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Volkelt-Brief 43/2014

Min­dest­lohn: Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten kön­nen noch schär­fer wer­den Logis­tik: (Lkw-) Maut wird euro­pa­weit ein­heit­lich gere­gelt + Mit­ar­bei­ter-Moti­va­ti­on: Prä­mi­en-Wir­kung ver­pufft nach 2 Jah­ren + Ter­min­sa­che: Klei­ne GmbHs müs­sen den Jah­res­ab­schluss 2013 beschlie­ßen + Zins­steu­er: BMF stellt Grup­pen­an­fra­ge über Kon­ten in Öster­reich+ Haf­tung: Bei­trags­be­scheid muss rechts­kräf­tig sein + Büro­kra­tie: IHK Koblenz muss Bei­trä­ge zurück­zah­len + BISS

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Nr. 43/2014

Frei­burg 24.10.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

mit dem Min­dest­lohn ab 1.1.2015 wer­den für zahl­rei­che Bran­chen aus­führ­li­che Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten ein­ge­führt. Danach müs­sen Beginn, Ende und Dau­er der tat­säch­li­chen Arbeits­zeit inner­halb einer Woche nach dem Tag der Arbeits­leis­tung auf­ge­zeich­net wer­den und min­des­tens 2 Jah­re auf­be­wahrt wer­den. Das gilt auch für alle gering­fü­gig beschäf­ti­gen Arbeit­neh­mer (vgl. Nr. 36/2014).

Aus­drück­lich wird in der gesetz­li­chen Vor­ga­be (MiLoG) aus­ge­führt, dass die Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten „durch Rechts­ver­ord­nung modi­fi­ziert wer­den kön­nen“. Bis­her gibt es zwar noch kei­ne sol­chen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen der zustän­di­gen Zoll­be­hör­de. U. U. ist damit zu rech­nen, dass eine zusätz­li­che Ver­pflich­tung zur Vor­la­ge und Doku­men­ta­ti­on für Arbeits­plä­ne ein­ge­führt wird. Denk­bar ist auch, dass eine tag-genaue Doku­men­ta­ti­on der Arbeits­zei­ten erfol­gen muss oder bestimm­te Nor­men für Zeit-Erfas­sungs­sys­te­me vor­ge­ge­ben werden.

Auf jeden Fall müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass mit den ers­ten Min­dest­lohn-Kon­­­trol­len sämt­li­che neu­en Erkennt­nis­se der Behör­den in das Prüf­ver­fah­ren ein­flie­ßen wer­den und in einer ent­spre­chen­den Rechts­ver­ord­nung abge­si­chert wer­den. Für die betrof­fe­nen Unter­neh­men bedeu­tet das: Sie müs­sen die Vor­ga­ben der Prüf­be­hör­den erfül­len. Ansons­ten ris­kie­ren Sie, dass Sie mit Buß­geld belangt wer­den. Wir hal­ten Sie an die­ser Stel­le über Erfah­run­gen und neue Erkennt­nis­se mit dem Prüf­ab­lauf und even­tu­el­le neue Rechts­vor­schrif­ten auf dem Laufenden.

Logistik: (Lkw-) Maut wird europaweit einheitlich geregelt

Noch wird in der Öffent­lich­keit hef­tig und laut über die Ein­füh­rung und Aus­ge­stal­tung der Pkw-Maut in Deutsch­land dis­ku­tiert. Zeit­gleich und im Stil­len schafft die Poli­tik der­weil die Vor­aus­set­zun­gen für ein euro­pa­wei­tes Maut-Sys­tem. Es wird ein­heit­li­che Rah­men­be­din­gun­gen für die Lkw- und die Pkw-Maut brin­gen (Gesetz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung 18/2656).

Vor­teil für die Lkw-Logis­tik: Der­zeit gibt es in Euro­pa vie­le ver­schie­de­ne maut­pflich­ti­ge Stre­cken­net­ze und Maut­sys­te­me. Ein Lkw, der euro­pa­weit zum Straßen­gütertransport ein­ge­setzt wird, muss bei ver­schie­de­nen Maut-Erhe­bern regis­triert und mit meh­re­ren elek­tro­ni­schen Erfas­sungs­ge­rä­ten aus­ge­stat­tet sein.

