Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 44/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te: Pflicht­ver­öf­fent­li­chung kos­tet GmbHs Mil­lio­nen +  OFD Frank­furt: Kei­ne Ret­tung für „ste­hen gelas­se­nes“ Kri­sen­dar­le­hen + Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag: „Es gilt der BAT – Vor­teil für Sie + Bun­des­amt für Jus­tiz: Säum­nis­ge­bühr steigt auf 103,50 EUR + Geschäfts­füh­rer-Füh­rungs­zeug­nis: Jugend­sün­den wir­ken nach  + Wer­bungs­kos­ten: Finanz­amt för­dert Umzug nur bei kur­zem Weg zur Arbeit + Arbeit­neh­mer darf über Fir­men-Mail-Account nicht zum Streik auf­ru­fen + BISS

Download-Button

 

 Nr. 44/2013 vom 31.10.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

seit 2008 müs­sen GmbHs ihren Jah­res­ab­schluss im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter ver­öf­fent­li­chen. Bereits damals hagel­te es Kri­tik an der Über­re­gu­lie­rung. Jetzt hat das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) erst­mals  Zah­len dazu ver­öf­fent­licht. Danach wur­den allei­ne seit 2008 387 Mio. EUR Buß­gel­der für Ver­säum­nis­se bei der Pflicht­ver­öf­fent­li­chung ver­hängt. Im ers­ten Jahr der Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht wur­den 462.000 Unter­neh­men (das ist fast jede 2. GmbH) abge­mahnt. 2009 waren es immer noch rund 125.000 Unter­neh­men, die ihren Veröffent­lich­ungs­pflichten nicht oder nicht recht­zei­tig nach­ge­kom­men sind (Quel­le BfJ und Han­dels­blatt > Hier ankli­cken).

Unter­des­sen sind es jähr­lich fast 100.000 Unter­neh­men, die erst nach einem Abmahn­ver­fah­ren offen legen. Die aktu­el­le Zah­len bele­gen wei­ter: In 2012 zahl­ten säu­mi­ge Unter­neh­men Buß­gel­der in Höhe von 92 Mio. EUR. In der ers­ten Jah­res­hälf­te 2013 wur­den bereits 59 Mio. EUR an Buß­gel­dern ver­hängt. Fakt ist auch, dass die Behör­den die Ver­öf­fent­li­chungs­pflich­ten ohne Aus­nah­me durch­set­zen. Not­falls wird mehr­fach Zwangs­geld ver­hängt. 6.000 Besu­cher nut­zen die Sei­ten des elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ters täg­lich. Ent­we­der zum Daten­ein­trag oder – und das dürf­te rund die Hälf­te der „visits“ aus­ma­chen – zum Bench­mar­king, also dass gezielt Infor­ma­tio­nen über die ein­ge­tra­ge­nen Unter­neh­men ein­ge­holt wer­den. Hin­ter­grund > Jah­res­ab­schluss der GmbH

Wenn Sie Ihren Jah­res­ab­schluss zu früh ver­öf­fent­li­chen, ris­kie­ren Sie, dass die Kon­kur­renz einen zeit­na­hen Ein­blick in die Zah­len des Unter­neh­mens neh­men kann. Ver­öf­fent­li­chen Sie Ihren Jah­res­ab­schluss grund­sätz­lich zum spä­tes­ten Ter­min. Das ist der 31.12. nach Been­di­gung des Geschäfts­jah­res (Geschäfts­jahr = Kalen­der­jahr). Ver­öf­fent­li­chen Sie – aus wel­chen Grün­den auch immer – zu spät, ris­kie­ren Sie Zusatz­kos­ten. Und zwar unab­hän­gig davon, wer die Ver­spä­tung zu ver­ant­wor­ten hat. Oft ist es näm­lich der Steu­er­be­ra­ter, der z. B. wegen Über­las­tung den Ter­min für den Jah­res­ab­schluss nicht ein­hal­ten kann. Oder die Prü­fung des Jah­res­ab­schlus­ses braucht mehr Zeit als vor­ge­se­hen. Für das BfJ zählt das nicht als Argu­ment. Hier gilt: Wird die 6‑Wochenfrist für die Nach­rei­chung der Unter­la­gen nicht ein­ge­hal­ten, wird Buß­geld ver­hängt und/ oder min­des­tens wird die unter­des­sen ver­dop­pel­te Ver­wal­tungs­ge­bühr (sie­he unten) fällig.

