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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 15/2013

The­men heu­te: Geschäfts­füh­rer-Frei­raum: Sie dür­fen nicht Alles, was Sie kön­nen + GmbH-Rech­nungs­we­sen: Jah­res­ab­schluss 2012 – Ab jetzt sind Sie in der Pflicht + Inter­net: Social-Media-Pro­fi­le: Nur „aktu­ell“ ist wirk­lich aktu­ell + Intra­net: Pri­va­te E‑Mails auf dem Fir­men-Account kön­nen Pro­ble­me machen + Arbeits­recht: Stress ist kein Mob­bing + GmbH-Recht: Gesell­schaf­ter kann kein GmbH-Haus­ver­bot aus­spre­chen + Falsch­be­ra­tung: Steu­er­be­ra­ter muss auf Über­schul­dungs­ge­fahr hin­wei­sen + BISS

 

 Nr. 15/2013 vom 12.4.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

selbst als (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer Ihrer eige­nen GmbH dür­fen Sie nicht alle Geschäfts­chan­cen nut­zen, die sich Ihnen bie­ten. Ganz kon­kre­te Hand­lungs­gren­zen setzt Ihnen der Gesell­schafts­ver­trag Ihrer GmbH. In der Regel heißt es dort unter § 3 der GmbH: Gegen­stand der GmbH ist (…………….)“. Damit sind Ihre recht­li­chen Gren­zen fest­ge­zurrt. Jüngs­tes Bei­spiel: Der Chef einer süd-west­deut­schen Hypo­the­ken­bank hat­te zuge­las­sen, dass in sei­nem Hau­se Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäf­te durch­ge­führt wur­den, die laut Sat­zung der Bank nicht zuge­las­sen waren. Fol­ge: Der Bank-Vor­stand haf­tet für den Scha­den, der sei­nen Kun­den ent­stan­den ist (BGH, Urteil vom 15.1.2013, II ZR 90/11).

Wich­tig: Das gilt nicht nur für den Vor­stand einer Bank-AG. Das gilt auch für alle Geschäfts­füh­rer (ana­log § 93 Abs. 1 AktG bzw. § 43 Abs. GmbH-Gesetz). Das bedeu­tet: Scha­dens­er­satz kann nicht nur von einem der Gesell­schaf­ter gegen Sie durch­ge­setzt wer­den. Auch Kun­den, die des­we­gen einen Scha­den bele­gen, kön­nen die­sen direkt gegen Sie durch­set­zen. Z. B., wenn Sie eine (untaug­li­che) IT-Schu­lung abhal­ten und abrech­nen wol­len, der Gegen­stand Ihrer IT-GmbH aber nur „Han­del mit Hard­ware“ heißt.

Für die Pra­xis: Aus den Bei­spie­len sehen Sie, dass es nicht um theo­re­ti­sche Haf­tung geht. Prü­fen Sie anhand des GmbH-Gesell­schafts­ver­tra­ges, ob der für Ihre GmbH beschrie­be­ne Gegen­stand noch aktu­ell ist und alle tat­säch­li­chen Geschäf­te der GmbH abdeckt. Gibt es star­ke Abwei­chun­gen zwi­schen dem Ver­trags-Gegen­­­stand und der betrieb­li­chen Pra­xis, sind Sie gut bera­ten, den Gegen­stand der GmbH per Gesell­schaf­ter­be­schluss und Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges an die Rea­li­tä­ten anzu­pas­sen. Ist das zu auf­wen­dig (z. B., weil nur sel­ten Geschäf­te über den Gegen­stand der GmbH hin­aus abge­schlos­sen wer­den), soll­ten Sie sich aber auf jeden Fall für den Ein­zel­fall absi­chern und ein sol­ches Geschäfts nur mit einer aus­drück­li­chen Geneh­mi­gung der Gesell­schaf­ter abschlie­ßen (wirk­sa­mer Gesell­schaf­ter­be­schluss der Gesellschafterversammlung).

GmbH-Jahresabschluss 2012: Ab jetzt sind Sie in der Pflicht 

Nach dem Buch­sta­ben des Geset­zes müs­sen mit­tel­gro­ße und gro­ße GmbHs den Jah­res­ab­schluss 2012 bis zum 31.3.2013 auf den Weg gebracht haben (gemäß § 264 HGB: Erstel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses). In der Pra­xis sind die Steu­er­be­ra­ter in den ers­ten 3 Mona­ten des Jah­res aber so aus­ge­las­tet, dass die­ser Ter­min nur sel­ten ein­ge­hal­ten wird. Anschlie­ßend muss der Jah­res­ab­schluss von den Gesell­schaf­tern fest­ge­stellt wer­den (Ter­min: 31.8.2013). Letz­ter Ter­min für den Jah­res­ab­schluss 2012 ist dann der 31.12.2013, zu dem alle GmbHs ihren Jah­res­ab­schluss 2012 offen legen und im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter ver­öf­fent­li­chen müs­sen. Für den Jah­res­ab­schluss 2012 gel­ten dabei unver­än­dert die fol­gen­den Größenklassen-Kriterien:

