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Volkelt-Brief 39/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te Regie­rungs­wech­sel – bringt nicht viel für Geschäfts­füh­rer und Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten Vor­sor­ge­voll­macht: Sat­zungs­klau­sel ver­hin­dert GmbH-Still­stand + Steu­ern: FA bestraft Form­feh­ler, wenn Sie auf Weih­nachts- und Urlaubs­geld ver­zich­ten + Untaug­li­che Geschäfts­füh­rung: Mit­ar­bei­ter-Kri­tik an den/die fal­schen Adres­sa­ten + Geschäfts­füh­rer-Offen­le­gungs­pflich­ten: Null-Bilanz kos­tet Unter­neh­mens-Image + Geschäfts­füh­rer-pri­vat: Bel­lo hat kei­nen Gleich­be­hand­lungs­an­spruch + Wich­tig für EU-Geschäf­te: Frist für Gelan­gens­be­stä­ti­gung ver­län­gert + BISS

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 Nr. 39/2013 vom 27.9.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

mit der GmbH-Reform und dem Micro­BilG hat die letz­te Bun­des­re­gie­rung nur kleins­te Erleich­te­run­gen für GmbHs umge­setzt. Die weni­gen handels­rechtlichen Ver­ein­fa­chun­gen wer­den von den ver­schärf­ten Vor­schrif­ten für die elek­tro­ni­sche Bilan­zie­rung über­kom­pen­siert. Vie­le Vor­ha­ben sind lie­gen geblie­ben. Aber auch jetzt schon ist abseh­bar, dass es mit den sich abzeich­nen­den Koali­tio­nen kei­ne Ände­run­gen in den Rah­men­be­din­gun­gen für Unter­neh­men geben wird. Ledig­lich das The­ma „Vor­stands­ver­gü­tung“ könn­te Aus­wir­kun­gen auf die weni­gen gro­ßen GmbHs oder Gesell­schaf­ten im Kon­zern­ver­bund haben. Für klei­ne­re GmbHs sind mar­gi­na­le Ände­run­gen im Bereich des Gesell­schafts­rechts zu erwar­ten. Und zwar zu die­sen Punkten:

  1. Sach­ein­la­ge-Haf­tung: Hier ist es Pra­xis in vie­len Insol­venz­ver­fah­ren, dass bei „unkla­rer“ Leis­tung der Ein­la­ge z. T. erheb­li­che Nach­for­de­run­gen auf die Ex-Gesell­schaf­ter zukom­men (vgl. Nr. 38/2012). Hier­zu gibt es eine Vor­la­ge im BMJ, die in den nächs­ten Mona­ten ins Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren ein­ge­bracht wird.
  2. Haf­tung für die Gesell­schaft­er­lis­te: Zu vie­len (unnö­ti­gen) Rechts­pro­ble­men füh­ren die Vor­schrif­ten zu Füh­rung einer Gesell­schaft­er­lis­te, für die Sie als Geschäfts­füh­rer ja die Ver­ant­wor­tung tra­gen. Z. B. dann, wenn der Anteils-Ver­kauf nicht juris­tisch kor­rekt ange­zeigt wird. Mög­li­che Lösung: Die Gesell­schaf­ter wer­den direkt ins Regis­ter­blatt ein­ge­tra­gen. Ände­run­gen (Aus­schei­den- oder Ein­tritt eines Gesell­schaf­ters) wer­den dann wie eine Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges behan­delt (nota­ri­el­le Beurkundung).
  3. Recht­li­che Stel­lung des Geschäfts­füh­rers: Strit­tig ist die recht­li­che Stel­lung des Geschäfts­füh­rers. Vor­ga­be ist die aktu­el­le EuGH- (EuGH, Urteil vom 11.11.2010, Rs C‑232/09) und BGH-Recht­spre­chung zum AGG (vgl. Nr. 18/2012).  Hier ist mit wei­te­ren Urtei­len zu rech­nen, die die Stel­lung des (abhän­gi­gen) Geschäfts­füh­rers wei­ter stär­ken wer­den. Wir berich­ten dazu.