OFD Frankfurt: Keine Rettung für „stehen gelassenes“ Krisendarlehen

Geben Sie Ihrer GmbH einen Kre­dit und gerät die GmbH in eine wirt­schaft­li­che Kri­se, ist das ris­kant. Ist das Dar­le­hen mit dem Beginn der Kri­se noch ein­ge­bucht, kön­nen Sie den Ver­lust nicht ein­mal steu­er­lich verrech­nen. Das Finanz­amt bewer­tet das Dar­le­hen dann zu Anschaf­fungs­kos­ten und die wer­den hier mit 0 EUR ange­setzt. Belieb­ter Trick: Der Gesell­schaf­ter zahlt eine aus­ste­hen­de Ein­la­ge ein und zahlt damit sein Dar­lehen zurück.

Fol­ge: Der Insol­ven­ver­wal­ter kann die Ein­la­ge nicht ein zwei­tes Mal ein­for­dern. Jetzt hat die Finanz­verwaltung per Erlass gere­gelt: So geht es nicht. Sie müs­sen jetzt sogar auf­pas­sen, dass eine sol­che buchungs­tech­ni­sche Gestal­tung als straf­be­haf­te­ter Miss­brauch gewer­tet wird und Ihnen noch eine Steuerver­kürzung ange­hängt wird (OFD Frank­furt am Main, Rund­ver­fü­gung vom 9.8.2013, S 2244 A – 61 – St 215, ).

Gehen Sie davon aus, dass das Finanz­amt die Ver­rech­nung von Gesellschafter­darlehen in der GmbH-Kri­se nicht durch­winkt, son­dern jeden Fall genau prüft. Ent­schei­dend ist, auf wel­chen Zeit­punkt der Insol­venz­ver­wal­ter die Kri­se datiert. In der Regel wird der das Dar­le­hen dann sowie­so von Ihnen zurückfordern.

Geschäftsführer-Anstellungsvertrag: „Es gilt der BAT – Vorteil für Sie

In mei­nem Anstel­lungs­ver­trag wird auf den BAT ver­wie­sen – was bedeu­tet das für mich als Geschäfts­füh­rer?“. So die Anfra­ge eine Kol­le­gen, der einen For­mu­lar-Anstel­lungs­­­ver­trag unter­schrie­ben hat, ohne die ein­zel­nen Ver­trags­be­stand­tei­le exakt juris­tisch zu prü­fen. Kon­kret geht es um die Kün­di­gungs­mo­da­li­tä­ten, wenn im Ver­trag auf den Bun­des­an­ge­stell­ten-Tarif­ver­trag (BAT) ver­wie­sen wird.

Die Rechts­la­ge: Bis­her gibt es nur weni­ge Urtei­le, die für Geschäfts­füh­rer maß­ge­bend sind. Zuletzt hat das OLG Köln für einen Geschäfts­füh­rer ent­schie­den, dass die­ser nach 15jähriger Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit unkünd­bar ist (§ 53 Abs. 3 BAT). Der Geschäfts­füh­rer kann dann nur aus wich­ti­gem Grund außer­or­dent­lich gekün­digt wer­den (Quel­le: OLG Köln, Urteil vom 30.10.2008, 18 U 21/08). Das Urteil betrifft Geschäfts­füh­rer, deren Anstel­lungs­ver­trag die Klau­sel „im übri­gen gel­ten die Bestim­mun­gen des BAT oder eine ver­gleich­ba­re For­mu­lie­rung ent­hält und in deren Ver­trag kei­ne Ver­ein­ba­rung über die Beendigung/Kündigung des Anstel­lungs­ver­tra­ges ent­hal­ten ist. Wei­ter­füh­ren­de Info­ra­tio­nen: Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag.

