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Volkelt-Brief 50/2016

Volkelt-FB-01Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Gesell­schaf­ter schau­en genau­er auf die Fin­ger + Mit­ar­bei­ter: SPD will noch mehr Rech­te für Teil­zei­ter + Dienst­leis­ter-GmbHs: Neue Ver­gleichs­zah­len für die Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter + Recht: GmbH-Gesell­schaf­ter haf­ten antei­lig zur Bürg­schafts­über­nah­me + Recht: Ein­wurf-Ein­schrei­ben genügt für Aus­schluss­an­dro­hung + Mit­ar­bei­ter: Ver­spä­te­te Lohn­zah­lung kos­tet SIE 40 € + BISS

 

 

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Frei­burg 9. Dezem­ber 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

zumin­dest eines bele­gen die jüngs­ten Zah­len, die jetzt zu den Ver­mö­gens­scha­den-Haf­t­pflicht-Ver­si­che­run­gen für Mana­ger, AG-Vor­stän­de und GmbH-Geschäfts­füh­rer (Direc­tors & Offi­cers) bekannt wur­den: Seit dem Jahr 2000 hat sich in Deutsch­land die Zahl der Ver­si­che­rungs­fäl­le ver­drei­facht und zwar von ca. 40 Scha­dens­fäl­len auf jähr­lich 120. Dar­un­ter die Fäl­le Deut­sche Bank (Nr. 10/2014), VW (Nr. 12/2016), Thys­sen-Krupp (Nr. 19/2014) – um nur die pro­mi­nen­tes­ten zu nennen.

Aber nicht nur die Anzahl der Fäl­le nimmt signi­fi­kant zu. Auch die Dau­er der gericht­li­chen Ver­fah­ren wird län­ger und län­ger. Oft wird erst nach jah­re­lan­gem Tau­zie­hen ent­schie­den. Das ist ein deut­li­cher Hin­weis dar­auf, dass die Ver­si­che­rer unter­des­sen fast jedes Ver­fah­ren gericht­lich über­prü­fen las­sen – und zwar bis in die letzt­mög­li­che Instanz. Das ist für bei­de Sei­ten – also das geschä­dig­te Unter­neh­men und den ver­ur­sa­chen­den Manager/Geschäfts­führer – eine Dau­er­be­las­tung, die es zu finan­zie­ren bzw. aus­zu­hal­ten gilt. Auch ein jüngs­tes Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs zur Beschleu­ni­gung der ent­spre­chen­den Ver­fah­ren zeigt offen­sicht­lich noch kei­ne Wir­kung (vgl. Nr. 29/2016). Danach ist es zuläs­sig, dass die bei­den not­wen­di­gen gericht­li­chen Ver­fah­ren (Unter­neh­men gegen Mana­ger und Mana­ger gegen Ver­si­che­rer) in einem ein­heit­li­chen Ver­fah­ren zusam­men­ge­fasst werden.

Für Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ist die D & O – Poli­ce umstrit­ten, weil sich aus der Dop­pel­rol­le als Anteils­eig­ner und Geschäfts­füh­rer schwie­ri­ge Inter­es­sen­kol­li­sio­nen erge­ben. In der Pra­xis eröff­net das den Ver­si­che­rern zusätz­li­che Mög­lich­kei­ten der Scha­dens­ver­wei­ge­rung. Für den Fremd-Geschäfts­füh­rer im mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mens­ver­bund dage­gen ist die D & O unter­des­sen wohl ein „Muss“ (Zur opti­ma­len Aus­ge­stal­tung einer D & O vgl. unter Nr. 16/2016).

Mitarbeiter: SPD will noch mehr Rechte für Teilzeiter

Die Par­tei­en brin­gen sich in Posi­ti­on für den Bun­des­tags­wahl­kampf 2017. In Sachen Renten/Sozialversicherung drängt sich jetzt Andrea Nah­les (SPD) in eine ver­meint­li­che Pool-Posi­ti­on. Über die mög­li­chen Aus­wir­kun­gen auf die sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Stel­lung des GmbH-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers haben wir bereits hin­ge­wie­sen (vgl. Nr. 47/2016). Für Unter­neh­men wich­tig sind die Plä­ne des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Arbeit und Sozia­les (BMAS), wonach es noch wei­ter rei­chen­de Rech­te bei der Teil­zeit­be­schäf­ti­gung geben soll.

Nach der der­zei­ti­gen Rege­lung haben Arbeit­neh­mer in Fir­men mit mehr als 15 Beschäf­tig­ten die Mög­lich­keit, in Teil­zeit zu gehen (§ 8 TzBfG). Bis­her nut­zen 45 % aller beschäf­tig­ten Frau­en die­se Mög­lich­keit (Quel­le: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt 2012). Nach­teil für vie­le klei­ne­re Arbeit­ge­ber: Will ein Arbeit­neh­mer redu­zie­ren, muss dafür Ersatz ein­ge­stellt wer­den. Das führt oft zu Über­ka­pa­zi­tä­ten, sprich eigent­lich unnö­ti­gen zusätz­li­chen Kos­ten. Neu ein­ge­führt wer­den soll die Mög­lich­keit für Arbeit­neh­mer, jeder­zeit wie­der auf 100 % auf­zu­sto­cken zu kön­nen. Der Kapa­zi­täts­ef­fekt wird noch­mals ver­stärkt. Gera­de für klei­ne­re Arbeit­ge­ber wird der Anspruch auf Teil­zeit­be­schäf­ti­gung zu einem kaum kal­ku­lier­ba­ren Kostenrisiko.

