Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 18/2017

Start­Up-Geschäfts­füh­rer: Die vie­len Irrun­gen bis zum Kun­den + Pflicht­ver­si­che­rung: 2 von 3 (Gesellschafter-)Geschäftsführern zah­len + Geschäfts­füh­rer-Gehalt: Vor­ga­ben nach Unter­neh­mens-Kodex + Ein­sa­me Ent­schei­dun­gen: Aus dem „Bauch” ist nicht immer rich­tig + Cle­ver: So che­cken Sie Geschäfts­part­ner aus Euro­pa + GmbH-Steu­er: Neue For­mu­la­re für die Kör­per­schaft­steu­er-Erklä­rung +  BISS

 

 

 

Der Vol­kelt-Brief 18/2017 > Down­load als PDF - lesen im „Print”

Frei­burg, 5. Mai 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

dass es nicht so ganz ein­fach ist, mit neu­en Ideen Geschäf­te zu machen, beleg­te der Ex-Coca-Cola-Mana­ger Jeff Dunn mit sei­ner Start­Up-Fir­ma Jui­ce­ro. Die Idee: Eine Saft­pres­se (Preis: 400 $), in der man die dazu mit­ge­lie­fer­ten Gemü­se- und Obst­stü­cke (Beu­tel: 8 $) zu einem Gesund­heits­drink ver­ar­bei­tet. Der Inter­net­an­schluss der Saft­pres­se soll dafür sor­gen, dass das Gerät selbst­tä­tig neue Obst- und Gemü­se­beu­tel ordert, damit immer Nach­schub für den gesund­heits­be­wuss­ten Käu­fer da ist. Immer­hin gelang es dem fin­di­gen Ame­ri­ka­ner, mit die­ser Idee 120 Mio. $ von Inves­to­ren einzusammeln.

Das Pro­blem: Das ange­lie­fer­te Obst und Gemü­se wur­de schon so gut wie saft­reif ange­lie­fert. Die Saft­pres­se mit­hin über­flüs­sig. Das Geschäft platz­te. Scha­den­freu­de? NEIN. Aber das Bei­spiel zeigt, wie sich Grün­den ver­än­dert hat. Es gibt – vie­le, immer mehr – Gel­der zum Tes­ten von Geschäfts­ideen. So funk­tio­nie­ren auch die Grün­der-Seri­en, mit denen öffent­li­che und pri­va­te Sen­der Ein­schalt­quo­ten anpei­len. Pro­dukt-Ideen wer­den mit der Aus­sicht auf Finan­zie­rungs­hil­fen bewer­tet. Kein Wun­der, dass es immer mehr dar­um geht, poten­zi­el­le Inves­to­ren zu über­zeu­gen. Ob man damit tat­säch­lich Kun­den gewin­nen kann, ist dann eine ande­re Fra­ge. Der Grün­der ver­dient bereits mit den Invest-Gel­dern. Die Kun­den-Umsät­ze braucht der Grün­der gar nicht mehr zum Über­le­ben. Das klingt banal. Hat aber auf mitt­le­re Sicht weit rei­chen­de Aus­wir­kun­gen: Nie­mand darf sich wun­dern, wenn in die­sem Umfeld Hum­bug, Scha­ber­nack und Betrug blü­hen. Zum Scha­den derer, die Ihre Geschäf­te „ehr­lich“ machen.

Fakt ist aller­dings auch, dass sich die ernst­haf­te Start­Up-Sze­ne in den letz­ten Jah­ren stark ver­än­dert hat. Unter­des­sen haben alle gro­ßen inter­na­tio­na­len Kon­zer­ne (hier: Bosch, Sie­mens, BMW) erkannt, dass Start­Ups dyna­mi­scher, pro­fi­ta­bler und inno­va­ti­ver sind als die eige­nen FuE-Teams. Man betei­ligt sich sys­te­ma­tisch an allen Bran­chen-nahen Start­Ups und sichert sich so den Zugriff auf neue Stan­dards und Schutz­rech­te. Auch vie­le mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men haben erkannt, dass sie die Digi­ta­li­sie­rung bes­ser gestal­ten kön­nen, wenn sie in die­ser Liga mit­spie­len. Gute Ein­bli­cke in Start­Up-Akti­vi­tä­ten in Deutsch­land gibt es z. B. unter > https://www.deutsche-startups.de