Geschäfts­füh­rer, die in kom­mu­na­len GmbHs tätig sind, pro­fi­tie­ren davon. Wird im Anstel­lungs­ver­trag auf den BAT ver­wie­sen, kön­nen Sie davon aus­ge­hen, dass alle Rege­lungs­punk­te, die nicht aus­drück­lich im Anstel­lungs­ver­trag geson­dert gere­gelt sind, nach BAT zu beur­tei­len sind. Aus­nah­me: Für Sach­ver­hal­te, die im Anstel­lungs­ver­trag aus­drück­lich gere­gelt sind, gel­ten die dort getrof­fe­nen, beson­de­ren Ver­ein­ba­run­gen. Kommt es zum Kon­flikt mit dem Arbeit­ge­ber, dann kann der Geschäfts­füh­rer zwar aus sei­nem Amt abbe­ru­fen wer­den. Der Anstel­lungs­ver­trag bleibt aber – soweit kein wich­ti­ger Grund für eine Kün­di­gung vor­liegt (Pflicht­ver­let­zung) – bestehen. Der Geschäfts­füh­rer hat also gute Kar­ten auf eine hohe Abfin­dung und kann die­se sogar gericht­lich durch­set­zen. Geschäfts­füh­rer, die in einer pri­vat­wirt­schaft­li­chen GmbH tätig sind und in deren Anstellungs­vertrag z. B. bei der Dyna­mi­sie­rung des Gehalts auf den BAT ver­wie­sen wird, kön­nen aller­dings nicht davon aus­ge­hen, dass sie das Recht auf ande­re Ansprü­che aus dem BAT haben.

Bundesamt für Justiz: Säumnisgebühr steigt auf 103,50 EUR

Bis­her muss­ten Sie ledig­lich eine Ver­wal­tungs­ge­bühr in Höhe von 53,50 EUR zah­len, wenn Sie Ihren Jahres­abschluss nicht recht­zei­tig im elek­to­ni­schen Unternehmens­register ver­öf­fent­li­chen. In der Regel ist das der 31.12. nach Abschluss des Geschäfts­jahres. Ob Sie dem nach­ge­kom­men sind, wird per Daten­abgleich geprüft. Unter­des­sen ist die­ses Ver­fah­ren ein­ge­spielt. Die ers­ten Abmah­nungen gehen Ende Janu­ar an die säu­mi­gen Unter­neh­men her­aus. Sie erhal­ten dann ein Schrei­ben des Bun­des­am­tes für Jus­tiz (BfJ) mit der Auf­for­de­rung, den JA inner­halb von 6 Wochen nach­zu­rei­chen, eine Buß­geld­an­dro­hung und eine Rech­nung über die oben ange­spro­che­ne Verwal­tungs­gebühr, bis­her 53,50 EUR. Seit 1.8.2013 müs­sen Sie dafür 103,50 EUR zah­len.

Für ande­re Ver­säum­nis­se (StVO-Buß­gel­der, Steu­ern) zah­len Sie ver­gleichs­wei­se  deut­lich gerin­ge­re Auf­schlä­ge (Ver­zugs­zin­sen, Mahn­ge­bühr). Das Bun­des­amt für Jus­tiz ori­en­tiert sich hier am neu­en Jus­tiz­ver­wal­tungs­kos­ten­ge­setz und legt damit die höchst mög­li­che Gebühr auf die Unter­neh­men um. Sich dage­gen gericht­lich zu weh­ren ist u. E. nicht ange­ra­ten. Ter­mi­nie­ren Sie die Ver­öf­fent­li­chung des Jah­res­ab­schlus­ses im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter so, dass es kei­ne Nach­zah­lun­gen gibt. Wie­der­vor­la­ge: 51. KW.