Für die Pra­xis: Vie­le steu­er­po­li­ti­sche Maß­nah­men, die klei­ne, mitt­le­re und gro­ße GmbHs betref­fen, erge­ben sich unter­des­sen aus Vor­ga­ben der Finanz­be­hör­den und unter­lie­gen nur noch indi­rek­ter Kon­trol­le durch die gewähl­ten Ver­tre­tun­gen (z. B. Gewinn­auf­tei­lungs­ver­ord­nun­gen, Ver­ord­nung für Kon­zern­ver­rech­nungs­prei­se, Funk­ti­ons­ver­la­ge­rungs­ver­ord­nung usw.). Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Vorsorgevollmacht: Satzungsklausel verhindert GmbH-Stillstand

Vie­le (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer haben neben dem Ehe­ver­trag (Güter­tren­nung, Ver­mächt­nis über den GmbH-Anteil) und dem Tes­ta­ment (Nach­fol­ge­re­ge­lung) zusätz­li­che Absi­che­run­gen ver­ein­bart. Nur die wenigs­ten Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer haben eine Rege­lung für den Pfle­ge­fall – also wie die Gesell­schaf­ter-Rech­te aus­ge­übt werden.

Fra­ge: Wer ver­tritt ihn auf einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung? Gibt es hier kei­ne kla­re Vor­ga­be, kann das Stimm­recht nur aus­ge­übt wer­den, wenn ein Betreu­er bestellt wird. Das ist ein sehr auf­wen­di­ges und lan­ges Ver­fah­ren, dass u. U. zum Ent­schei­dungs-Still­stand bei der GmbH führt. So weit soll­ten Sie es nicht kom­men las­sen. Wer nach vor­ne schaut, ist gut bera­ten, Siche­rungs-Maß­nah­men einzubauen.

Für die Pra­xis: Für einen ein­fa­chen Aus­fall (Krank­heit, Urlaubs­ab­we­sen­heit) genügt eine (schrift­li­che) Bevoll­mäch­ti­gung zur Aus­übung des Stimm­rechts. Hilf­reich ist, wenn Sie als Gesell­schaf­ter ent­spre­chen­de Ent­schei­dungs­vor­ga­ben machen. Zu beach­ten sind Ein­schrän­kun­gen im Gesell­schafts­ver­trag. Für abseh­bar län­ge­re Aus­fäl­le soll­te eine Per­son des abso­lu­ten Ver­trau­ens zum Bevoll­mäch­tig­ten bestellt wer­den. Die­se soll­te aus­drück­lich auch in der Vor­sor­ge­voll­macht ein­ge­setzt wer­den. Aus Sicht des Unter­neh­mens bzw. der GmbH ist eine noch wei­ter­ge­hen­de Rege­lung hilf­reich: Hier kann per Sat­zungs­be­stim­mung vor­ge­ge­ben wer­den, dass jeder Gesell­schaf­ter zur Bestim­mung eines Bevoll­mäch­tig­ten in sei­ner Vor­sor­ge­voll­macht ver­pflich­tet wird. Unter­lässt er das, kann das Stimm­recht aus­ge­setzt wer­den. Damit ist sicher­ge­stellt, dass die GmbH jeder­zeit funk­ti­ons­fä­hi­ge Ent­schei­dun­gen tref­fen kann. Eine Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges emp­fiehlt sich für Fäl­le, in denen der Unter­neh­mens­grün­der an meh­re­re Nach­fol­ger über­gibt und für die GmbH „Rechts­si­cher­heit“ nach dem Gene­ra­ti­ons­wech­sel gesi­chert wer­den soll. Ver­an­las­sen Sie dazu, dass der Anwalt die Ver­trä­ge (Gesell­schafts­ver­trag, Tes­ta­ment, Voll­macht, Vor­sor­ge­voll­macht) recht­lich auf­ein­an­der abstimmt.