Bis­her kann der Wunsch eines Arbeit­neh­mers zurück in eine Voll­zeit-Tätig­keit nur durch­ge­setzt wer­den, wenn der Arbeit­ge­ber einen neu­en Arbeits­platz beset­zen will. Dann muss der Wunsch des Arbeit­neh­mers nach Voll­be­schäf­ti­gung berück­sich­tigt wer­den – sofern die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le und die Qua­li­fi­ka­ti­on des teil­zeit­be­schäf­tig­ten Arbeit­neh­mers stim­men. Als Arbeit­ge­ber müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass die­se Vor­schlä­ge in eine Rot-Rot-Grün-Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rung ein­flie­ßen werden.

Dienstleister-GmbHs: Neue Vergleichszahlen für die Geschäftsführer-Gehälter

Die BBE-Media hat die neu­es­ten Zah­len zur Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung 2016 vor­ge­legt. Wir haben die Zah­len für Dienst­leis­ter-GmbHs etwas genau­er unter die Lupe genom­men. Besonderheiten:

  • In den Dienst­leis­tungs­be­rei­chen Finanzen/Versicherungen, Leasing/Vermietung und Ver­la­ge wird über­durch­schnitt­lich ver­dient. In den Berei­chen Ausbildung/Schule und Gastronomie/Hotel wird am schlech­tes­ten verdient.
  • Bei den neu­en Zah­len han­delt es sich um Durch­schnitts­zah­len zu Fest­ver­gü­tung. In der Pra­xis gibt es aber in weni­gen Seg­men­ten die unter­schied­lichs­ten Betriebs­grö­ßen – von der klei­ne­ren GmbH mit ein­stel­li­gem Mil­lio­nen-Umsatz bis zur Dienst­leis­ter-GmbHs mit 25 Mio. € und deut­lich mehr Umsatz im Jahr.

Das Gesamt-Niveau ist wei­ter­hin zufrie­den stel­lend bis gut. Bei den unten genann­ten Wer­ten han­delt es sich um die Fest­be­zü­ge. Zusätz­lich wird in fast 90 % der Dienst­leis­ter-GmbHs eine Tan­tie­me gezahlt und zwar im Durch­schnitt in Höhe von 16 % der Fest­be­zü­ge. Hier die aktu­el­len Ver­gleichs­zah­len der Geschäfts­füh­rer in den Dienstleister-GmbHs:

Dienst­leis­ter Fest-Gehalt 2015/2016 Gesamt­ver­gü­tung inkl. Tan­tie­me (16 %)
Architekten/Ingenieure 121.000 € 140.000 €
Ausbildung/Schulung 111.000 € 129.000 €
Bau­trä­ger 114.000 € 132.000 €
EDV/Software 122.000 € 142.000 €
Finanzen/Versicherung 182.000 € 211.000 €
Gastronomie/Hotel 110.000 € 128.000 €
Gesund­heits­we­sen 136.000 € 158.000 €
Immo­bi­li­en 113.000 € 131.000 €
Leasing/Vermietung 155.000 € 180.000 €
Rei­ni­gung 123.000 € 143.000 €
Reisebüro/Verkehr 119.000 € 138.000 €
Spe­di­ti­on 127.000 € 147.000 €
Steuerberater/WP 119.000 € 138.000 €
Telekommunikation/Internet 133.000 € 154.000 €
Umwelttechnik/Entsorgung 122.000 € 142.000 €
Unter­hal­tun­g/TV-Pro­duk­ti­on 129.000 € 140.000 €
Unter­neh­mens­be­ra­tung 141.000 € 164.000 €
Ver­lag 152.000 € 176.000 €
Werbung/Medien 121.000 € 140.000 €
Zeitarbeit/Wachdienste 141.000 € 164.000 €
Sons­ti­ge Dienstleister 118.000 € 137.000 €
Beträge auf volle Tausend gerundet. Quellen: BBE Media Gehaltsumfrage 2015/2016, eigene Analysen. 
Zusätz­li­che Ori­en­tie­rungs­hil­fe für die Geschäfts­füh­rer von Dienst­leis­ter-GmbHs lie­fern die sog. Karls­ru­her Tabel­len – das sind die offi­zi­el­len Ver­gleichs­zah­len der Finanz­be­hör­den zur Ange­mes­sen­heits­prü­fung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter. Auch hier bestä­tigt der Blick in die Zah­len: Für klei­ne­re Dienst­leis­ter-GmbHs mit einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR hal­ten die Finanz­be­hör­den eine Spann­wei­te von 140.000 bis 180.000 € als Gesamt­ge­halt in der Regel für ange­mes­sen. Nur wer hier deut­lich nach oben aus­bricht muss damit rech­nen, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) unter­stellt wer­den kann. In Dienst­leis­ter-GmbHs mit 2,5 bis 5 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt bereits zwi­schen 190.000 und 230.000 €. In Dienst­leis­ter-GmbHs mit 5 bis 25 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 210.000 € und 270.000 €. In Dienst­leis­ter-GmbHs mit 25 bis 50 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 240.000 € und 460.000 € (Quel­le: OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84 – St 221 Karls­ru­her Tabel­len). Die von der BBE-Media jetzt ermit­tel­ten Ver­gleich­zah­len bele­gen, dass in vie­len GmbHs längst nicht bis zu „Ange­mes­sen­heits­gren­ze“ ver­dient wird. Was im Ein­zel­fall auch Sinn macht, weil die Lohn­steu­er­be­las­tung für das Geschäfts­füh­rer-Gehalt z. B. bei 200.000 € schon rund 40 % beträgt.