Pflichtversicherung: 2 von 3 Geschäftsführern zahlen

Auf Anfra­ge der Grü­nen hat die Bun­des­re­gie­rung offi­zi­el­le Zah­len zur Prü­fung der Ver­si­che­rungs­pflicht von GmbH-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern vor­ge­legt. Die­se Prü­fung ist seit 2003 gesetz­lich vor­ge­schrie­ben. Die Anzahl der von der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung (DRV) in die Pflicht­ver­si­che­rung ein­be­zo­ge­nen Gesell­schaf­ter-Ge­­schäfts­füh­rer ist in den Jah­ren von 2007 bis 2016 kon­ti­nu­ier­lich gestie­gen – von Wer­ten unter 40 % bis zu einem Höchst­stand in 2016 mit 68,4 %. Das liegt dar­an, dass mit den stren­gen Anfor­de­run­gen durch die Recht­spre­chung des Bundessozial­ge­richts (BSG) aus 2012 und zuletzt 2015 jeder Ein­zel­fall anhand der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Wei­sungs­ge­bun­den­heit geprüft wird (vgl. Nr. 11/2017).

Fazit: Unter­des­sen wer­den zwei von drei Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer in die Pflicht­versicherung ein­be­zo­gen. Die hohe Zahl von Prü­fun­gen im Jahr 2007 ist dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass es vie­le Anfra­gen im Zusam­men­hang einer Neu­grün­dung in der Rechts­form der klei­nen GmbH (Unter­nehmergesellschaft) gab und dass die DRV die Recht­spre­chung zur Schein­selb­stän­dig­keit auch auf GmbH-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ange­wandt hat und kon­se­quent durch­prüf­te (Quel­le: Bun­des­tags-Druck­sa­che 18/11982).

Sta­tus­fest­stel­lun­gen nach § 7a Absatz 1 Satz 2 SGB IV: Geschäfts­füh­ren­de Gesellschafter

Jahr geprüf­te Fälle von der Pflicht­ver­si­che­rung befreit … pflicht­ver­si­chert
2007 4.262 32.8 % 1.398 67,2 % 2.864
2008 2.794 43,7 % 1.221 56,3 % 1.573
2009 1.957 62,6 % 1.226 37,4 % 731
2010 2.030 53,3 % 1.082 46,5 % 1.289
2011 2.310 43,5 % 1.006 55,8 % 1.289
2012 2.277 39,3 % 895 60,2 % 1.371
2013 2.449 35,6 % 872 64,2 % 1.573
2014 2.732 36,1 % 986 63,8 % 1.742
2015 2.909 33,2 % 967 66,6 % 1.936
2016 3.023 31,4 % 948 68,4 % 2.069

Quel­le: Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund

Die Pflicht­ver­si­che­rung ist gera­de für Geschäfts­füh­rer ein teu­rer Spaß. Das Bei­trags-Leis­tungs­ver­hält­nis für Geschäfts­füh­rer ist aus­ge­spro­chen ungüns­tig. Sie ver­die­nen in der Regel gut bis sehr gut und müs­sen dem­entspre­chend bis zur Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze (2017: 6.359 €) 18,7 % des Gehalts in die Pflicht­ver­si­che­rung ein­zah­len – das sind jähr­lich rund 14.000 €. Abseh­bar ist auch, dass die Ansprü­che auf Leis­tun­gen aus der gesetz­li­chen Pflicht­ver­si­che­rung in den nächs­ten Jah­ren wei­ter absin­ken wer­den. Ganz sicher ist der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer nur dann nicht pflicht­ver­si­chert, wenn er über eine Betei­li­gung von > 50 % an der GmbH hält und eine Beschluss­fas­sung gegen ihn nach den Vor­ga­ben des Gesell­schafts­ver­tra­ges (Beschluss­mehr­hei­ten) nicht mög­lich ist. Alle ande­ren Betei­li­gungs-Kon­stel­la­tio­nen sind und blei­ben problematisch.