Über­sicht: Die GmbH-Grö­ßen­klas­sen (§ 267 HGB)

klei­ne GmbH

Bilanz­sum­me bis 4.840.000 €

Umsatz­er­lö­se bis 9.680.000 €

bis 50 Mitarbeiter

mit­tel­gro­ße GmbH

Bilanz­sum­me von 4.840.000 € bis 19.250.000 €

Umsatz­er­lö­se von 9.680.000 € bis 38.500.000 €

50 bis 250 Mitarbeiter

gro­ße GmbH

Bilanz­sum­me über 19.500.000 €

Umsatz­er­lö­se über  38.500.000 €

mehr als 250 Mitarbeiter

Für die Pra­xis der mit­tel­gro­ßen und gro­ßen GmbH: Laut HGB muss der Jah­res­ab­schluss bereits zum 31.3.2013 „erstellt“ sein. Auch dafür ist der Geschäfts­füh­rer ver­ant­wort­lich. Aber es gilt: Wo kein Klä­ger, da kein Täter. In der Pra­xis wird die­se Ter­min­vor­ga­be nicht geprüft und nicht geahn­det. Zum Pro­blem wird die­se Frist, wenn einer der Gesell­schaf­ter auf Ein­hal­tung des Ter­mins drängt (klagt) oder wenn ein Bank­ter­min zu Finan­zie­run­gen ansteht und die Bank dar­auf Wert legt, den aktu­el­len Jah­res­ab­schluss einzusehen.

Internet: Social-Media-Profile: Nur „aktuell“ ist wirklich aktuell 

Geschäfts­füh­rer, die regel­mä­ßig sozia­le und Busi­ness-Netz­wer­ke zur Anbah­nung von Geschäfts­kon­tak­ten nut­zen, ken­nen das: „Der gesuch­te Kon­takt ist nicht mehr aktu­ell“. Die Zei­ten, in der Arbeit­neh­mer in einem Unter­neh­men arbei­ten, wer­den immer kür­zer. Das ist auch bei Geschäfts­füh­rern nicht anders. Das spie­gelt sich auch in den Ein­trag-Pro­fi­len in Inter­net-Net­z­­wer­ken wie­der. Wer z. B. unter der Posi­ti­on „Geschäfts­füh­rer“ sucht, wird sehr schnell fest­stellen, dass vie­le Geschäfts­füh­rer eine sehr beweg­te beruf­li­che Bio­gra­phie mit vie­len beruf­li­chen Sta­tio­nen hin­ter sich haben – oft haben sie sogar in den letz­ten ein bis zwei Jah­ren ihre Posi­ti­on gewech­selt. Häu­fig kommt es aber auch vor, dass die beruf­li­che Bio­gra­phie ver­al­tet ist.

Für die Pra­xis: 60% aller Inter­net-Nut­zer knüp­fen geschäft­li­che Kon­tak­te über Busi­ness-Netz­wer­ke. Wenn Sie sich in einem Netz­werk ein­tra­gen, soll­ten Sie die dort über Sie ver­öf­fent­lich­ten Daten regel­mä­ßig aktu­ell hal­ten. Das gilt aber nicht nur für Ihre Per­so­nen­da­ten, son­dern auch für die Daten der Fir­ma, die Sie reprä­sen­tie­ren. Z. B. dann, wenn Ihre Fir­ma neue Pro­duk­te auf den Markt bringt, neue Geschäfts­fel­der erschlie­ßen will, neue Koope­ra­ti­ons­part­ner sucht und Sie dazu neue Kon­tak­te suchen und gefun­den wer­den wol­len (z. B. Xing, Lin­ke­dIn). Reser­vie­ren Sie am bes­ten jetzt gleich einen Ter­min für die Prü­fung aller Ihrer Eintrag-Profile.

Intranet: Private E‑Mails auf dem Firmen-Account können Probleme machen

 Erlau­ben Sie Ihren Mit­ar­bei­tern pri­va­te E‑Mails über den Fir­men-Account zu erle­di­gen, müs­sen Sie ein Urteil des Ober­lan­des­ge­richts (OLG) Dres­den beach­ten. Danach gilt: Kün­di­gen Sie die­sen Mit­ar­bei­ter, dür­fen Sie den E‑Mail-Account nicht sofort löschen. Erst müs­sen Sie sicher­stel­len, dass die pri­va­ten Inhal­te so ver­sorgt wur­den, dass der (ehe­ma­li­ge) Mit­ar­bei­ter kei­nen Daten­ver­lust gel­tend machen kann (OLG Dres­den, Urteil vom 5.9.2012, 4 W 961/12).

