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Volkelt-Brief 17/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te: Wenn´s schlecht läuft, müs­sen Sie den Min­der­he­ts-Gesell­schaf­ter fra­gen + Kom­mu­na­le GmbHs: Neue Klau­sel für Geschäfts­füh­rer-Ver­trä­ge + GmbH-Recht: Dau­er-Stress recht­fer­tigt Abbe­ru­fung – aber kei­nen Raus­wurf  + Fir­men­wa­gen: Finanz­amt stellt Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern bei Pri­vat-Fahr­­ver­bot Fang­fra­gen + Mit­ar­bei­ter: Chro­ni­sche Krank­heit fällt unter Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot + Wirt­schafts­recht: Vor­sicht bei Namens­ver­wen­dung von „Volks-xxxxx“ + Arbeits­recht: Mit­ar­bei­ter dür­fen kei­ne Geschäf­te auf eige­ne Rech­nung machen + BISS …

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Nr. 17/2013 vom 26.4.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

die Ver­ant­wor­tung für die Geschäf­te einer GmbH ist oft eine Wan­de­rung auf schma­lem Grat. Aus gutem Grund berich­ten wir an die­ser Stel­le regel­mä­ßig über juris­ti­sche Fall­stri­cke und Beson­der­hei­ten, die Sie als Geschäfts­füh­rer in der prak­ti­schen Arbeit beher­zi­gen soll­ten. Jetzt hat das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Stutt­gart einen wei­te­ren bemer­kens­wer­ten Fall hin­zu­ge­fügt (OLG Stutt­gart, Urteil vom 14.1.2013, 14 W 17/12). Und der geht so: Sie wol­len – was nichts wirk­lich Unge­wöhn­lich ist – einen neu­en Lei­ter für den Ver­trieb ein­stel­len. Dafür haben Sie einen bestimm­ten Bewer­ber im Auge. Von dem Sie aller­dings wis­sen, dass der einem Ihrer Gesell­schaf­ter – und zwar dem Min­der­heits-Gesell­schaf­ter mit einer 5 %-Betei­li­gung – ein Dorn im Auge ist. Die Rich­ter ver­lan­gen, dass Sie vor Ihrer Ent­schei­dung einen zustim­men­den Gesell­schaf­ter-Beschluss ein­ho­len. Kon­kret: „Eine Geschäfts­füh­rungs-Maß­nah­me, an deren Bil­li­gung durch die Gesell­schaf­ter der Geschäfts­füh­rer zwei­feln muss, liegt auch bei zu erwar­te­tem Wider­spruch nur eines Min­der­heits-Gesel­l­­schaf­ters vor ….“.

Für die Pra­xis: Für Sie als GmbH-Geschäfts­füh­rer wird die Lage durch die­ses Urteil nicht ein­fa­cher. Genau genom­men müs­sen Sie bei jeder Ent­schei­dungs­sa­che, die eini­ger­ma­ßen Bedeu­tung für die GmbH hat, abwä­gen, ob Sie die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter ein­ho­len müs­sen. Wir raten: Das soll­ten Sie auf jeden Fall dann tun, wenn Sie wis­sen, dass ein Gesell­schaf­ter mit der von Ihnen vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­me nicht ein­ver­stan­den ist. Wei­te­re Fol­ge: Es ist aber nicht immer vor­teil­haft und not­wen­dig, wenn Sie vor einer Ent­schei­dung jeden Gesell­schaf­ter ein­zeln dar­über infor­mie­ren, was Sie vor­ha­ben. Ent­schei­dun­gen, die den lau­fen­den Geschäfts­be­trieb betref­fen, sind Sache der Geschäfts­füh­rung. Im Zwei­fel kann es also bes­ser sein, die Gesell­schaf­ter nicht zu infor­mie­ren. Jeden­falls solan­ge Sie die Geschäf­te im Rah­men des Gegen­stan­des der GmbH füh­ren und Sie nicht gegen den Kata­log zustim­mungs­pflich­ti­ger Geschäf­te verstoßen.

