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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 17/2020

Kri­sen-Stra­te­gie: Kei­ne Rück­la­gen, kein Zuschuss, kein Kre­dit – was tun? + Gegen die Kri­se: In der Sanie­rung unbe­dingt den Kün­di­gungs­schutz beach­ten + Geschäfts­füh­rer-Per­spek­ti­ve: Von Pes­si­mis­ten und Opti­mis­ten + Prak­ti­sches: Die Maß­nah­men der KfW im Über­blick + Digi­ta­les: Über die Hoheit in den Wohn­zim­mern + Jah­res­ab­schluss 2018: Buß­geld­be­schei­de dür­fen lie­gen blei­ben + Rechts­än­de­rung: GmbH-Beschluss­fas­sung im Umlauf­ver­fah­ren + BMAS: Zahl­rei­che Vor­schrif­ten des Arbeits­zeit­ge­set­zes sind aus­ge­setzt + Wie lang kann der Insol­venz­ver­wal­ter auf das Pri­vat­ver­mö­gen des Geschäfts­füh­rers zugrei­fen? + Coro­na: Zuschuss für Hand­wer­ker abge­lehnt – kein eili­ger Handlungsbedarf

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Frei­burg, 24. April 2020

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

fast alle Kollegen/Innen, mit denen ich in den letz­ten Tagen über die Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Coro­na-Pan­de­mie gespro­chen habe, sind direkt oder indi­rekt Betrof­fe­ne. Man hat fast flä­chen­de­ckend Kurz­ar­beit ange­mel­det, sich um Zuschüs­se bemüht oder Kre­di­te bean­tragt. M. E. spie­geln die offi­zi­ell dazu genann­ten Zah­len (z. B. ca. 718.000 Anträ­ge auf Kurz­ar­beit Stand 20.4.2020) die tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­se längst noch nicht wie­der. Vie­le Kol­le­gen kön­nen erst kurz vor Ablauf des Monats (hier: April) kon­kre­te Zah­len für die Antrag­stel­lung vor­le­gen. Abseh­bar ist aber auch jetzt schon, dass – auch nach dem dosier­ten Anfah­ren des Wirt­schafts­be­trie­bes – vie­len Unter­neh­men die Auf­trä­ge für Mai und die fol­gen­den Mona­te zum Teil erheb­lich weg­bre­chen bzw. bereits weg­ge­bro­chen sind.

Fest­zu­stel­len ist auch, dass sich die Psy­cho­lo­gie in den letz­ten Wochen ver­än­dert hat. (Exis­tenz-) Angst ist in vie­len Fäl­len in eine gewis­se Phleg­ma und/oder Schick­sals­er­ge­ben­heit gewor­den: „Dann muss ich eben Insol­venz anmel­den”. Es gibt auch die Fäl­le, in denen kei­ne Rück­la­gen mehr vor­han­den sind, weder Zuschüs­se bewil­ligt noch Kre­di­te aus­ge­zahlt wer­den. Hier ist defi­ni­tiv Schluss für das Unter­neh­men. Wie vie­le Unter­neh­men davon betrof­fen sind, wird sich in vol­lem Umfang erst in den kom­men­den Wochen und Mona­ten zeigen.

Eine neue Chan­ce für alle Wirt­schaf­ten­den vor Ort bringt die – Zukunfts­for­scher Mat­thi­as Horx ver­wen­det die Begriff­lich­keit – Glo­KA­Li­sie­rung. Damit gemeint ist die Loka­li­sie­rung des Glo­ba­len mit Chan­cen für neue regio­na­le Geschäfts­mo­del­le – in Sachen Pro­duk­ti­on, Bevor­ra­tung, Logis­tik und Mobi­li­tät, Hand­werk und Dienstleistung.

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Gegen die Krise: In der Sanierung unbedingt den Kündigungsschutz beachten

Für die Geschäftsführer/Innen klei­ne­rer GmbHs ist die 10-Mit­ar­bei­ter-Grö­ße der ers­te kri­ti­sche Schwel­len­wert in der ers­ten Wachs­tums­pha­se des Unter­neh­mens. Dabei geht es zum einen dar­um, nicht die stren­gen Vor­ga­ben des Kün­di­gungs­schutz­ge­set­zes ein­hal­ten zu müs­sen. Den meis­ten geht es aber ganz kon­kret dar­um, selbst ent­schei­den zu kön­nen, wie sie in einer wirt­schaft­li­chen Schwä­che­pha­se reagie­ren kön­nen und auch selbst dar­über zu ent­schei­den, an wel­chen betrieb­li­chen Stel­len Per­so­nal­kos­ten ein­ge­spart wer­den kön­nen und wel­che Mit­ar­bei­ter unbe­dingt gehal­ten wer­den. Die Vor­ga­ben des Kün­di­gungs­schutz­ge­set­zes berück­sich­ti­gen in der Regel sol­che betrieb­li­chen Belan­ge und Not­wen­dig­kei­ten nicht.