Recht: GmbH-Gesellschafter haften anteilig zur Bürgschaftsübernahme

Über­neh­men die GmbH-Gesell­schaf­ter (Höchst-) Bürg­schaf­ten in unter­schied­li­cher Höhe für eine Ver­bind­lich­keit der GmbH, rich­tet sich die Höhe des Innen­aus­gleichs nach dem Ver­hält­nis der über­nomm­nen Bürg­schaf­ten (BGH-Urteil vom 27.9.2016, XI ZR 81/15).

Will die Bank in der wirt­schaft­li­chen Kri­se der GmbH die Gesell­schaf­ter für eine Ver­bind­lich­keit in Anspruch neh­men, muss sie danach alle Bür­gen im Ver­hält­nis der ein­ge­gan­ge­nen Höchst­bürg­schafts­be­trä­ge in Anspruch neh­men. Wird nur ein Gesell­schaf­ter in die Haf­tung genom­men (z. B. „weil bei den ande­ren nichts zu holen ist“) hat der belang­te Gesell­schaf­ter nach die­sem Urteil gute Aus­sich­ten, sich dage­gen zu weh­ren. Wich­tig: Ent­schei­dend sind der Anlass der Ver­bind­lich­keit und die antei­li­ge Höhe der Bürg­schaft. Die Höhe der Betei­li­gung der Gesell­schaf­ter an der GmbH bleibt unbe­rück­sich­tigt und spielt kei­ne Rolle.

Formsache: Einwurf-Einschreiben genügt für Ausschlussandrohung 

Nach § 21 GmbH-Gesetz ist der Geschäfts­füh­rer berech­tigt, eine Nach­frist zur Ein­zah­lung einer aus­ste­hen­den Ein­la­ge zu set­zen und bei Nicht­er­fül­lung den Aus­schluss aus der GmbH anzu­dro­hen. Die­se Erklä­rung muss schrift­lich mit­tels Ein­schrei­ben erfol­gen. Dazu der BGH: Das Ein­wurf-Ein­schrei­ben erfüllt die­se Vor­aus­set­zun­gen (BGH, Urteil vom 27.9.2016, II ZR 299/15).

Beim Ein­wurf-Ein­schrei­ben doku­men­tiert der Zustel­ler, dass das Schrei­ben in den Brief­kas­ten oder in das Post­fach des Emp­fän­gers ein­ge­wor­fen wur­de. Eine Quit­tung des Emp­fän­gers über den Erhalt der Sen­dung ist damit nicht nötig (Über­ga­be-Ein­schrei­ben). Damit sind die bis­her unter­schied­li­chen Rechts­po­si­tio­nen in der Sache abschlie­ßend geklärt. Der Gesell­schaf­ter kann nicht ver­lan­gen, dass die Aus­schluss-Erklä­rung per Über­ga­be-Ein­schrei­ben ein­ge­hen muss. Es sei denn, im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH wird aus­drück­lich eine Ver­sen­dung von Erklä­run­gen der Geschäfts­füh­rung per Über­ga­be-Ein­­schrei­ben ver­langt. Dar­auf soll­ten Sie ach­ten und den Gesell­schafts­ver­trag ent­spre­chend prüfen.

Verpasst: Verspätete Lohnzahlung kostet SIE 40 €

Seit 2014 hat jeder Gläu­bi­ger bei Ver­zug einer Zah­lung Anspruch auf Aus­gleich des dadurch ent­ste­hen­den Scha­dens zuzüg­lich einer Ein­mal­ge­bühr in Höhe von 40 € (§ 288 Abs. 5 BGB). Das gilt auch für den Arbeit­neh­mer, der auf sei­nen Lohn war­ten muss, weil der zu spät ange­wie­sen oder aus­ge­zahlt wur­de (Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Urteil vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16).

Bis­her war strit­tig, ob die Vor­ga­ben für Ver­zug aus dem BGB auch für das Arbeits­recht gel­ten. Das ist nun das ers­te Urteil, dass die Anwen­dung auch für aus­ste­hen­de Lohn­zah­lun­gen aus­drück­lich zulässt. Aller­dings wird dazu das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) abschlie­ßend ent­schei­den. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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