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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 24/2018

Steuerprüfung/Kassennachschau: Wun­dern Sie sich nicht, wenn der Prü­fer als „Kun­de” kommt + Kon­flik­te in der GmbH: Res­sort-Inter­es­se oder GmbH-Wohl – was tun? + Digi­ta­les: Das lan­ge War­ten auf Block­chain + Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Wie­der 2 wich­ti­ge neue Urtei­le + GmbH-Finan­zen: Bür­ge bürgt nicht bei Miss­brauch + Steu­er-Vor­teil: Wert­gut­ha­ben-Kon­to für den Fremd- Geschäfts­füh­rer + GmbH/Steuer: Finanz­ge­richt Ham­burg – AdV bei Verlustvortrag

 

 

BISS die Wirt­schaft-Sati­re

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Frei­burg, 15. Juni 2018

Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

seit 1.1.2018 gibt es sie – die unan­ge­kün­dig­te Betriebs­prü­fung. Wir haben an die­ser Stel­le bereits aus­führ­lich zur sog. Kas­sen­nach­schau berich­tet (vgl. Nr. 49/2017, 2/2018). Jetzt hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um (BMF) nach­ge­legt und detail­liert vor­ge­ge­ben, wel­che Rech­te und Pflich­ten für den Steu­er­bür­ger – also für Ihr Unter­neh­men – damit gel­ten (BMF-Schrei­ben vom 29.5.2018, IV A 4 – S 0316/13/10005 :054). Wich­ti­ges Detail: Die Kas­sen­nach­schau wird nicht ange­kün­digt (Zif­fer 2). Und: Die Kas­sen-Nach­schau kann auch außer­halb der Geschäfts­zei­ten vor­ge­nom­men wer­den, wenn im Unter­neh­men noch oder schon gear­bei­tet wird (Zif­fer 3).

Wei­te­res inter­es­san­tes Detail: „Eine Beob­ach­tung der Kas­sen und ihrer Hand­ha­bung in Geschäfts­räu­men, die der Öffent­lich­keit zugäng­lich sind, ist ohne Pflicht zur Vor­la­ge eines Aus­wei­ses zuläs­sig. Dies gilt z. B. für Test­käu­fe und Fra­gen nach dem Geschäfts­in­ha­ber” (Zif­fer 5). Im Klar­text: Sie müs­sen in Zukunft ver­stärkt damit rech­nen, dass Behör­den­ver­tre­ter sich wie Kun­den beneh­men und genau beob­ach­ten, wie es in Ihrer GmbH zugeht. Erkennt­nis­se aus sol­chen Über­wa­chungs­maß­nah­men  kön­nen dann natür­lich in einem even­tu­el­len Steu­er­straf­ver­fah­ren gegen Sie ver­wen­det werden.

Unter­neh­men mit Publi­kums­ver­kehr monie­ren bereits jetzt Image­pro­ble­me durch die gele­gent­lich mar­tia­li­schen Auf­trit­te der Finanz­kon­trol­le Schwarz­ar­beit (FKS). Ab sofort müs­sen Sie sich als Geschäfts­füh­rer einer GmbH in den Bran­chen mit offe­ner Kas­sen­füh­rung dar­auf ein­rich­ten, dass Sie – vor aller Augen – einen „Kas­sen­sturz” vor­füh­ren müssen.

 

Konflikte in der GmbH: Ressort-Interesse oder GmbH-Wohl – was tun?

Pla­nung ist Pla­nung und Geschäft ist Geschäft. Auf die­sen Nen­ner lässt sich ein typi­scher Geschäfts­füh­rer-Kon­flikt brin­gen, der schon eini­ge GmbHs an den Rand des wirt­schaft­li­chen Ruins gebracht hat. Es geht um unter­schied­li­che Res­sort-Inter­es­sen. So wird im Anstel­lungs­ver­trag mit dem ver­triebs­ver­ant­wort­li­chen Geschäfts­füh­rer oft eine Umsatz-Kom­po­nen­te ver­ein­bart, für den Pro­duk­ti­ons-ver­ant­wort­li­chen Geschäfts­füh­rer dage­gen eine QM-Kom­po­nen­te. Damit sind Inter­es­sen­ge­gen­sät­ze vor­pro­gram­miert. Ein Kol­le­ge brach­te die­sen Ant­ago­nis­mus neu­lich auf den Punkt: „Wenn die mit der Pro­duk­ti­on nicht hin­ter­her­kom­men, ist das nicht mein Pro­blem”. Was tun?