Sie soll­ten aller­dings nicht davon aus­ge­hen, dass sich das neue Sys­tem auf die Logis­tik-Kos­ten aus­wir­ken wird. Viel­mehr dürf­te es auch zu einer Anglei­chung der Gebüh­ren kom­men, was erfah­rungs­ge­mäß einen Anstieg des Gebüh­ren­ni­veaus zur Fol­ge haben wird. Für das Vor­ha­ben steht im Bun­des­tag eine brei­te Mehr­heit. Für Lkw ab 3,5 T kommt das neue Sys­tem damit ab 2017. Für alle Fahr­zeu­ge inkl. Pkw ist es ab 2019 geplant.

Mitarbeiter-Motivation: Prämien-Wirkung verpufft nach 2 Jahren

Vie­le Kol­le­gen set­zen auf eine leis­tungs­ori­en­tier­te Ver­gü­tung. Wobei das Finanz­amt für Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer eine Umsatz-Tan­tie­me nur aus­nahms­wei­se zulässt. Üblich ist die Gewinn-Tan­tie­me. Damit ist der Hand­lungs-Anreiz auf der Lei­tungs­ebe­ne rich­tig gesetzt. Nichts ande­res gilt für die Mit­ar­bei­ter. Machen Sie hier kei­ne Ziel­vor­ga­ben, und zah­len regel­mä­ßig Prä­mi­en aus, kann das nach hin­ten los­ge­hen. „Genau so viel wie letz­tes Jahr“. So ein oft gehör­ter Kom­men­tar anläss­lich der Über­rei­chung der Jah­res-Prä­mi­en an die Mitarbeiter.

Fakt ist: Schon nach 2 Jah­ren regel­mä­ßi­ger Zah­lung ist die posi­ti­ve Wir­kung einer Prä­mi­en­zah­lung ver­pufft. Auch, wenn Sie die Prä­mie (aus arbeits­recht­li­chen Grün­den) nur aus­nahms­wei­se und ohne Anspruch auf regel­mä­ßig Zah­lung gewäh­ren. Wann müs­sen Sie beson­ders aufpassen?

  • Selbst bei guter wirt­schaft­li­cher Ent­wick­lung soll­ten Sie die Mit­ar­bei­ter nicht an Prä­mi­en gewöh­nen. Umsatz- und Gewinn­be­tei­li­gun­gen haben in der Wachs­tums­pha­se der Fir­ma die­sen Effekt. Es ent­steht ein „auto­ma­ti­scher“ Anspruch.
  • Bes­ser ist es, wenn Sie die Prä­mie nach vor­ab indi­vi­du­ell oder abtei­lungs­wei­se ver­ein­bar­ten Leis­tungs­zie­len kop­peln (Z. B. auch: Kos­ten­er­spar­nis, weni­ger Fehl­zei­ten usw.)
  • Die Prä­mie soll­te immer an außer­ge­wöhn­li­che Leis­tun­gen knüp­fen. Dann ist auch eine Umsatz­be­tei­li­gung am über­durch­schnitt­li­chen Umsatz­wachs­tum möglich.
Das gesetz­te Anreiz-Sys­tem darf nie Rou­ti­ne wer­den. So wie Sie die Unter­neh­mens­zie­le jähr­lich neu jus­tie­ren, so soll­ten Sie das prak­ti­zier­te Anreiz-Sys­tem regel­mä­ßig auf „Ziel­wirkung“ prü­fen. Wenn Sie hier trans­pa­rent vor­ge­hen, kön­nen Sie die Ziel­er­rei­chung rich­tig steu­ern. Die Mit­ar­bei­ter sehen in aller Regel schnell, wie Sie Ihre per­sön­li­chen Ein­kom­mens­zie­le am bes­ten errei­chen und wel­che Prio­ri­tä­ten Sie beim Abar­bei­ten betrieb­li­cher Vor­gän­ge set­zen müssen.

