wei­ter­bil­dung gegen Bin­dung an die Fir­ma, Ani­mie­ren zum Bil­dungs­ur­laub in für den Betrieb inter­es­san­ten Pro­jek­ten, Per­sön­lich­keits­trai­ning und ‑ent­wick­lung).

CMS: Bringen Sie Ihre Unternehmens-Richtlinen auf Vordermann (I)

Gro­ße Unter­neh­men müs­sen es haben und immer mehr mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men rich­ten es frei­wil­lig ein: Ein Com­pli­ance Manage­ment Sys­tem (CMS). Aber auch immer mehr klei­ne­re Unter­neh­men erken­nen den Hand­lungs­be­darf: Die Geschäfts­füh­rung muss sicher­stel­len, dass im Unter­neh­men Recht und Geset­ze ein­ge­hal­ten wer­den. Und zwar nicht nur als Lip­pen­be­kennt­nis, son­dern in Form von kla­ren und ein­deu­ti­gen Hand­lungs­an­wei­sun­gen für die Mit­ar­bei­ter. Ihre Auf­ga­be: „Als Lei­tungs­or­gan haben Sie die Pflicht, geeig­ne­te Maß­nah­men und orga­ni­sa­to­ri­sche Vor­keh­run­gen dafür zu tref­fen“ (§ 91 Abs. 2 AktG). Ist Ihr CMS man­gel­haft oder unzu­rei­chend, ist das eine Pflicht­ver­let­zung – mit ent­spre­chen­den recht­li­chen Fol­gen (so z. B. LG Mün­chen, Urteil vom 10.12.2013, 5 HKO 1387/110). In die­sem Urteil ging es um die Ver­ant­wort­lich­keit des Geschäfts­füh­rers für Schmier­geld­zah­lun­gen (bzw. jede Form von Bak­schisch) der Mit­ar­bei­ter. Aber auch in vie­len ande­ren Unter­neh­mens­be­rei­chen gibt es Risiken.

Bei­spie­le: Die Ein­hal­tung der Arbeits­zeit­vor­schrif­ten, Vor­ga­ben für Arbeits­schutz und Arbeits­si­cher­heit, die Beach­tung der Rech­te des Betriebs­ra­tes, Ein­hal­tung der Daten­schutz­vor­schrif­ten, Regeln zur Kor­rup­ti­ons­be­kämp­fung und über Geschen­ke, Schutz der Per­sön­lich­keits­rech­te der Mit­ar­bei­ter und Kun­den, Siche­rung der Geschäfts­ge­heim­nis­se und des Fir­men-Know-Hows usw.

Wie wich­tig es für Geschäfts­füh­rer ist, hier Vor­keh­run­gen zu tref­fen, ergibt sich aus zahl­rei­chen Urtei­len und aus eini­gen aktu­el­len gesetz­li­chen Initia­ti­ven zum The­ma. Haben Sie im Betrieb ver­bind­li­che Vor­ga­ben ein­ge­führt, wird das bei einem Ver­stoß der Mit­ar­bei­ter in Zukunft als Schuld min­dernd für den Geschäfts­füh­rer gewertet.

Für den vor­aus­schau­en­den Geschäfts­füh­rer einer klei­ne­ren GmbH besteht Hand­lungs­be­darf. Und zwar in fast allen unter­neh­me­ri­schen Berei­chen. In den nächs­ten Aus­ga­ben wer­de ich Ihnen an die­ser Stel­le zei­gen, wie Ihre Unter­neh­mens-Leit­li­ni­en für die ein­zel­nen Unter­neh­mens-Berei­che (Per­so­nal, Mar­ke­ting, IT, Pro­duk­ti­on usw.) aus­se­hen und for­mu­liert wer­den müs­sen, damit Sie Ihre Com­pli­ance-Ver­pflich­tun­gen jeder­zeit erfül­len und nicht für Feh­ler Ihrer Mit­ar­bei­ter ein­ste­hen müssen.

Gekündigt: Geschäftsführer können Lücke nutzen

Die Kol­le­gen, die aus dem Anstel­lungs­ver­hält­nis zum Geschäfts­füh­rer bestellt und spä­ter abbe­ru­fen wur­den, haben u. U. gute Chan­cen, wie­der im alten Job beschäf­tigt wer­den zu müs­sen. Und zwar dann, wenn das alte Arbeits­ver­hält­nis mit einem sepa­ra­ten Auf­hebungs­vertrag been­det wur­de. Noch nicht gericht­lich ent­schei­den ist, wer den Auf­he­bungs­ver­trag sei­tens der GmbH unter­zeich­nen muss. Ist der nur vom Geschäfts­füh­rer (und nicht von der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung) unter­zeich­net, ist das u. U. ein Form­man­gel. Der Auf­he­bungs­ver­trag wäre unwirksam.

Nur wenn im Anstel­lungs­ver­trag aus­drück­lich die Been­di­gung des vor­he­ri­gen Arbeits­ver­hält­nis­ses ver­ein­bart ist und der Anstel­lungs­ver­trag von der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung beschlos­sen und von einer beauf­trag­ten Per­son (Gesell­schaf­ter) unter­zeich­net ist, ist eine Rück­kehr auf den alten Arbeits­platz so gut wie aus­ge­schlos­sen. In allen ande­ren Fäl­len lohnt der Gang zum ver­sier­ten Fach­an­walt für Arbeits­recht mit ent­spre­chen­den Fall-Referenzen.

