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Volkelt-Briefe

Preise/Kalkulation: Die neuen Methoden der Kartellbehörden

Über die Pro­ble­me, die immer mehr auch klei­ne­re Unter­neh­men mit den Kar­tell­be­hör­den haben, berich­ten wir regel­mä­ßig (Nr. 43/2017). Inter­es­sant: In der letz­ten Woche hat sich die Daim­ler-AG als Kron­zeu­ge (Offi­zi­ell: Bonus­re­ge­lung) im euro­päi­schen Kar­tell­ver­fah­ren gegen die gro­ßen deut­schen Auto­mo­bil-Her­stel­ler ange­bo­ten. Akzep­tie­ren die euro­päi­schen Kar­tell­be­hör­den die­ses Ange­bot, wür­de Daim­ler im Ver­fah­ren selbst straf­frei blei­ben. Das aller­dings nur, wenn die getrof­fe­nen Abspra­chen offen gelegt wer­den und die Kar­tell­be­hör­den damit zufrie­den sind. Der­zeit prüft die EU-Kom­mis­si­on noch, ob ein sol­ches Ver­fah­ren über­haupt ein­ge­lei­tet wird. Denk­bar ist, dass …sich der Daim­ler-Vor­stand sicher ist, dass das Ver­fah­ren über Vor­er­mitt­lun­gen nicht hin­aus kommt und ein Haupt­ver­fah­ren nicht eröff­net wird. Dage­gen spricht aller­dings, dass der eben­falls beschul­dig­te BMW-Kon­zern von dem Daim­ler-Vor­stoß nicht wirk­lich amu­sed ist. Offi­zi­ell beru­fen sich die betrof­fe­nen Auto­mo­bil-Her­stel­ler dar­auf, dass die Koope­ra­ti­on aus­schließ­lich der Abstim­mung von tech­ni­schen Nor­men dient.

Den Kar­tell­be­hör­den geht es nun aber dar­um zu prü­fen, inwie­weit es auch Abspra­chen zur Kon­di­tio­nie­rung des Geschäfts­ge­ba­rens mit den Zulie­fe­rer-Betrie­ben gege­ben hat. Im Klar­text: Ob es gemein­sam abge­spro­che­ne Preis­vor­ga­ben gab. Nicht weni­ge Exper­ten der Bran­che hal­ten ein sol­ches Vor­ge­hen für „durch­aus üblich” (vgl. Nr. 30/2016). Flo­ri­an Hoff­mann, Lei­ter des Euro­pean Trust Insti­tuts, hält sol­che Kar­tell-Ver­fah­ren für „rea­li­täts­fremd“. Die­se Gesprä­che sind sogar not­wen­dig, um mit­tel- und lang­fris­ti­ge Pla­nungs- und Inves­ti­ti­ons­si­cher­heit der Betei­lig­ten an einer Wert­schöp­fungs­ket­te zu gewähr­leis­ten. So war es zuletzt ein offe­nes Geheim­nis, dass sich die Ver­ar­bei­ter und Zulie­fe­rer der Auto­mo­bil-Indus­trie auf eine Stan­dard­mar­ge von 8,5 % ver­stän­digt haben, um die Gewin­ne und Inves­ti­tio­nen ihrer Zulie­fe­rer zu sichern und so ihre eige­ne Lie­fer­be­reit­schaft sicherzustellen.

Abzu­se­hen ist im jet­zi­gen Sta­di­um, dass die Daim­ler AG in ihrer Rol­le als Kron­zeu­ge wohl die Unter­la­gen und Pro­to­kol­le, die in den tech­ni­schen Pro­jekt­grup­pen erar­bei­tet bzw. erstellt wur­den, den Ermitt­lungs­be­hör­den zur Ver­fü­gung stel­len wird. Wir gehen davon aus, dass es zu even­tu­el­len Preis­ab­spra­chen kei­ne Doku­men­te gibt. Das wäre zu bri­sant und es soll­te den Betei­lig­ten auch jeder­zeit klar gewe­sen sein, dass „Schrift­form” hier nicht erwünscht ist. Das soll­te Vor­bild auch für alle mit­tel­stän­di­schen Koope­ra­tio­nen sein. Dabei gilt: Je exak­ter und aus­führ­li­cher Sie die tech­ni­sche Zusam­men­ar­beit doku­men­tie­ren (Begrün­dun­gen, Ergeb­nis­se usw.), umso weni­ger müs­sen Sie kar­tell­recht­li­ches Vor­ge­hen fürchten.

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