FA bestraft Formfehler, wenn Sie auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten

Ver­zich­tet der (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer auf Zah­lun­gen, die ihm laut Anstel­lungs­ver­trag zuste­hen, prüft das Finanz­amt: Ent­we­der ist han­delt es sich um eine ver­deck­te Ein­la­ge oder um einen Zufluss als Ein­kom­men. Der BFH setzt die­sem Vor­ge­hen jetzt Gren­zen (BFH, Urteil vom 15.5.2013, VI R 24/12). Z. B.: Der Geschäfts­füh­rer (50% betei­ligt) und sei­ne ange­stell­te Ehe­frau (50% betei­ligt) haben Anspruch auf Weih­nachts- und Urlaubs­geld. Für 2 Jah­re ver­zich­te­ten bei­de auf die Aus­zah­lung. Das FA ver­steu­er­te die­se Beträ­ge als „fik­ti­ven Zufluss“ mit Ein­kom­men­steu­er. Zu Unrecht. Das geht nur,

  1. wenn die betrof­fe­nen Gesell­schaf­ter beherr­schen­de Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sind. Dazu muss die Betei­li­gung an der GmbH zwin­gend grö­ßer als 50 % sein und
  2. wenn das Geld kon­kret geflos­sen ist, also bar aus­ge­zahlt wur­de oder auf einem Kon­to gut­ge­schrie­ben wurde.

Auch eine ver­deck­te Ein­la­ge – so der BFH – liegt nicht vor. Dazu müss­te der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zunächst über die zuge­flos­se­nen Mit­tel ver­fü­gen kön­nen. Das aber ist hier nicht der Fall.

Für die Pra­xis: Erfreu­lich – der BFH legt hier eine pra­xis­na­he Sicht­wei­se an. Für den – nicht beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer – der GmbH ist es danach ein­fa­cher auf die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on der GmbH zu reagie­ren, ohne dass er sofort nach klei­nen Form­feh­lern zusätz­lich mit Mehr­steu­ern rech­nen muss. Den­noch: Auf der ganz siche­ren Sei­te sind Sie, wenn Sie für den Gehalts­ver­zicht ein kur­zes Beschluss-Pro­to­koll der Gesell­schaf­ter vor­le­gen kön­nen. Am bes­ten zeit­nah  erstellt – also noch vor dem Zahlungsanspruch.

Untaugliche Geschäftsführung: Mitarbeiter-Kritik an den/die falschen Adressaten

Auf wen kann ich mich hier über­haupt noch ver­las­sen?“. So ver­ständ­lich eine Feh­ler-Schel­te vom Chef auch sein mag. Ist der damit gemein­te Arbeit­neh­mer bei der Team­sitzung gar nicht anwe­send, bewirkt der emo­tio­na­le Aus­bruch das glat­te Gegen­teil: Alle Anwe­sen­den füh­len sich (zu unrecht) zurecht­ge­stutzt. Die Wir­kung geht nach hin­ten los. Wie ver­mei­den Sie, dass Sie in eine sol­che rhe­to­ri­sche Sack­gas­se lau­fen und wie kön­nen Sie den dahin­ter lie­gen­den Kon­flikt bes­ser lösen? 6 Punk­te gegen die unent­schul­dig­te Abwesenheit:

1. Wen mei­nen Sie? Fehlt ein Mit­ar­bei­ter unent­schul­digt zur Team-Sit­zung, stel­len Sie das sach­lich fest – fürs Pro­to­koll und vor allen Anwesenden.

2. Wie bewer­ten Sie das: Ver­deut­li­chen Sie den anwe­sen­den Mit­ar­bei­tern Ihre Mei­nung dazu. Etwa so: „Ich neh­me das nicht nur per­sön­lich, wenn ein Mit­ar­bei­ter gegen die ver­ein­bar­ten Regeln ver­stößt. Das geht ein in mei­ne sach­li­che Bewer­tung, auch im nächs­ten Per­so­nal­ge­spräch“.

3. Kla­re Vor­ga­ben: Ver­ein­ba­ren Sie für Team-Sit­zun­gen immer klipp und klar „Anwe­sen­heits­pflicht“. Bei Ver­hin­de­rung ist eine Abmel­dung obli­ga­to­risch, ein Ver­tre­ter zu benen­nen und mit Anwe­sen­heits­ver­pflich­tung zu delegieren.