Kommunale GmbHs: Neue Klausel für Geschäftsführer-Verträge

Nach der ers­ten Geset­zes­in­itia­ti­ve für mehr Kon­trol­le und Wei­sungs­ab­hän­gig­keit für die Geschäfts­füh­rer von kom­mu­na­len GmbHs (vgl. Nr. 3/2013), wird es jetzt kon­kre­ter: In vie­len kom­mu­na­len Gemein­de­rä­ten gibt es ver­stärk­te Initia­ti­ven, mit denen die Geschäfts­füh­rung von Kom­mu­nal­be­trie­ben enger an die Lei­ne genom­men wer­den sol­len. Ging es zuletzt um The­men wie Zulas­sung der Öffent­lich­keit zu Auf­sichts­rats­sit­zun­gen oder die Dau­er von Amts­zei­ten der Geschäfts­füh­rer, steht jetzt das Geschäfts­füh­rer-Gehalt im Mit­tel­punkt. Kon­kre­te For­de­rung z. B. des Gemein­de­ra­tes in Frei­burg: „Die Geschäfts­füh­rer städ­ti­scher Gesell­schaf­ten sol­len künf­tig ihre Gehäl­ter offen legen“. Noch zuletzt hat­te das VG Mün­chen klar gestellt: Eine Offen­le­gungs­pflicht über die in kom­mu­na­len GmbHs gezahl­ten Gehäl­ter gibt es nicht (Nr. 21/2012). Den­noch: Die kla­re Mehr­heit der Frei­bur­ger Gemein­de­rä­te steht hin­ter der For­de­rung. Noch müs­sen juris­ti­sche Detail­fra­gen geklärt werden.

Laut HGB ist eine Pflicht­ver­öf­fent­li­chung von Gehäl­tern in bör­sen­no­tier­ten Akti­en­ge­sell­schaf­ten vor­ge­se­hen. Pflicht­ver­öf­fent­li­chun­gen für GmbH-Geschäfts­füh­rer sind auch dann mög­lich, wenn die­se laut Klau­sel im Gesell­schafts­ver­trag im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter ver­öf­fent­licht wer­den müs­sen. Ansons­ten besteht Ver­trags­frei­heit. Der Gemein­de­rat kann die Ver­öf­fent­li­chung  nur als zusätz­li­che Klau­sel in neu abge­schlos­se­nen Geschäfts­füh­rer-Ver­trä­gen durch­set­zen. Für Frei­burg bedeu­tet das kon­kret: Die zur­zeit bestehen­den Anstel­lungs­ver­trä­ge mit den Geschäfts­füh­rern der GmbHs mit kom­mu­na­ler Betei­li­gung lau­fen zwi­schen 2014 und 2017 aus. Bei Ver­trags­ver­län­ge­run­gen muss und wird die Stadt die neue Klau­sel vor­aus­sicht­lich durchsetzen.

Für die Pra­xis: Bestehen­de Geschäfts­füh­rer-Ver­trä­ge blei­ben davon unbe­rührt. In allen ande­ren Fäl­len der Ver­trags­ver­län­ge­rung besteht dann aber kein Ver­hand­lungs­spiel­raum mehr. Die Kom­mu­ne ist ver­pflich­tet, den Gemein­de­rats­be­schluss so umzu­set­zen. Geschäfts­füh­rer einer kom­mu­na­len GmbH müs­sen sich  dar­auf ein­stel­len, dass ihr Gehalt „öffent­lich“ wird („ Nei­dern“). Die Trans­pa­renz wird dazu füh­ren, dass kom­mu­na­le Gehäl­ter ein­heit­li­cher wer­den und sich auf nied­ri­ge­rem Niveau ein­pen­deln. Prü­fen Sie, wo die Kom­mu­ne bei den Neben­leis­tun­gen etwas für Sie tun kann (Fir­men­wa­gen, Wohn­raum­über­las­sung aus städ­ti­schen Beständen).