Bei­spiel: Eigent­lich sind die Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten der Maschi­nen­bau-GmbH bis ins 2. Quar­tal des nächs­ten Jah­res aus­ge­las­tet. Zusätz­li­che Auf­trä­ge könn­ten nur mit mehr Per­so­nal (das es zur Zeit auf dem Arbeits­markt nicht gibt) und einer zusätz­li­chen Werk­zeug­ma­schi­ne abge­ar­bei­tet wer­den. Trotz­dem zieht der Ver­triebs-Chef einen neu­en (Groß-) Auf­trag an Land. Laut Ver­trag muss aller­dings noch vor Jah­res­en­de gelie­fert wer­den. Das ist aber – sie­he oben – nicht zu den bis­her übli­chen Kon­di­tio­nen mög­lich. Die neue Kal­ku­la­ti­on offen­bart, dass der Auf­trag nicht mehr unter wirt­schaft­li­chen Bedin­gun­gen zu leis­ten ist. Unterm Strich fährt der Abschluss einen Ver­lust ein. Die bei­den Geschäfts­füh­rer beschul­di­gen sich gegen­sei­tig. Die Gesell­schaf­ter beschlie­ßen dar­auf­hin, den zum Ende des Geschäfts­jah­res aus­lau­fen­den Anstel­lungs­ver­trag mit dem Pro­duk­ti­ons-ver­ant­wort­li­chen Geschäfts­füh­rer nicht zu ver­län­gern. Auch ande­re Sze­na­ri­en sind mög­lich: Der Auf­trag kann nicht ter­min­ge­recht erle­digt wer­den. Laut Ver­trag wird eine Ver­trags­stra­fe fäl­lig. Oder: Der Auf­trag kann nur unter Ver­nach­läs­si­gung der übli­chen QM-Stan­dards aus­ge­führt wer­den. Hohe Gewähr­leis­tungs­kos­ten müs­sen ver­bucht werden.

Ver­gleich­ba­re Pro­ble­me gibt es aber nicht nur in der grö­ße­ren GmbH mit arbeits­tei­li­ger Geschäfts­füh­rung. Auch in den vie­len klei­ne­ren GmbHs, in denen neben der kauf­män­ni­schen Geschäfts­füh­rung (Finan­zen) eine fach­ver­ant­wort­li­che Geschäfts­füh­rung not­wen­dig ist (Inge­nieu­re, Archi­tek­ten, Unter­neh­mens­be­ra­tung usw.), gehö­ren Kon­flik­te zwi­schen der wirtschaftlichen/finanziellen Geschäfts­füh­rung und dem Fach­res­sort zum Geschäfts­all­tag. Solan­ge Dis­so­nan­zen von den Betei­lig­ten ein­ver­nehm­lich gelöst und getra­gen wer­den, kann man damit leben. Tau­chen die aber öfter oder sogar regel­mä­ßig auf, wer­den dar­aus Kon­flik­te mit Spreng­kraft. Wie kön­nen betrof­fe­ne (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer ihre Posi­ti­on absichern:

  • Vor­fahrt für die Unter­neh­mens­pla­nung: Machen Sie die (mehr­jäh­ri­ge) Unter­neh­mens­pla­nung für alle Betei­lig­ten ver­bind­lich (Finanz- und Kapa­zi­täts­pla­nung). Ver­ein­ba­ren Sie in der Geschäfts­ord­nung der Geschäfts­füh­rung die Ver­bind­lich­keit der Unter­neh­mens­pla­nung und, dass Abwei­chun­gen nur mit ein­stim­mi­gem Beschluss der Geschäfts­füh­rung mög­lich sind.
  • Ein­be­zie­hung der Gesell­schaf­ter (Gre­mi­en): Schrei­ben Sie in der Geschäfts­ord­nung auch fest, dass die Gesell­schaf­ter über Abwei­chun­gen von der Unter­neh­mens­pla­nung infor­miert wer­den. Im Zwei­fel las­sen Sie die Gesell­schaf­ter entscheiden.
  • Rege­lun­gen im Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag: Wei­sen Sie die Gesell­schaf­ter auf kon­tra­pro­duk­tiv wir­ken­de Erfolgs­be­tei­li­gun­gen hin bzw. drän­gen Sie dar­auf, dass die­se abge­än­dert wer­den (gewinn­be­zo­ge­ne Tan­tie­me für alle Geschäftsführer).
  • Pflicht zur Wah­rung von Geschäfts­chan­cen: Aus Ihrer Treue­pflicht zur GmbH ergibt sich, dass Sie Geschäfts­chan­cen für die GmbH nut­zen müs­sen. Aller­dings nur im „Gegen­stand der GmbH” (vgl. BGH, Urteil v. 15.1.2013, II ZR 90/11). Sie dür­fen Geschäfts­chan­cen also nicht ein­fach pau­schal abtun. Sie müs­sen prü­fen, was mach­bar ist – und dies ggf. dokumentieren.
Dabei geht es natür­lich nicht dar­um, dass Sie als Geschäfts­füh­rer die Unter­neh­mens­pla­nung ledig­lich „ver­wal­ten”. Die muss dyna­misch sein. In der Pra­xis ist dies gele­gent­lich eine Grat­wan­de­rung. Erhält die Dyna­mik zu viel Gewicht, wird lei­der oft über­se­hen, dass das ope­ra­ti­ve Geschäft die wirt­schaft­li­che Basis für alle ande­ren Akti­vi­tä­ten der GmbH ist. Leit­bild ist hier der unter­neh­me­risch den­ken­de und han­deln­de Geschäfts­füh­rer – es gilt, die Chan­cen und Risi­ken von Geschäfts­chan­cen treff­si­cher zu beur­tei­len. Hilf­reich ist der regel­mä­ßi­ge Aus­tausch im Geschäfts­füh­rungs-Gre­mi­um über Ent­wick­lun­gen und Ten­den­zen in der Bran­che, der Aus­tausch mit Kol­le­gen in Erfa-Run­den und ein geziel­ter Kon­takt in den Bran­chen­ver­band, der Sie auf dem Lau­fen­den hält.