ACHTUNG: Die Vor­ga­ben des Kün­di­gungs­schut­zes gel­ten natür­lich auch jetzt im Fal­le einer Sanie­rung, wenn Sie die­se ohne offi­zi­el­les Insol­venz- oder Schutz­schirm­ver­fah­ren durch­füh­ren wollen/müssen. Die 10-Mit­ar­bei­ter-Gren­ze bezieht sich auf Voll­zeit-Stel­len. Nicht-Voll­zeit-Stel­len wer­den dabei wie folgt gezählt:

  • Teil­zeit­be­schäf­tig­te bei der Fest­stel­lung der Zahl der Beschäf­tig­ten ent­spre­chend der Dau­er ihrer Arbeits­zeit antei­lig berück­sich­tigt: Arbeit­neh­mer mit einer wöchent­li­chen Arbeits­zeit von nicht mehr als 20 Stun­den mit 0,5, von nicht mehr als 30 Stun­den mit 0,75 und von mehr als 30 Stun­den mit 1,0.
  • Beschäf­tig­te, deren Arbeits­ver­hält­nis ruht (Beschäf­tig­te in Eltern­zeit, Pfle­ge­zeit, Mut­ter­schutz), wer­den bei der Ermitt­lung der Beschäf­tig­ten­zahl mit­ge­zählt. Wur­de eine Ersatz­kraft ein­ge­stellt, wird der Arbeits­platz nur ein­mal gezählt.
  • Aus­zu­bil­den­de wer­den nicht mitgezählt.

Dane­ben müs­sen Sie – sofern Ihre GmbH bereits seit eini­gen Jah­ren im Geschäft und damit kei­ne Neu­grün­dung oder eine Start­Up-Grün­dung ist – Über­gangs­fris­ten beach­ten. Danach müs­sen Sie prüfen:

  • Arbeit­neh­mer, deren Arbeits­ver­hält­nis am 31.12.2003 in einem Betrieb zwi­schen 6 und 10 Arbeit­neh­mern bestand, genie­ßen den Schutz des Kün­di­gungs­schutz­ge­set­zes solan­ge sie in dem Unter­neh­men noch beschäf­tigt sind.
  • Fand das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz am 31.12.2003 nur des­halb kei­ne Anwen­dung, weil die jewei­li­ge Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit weni­ger als 6 Mona­te bestand, so gilt der Kün­di­gungs­schutz unter Zugrun­de­le­gung des bis­he­ri­gen Schwel­len­werts von 5 Arbeit­neh­mern mit Ablauf der Wartezeit.
  • Wird in Fol­ge einer Kün­di­gung inner­halb die­ser Per­so­nen­grup­pe aller­dings der Schwel­len­wert von 5 erreicht bzw. unter­schrit­ten, so geht auch für die rest­li­chen Mit­ar­bei­ter der Schutz nach dem Kün­di­gungs­schutz­ge­setz unter.
Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass sich  Arbeit­neh­mer mit ihren recht­li­chen Mög­lich­kei­ten weh­ren – ihnen bleibt oft gar kei­ne ande­re Wahl. Die Kün­di­gung muss also hieb- und stich­fest sein. Das kann z. B. pro­ble­ma­tisch wer­den, wenn Leih­ar­beit­neh­mer beschäf­tigt sind/waren. Das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz gilt in der Regel auch für lei­ten­de Ange­stell­te. Vor den Arbeits­ge­rich­ten wird bei ein­fa­chen Feh­lern auf eine Abfin­dung hin ver­han­delt – was ganz schön in die Kos­ten gehen kann. Sie sind also gut bera­ten, sich in jedem ein­zel­nen Fall vor­ab recht­lich abzu­si­chern. Das gilt auch – sofern vor­han­den – für den Umgang mit der Arbeitnehmervertretung/Betriebsrat. Zu beach­ten sind Infor­ma­ti­ons­pflich­ten, Vor­schlags­rech­te und even­tu­ell auch Zustimmungspflichten.

