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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 45/2011

Neu­es Insol­venz­recht – GmbH-Geschäfts­füh­rer müs­sen bei Kri­se noch schnel­ler reagie­ren + NEU: Geschäfts­ju­bi­lä­um und GF-Geburts­tag dür­fen nicht zusam­men gefei­ert wer­den + För­der­mit­tel: Hel­fen Sie sich selbst – bil­den Sie einen Exper­ten für die GmbH selbst aus + Geschäfts­füh­rer haf­tet nur aus­nahms­wei­se für Feh­ler der Mit­ar­bei­ter + Baga­tell-Ver­ge­hen füh­ren nicht mehr zu teu­ren Abmah­nun­gen + Befris­te­ter Betriebs­rat muss nicht fst ein­ge­stellt wer­den + BISS 

The­men heu­te: Neu­es Insol­venz­recht – GmbH-Geschäfts­füh­rer müs­sen bei Kri­se noch schnel­ler reagie­ren + NEU: Geschäfts­ju­bi­lä­um und GF-Geburts­tag dür­fen nicht zusam­men gefei­ert wer­den + För­der­mit­tel: Hel­fen Sie sich selbst – bil­den Sie einen Exper­ten für die GmbH selbst aus + Geschäfts­füh­rer haf­tet nur aus­nahms­wei­se für Feh­ler der Mit­ar­bei­ter + Baga­tell-Ver­ge­hen füh­ren nicht mehr zu teu­ren Abmah­nun­gen + Befris­te­ter Betriebs­rat muss nicht fest ein­ge­stellt wer­den + BISS .…

 

 

45. KW 2011
Frei­tag, 11.11.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

Sie sind ver­ant­wort­lich dafür, dass in der GmbH-Kri­se die rich­ti­gen Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den (z. B. nach der sog. Insol­venz­an­trags­pflicht aus § 64 GmbH-Gesetz). Dazu gehört, auch die rich­ti­gen Wei­chen für eine mög­li­che Sanie­rung der GmbH zu stel­len. Hier gibt es eine Ände­rung: Nach den Vor­schrif­ten des Geset­zes zur Erleich­te­rung der Sanie­rung von Unter­neh­men (ESUG) kön­nen Sie die Chan­cen auf eine Sanie­rung Ihrer GmbH deut­lich ver­bes­sern, wenn Sie das sog. Schutz­schirm­ver­fah­ren nutzen.

Danach wird das GmbH-Ver­mö­gen für 3 Mona­te vor dem Zugriff der Gläu­bi­ger geschützt. In die­ser Zeit kön­nen Sie in Eigen­ver­wal­tung die Vor­aus­set­zun­gen dafür schaf­fen, dass die GmbH wei­ter bestehen kann. Das bedeu­tet mehr Zeit für die Suche nach neu­en Geschäfts­part­nern, Inves­to­ren, neu­en Geschäfts­fel­dern oder neu­en Kunden.

Für die Pra­xis: Ihre GmbH kann das sog. Schutz­schirm­ver­fah­ren nicht mehr nut­zen, wenn die GmbH bereits „insol­vent“ ist – also Zah­lungs­un­fä­hig­keit bzw. Über­schul­dung bereits vor­lie­gen. Sie müs­sen das Schutz­schirm­ver­fah­ren bereits bei dro­hen­der Zah­lungs­un­fä­hig­keit bean­tra­gen. Bei ers­ten Kri­sen­an­zei­chen (zurück­ge­hen­de Umsät­ze, Pro­ble­men bei Umschul­dun­gen, Finan­zie­rungs­pro­ble­men) müs­sen Sie also jetzt noch schnel­ler han­deln und sich beim Steu­er­be­ra­ter absi­chern, inwie­weit die Kri­sen­fol­gen bereits auf die Liqui­di­tät der GmbH durch­schla­gen. Faust­re­gel: Beträgt die Liqui­di­täts­lü­cke der GmbH 10 % und mehr, liegt bereits „Zah­lungs­un­fä­hig­keit“ vor, „soweit nicht aus­nahms­wei­se  mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit zu erwar­ten ist, dass die­se Lücke inner­halb von 3 Wochen (fast) voll­stän­dig besei­tigt wer­den wird, und den Gläu­bi­gern ein sol­ches Zuwar­ten zuzu­mu­ten ist“ (BGH, Urteil vom 8.12.2005, IX ZR 182/01).