Geschäftsführer-Gehalt: Vorgaben nach Unternehmens-Kodex

Der Deut­sche Cor­po­ra­te Gover­nan­ce Codex (Unter­neh­mens-Kodex) gibt die Richt­li­ni­en vor, nach denen die Vor­stän­de und Geschäfts­lei­ter bör­sen­no­tier­ter Unter­neh­men ihr Gehalt ermit­teln und dar­stel­len sol­len. Das ist Anhalts­punkt auch für GmbH-Geschäfts­­­füh­rer, die ihr Gehalt trans­pa­rent machen wol­len und so für zusätz­li­ches Ver­trau­en in ihr Unter­neh­men wer­ben wol­len. Die Kodex-Kom­mis­si­on hat 2015 die Grund­la­gen dazu erar­bei­tet und im Febru­ar 2017 aktua­li­siert, um das (geschwun­de­ne) Ver­trau­en in die Wirt­schaft zu stärken.

Die Kom­mis­si­on emp­fiehlt dazu, Gehalts­ober­gren­zen für die fes­ten und die varia­blen Bezü­ge vor­zu­ge­ben. Varia­ble Gehalts­be­stand­tei­le soll­ten eine mehr­jäh­ri­ge Bemes­sungs­grund­la­ge haben (z. B. Gewinn über die letz­ten 4 Jah­re) und erst nach­träg­lich aus­ge­zahlt wer­den. Die Abfin­dung zu Been­di­gung der Tätig­keit soll­te nicht mehr als das 2‑fache der durch­schnitt­li­chen Jah­res­ver­gü­tung betra­gen. Die Abfin­dung bei vor­zei­ti­ger Been­di­gung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses soll­te nicht mehr als das 1,5‑fache der durch­schnitt­li­chen Jah­res­ver­gü­tung betragen.

Geschäfts­füh­rer, die ihre Ver­gü­tungs­si­tua­ti­on öffent­lich stel­len wol­len, sind gut bera­ten, sich an die­sen Vor­ga­ben bzw. den dar­ge­stell­ten Höchst­wer­ten zu ori­en­tie­ren. Die kom­plett aktua­li­sier­ten Leit­li­ni­en des Cor­po­ra­te Gover­nan­ce Codex Stand Febru­ar 2017 gibt es unter > https://corporate-governance-code.de > Such­ein­ga­be: 170214 (hier: Zif­fer 4.2.3)

Einsame Entscheidungen: Aus dem „Bauch” ist nicht immer richtig 

Ein nicht ganz unty­pi­scher Fall aus der Pra­xis: Ein ehe­ma­li­ger, hoch qua­li­fi­zier­ter Mit­ar­bei­ter ruft den Geschäfts­füh­rer an und möch­te – zu leicht ver­bes­ser­ten Kon­di­tio­nen – wie­der ein­ge­stellt wer­den. Das passt ganz gut, weil die Stel­le zur­zeit nicht besetzt ist. Des­we­gen ver­ein­bart der Chef ein Gespräch. Dabei bespricht er Details und macht eine ers­te Zusage.

Der Feh­ler: Der Chef hat sich bereits unter Ent­schei­dungs­druck gesetzt, eine Vor­ent­schei­dung getrof­fen – und zwar ohne jeg­li­che Ent­schei­dungs­vor­be­rei­tung. Er hat die Kon­se­quen­zen sei­ner Ent­schei­dung weder mit der Orga­ni­sa­ti­on noch mit den von der Entschei­dung betrof­fe­nen Mit­ar­bei­tern abge­spro­chen als sog. „ein­sa­me“ Ent­schei­dung. Die feh­len­de Ent­schei­dungs­vor­be­rei­tung muss nach­ge­holt wer­den. Die Mit­ar­bei­ter mer­ken schnell, dass es Vor­ab-Abspra­chen gab und sie nur for­mell in die Ent­schei­dung ein­be­zo­gen wer­den. Es ent­steht Ver­trau­ens­scha­den. Der ers­te Schritt zur inne­ren Kün­di­gung ist getan. In der Pra­xis gibt es Fäl­le, in denen durch eine nicht abge­spro­che­ne Ein­stellung eines Mit­ar­bei­ters die gesam­te (hoch­qua­li­fi­zier­te) Fach­abteilung in der Fol­ge kündigte.