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Geschäftsführer-Perspektive: Von Pessimisten und Optimisten

Zum Start in das neue Jahr – also noch vor der Coro­na-Kri­se – errech­ne­te der Inter­na­tio­na­le Wäh­rungs­fond (IWF) für Deutsch­land ein Wirt­schafts­wachs­tum von 3,4 % für 2020. Was ange­sichts der chi­ne­si­schen Flau­te, der Trump­schen Poli­tik unbe­re­chen­ba­rer Zöl­le, des Umbruchs auf dem Markt für Mobi­li­tät und Auto­mo­bi­le und eini­ger ande­rer Unsi­cher­heits­fak­to­ren für den Indus­trie-gepräg­ten und export­ab­hän­gi­gen Stand­ort „Deutsch­land” selbst von der öko­no­mi­schen Exper­ti­se als sehr opti­mis­ti­sche bis eupho­ri­sche Aus­sicht ein­ge­schätzt wur­de. Sogar die Bun­des­re­gie­rung ging damals von einem fast beschei­de­nem 1-%-Wachstum aus. Jetzt liegt die nächs­te Pro­gno­se auf dem Tisch. Der Coro­na-beding­te Ein­bruch wird das deut­sche Brut­to­in­lands­pro­dukt (BIP) laut IWF um 7 % schmä­lern. Die US-Wirt­schaft wird um 6,1 % schrump­fen. Eini­ge Fak­to­ren deu­ten aller­dings dar­auf hin, dass der IWF auch hier mit ein wenig Opti­mis­mus Lau­ne ver­brei­ten möch­te. Das darf sein. Ein welt­wei­ter Kon­junk­tur­ein­bruch die­ses Aus­ma­ßes ist Neu­land für alle. Außer Opti­mis­mus braucht es dann muti­ge Unter­neh­mer. Mit freund­li­chen Grüßen.

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Praktisches: Die Maßnahmen der KfW im Überblick

Betrifft … Dar­um geht es … to do …
(Sofort-) Hil­fen für klei­ne­re und mit­tel­gro­ße Unternehmen Ab sofort kön­nen klei­ne­re, mit­tel­gro­ße und gro­ße Unter­neh­men den KfW-Schnell­kre­dit für mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men mit 10 und mehr Mit­ar­bei­tern bean­tra­gen. Der Bund sichert die­se Kre­di­te zu 100 % ab. Infor­mie­ren Sie sich > Hier ankli­cken

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Digitales: Über die Hoheit in den Wohnzimmern

Wäh­rend Daten­schüt­zer und Wirt­schafts-Ethi­ker die Gren­zen der Künst­li­chen Intel­li­genz aus­lo­ten, sind die Gigan­ten der digi­ta­len Welt bereits in Mil­lio­nen von Wohn­zim­mern ein­ge­zo­gen und schaf­fen Fak­ten. Smar­thome ist da. Auf der Tech­no­lo­gie­mes­se CES in Las Vegas gab es neue Ein­bli­cke, wohin die Rei­se gehen wird und wel­che Pro­duk­te in den nächs­ten Mona­ten ins Ren­nen gehen. Die Vor­aus­set­zung: Der lizenz­freie Ver­bin­dungs­stan­dard zwi­schen den Smar­thome-Pro­duk­ten der ver­schie­de­nen Anbie­ter (Goog­le, Ama­zon, Apple, Sam­sung). Die Korea­ner haben unter­des­sen Bal­lie ent­wi­ckelt, ein rol­len­der Kugel­ro­bo­ter im Mini­for­mat, der dem Besit­zer auf Schritt und Tritt folgt oder allei­ne im Haus her­um­streift, um alles Mög­li­che zu ver­an­las­sen, was dem Frauchen/Herrchen Genuss, Freu­de, Erleich­te­rung oder sons­ti­gen Nut­zen brin­gen soll. Bal­lie ist die KI-Zen­tra­le, die alle Infor­ma­tio­nen, Ver­halts­wei­sen und Bedürf­nis­se sam­melt, bün­delt und in Hand­lungs­an­wei­sun­gen für alle der mit ihm ver­netz­ten Haus­ge­rä­te über­setzt. Das dazu not­wen­di­ge IP-basier­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­netz wird zum fes­ten Bestand­teil jeder Wohnimmobilie.

Der Goog­le-Mut­ter­kon­zern Alpha­bet ver­han­delt der­zeit ein 40 Mrd.-$-Projekt mit der Stadt Toron­to. Ziel: Geplant ist ein High-Tech-Stadt­teil – mit einer tota­len digi­ta­len Infra­struk­tur für alle Haus­hal­te, für die auto­no­me Mobi­li­tät, für die Ver­wal­tung und für das digi­ta­le Gesund­heits­we­sen. Toron­to wird dann San­tan­der als Vor­zei­ge­pro­jekt digi­ta­ler Mög­lich­kei­ten ablösen.