Termin: Kleine GmbHs müssen  Jahresabschluss 2013 beschließen

Klei­ne und kleins­te GmbHs haben gera­de noch 5 Wochen Zeit, den Gesell­schaf­tern der GmbH den Jah­res­ab­schluss für das ver­gan­ge­ne Geschäfts­jahr (2013) vor­zu­le­gen, die­sen fest­stel­len und beschlie­ßen zu las­sen (Frist: 30.11.2014 gemäß § 42a GmbHG). Für Sie als Geschäfts­füh­rer ist zusätz­lich wich­tig: Las­sen Sie den Beschluss über Ihre Ent­las­tung fas­sen. Pla­nen Sie die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung recht­zei­tig und fas­sen Sie den Beschluss for­mal kor­rekt. Das bedeutet:

  • Als Geschäfts­füh­rer sind Sie dafür ver­ant­wort­lich, dass die Frist zur Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses ein­ge­hal­ten wird. Dazu muss der Ter­min für die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung spä­tes­tens in der 48. Kalen­der­wo­che lie­gen. Defi­ni­tiv letz­ter Werk­tag ist Frei­tag, der 28. November.

Für die Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung gilt die Frist von 1 Woche, wenn der Gesell­schafts­ver­trag nichts ande­res bestimmt. Danach ergibt sich fol­gen­de Frist­be­rech­nung: Spä­tes­ter Ver­sand­tag der Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung: 18.11. Zustel­lung (+ 2 Tage): 21.11. Wochen­frist (+ 7 Tage ab Zugang). Tag der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung: Frei­tag 28.11.2013.

Die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung gilt nur dann als ord­nungs­ge­mäß ein­be­ru­fen und ist damit sicher gegen Rechts­mit­tel bzw. even­tu­el­le Ersatz­an­sprü­che, wenn den Gesell­schaf­tern die Tages­ord­nung voll­stän­dig mit­ge­teilt wird. Es ist üblich, auf der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung zur Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses auch über die Gewinn­ver­wen­dung und die Ent­las­tung der Geschäfts­füh­rer zu beschlie­ßen. Für die Tages­ord­nung die­ser Gesellschafter­versammlung sind die­se For­mu­lie­run­gen üblich:

  1. Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses des Jah­res 2013 (Gewinn- und Ver­lust­rech­nung, Bilanz, Lage­be­richt, Anhang)
  2. Beschluss über die Gewinn­ver­wen­dung (inkl. Vor­schlag der Geschäfts­füh­rung zur Gewinn­ver­wen­dung, also Aus­schüt­tung an die Gesell­schaf­ter bzw. Ein­stel­lung in Rück­la­gen) und
  3. Beschluss der Gesell­schaf­ter über die Ent­las­tung der Geschäftsführer.
  4. Zusätz­lich: Beschluss der Gesell­schaf­ter über die Erhö­hung des Geschäfts­füh­rer-Gehalts für 2015 (vgl. dazu Nr. 42/2014; Emp­feh­lung: maxi­mal bis + 3,49 %).
Wir emp­feh­len die exak­te Ein­hal­tung der Ter­mi­ne für Fäl­le, in denen es mit den Gesell­schaf­tern zu Unstim­mig­kei­ten kom­men kann, also z. B. bei Fami­li­en­ge­sell­schaf­ten mit kon­kur­rie­ren­den Fami­li­en­stäm­men oder bei GmbHs mit unter­schied­li­chen Inter­es­sen der Gesell­schaf­ter, z. B. Kapi­tal­an­le­gern und Fami­li­en­mit­glie­dern. Aber auch in allen GmbHs mit Fremd-Geschäfts­füh­rern ohne eige­ne Betei­li­gung an der GmbH ist eine kor­rek­te Umset­zung der for­ma­len Vor­schrif­ten anzu­ra­ten. Nur wenn der Beschluss über die Ent­las­tung der Geschäfts­füh­rung durch­ge­setzt wer­den kann, ist sicher­ge­stellt, dass kei­ne Ersatz­an­sprü­che gegen den Geschäfts­füh­rer gel­tend gemacht werden.