GmbH-Recht: Dauer-Stress rechtfertigt Abberufung – aber keinen Rauswurf 

Zuver­läs­si­ge Zah­len über die Häu­fig­keit von Strei­tig­kei­ten zwi­schen Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern lie­gen offi­zi­ell zwar nicht vor. Nach unse­ren Erfah­run­gen kommt es aber in fast jeder GmbH im Zwei­jah­res-Abstand zu ernst­li­chen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten. Die meis­ten wer­den ein­ver­nehm­lich gelöst oder gehen glimpf­lich aus. Eini­ge weni­ge enden vor dem Rich­ter. Beson­ders betrof­fen davon ist die sog. Zwei­per­so­nen-GmbH – mit 2 gleich­be­rech­tig­ten Gesellschafter-Geschäftsführern.

Die Rechts­la­ge: „Der (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer kann bereits dann abbe­ru­fen wer­den, wenn die Geschäfts­füh­rer unter­ein­an­der so zer­strit­ten sind, dass eine Zusam­men­ar­beit zwi­schen ihnen nicht mehr mög­lich ist“ (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 12.01.2009, II ZR 27/08). Ach­tung: Genügt der wich­ti­ge Grund zwar für eine Ab­berufung des Geschäfts­füh­rers, ist er für den Aus­schluss des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rers aus der GmbH längst nicht aus­rei­chend (so aktu­ell OLG Stutt­gart, Urteil vom 19.12.2012, 14 U 10/12).

Für die Pra­xis: Ist die GmbH hand­lungs­un­fä­hig, weil Gesamt­ver­tre­tung besteht, die Geschäfts­füh­rer sich in der Pra­xis aber blo­ckie­ren, so dass nichts mehr geht, genügt das für die Abbe­ru­fung eines Geschäfts­füh­rers. Ein Aus­schluss­grund muss aber „in der Per­son“ des Gesell­schaf­ters lie­gen. Und zwar in der Form, dass durch die­sen Grund (z. B. eine Krank­heit) der GmbH dau­er­haft Scha­den ent­steht. Wich­tig: Sind Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer zer­strit­ten, soll­ten Sie stu­fen­wei­se vor­ge­hen. Zunächst wird der Geschäfts­füh­rer (aus wich­ti­gem Grund) abbe­ru­fen. Erst im nächs­ten Schritt – am bes­ten auf einer geson­der­ten Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung – wird über einen even­tu­el­len Aus­schluss beschlos­sen. Dann ist zumin­dest sicher­ge­stellt, dass die Abbe­ru­fung gericht­lich aner­kannt wird und so wenigs­tens die lau­fen­den Geschäf­te wei­ter geführt wer­den können.

Firmenwagen: Finanzamt stellt Gesellschafter-Geschäftsführern bei Privat-Fahr­verbot Fangfragen

Gibt es im Anstel­lungs­ver­trag des GmbH-Geschäfts­füh­rers kein pri­va­tes Fahr­ver­bot („geschäft­li­che Nut­zung“) darf das Finanz­amt die pri­va­te Nut­zung grund­sätz­lich unter­stel­len. Auch, wenn die Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer beteu­ern, dass ein münd­li­ches Ver­bot ver­ab­re­det war und im Pri­vat­haus­halt des Geschäfts­füh­rers ein wei­te­res Fahr­zeug für die rein pri­va­te Nut­zung zur Ver­fü­gung steht (FG Müns­ter, Urteil vom 21.2.2013, 13 K 4396/10 E).

Für die Pra­xis: Fehlt eine ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung zur Fir­men­wa­gen-Nut­zung, stellt das Finanz­amt Fra­gen: „Nutzt er den Wagen auch zur Heim­fahrt zum Mit­tag­essen zu Hau­se?“. Das klingt harm­los. Ant­wor­ten die bei­den Geschäfts­füh­rer einer GmbH unter­schied­lich, heißt es im Zwei­fel für das Finanz­amt.