Für die Pra­xis: Das gilt nur dann, wenn der Mit­ar­bei­ter aus­drück­lich die Erlaub­nis zur Abwick­lung pri­va­ter E‑Mails hat (schrift­lich). Han­delt es sich (unaus­ge­spro­chen) ledig­lich um eine betrieb­li­che Übung, auch pri­va­te E‑Mails zu schrei­ben, müs­sen Sie kei­ne Vor­sichts­maß­nah­men tref­fen. Ansons­ten müs­sen Sie bei vor­zei­ti­gem Löschen der E‑Mail u. U. sogar Scha­den­er­satz zahlen.

Arbeitsrecht: Stress ist kein Mobbing

In der betrieb­li­chen Pra­xis ist die Gren­ze zwi­schen Stress-Situa­tio­nen und Mob­bing nicht ein­fach zu zie­hen. Nach einem aktu­el­len Urteil des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Düs­sel­dorf haben Sie als Arbeit­ge­ber zumin­dest eini­ge Kri­te­ri­en, die Ihnen die Beur­tei­lung in Zukunft leich­ter machen. Danach gilt: Eine län­ger andau­ern­de Kon­flikt­si­tua­ti­on, eine durch das Direk­ti­ons­recht gedeck­te Zuwei­sung unlieb­sa­mer Tätig­kei­ten oder die dras­ti­sche Kri­tik eines Vor­gesetzten am Mit­ar­bei­ter sind noch kein Anzei­chen für Mob­bing (LAG Düs­sel­dorf, Urteil vom 26.3.2013, 17 Sa 602/12).

Für die Pra­xis: Eine Mit­ar­bei­te­rin hat­te Arbeits­zei­ten ein­ge­tra­gen, zu denen sie aber nach­weis­lich nicht anwe­send war. Dar­auf­hin hat­te der Arbeit­ge­ber eine stren­ge­re Kon­trol­le der Anwe­sen­heit ange­ord­net. Die Mit­ar­bei­te­rin hielt das für unge­recht­fer­tigt und reagier­te mit Stres­s­er­schei­nun­gen bis zu einem Ner­ven­zu­sam­men­bruch. Dazu das Gericht: Bei der Kon­troll­maß­nah­me han­delt es sich nicht um will­kür­li­ches und sys­te­ma­ti­sches Mob­bing. Als Arbeit­ge­ber haben Sie bei einem Ver­trau­ens­bruch das Recht, stren­ge­re Kon­troll­maß­nah­men durch­zu­füh­ren. Las­sen Sie sich also nicht mit einem Hin­weis auf mög­li­ches Mob­bing beeindrucken.

GmbH-Recht: Gesellschafter kann kein GmbH-Hausverbot aussprechen

Will ein Gesell­schaf­ter dem ande­ren Haus­ver­bot ertei­len, dann geht das nur über den Geschäfts­füh­rer bzw. einen Gesell­schaf­ter­be­schluss mit Wei­sung an der Geschäfts­füh­rer. Die GmbH hat das Haus­recht (OLG Mün­chen, Urteil vom 17.1.2013, 23 U 4421/12).

Für die Pra­xis: Der Gesell­schaf­ter allei­ne ist also nicht berech­tigt eine ent­spre­chen­de Einst­wei­li­ge Ver­fü­gung (Inhalt: „Unter­sa­gung des Betre­tens der Geschäfts­räu­me)“ beim Amts­ge­richt zu bean­tra­gen. Aus den oben genann­ten Grün­den wird ein sol­cher Antrag nicht ange­nom­men bzw. abgelehnt. 

Berater-Haftung: Steuerberater muss auf Überschuldungsgefahr hinweisen

Wenn der Steu­er­be­ra­ter auf­grund einer von ihm erstell­ten betriebs­wirt­schaft­li­chen Aus­wer­tung erken­nen kann, dass Über­schul­dungs­ge­fahr besteht, muss er Sie dar­auf hin­wei­sen. Unter­lässt er das, han­delt er pflicht­wid­rig und haf­tet für einen dar­aus ent­stan­de­nen Scha­den (OLG Olden­burg, Urteil vom 8.11.2012, 14 U 8/12).

Für die Pra­xis: Die­se Beleh­rungs­pflicht des Steu­er­be­ra­ters besteht selbst dann, wenn es sich um einen wirt­schaft­lich erfah­re­nen Geschäfts­füh­rer han­delt. Für eine anschlie­ßen­de Insol­venz der GmbH bedeu­tet das: Der Steu­er­be­ra­ter kann neben dem GmbH-Geschäfts­füh­rer zusätz­lich den Steu­er­be­ra­ter zur Haf­tung her­an­zie­hen. Dane­ben ist zu prü­fen, ob der Geschäfts­füh­rer den Steu­er­be­ra­ter aus die­ser Pflicht­ver­let­zung zusätz­lich für sei­nen Scha­den haft­bar machen kann.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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