4. Kei­ne Regel ohne Aus­nah­me: Bei „außer­or­dent­li­chen“ Vor­fäl­len (plötz­li­che Erkran­kung, ganz wich­ti­ger Kun­de) darf ein Auge zuge­drückt werden.

5. Kei­ne Regel­ver­let­zung ohne Fol­ge: Regel­ver­stö­ße wer­den vom Team­lei­ter erfasst und sind zwin­gend Gegen­stand des nächs­ten Personalgespräches.

6. Die Fol­gen müs­sen spür­bar sein: Machen Sie dem Mit­ar­bei­ter im Per­so­nal­ge­spräch klar, wel­che Fol­gen die Pflicht­ver­let­zung in der Bewer­tung hat und wie sich das auf die Zukunft aus­wirkt (Gehalt, Perspektive).

Geschäftsführer-Offenlegungspflichten: Null-Bilanz kostet Unternehmens-Image

Die Nach­rei­chung der Bilanz inner­halb der vom Bun­des­amt für Jus­tiz gesetz­ten 6‑Wochenfrist ist erfüllt, wenn eine Null-Bilanz ver­öf­fent­licht wird. Das ist eine Bilanz mit aus­schließ­lich Null-Euro-Posi­tio­nen (LG Bonn, Urteil vom 15.3.2013, 37 T 730/12).

Für die Pra­xis: Das ist kein Frei­brief für GmbHs, die ihren Jah­res­ab­schluss nicht recht­zei­tig ver­öf­fent­li­chen. Wird eine sol­che Bilanz ver­öf­fent­licht und für Drit­te ein­seh­bar, ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Ver­öf­fent­li­chung einer Null-Bilanz für alle Geschäfts­leu­te „eine deut­li­che War­nung hin­sicht­lich der frag­wür­di­gen finan­zi­el­len Situa­ti­on der GmbH“ ist. So ist es. Die­se Lösung ist für die Pra­xis also nicht tauglich.

Geschäftsführer-privat: Bello hat keinen Gleichbehandlungsanspruch

Selbst wenn der Chef sei­nen Hund mit ins Büro bringt, ent­steht dar­aus kein Anspruch dar­auf, dass ande­re Hun­de mit ins Büro dür­fen. Der Arbeit­ge­ber kann nach Ermes­sen ent­schei­den, wer sei­nen Hund mit­brin­gen darf (AG Düs­sel­dorf, Urteil vom 4.9.2013, 8 Ca 7883/12).

Für die Pra­xis: Wenn sich die Hun­de ver­tra­gen, ist das kein Pro­blem sein. Klappt das nicht, kön­nen Sie als Chef ver­lan­gen, dass der Mit­ar­bei­ter sei­nen Hund nicht mit­bringt – auch wenn Ihr Bel­lo der Rauf­süch­ti­ge ist.

Wichtig für EU-Geschäfte: Frist für Gelangensbestätigung verlängert

Bis 31.12.2013 muss Ihr Finanz­amt die Umsatz­steu­er für EU-Aus­fuh­ren nach den gel­ten­den Beleg- und Buch­weis­be­stim­mun­gen aner­ken­nen. Erst für EU-Leis­tun­gen ab 1.1.2014 gel­ten die neu­en Anfor­de­run­gen (BMF-Schrei­ben vom 16.9.2013, IV D 3 – S 7141/13/10001).

Für die Pra­xis: Stel­len Sie sicher, dass die neu­en Vor­ga­ben (Gelan­gens­be­stä­ti­gung) für inner­ge­mein­schaft­li­che Umsät­ze ab 1.1.2013 unbe­dingt ein­ge­hal­ten wer­den. Die Finanz­äm­ter machen ernst und wer­den bei Ver­stö­ßen oder unvoll­stän­di­ger Doku­men­ta­ti­on die Vor­steu­er-Erstat­tung verweigern.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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