 

Digitales: Das lange Warten auf Blockchain

Alle (vie­le) reden davon – aber nur die wenigs­ten haben eine genaue Vor­stel­lung davon, was sich dahin­ter ver­birgt und wel­che Aus­wir­kun­gen damit auf zukünf­ti­ge Ent­schei­dun­gen und Ent­wick­lun­gen ver­bun­den sind: Es geht um die Block­chain-Tech­no­lo­gie. Abseh­bar ist bereits jetzt, dass vie­le bis­her ein­ge­üb­te Abläu­fe neu gedacht wer­den müs­sen. Das betrifft – mit­tel­fris­tig – auch alle Unter­neh­men und damit auch Geschäfts­füh­rungs-Ent­schei­dun­gen (Bezahl­sys­te­me, Ver­trags­we­sen, Doku­men­ta­ti­on usw.). Unter dem Begriff Block­chain (wört­lich: Block-Ket­te) ver­steht man eine Tech­no­lo­gie, mit deren Hil­fe Trans­ak­tio­nen (Buchun­gen) via Inter­net mani­pu­la­ti­ons- und fäl­schungs­si­cher durch­ge­führt wer­den kön­nen. Das geschieht, indem jeder Vor­gang (Buchung) mit einer Block-Ket­te ver­se­hen bzw. ver­schlüs­selt wird, mit der alle vor­her­ge­hen­den Buchun­gen (Vor­gän­ge) bestä­tigt wer­den und die neue Buchung somit auch nicht mehr ver­än­dert wer­den kann.

Vor­teil gegen­über der bis­he­ri­gen Ver­schlüs­se­lungs-Tech­no­lo­gie: Weil Mani­pu­la­tio­nen in Buchun­gen (Vor­gän­gen, Ver­ein­ba­run­gen, Zah­lungs­ab­wick­lun­gen usw.) unmög­lich sind, kön­nen alle Teil­neh­mer (Inter­net-Nut­zer) unter­ein­an­der agie­ren – also Geschäf­te abschlie­ßen, Zah­lun­gen vor­neh­men usw. Prak­ti­sche Aus­wir­kung: Inter­ak­tio­nen, die ansons­ten und bis­her über kon­trol­lie­ren­de Orga­ni­sa­tio­nen (Bank, Regis­ter­ge­richt, Nota­ri­at, Grund­buch­amt usw.) abge­wi­ckelt wer­den, kön­nen direkt zwi­schen den betei­lig­ten Usern abge­wi­ckelt wer­den. Der­zei­ti­ger Nach­teil: Das Ver­fah­ren ist auf­wen­dig, lang­sam und ver­braucht viel Spei­cher­platz und Energie.

Sicher ist, dass mit der Umset­zung der Block­chain-Tech­no­lo­gie eine neue digi­ta­le Dimen­si­on erreicht wird. Alle Vor­gän­ge, die bis­her aus Sicher­heits­grün­den nicht über das Inter­net abge­wi­ckelt wer­den, sind dann mög­lich. Das betrifft in ers­ter Linie Zahl-Vor­gän­ge – kein Wun­der, dass sich unter­des­sen auch alle Ban­ken mit der neu­en Tech­no­lo­gie aus­ein­an­der­set­zen. Das wie­der­um wird dazu füh­ren, dass die Umset­zung wei­ter beschleu­nigt wird.