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Jahresabschluss 2018: Bußgeldbescheide dürfen liegen bleiben

Unter­des­sen haben sich die Geschäfts­füh­run­gen der meis­ten Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten mit den seit 2007 gel­ten­den Offen­le­gungs­pflich­ten für den Jah­res­ab­schluss (JA) arran­giert. Den­noch: Nach den offi­zi­el­len Zah­len aus zuletzt 2017  wur­de gegen rund 150.000 Unter­neh­men ein Ord­nungs­geld­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet. Grün­de: Gele­gent­lich wur­de die Frist aus Nach­läs­sig­keit über­schrit­ten. Dafür spricht, dass ca. 90.000 Ver­fah­ren nach Ablauf der 6‑wöchigen Nach­reich­frist ein­ge­stellt wur­den und ledig­lich ein Säum­nis­zu­schlag gezahlt wer­den muss­te. Aber es gibt auch sach­li­che Grün­de für eine Über­schrei­tung der Frist (Über­las­tung oder Wech­sel des Steu­er­be­ra­ters, Fusio­nen oder Teil­be­triebs­auf­ga­ben, unkla­re Geschäfts­vor­fäl­le, die lang­wie­ri­ger Klä­rung bedür­fen usw.).

Auch in die­sen außer­ge­wöhn­li­chen Zei­ten besteht für GmbHs und Unter­neh­mer­ge­sell­schaf­ten grund­sätz­lich die gesetz­li­che Offen­le­gungs­frist (hier: Offen­le­gung des JA 2018 zum 31.12.2019 gemäß § 325 HGB). Das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) hat aber signa­li­siert, dass in die­sem Jahr eine Aus­nah­me­re­ge­lung gilt:

  • Es wer­den aber in der jet­zi­gen Situa­ti­on kei­ne neu­en Andro­hungs- und Ord­nungs­geld­ver­fü­gun­gen gegen Unter­neh­men erlassen.
  • Unter­neh­men, die nach dem 5. Febru­ar 2020 vom Bun­des­amt für Jus­tiz eine Andro­hungs­ver­fü­gung erhal­ten haben, kön­nen die Offen­le­gung bis zum 12.6.2020 nach­ho­len, auch wenn die sechs­wöchige Nach­frist für die ver­säum­te Offen­le­gung schon vor­her abge­lau­fen ist bzw. ablau­fen wird.
  • Wird die Offen­le­gung bis zum 12. Juni 2020 nach­ge­holt, wird das zuvor ange­droh­te Ord­nungs­geld nicht festgesetzt.
Umge­kehrt nut­zen unter­des­sen vie­le Unter­neh­men das elek­tro­ni­sche Unter­neh­mens­re­gis­ter zum Bench­mar­king. So kann man sich – wenn auch mit zeit­li­cher Ver­zö­ge­rung – ein Bild über die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on der Kon­kur­renz machen. Aus dem Lage­be­richt gibt es zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen über geplan­te wirt­schaft­li­che Aktivitäten.

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Rechtsänderung: GmbH-Beschlussfassung im Umlaufverfahren

Nach den Vor­ga­ben des GmbH-Geset­zes kön­nen Beschlüs­se der Gesell­schaf­ter auch ohne Abhal­tung einer offi­zi­el­len Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung gefasst wer­den, wenn sämt­li­che Gesell­schaf­ter einem ande­ren Beschluss­ver­fah­ren – etwa per eMail oder im schrift­li­chen Umlauf­ver­fah­ren – zustim­men (hier: § 48 Abs. 2 GmbH-Gesetz). Der Gesetz­ge­ber hat jetzt umge­hend reagiert und über­gangs­wei­se Anpas­sun­gen im GmbH-Gesetz ange­ord­net, um die Hand­lungs­fä­hig­keit der GmbH wäh­rend der Coro­na­kri­se sicher­zu­stel­len. Der gesetz­ge­be­ri­sche Ein­griff sieht befris­tet vor, dass das schrift­li­che Umlauf­ver­fah­ren auch ohne Zustim­mung sämt­li­cher Gesell­schaf­ter durch­ge­führt wer­den kann (Quel­le: Gesetz zur Abmil­de­rung der Fol­gen der COVID-19-Pan­de­mie im Zivil‑, Insol­venz- und Straf­ver­fah­rens­recht, Arti­kel 2 § 2).