Mitarbeiter: Chronische Krankheit fällt unter Diskriminierungsverbot

Bewirbt sich ein Mit­ar­bei­ter mit einer chro­ni­schen Krank­heit um eine ande­re Stel­le in ihrem Unter­neh­men, dann gel­ten die Vor­schrif­ten des Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­set­zes auch für die­sen Mit­ar­bei­ter (EuGH, Urteil vom 11.4.2013, C‑335/11 und 337/11). 

Für die Pra­xis: Das Euro­pa-Recht wird ent­spre­chend von den deut­schen Gerich­ten so ange­wandt wer­den. Ach­ten Sie also im Vor­feld einen Stel­len­aus­schrei­bung und ‑beset­zung dar­auf, dass Sie hier kei­ne Feh­ler machen. Z. B., indem Sie Hin­wei­se zum Gesund­heits­zu­stand eines Bewer­bers machen. Ach­ten Sie auch dar­auf, dass Sie bei Ableh­nung eines Bewer­bers nicht mit dem Gesund­heits­zu­stand son­dern aus­schließ­lich mit der erfor­der­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on argu­men­tie­ren (wenn Sie über­haupt eine Begrün­dung ange­ben). Vor­sicht bei ent­spre­chen­den Aus­sa­gen auch im per­sön­li­chen Gespräch.

Wirt­schafts­recht: Vor­sicht bei Namens­ver­wen­dung von „Volks-xxxxx“

VW und Tele­kom waren mit die ers­ten Volks­ak­ti­en, die aus­ge­ge­ben wur­den. Das war recht­lich ein­wand­frei und selbst die Asso­zia­ti­on zu Volks­wa­gen war kein Hin­der­nis. Nach einer neu­en Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs sehen die Gerich­te das unter­des­sen aber anders. Danach genügt schon die Ver­wen­dung der Kurz­form „Volks …“ (hier: Volks-Rei­fen, Volks-Inspek­ti­on), um eine Mar­ken­schutz­ver­let­zung zu unter­stel­len  (BGH, Urteil vom 11.4.2013, I ZR 214/11).

Für die Pra­xis: Schwie­rig. Den­noch dürf­te es auch nach die­sem Urteil noch vor Gericht durch­ge­hen, wenn sich ein Unter­neh­men im Gesund­heits­markt bewegt und als „Volks­wohl GmbH“ fir­miert. Hier kommt u. E. eine Mar­ken­schutz­ver­let­zung nicht in Betracht. Schwie­ri­ger dürf­te es aller­dings sein, wenn ein Bran­chen-ver­wan­d­­tes Unter­neh­men sich an eine bekann­te Mar­ke anhängt (z. B. Metro-Pol in der Lebensmittelbranche).

Arbeitsrecht: Mitarbeiter dürfen keine Geschäfte auf eigene Rechnung machen

Auch ohne aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung im Arbeits­ver­trag (Wett­be­werbs­klau­sel) dür­fen Ihre Mit­ar­bei­ter mit Ihren poten­zi­el­len Kun­den kei­ne eige­nen Geschäf­te machen (hier: vor Ort Mon­teurs-Tätig­keit). Bie­tet der Mit­ar­bei­ter trotz­dem Leis­tun­gen auf eige­ne Rech­nung an, ist das ein wich­ti­ger Grund, der eine frist­lo­se Kün­di­gung recht­fer­tigt (Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 28.1.2013, 16 Sa 593/12).

Für die Pra­xis: Die Mög­lich­keit einer frist­lo­sen Kün­di­gung haben Sie sogar dann, wenn Sie erst Jah­re spä­ter von einer sol­chen Kon­kur­renz­tä­tig­keit erfah­ren. Begrün­dung: Zwar gilt die sog. 2‑Wochenfrist nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB. Aber: Die Frist beginnt erst mit Ihrer Kennt­nis der Pflichtverletzung.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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