 

Geschäftsführer-Haftung: Wieder 2 wichtige neue Urteile

Ob nicht abge­führ­te Steu­ern oder Sozi­al­bei­trä­ge, ob eine nicht wahr­ge­nom­me­ne Geschäfts­chan­ce oder Scha­dens­er­satz für fahr­läs­si­ge Geschäfts­füh­rer-Ent­schei­de: Immer mehr sol­cher ver­meint­li­chen Feh­ler­haf­tig­kei­ten lan­den vor Gericht. Pro­blem für den betrof­fe­nen Geschäfts­füh­rer: Je nach Bun­des­land und Gerichts­be­zirk set­zen die Gerich­te (OLG, LG) unter­schied­li­che Schwer­punk­te in ihren Ent­schei­dun­gen. Für den Rechts­an­walt, der den Geschäfts­füh­rer in Regress neh­men will, ist das dem­nach oft ein loh­nen­des Man­dat mit Aus­sicht auf die nächs­te Instanz. Sie sind also gut bera­ten, wenn Sie sich selbst ein aus­ge­wo­ge­nes Bild über die Rechts­la­ge verschaffen.

  • Haf­tung des Geschäfts­füh­rers für Pflicht­ver­let­zun­gen gegen­über der GmbH: Das Ober­lan­des­ge­richt (OLG)Brandenburg ver­langt z. B. vom Geschäfts­füh­rer, „dass der Geschäfts­füh­rer dar­zu­le­gen und erfor­der­li­cher­wei­se zu bewei­sen hat, dass er sei­nen Sorg­falts­pflich­ten nach­ge­kom­men ist und ihn kein Ver­schul­den trifft” (Urteil v. 7.2.2018, 7 U 132/16). Auf die dar­aus fol­gen­de Doku­men­ta­ti­ons­ver­pflich­tung des Geschäfts­füh­rers  haben wir bereits ver­wie­sen und ent­spre­chen­de Hin­wei­se gege­ben (vgl. Nr. 21, 22/2018). Das OLG sieht aber auch eine Beweis­pflicht der GmbH für den ent­stan­de­nen Scha­den. Bei­de Sei­ten müs­sen also vor Gericht liefern.
  • Haf­tung des Geschäfts­füh­rers für nicht bezahl­te Gebüh­ren: Als Geschäfts­füh­rer sind Sie es zwar, der die Beschlüs­se der Gesell­schaf­ter beur­kun­den lässt und die Ein­tra­gung beim Regis­ter­ge­richt ver­an­lasst. Kann die GmbH die dar­auf fäl­li­gen Gebüh­ren nicht zah­len, kön­nen Sie dafür aber nicht per­sön­lich in die Haf­tung genom­men wer­den (OLG Köln, Urteil v. 18.9.2017, 2 Wx 204/17). Schuld­ner ist hier die GmbH. Aber: Ver­säum­nis­se inner­halb der Insol­venz­an­trags­pflicht gehen u. U. den­noch zu Ihren Lasten.
Zwar gibt es kei­ne offi­zi­el­len Zah­len zu Geschäfts­füh­rer-Haf­tungs­fäl­len. Nach unse­ren Erfah­run­gen bezie­hen sich die meis­ten Fäl­le auf Ver­säum­nis­se in der wirt­schaft­li­chen Kri­se der GmbH. Wird die 3‑wöchige Insol­venz­an­trags­pflicht über­schrit­ten, kann der Geschäfts­füh­rer für alle Zah­lun­gen in die Haf­tung genom­men wer­den, die er unzu­läs­si­ger­wei­se inner­halb die­ser Frist ver­an­lasst. Das gilt auch für alle Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen der GmbH (even­tu­ell auch: Gebüh­ren). Ach­tung: Han­deln müs­sen Sie nicht nur bei Über­schul­dung und Illi­qui­di­tät. Insol­venz­an­trags­pflicht besteht schon bei „dro­hen­der” Zahlungsunfähigkeit.

 

GmbH-Finanzen: Bürge bürgt nicht bei Missbrauch

Die Bank kann den Bür­gen für ein GmbH-Dar­le­hen nicht in Anspruch neh­men, „wenn sich der Bür­ge allein aus emo­tio­na­ler Ver­bun­den­heit zum Haupt­schuld­ner ver­bürgt und der Gläu­bi­ger dies in ver­werf­li­cher Wei­se aus­nutzt” (OLG Frank­furt a. M., Urteil v. 9.2.2017, 3 U 146/15).