Aber ganz ohne Gesell­schaf­ter­be­schluss geht es nicht. Der Beschluss zum schrift­li­chen Umlauf­ver­fah­ren oder zur Online-Abstim­mung muss danach mit ein­fa­cher Mehr­heit gefasst wer­den. Die­se Rechts­la­ge gilt für alle Beschlüs­se, die noch im Lau­fe des Jah­res 2020 gefasst wer­den (müs­sen). In der Pra­xis bedeu­tet das: Gibt es eine Mehr­heit für einen zu fas­sen­den Beschluss (Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses, Beschluss über die Gewinn­ver­wen­dung, Ent­las­tung des Geschäfts­füh­rers), dann kön­nen die zustim­men­den Gesell­schaf­ter auch den Beschluss über ein schrift­li­ches oder Online-Abstim­mungs­ver­fah­ren durch­set­zen – die Gesell­schaf­ter ver­fü­gen dann ja über die not­wen­di­ge ein­fa­che Mehr­heit – mit der eine sol­che Beschluss­fas­sung ja nach der oben genann­ten Anord­nung des Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums (BMJ) ver­fah­ren wer­den kann.

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BMAS: Zahlreiche Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes sind ausgesetzt

Das BMAS hat eine Rechts­ver­ord­nung zur Abwei­chung vom Arbeits­zeit­ge­setz beschlos­sen, nach der für einen befris­te­ten Zeit­raum und für sys­tem­re­le­van­te Berufs­grup­pen Aus­nah­men von den stren­gen Vor­schrif­ten des Arbeits­zeit­ge­set­zes (ArbZG), ins­be­son­de­re von den Höchst­ar­beits­zei­ten, den Min­destru­he­zei­ten sowie vom grund­sätz­li­chen Beschäf­ti­gungs­ver­bot an Sonn- und Fei­er­ta­gen zuge­las­sen wer­den. Unter­neh­men kön­nen die damit ver­bun­de­nen fle­xi­ble­ren Arbeits­ein­satz­mög­lich­kei­ten danach vor­erst bis zu 31. Juli die­ses Jah­res nut­zen. Ob die­se Rege­lung ver­län­gert wird, ist nicht absehbar.

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Corona: Zuschuss für Handwerker abgelehnt – kein eiliger Handlungsbedarf

Weil ein Hand­wer­ker sei­nen Antrag auf NRW Sofort­hil­fe 2020 ledig­lich mit dem Hin­weis auf einen Auf­trags­rück­gang begrün­de­te, lehn­te die Bezirks­re­gie­rung Köln die Zah­lung ab.  Der Hand­wer­ker bean­trag­te dazu eine gericht­li­che Ent­schei­dung im Eil­ver­fah­ren. Dazu das Gericht: „Hier­für reicht allein die Behaup­tung, die wirt­schaft­li­che Exis­tenz sei gefähr­det, nicht aus. Nach der nord­rhein-west­fä­li­schen Coro­na-Schutz-Ver­ord­nung ist einem Elek­tro­hand­wer­ker – anders als vie­len ande­ren Hand­wer­kern – der wei­te­re Betrieb des Unter­neh­mens unter Beach­tung der Vor­keh­run­gen zum Schutz vor Infek­tio­nen mög­lich. Daher muss der Antrag­stel­ler plau­si­bel machen, wie­so ihm trotz­dem auf­grund der Coro­na-Kri­se eine Exis­tenz­ge­fähr­dung droht. Auch wenn es im behörd­li­chen Ver­fah­ren aus­reicht, das Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen ohne Vor­la­ge von Bele­gen zu bestä­ti­gen, so gilt im gericht­li­chen Ver­fah­ren wei­ter­hin der Maß­stab der Glaub­haft­ma­chung“ (Ver­wal­tungs­ge­richt Köln, Urteil v. 8.4.2020, 16 L 679/20).

Inter­es­sant – aber auch höchst befremd­lich für insol­venz­ge­fähr­de­te Unter­neh­men – sind die Zwi­schen­tö­ne die­ses Vor­gangs. So ver­langt die Behör­de im Antrags­ver­fah­ren aus­drück­lich kei­nen Nach­weis durch Bele­ge. Der Antrag auf Zuschuss wur­de dann aber mit der Begrün­dung abge­lehnt, dass der Hand­wer­ker ja nicht dar­an gehin­dert sei, zu arbei­ten.  Der Auf­trags­rück­gang wur­de nicht berück­sich­tigt. Das klingt nach Will­kür. Schlim­mer noch: Das Ver­wal­tungs­ge­richt setzt einen noch höhe­ren Maß­stab und hält es für gerecht­fer­tigt, dass das Gericht einen Antrag auf Zuschuss nur dann bestä­ti­gen kann, wenn dafür stich­hal­ti­ge Bele­ge vor­ge­legt wer­den. U. E. kann dann aber von einer „Sofort­hil­fe” nicht mehr die Rede sein.

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Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re und ein erhol­sa­mes Wochen­en­de wünscht

Ihr

L. Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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