Geschäftsführer-Führungszeugnis: Jugendsünden wirken nach  

Bei der Ein­tra­gung eines neu­en Geschäfts­füh­rers muss der gegen­über dem Regis­ter­ge­richt eine Ver­si­che­rung abge­ben, dass kei­ne Hin­de­rungs­grün­de vor­lie­gen. Z. B., dass er nicht wegen Insol­venz­ver­ge­hen bestraft ist. Er darf nicht gegen eine der in § 6 GmbH-Gesetz auf­ge­führ­ten Vor­schrif­ten ver­sto­ßen. Das Regis­ter­ge­richt prüft

  1. ob das vor­ge­leg­te Doku­ment (Ver­si­che­rung des Geschäfts­füh­rers) for­mal­ju­ris­tisch kor­rekt und voll­stän­dig (vgl. § 8 GmbH-Gesetz) ist – also jedes ver­hin­dern­den Ver­ge­hen ein­zeln benannt wird und
  2. ob die Anga­ben kor­rekt sind, z. B. durch Daten­ab­gleich mit dem Strafregister.

Pro­ble­ma­tisch kann das aber z. B. wer­den, wenn gegen den Juni­or eine Jugend­stra­fe aus­ge­spro­chen wur­de (z. B. Com­pu­ter­be­trug, Ver­stoß gegen das BTMG). Eini­ge Regis­ter­ge­rich­te gehen davon aus, dass Jugend­stra­fen – unab­hän­gig vom kon­kre­ten Ver­ge­hen – ein sol­ches Bestell­hin­der­nis dar­stel­len. Jugend­stra­fen wer­den u. U. auch gegen Her­an­wach­sen­de ver­hängt. Damit ist es mög­lich, dass ein sol­ches Ver­ge­hen bis zum 25. Lebens­jahr des Juni­ors nach­wirkt und eine Bestel­lung zum Nach­fol­ge-Geschäfts­füh­rer verhindert.

Am bes­ten war­ten Sie die Karenz­zeit ab und bestel­len den Juni­or erst 5 Jah­re nach Ablauf der Rechts­kraft des Urteils zum Geschäfts­füh­rer. Damit erspa­ren Sie sich Que­re­len mit dem Regis­ter­ge­richt und Nach­fra­gen, wenn die ange­kün­dig­te Bestel­lung zum Geschäfts­füh­rer nicht ter­min­ge­recht umge­setzt wird.

Finanzamt fördert Umzug nur bei kurzem Weg zur Arbeit

Umzugs­kos­ten sind nur dann beruf­lich ver­an­lasst und damit von der Steu­er absetz­bar, wenn der Weg zum Arbeits­platz deut­lich ver­kürzt ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Fahr­zeit zwar um eine Stun­de ver­kürzt wird, die Stre­cke zur Arbeit aber immer noch gan­ze 255 km beträgt (FG Nie­der­sa­chen, Urteil vom 28.8.2013, 4 K 44/13).

Das ist zwar eine Ein­zel­fall­ent­schei­dung. Ihr Finanz­amt wird sich aber dar­an ori­en­tie­ren, wenn nach einem Umzug der Weg zur Arbeit nur unwe­sent­lich ver­kürzt wird. Hin­ter­grund: Zusätz­lich gibt es ja Kilo­me­ter­geld. Und dop­pelt för­dern will das Finanz­amt auch nicht. Gegen das Urteil ist Revi­si­on zuge­las­sen. Even­tu­ell wird der BFH kla­re­re Kri­te­ri­en ein­for­dern, von denen dann alle Umzugs­wil­li­gen profitieren.

Arbeitnehmer darf über Firmen-Mail-Account nicht zum Streik aufrufen

Ihre Mit­ar­bei­ter dür­fen über den dienst­li­chen E‑Mail-Account (z. B. Vorname.Name@Firma.de) kei­nen Streik­auf­ruf der Gewerk­schaft an die übri­ge Beleg­schaft ver­sen­den (BAG, Urteil vom 15.10.2013, 1 ABR 31/12).

Als Arbeit­neh­mer müs­sen Sie es nicht dul­den, dass Ihre Betriebs­mit­tel gegen Sie und Ihre Inter­es­sen benutzt wer­den. Neh­men Sie die­ses Ver­bot in die Nut­zungs­be­stim­mun­gen für PC, Inter­net und Mobi­le Kom­mu­ni­ka­ti­on auf: „Die Nut­zung des dienst­li­chen E‑Mail-Accoun­t/In­tra­net für Streik­auf­ru­fe ist unter­sagt“.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

 

 

Schreibe einen Kommentar