Geschäftsjubiläum und Geschäftsführer-Geburtstag dürfen nicht zusammen gefeiert werden 

Betriebs­prü­fer neh­men regel­mä­ßig alle die Kos­ten­po­si­tio­nen unter die Lupe, bei der es zu einer Ver­mi­schung von pri­va­ter und betrieb­li­cher Ver­an­las­sung kom­men kann. Dazu gehö­ren Betriebs­ver­an­stal­tun­gen, Jubi­lä­en, aber auch die Geburts­tags­fei­er des GmbH-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers. In den meis­ten Fäl­len unter­stellt das Finanz­amt eine pri­va­te Mit-Ver­an­las­sung, mit der Fol­ge, dass die Kos­ten steu­er­lich nicht als Betriebs­aus­ga­ben der GmbH aner­kannt wer­den (vgl. zuletzt Vol­kelt-Brief Nr. 39/2011). Nach der neu­es­ten Recht­spre­chung des FG Bran­den­burg scheint hier nun hier zu einer wei­te­ren Ver­schär­fung der Rechts­la­ge zu kom­men. Dabei ging es um ein Fir­men­ju­bi­lä­um, an dem zugleich auch der 50. Geburts­tag des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers mit­ge­fei­ert wur­de. Das Finanz­amt ließ eine Auf­tei­lung der Kos­ten für das (betrieb­lich ver­an­lass­te) Jubi­lä­um der Fir­ma und für die (pri­vat ver­an­lass­ten) Geburts­tags­fei­er des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers nicht zu. Sämt­li­che Kos­ten wur­den nicht zum Betriebs­aus­ga­ben­ab­zug zuge­las­sen. Die betrof­fe­ne GmbH setz­te sich vor dem Finanz­ge­richt gegen die­se Hand­ha­bung zur Wehr. Das Finanz­ge­richt Bran­den­burg lehn­te das jetzt aber ganz klar ab: Eine Auf­tei­lung der Kos­ten in einen betrieb­li­chen Teil und einen pri­va­ten Teil ist nicht not­wen­dig. Wört­lich: „Es ist nicht ersicht­lich, nach wel­chen Grund­sät­zen eine Auf­tei­lung der Kos­ten statt­fin­den könn­te“ (FG Bran­den­burg, Urteil vom 16.2.2011, 12 K 12087/07).

Für die Pra­xis: Ach­ten Sie in Zukunft unbe­dingt dar­auf, dass Sie Fir­men­ju­bi­lä­um und Geschäfts­füh­rer-Geburts­tag streng aus­ein­an­der hal­ten. Gehen Sie davon aus, dass auch die Finanz­be­hör­den in den ande­ren Bun­des­län­dern die rechts­kräf­ti­ge Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Bran­den­burg in ihrem Finanz­amts-Bezirk umset­zen wer­den. Sie tra­gen dann bei ent­spre­chen­den Steu­er­ver­an­la­gun­gen das Pro­zess­ri­si­ko. Wir raten zu fol­gen­dem Vorgehen:

  • Ver­mei­den Sie, dass bei­de Ver­an­stal­tun­gen zum glei­chen Ter­min statt­fin­den. Ver­sen­den Sie kei­ne gemein­sa­me Ein­la­dung für die­se Ver­an­stal­tun­gen, selbst wenn die zu unter­schied­li­chen Ter­mi­nen stattfinden.
  • Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass es bei einer Betriebs­prü­fung für die bereits abge­hal­te­ne Jubi­lä­ums­ver­an­stal­tun­gen zu Mei­nungs­un­ter­schie­den mit dem Prü­fer kom­men wird. Suchen Sie hier zunächst eine güt­li­che Eini­gung (z. B. eine „antei­li­ge“ Über­nah­me der Kos­ten als pri­vat veranlasst).
  • Zeigt der Prü­fer kein Ent­ge­gen­kom­men, prü­fen Sie zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter, ob das Pro­zess­ri­si­ko lohnt – das ist z. B. der Fall, wenn es sich um eine auf­wän­di­ge, mehr­tä­gi­ge Jubi­lä­ums­ver­an­stal­tung mit Tag der offe­nen und hohen Kos­ten handelte.

Fördermittel: Bilden Sie einen Experten für Ihre GmbH aus

Mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men in Deutsch­land haben allei­ne im ers­ten Halb­jahr 2011 von KfW-För­der­mit­teln in Höhe von 5,7 Mrd. EUR pro­fi­tiert. Den­noch neh­men längst nicht alle Unter­neh­men die­se Finan­zie­rungs­vor­tei­le in Anspruch. Grund: Nicht­wis­sen um die För­der­pro­gram­me, Angst vor Abhän­gig­kei­ten oder ande­re Bar­rie­ren (z. B. auf­wän­di­ge Antrags­ver­fah­ren, Offen­le­gung von Unter­neh­mens­pla­nun­gen usw.). Vor­be­hal­te gibt es auch gegen pro­fes­sio­nel­le Subventionsberater.

Eine gute Mög­lich­keit, wie sich mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men in Sachen För­der­mit­tel selbst hel­fen kön­nen, sind Ver­bän­de und Bera­ter­fir­men, die Schu­lun­gen für Mit­ar­bei­tern aus Unter­neh­men zum För­der­mit­tel-Exper­ten anbie­ten. Die Aka­de­mie des Bun­des­ver­ban­des deut­scher För­der­mit­tel-Bera­ter (www.BvdFB.de, Block­se­mi­nar mit 12 Prä­senz­ta­gen; Kos­ten: 7.500 €) oder die KMU-Aka­de­mie (https://www.die-kmu-akademie.de, 3‑tägiges Inten­siv-Semi­nar; Kos­ten: 825 €).