Zinssteuer: BMF stellt Gruppenanfrage über Konten in Österreich

Seit 1.7.2014 haben die deut­schen Steu­er­be­hör­den wei­ter rei­chen­de Mög­lich­kei­ten in der Zusam­men­ar­beit mit den öster­rei­chi­schen Behör­den. Das betrifft die Amts­hil­fe, wonach die Öster­rei­cher Aus­kunft über Bank­kon­ten von deut­schen Bür­gern erteil­ten müs­sen. Die Behör­den haben jetzt die Mög­lich­kei­ten, mit­tels einer Gruppen­anfrage (Art 26 OECD-MA) vor­stel­lig zu wer­den. Nach Infor­ma­tio­nen des Han­dels­blatts hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um jetzt eine offi­zi­el­le Anfra­ge an die öster­rei­chi­schen Behör­den gestellt, wel­che deut­schen Kon­to­in­ha­ber in der Zeit von 2011 bis heu­te ein Kon­to in einer öster­rei­chi­schen Bank auf­ge­löst haben.

Solan­ge die von den deut­schen Finanz­be­hör­den ange­for­der­ten Daten noch nicht bei an den deut­schen Fis­kus wei­ter­ge­ge­ben und aus­ge­wer­tet sind, gilt eine even­tu­el­le Steu­er­straf­tat als noch nicht ent­deckt. Dann ist eine straf-befrei­te Selbst­an­zei­ge noch mög­lich. Die Vor­ga­ben für die Selbst­an­zei­ge wer­den ab 1.1.2015 deut­lich ver­schärft. Inso­fern raten alle Steu­er-Exper­ten drin­gend zu einer Selbst­an­zei­ge. Ab 2017 wird es ohne­hin zum auto­ma­ti­schen Daten­ab­gleich zwi­schen deut­schen Finanz­be­hör­den und öster­rei­chi­schen Ban­ken kommen.

Haftung: Beitragsbescheid muss rechtskräftig sein

Erst wenn das Sozi­al­ge­richt nach Anfech­tung end­gül­tig über die Recht­mä­ßig­keit eines Prüf- und Nach­for­de­rungs­be­scheid der Pflicht­ver­si­che­rung ent­schie­den hat, kann der Geschäfts­füh­rer bei Nicht-Zah­lung per­sön­lich in die Haf­tung genom­men wer­den (LG Bochum, Urteil vom 28.5.2014, I‑4 O 39/14).

Das Land­ge­richt stellt damit klar, dass die vor­schnel­le Anfor­de­rung von aus­ste­hen­den Bei­trä­gen mit dem Hin­weis auf eine per­sön­li­che Haf­tung des Geschäfts­füh­rers unzu­läs­sig ist. Der Geschäfts­füh­rer muss erst dann tätig wer­den bzw. Nach­zah­lun­gen der GmbH anwei­sen, wenn der von der GmbH bean­stan­de­te Prüf­be­scheid inkl. Nach­for­de­run­gen rechts­kräf­tig ist. Solan­ge dazu ein gericht­li­ches Ver­fah­ren läuft, ist eine „Rechts­kraft“ nicht ein­ge­tre­ten. Las­sen Sie sich also nicht von einem ent­spre­chen­den Bei­trags­be­scheid beeindrucken.

Bürokratie: IHK Koblenz muss Beiträge zurückzahlen

Weil die IHK Koblenz Bei­trä­ge ihrer (Pflicht-) Mit­glie­der nicht sat­zungs­ge­mäß ver­wen­det hat, muss die IHK Bei­trä­ge für die Jah­re 2007 und 2008 zurück­zah­len. Betrof­fe­ne Unter­neh­men aus dem IHK-Bezirk Koblenz sind gut bera­ten zu prü­fen, ob eine sol­che Rück­erstat­tung tat­säch­lich vor­ge­se­hen ist bzw. ob eine Ver­rech­nung im Bei­trags­be­scheid 2015 erfolgt. Am bes­ten legen Sie gegen die Bei­trags­be­schei­de unter Hin­weis auf das hier genann­te Urteil Wider­spruch ein (Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Koblenz, Urteil vom 23.9.2014, 6 A 11345/13).

Volkelt

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Herausgeber

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