Recht: Neue Vorgaben für AGBs bei B2C-Geschäften

Ab 1.10.2016 ist die in vie­len AGBs ver­wen­de­te Schrift­form­klau­sel für bestimm­te Erklä­run­gen nicht mehr zuge­las­sen. Das betrifft AGBs, die von gewerb­li­chen Unter­neh­men bei Geschäf­ten mit Ver­brau­chern ver­wen­det wer­den – also z. B. auch Dar­le­hens­ver­trä­ge (Gesetz zur Ver­bes­se­rung der zivil­recht­li­chen Durch­set­zung von Ver­brau­cher schüt­zen­den Vor­schrif­ten des Datenschutzrechts).

Die­se neue Geset­zes­la­ge ergibt sich aus dem geän­der­ten § 309 Nr. 13 BGB, der im Zusam­men­hang mit der Neu­re­ge­lung der Daten­schutz-Vor­schrif­ten für Unter­neh­men ent­spre­chend ange­passt wur­de. Las­sen Sie die Schrift­form­klau­sel in Ihren AGB vom Anwalt anpas­sen bzw. neu formulieren.

Personal: Das Entgeltgleichheitsgesetz kommt, gewaltig

Noch vor der Bun­des­tags­wahl will die Gro­Ko das Ent­gelt­gleich­heits­ge­setz auf den Weg brin­gen. Ziel ist es laut Fami­li­en­mi­nis­te­rin Manue­la Schwe­sig, die Lohn­lü­cke zwi­schen Frau­en und Män­nern (je nach Sta­tis­tik und Betrach­tungs­wei­se 21 % bis 6,6 %) zu schlie­ßen. Zum einen sol­len danach Unter­neh­men mit mehr als 500 Arbeit­neh­mern ver­pflich­tet wer­den, ihre Gehalts­struk­tu­ren regel­mä­ßig offen zu legen. Zum ande­ren soll es einen Aus­kunfts­an­spruch für Arbeit­neh­me­rin­nen geben, wonach sie den mitt­le­ren Ver­dienst von 5 männ­li­chen Ange­stell­ten in ver­gleich­ba­ren Tätig­kei­ten abfra­gen können.

Mit dem indi­vi­du­el­len Aus­kunfts­an­spruch über Löh­ne wird eine Trans­pa­renz ein­ge­führt, die aus Arbeit­ge­ber-Sicht bis­her nicht vor­stell­bar war. Wich­tig dabei: Für Unter­neh­men mit 500 und mehr Mit­ar­bei­tern ist das mach­bar, bringt aber mehr Büro­kra­tie. Für klei­ne­re Unter­neh­men soll­te der indi­vi­du­el­le Aus­kunfts­an­spruch unter CDU/CSU nicht durch­setz­bar sein. Aber: Soll­te es nach den Wah­len in 2017 zu einer rot/grünen Koali­ti­on kom­men, liegt der Geset­zes­text dazu bereits voll aus­for­mu­liert in den Schub­la­den des Bun­des­fa­mi­li­en-Minis­te­ri­ums. Dann steht einer zügi­gen Umset­zung wohl nichts mehr im Wege.

Finanzamt: Straf-Zinssatz kommt auf den Prüfstand

Zwar hat das Finanz­ge­richt (FG) Düs­sel­dorf in einem aktu­el­len Ver­fah­ren Straf­zin­sen und Säum­nis­zu­schlä­ge im Grund­satz für zuläs­sig erklärt – auch der Höhe nach (hier: 0,5 % im Monat). Aber: Das Gericht hat aus­drück­lich fest­ge­stellt, dass damit kei­ne Aus­sa­ge über Zuläs­sig­keit der Zins­hö­he in einer Nied­rig­zins­pha­se gemacht ist. Das kann nur in einem Ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) oder schluss­end­lich erst vor dem BVerfG geklärt wer­den (FG Düs­sel­dorf, Urteil vom 10.3.2016, 16 K 2976/14 AO).

Das wird – so viel lässt sich jetzt schon sagen – rich­tig span­nend. Kom­men die Rich­ter näm­lich abschlie­ßend zu der Auf­fas­sung, dass Zin­sen ein dyna­mi­sches Instru­ment zur Regu­lie­rung der Geld- und Finanz­märk­te sind, dann muss das auch für den Staat selbst gel­ten. Es sei denn, es gibt plau­si­ble Aus­nah­me­grün­de. Dar­auf sind wir gespannt. „Ein­nah­me-Sicher­heit“ oder   „Übung“ ist dafür als Argu­ment sicher­lich nicht geeig­net. Ansons­ten gibt es Anspruch auf „Geld zurück“. Bleibt die Fra­ge des Rück­wir­kungs­an­spruchs. Unter die­sem Aspekt lohnt es, Steu­er­be­schei­de mit Straf­zin­sen grund­sätz­lich offen zu halten.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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