Das ist aber die abso­lu­te Aus­nah­me – im Grund­satz gilt die Vor­ga­be des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH), wonach die Bank ein berech­tig­tes Inter­es­se zur Siche­rung der gewähr­ten Kre­di­te hat (BGH, Urteil v. 10.12.2002, IX ZR 82/02). Nur bei Sit­ten­wid­rig­keit kann aus­nahms­wei­se eine Inan­spruch­nah­me des Bür­gen aus­ge­schlos­sen sein. In der Regel wird man bei der Bürg­schaft eines GmbH-Gesell­schaf­ters für das Dar­le­hen der GmbH eine sol­che Sit­ten­wid­rig­keit nicht unter­stel­len kön­nen. Den­noch: Im Ein­zel­fall kann gericht­li­che Prü­fung Aus­sicht auf Erfolg haben. Z. B., wenn der Gesell­schaf­ter schwer erkrankt ist oder aus ande­ren Grün­den nicht geschäfts­fä­hig ist.

 

Steuer-Vorteil: Wertguthaben-Konto für den Fremd- Geschäftsführer

Zahlt die GmbH – ver­trag­lich ver­ein­bart – einen Teil des Geschäfts­füh­rer-Gehalts auf ein sog. Wert­gut­ha­ben-Kon­to, das erst mit Errei­chen des Ruhe­stands aus­ge­zahlt wird, darf das Finanz­amt dafür kei­ne Lohn­steu­er berech­nen. Aber auf­ge­passt: Die­ses Steu­er­spar-Modell ist nur – aber laut Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) aus­drück­lich – für den Fremd-Geschäfts­füh­rer der GmbH mög­lich. Damit ist es mög­lich, ein hohes Gehalt zu ver­ein­ba­ren, aber antei­lig weni­ger Lohn­steu­er abzu­füh­ren. Die wird erst mit der Aus­zah­lung (Zufluss) und dann even­tu­ell zu einem güns­ti­gen ESt-Satz fäl­lig. Für Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer kann die­ses Steu­er­spar-Modell  (lei­der) nicht umge­setzt wer­den – hier wer­den die Finanz­be­hör­den eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung unter­stel­len (BFH, Urteil v. 22.2.2018, VI R 17/16).

Für den Fremd-Geschäfts­füh­rer eröff­nen sich damit neue Ver­hand­lungs­mög­lich­kei­ten im Ver­trags­po­ker um den Anstel­lungs­ver­trag. So wird für Fremd-Geschäfts­füh­rer eher sel­ten eine Zukunfts­vor­sor­ge in Form einer Pen­si­ons­zu­sa­ge abge­schlos­sen. Den (frei­wil­li­gen) Ver­zicht auf eine (den Ver­kauf der GmbH erschwe­ren­de) Pen­si­ons­zu­sa­ge kön­nen Sie sich nach die­sem in der Sache abschlie­ßen­den Urteil – Steu­er­vor­teil inklu­si­ve – gegen ein höhe­res Gehalt mit Ver­ein­ba­rung eines Wert­kon­tos ver­gü­ten las­sen. Im Urteils­fall konn­te der Fremd-Geschäfts­füh­rer auf die­se Wei­se monat­lich 6.000 EUR steu­er­güns­tig für die Alters­vor­sor­ge ansparen.

 

GmbH/Steuer: Finanzgericht Hamburg – AdV bei Verlustvortrag

Laut Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BverfG) ver­stößt die Rege­lung zum Ver­lust­ab­zug für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten (hier: schäd­li­cher Betei­li­gungs­er­werb) gegen den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz. Jetzt liegt ein Urteil des Finanz­ge­richts (FG) Ham­burg vor, wonach die Finanz­be­hör­den bis zu einer gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV) für die dazu erlas­se­nen Steu­er­be­schei­de gewäh­ren müs­sen (FG Ham­burg, Beschluss v. 11.4.2018, 2 V 20/18).

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat den Gesetz­ge­ber auf­ge­for­dert, bis zum 31.12.2018 eine Neu­re­ge­lung des Geset­zes (hier: § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG) zu beschlie­ßen. Laut BVerfG-Urteil wird es dann eine Rück­wir­kung für alle Steu­er­fäl­le geben, die in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2015 ver­an­lagt wur­den. Betrof­fe­ne Unter­neh­men kön­nen damit rech­nen, dass der Ver­lust­ab­zug für die­se Fäl­le nach­träg­lich gewährt und ver­rech­net wer­den muss.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Vol­kelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

Geschäfts­füh­rer-Fach­in­for­ma­ti­ons­dienst

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