Der GmbH-Geschäftsführer haftet nur ausnahmsweise für Mitarbeiter

Haben Mit­ar­bei­ter der GmbH Pflich­ten gegen­über einem Kun­den ver­letzt, schei­det eine Haf­tung des Geschäfts­füh­rers nach § 831 BGB (Haf­tung für den Ver­rich­tungs­ge­hil­fen) und nach § 166 BGB (Wis­sens­zu­rech­nung) aus. Die Mit­ar­bei­ter sind grund­sätz­lich kei­ne sog. Ver­rich­tungs­ge­hil­fen des Geschäfts­füh­rers. Ihr Wis­sen ist aus­schließ­lich der GmbH zuzu­rech­nen (OLG Schles­wig, Beschluss vom 29.6.2011, 3 U 89/10, Quel­le: GmbH-Rund­schau 2011, S. 1143).

Für die Pra­xis: Im kon­kre­ten Fall hat­te ein Mit­ar­bei­ter der GmbH einen Feh­ler beim Umbau eines Fahr­zeu­ges für einen Kun­den gemacht. Für den dar­aus ent­stan­de­nen Scha­den woll­te der Kun­de den Geschäfts­füh­rer der GmbH per­sön­lich in die Haf­tung neh­men. Das ist aber nicht mög­lich. Der Kun­de kann sich nur an der GmbH schad­los hal­ten. Schwie­ri­ger liegt der Fall, wenn die GmbH z. B. eine Ware unter Eigen­tums­vor­be­halt bestellt und unter Abtre­tungs­ver­bot wei­ter­ge­ge­ben wird (sog. Bau­trä­ger-Ent­schei­dung des BGH, Urteil vom 5.12.1989, VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297). In einem sol­chen wider­spruchs­be­haf­te­ten Han­deln der GmbH kann ein sog. Orga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den des Geschäfts­füh­rers liegen.

Bagatell-Vergehen im Internet werden besser vor Abmahnern geschützt

Das BMJ will dafür sor­gen, dass die Abmah­nung für Baga­tell­ver­ge­hen in Zukunft nicht mehr loh­nen. So soll ver­hin­dert wer­den, dass z. B. Feh­ler im Impres­sum eines Inter­net-Anbie­ters sys­te­ma­tisch per Soft­ware auf­ge­spürt wer­den und gegen Unter­las­sungs- und Anwalts­ge­büh­ren abge­mahnt wer­den. Außer­dem wer­den neue Vor­ga­ben dafür sor­gen, dass Abmah­nun­gen nicht mehr vor sog. „flie­gen­den Gerichts­stän­den“ ver­han­delt wer­den müs­sen. Gerichts­stand wird dann der Sitz des abge­mahn­ten Unter­neh­mens sein. Die neu­en Vor­schrif­ten sol­len 2012 umge­setzt werden.

Für die Pra­xis: Noch immer wird es den pro­fes­sio­nel­len Abmah­nern von vie­len Fir­men zu leicht gemacht. Fir­men, die ihre Web­site neu ins Inter­net stel­len oder die ihre Web­sites über­ar­bei­ten, machen so z. B. häu­fig Feh­ler bei den Pflicht­an­ga­ben im Impres­sum, bei Preis­an­ga­ben oder den gesetz­li­chen Hin­weis­pflich­ten (Rück­ga­be­rech­te) bei Inter­net-Ver­käu­fen. Infos gibt es unter https://www.bmj.de > Such­ein­ga­be: Impressumspflicht.

Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Festanstellung

Über­neh­men Sie ein befris­tet ein­ge­stell­tes Mit­glied des Betriebs­ra­tes nach Ablauf des Arbeits­ver­hält­nis­ses nicht in ein fes­tes Arbeits­ver­hält­nis, dann liegt dar­in kei­ne ver­bo­te­ne Benach­tei­li­gung gemäß Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz, wenn ande­re Mit­glie­der des Betriebs­ra­tes über­nom­men wer­den (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil 4.11.2011, 13 Sa 1549/11).

Für die Pra­xis: Nur wenn Sie alle Mit­glie­der des Betriebs­ra­tes, die befris­tet beschäf­tigt sind, nicht über­neh­men und ande­re befris­tet beschäf­tig­te Arbeit­neh­mer über­neh­men, ist das ein deut­li­ches Zei­chen dafür, dass hier eine gewoll­te Benach­tei­li­gung vor­lie­gen kann. Sie soll­ten dann also im ver­gleich­ba­ren Fall zumin­dest einen Betriebs­rat übernehmen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt, Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS > Die Wirt­schafts­sa­ti­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/geschenk-ideen

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