Bes­ser geht es so: Eine sys­te­ma­ti­sche Ent­schei­dungs­vor­be­rei­tung umfasst:

  • Wie geht der Chef mit spon­ta­nen Anfra­ge um? (Inter­es­se: JA, Anfor­de­rung von Bewerbungs­unterlagen, Infor­ma­ti­on an die in der Orga­ni­sa­ti­on zustän­di­gen Mit­ar­bei­ter, kei­ne Zusa­gen). Beant­wor­ten Sie die fol­gen­den Fragen:
  • Stim­men die erfor­der­li­chen Füh­rungs- und Fachqualifikationen?
  • Gibt es Gre­mi­en, mit denen die Ein­stel­lung vor­ab abge­stimmt wer­den muss? (Mit-Geschäfts­­­füh­rer, Abtei­lungs­lei­ter, Abteilung)
  • Wel­che Mit­ar­bei­ter sind von der Beset­zung der Stel­le betrof­fen? Wel­che Mit­ar­bei­ter kön­nen zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zur Qua­li­fi­ka­ti­on geben? Wel­che Mit­ar­bei­ter wer­den wann und wie in den Pro­zess der Neu­be­set­zung der Stel­le einbezogen?
  • Ent­steht mit der Ein­stel­lung neu­es Kon­flikt­po­ten­zi­al? (gewünscht, unerwünscht)
  • Ver­mei­den Sie es, Mit­ar­bei­ter in infor­mel­len Ein­zel­ge­sprä­chen unter­schied­lich zu infor­mie­ren. Gehen Sie davon aus, dass alle von der Neu­ein­stel­lung betrof­fe­nen Mit­ar­bei­ter sich unter­ein­an­der über den Stand des Ver­fah­rens informieren.

Buch­ti­tel: Ein­sa­me Entscheidungen

Clever: So checken Sie Geschäftspartner aus Europa

Als Geschäfts­füh­rer sind Sie ange­hal­ten, Geschäf­te mit neu­en Geschäfts­part­nern nur dann auf­zu­neh­men, wenn sicher gestellt ist, dass es sich um seriö­se und zah­lungs­fä­hi­ge Kun­den oder Zulie­fe­rer han­delt. Dazu gehört eine Boni­täts­prü­fung, aber auch die Beschaf­fung zusätz­li­cher Infor­ma­tio­nen über zukünf­ti­ge Geschäfts­part­ner. Unter­des­sen ermög­licht der Bun­des­an­zei­ger einen direk­ten Zugriff auf das euro­päi­sche Unter­neh­mens­re­gis­ter. Damit kön­nen Sie sämt­li­che Regis­ter-Infor­ma­tio­nen über euro­päi­sche Fir­men abrufen.

Ver­an­las­sen Sie, dass sich die ent­spre­chen­den Abteilungen/Funktionen (Ver­trieb, Mar­ke­ting, Kun­den­ser­vice) neben der übli­chen Boni­täts­prü­fung zu neu­en Geschäfts­part­nern die­se zusätz­li­chen Infor­ma­tio­nen via > https://ebr.bundesanzeiger-datenservice.de beschaf­fen. Das erhöht die Entscheidungs-Sicherheit.

GmbH-Steuer: Neue Formulare für die Körperschaftsteuer-Erklärung

Als Geschäfts­füh­rer der GmbH sind Sie ver­ant­wort­lich für die Abga­be der Steu­er­erklä­run­gen (Ter­min: 31.5.2017 für die KSt-Erklä­rung 2016, mit Steu­er­be­ra­ter: 31.12.2017). In den meis­ten GmbHs wer­den die­se vom Steu­er­be­ra­ter erstellt und vom Geschäfts­füh­rer allen­falls kurz gegen­ge­le­sen und unter­zeich­net. Für die KSt-Erklä­rung 2016 müs­sen jetzt neue For­mu­la­re (Anla­ge KSt 1) ver­wen­det wer­den. Nicht mehr not­wen­dig sind die Anla­gen A + B. Zusätz­lich abzu­ge­ben sind die Anla­gen GK, Ver­lust und Z (Zuwen­dun­gen).

Zu den For­mu­la­ren > Hier ankli­cken

Wir emp­feh­len, die neu­en For­mu­la­re mit dem Steu­er­be­ra­ter durch­zu­spre­chen. U. E. macht es Sinn, dass Sie einen Über­blick über den tat­säch­li­chen Auf­wand zur Erstel­lung der Steuer­unterlagen der GmbH haben und sich so ein fun­dier­tes Urteil über den Büro­kra­tie-Fak­tor Besteue­rung der GmbH bil­den können.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

Schreibe einen Kommentar