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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 34/2017

Unter­neh­mens-PR: Wie man erfolg­reich um eine höhe­re Abfin­dung pokert + Bera­ter-Haf­tung: Hier haf­tet Ihr Bera­ter + Der Fall Schle­cker: Was Sie als Geschäfts­füh­rer dazu wis­sen müs­sen + Ter­min­sa­che: Jah­res­ab­schluss 2016 für mitt­le­re und gro­ße GmbH + AZU­BI-Ein­stel­lung: So behal­ten Sie die Ent­schei­dungs-Hoheit + Über­gangs­re­ge­lung: Geschäfts­füh­rer darf län­ger arbeiten

BISS die Wirt­schaft-Sati­re

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Frei­burg, 25. August 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

Wie schlecht Unter­neh­mens- bzw. Kri­sen-PR auf­ge­stellt sein kann, habe ich jetzt am Bei­spiel Deut­sche Bahn (DB) selbst erle­ben „dür­fen”. Ein sol­cher Stre­cken-GAU ist sicher­lich nicht ein­fach zu mana­gen. Wenn aber Kom­mu­ni­ka­ti­ons­feh­ler hin­zu­kom­men, ist ein gro­ber Image­ver­lust pro­gram­miert. Feh­ler 1: Auf allen direkt von dem Vor­fall betrof­fe­nen Bahn­hö­fen wur­de zu wenig mit den Kun­den kom­mu­ni­ziert. Feh­ler 2: Es fehl­ten Sprach­re­ge­lun­gen (wer, was, wann, war­um). Feh­ler 3: Die Kom­mu­ni­ka­ti­on war asyn­chron (Sprach­an­sa­ge, Dis­play). Feh­ler 4: ver­al­te­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons-Hard­ware (ble­chern und unver­ständ­lich), Feh­ler 5: zu wenig und nicht vor­be­rei­te­tes Personal.

Damit sind nur die gröbs­ten Feh­ler ange­spro­chen. Kein Wun­der, dass es bei Bahn­pan­nen regel­mä­ßig Kri­tik am Kri­sen-Manage­ment und ins­be­son­de­re an der Kom­mu­ni­ka­ti­on gibt. Vie­le Kun­den zeig­ten Ver­ständ­nis für den Unfall und die Fol­gen. Immer­hin müs­sen alle Rei­sen­den für die zu über­brü­cken­den 10 Kilo­me­ter eine Zwangs­pau­se von meh­re­ren Stun­den auf sich neh­men. Die schlech­te Kom­mu­ni­ka­ti­on sorg­te aber für ech­te Ver­är­ge­rung. Das kann die Bahn besser.

Wie steht es um die oben genann­ten Kom­po­nen­ten der Kom­mu­ni­ka­ti­on in Ihrem Betrieb? Gibt es Vor­ga­ben für die Sprach­re­ge­lun­gen? Ist sicher­ge­stellt, dass schnell zusätz­li­ches und gut vor­be­rei­te­te Mit­ar­bei­ter – etwa aus ande­ren Abtei­lun­gen – zur Ver­fü­gung ste­hen, wenn es Pro­duk­ti­ons­feh­ler oder ‑aus­fäl­le gibt? Ist sicher­ge­stellt, dass Sie auf allen Kanä­len (Call­cen­ter, Inter­net, FB, Twit­ter usw.) ein­heit­lich agie­ren? Nur Übung macht den Meister.

 

Berater-Haftung: Hier haftet Ihr Berater

Ob inner­be­trieb­li­che Ver­rech­nun­gen, Schach­tel­be­tei­li­gun­gen zwi­schen ver­bun­de­nen Unter­neh­men oder Aus­lands­be­zie­hun­gen in Kon­zern­ge­sell­schaf­ten: Die meis­ten Geschäfts­füh­rer ..sind bei steu­er­li­chen Kon­struk­ten auf die Bera­tung durch den Steu­er-Exper­ten ange­wie­sen. Eine tat­säch­li­che eige­ne Beur­tei­lung sol­cher kom­pli­zier­ten steu­er­li­chen Sach­ver­hal­te durch den Geschäfts­füh­rer ist nicht oder nur schwie­rig mög­lich. Dage­gen steht: Geht dem Finanz­amt bei Steu­er­ge­stal­tun­gen Geld ver­lo­ren und zeigt sich im Nach­hin­ein, dass die gewähl­te Steu­er-Gestal­tung unzu­läs­sig war, hal­ten sich die Finanz­be­hör­den im Zwei­fel an den Geschäfts­füh­rer – bis hin ins Pri­vat­ver­mö­gen, wenn die Fir­ma die Steu­er­nach­zah­lung nicht mehr auf­brin­gen kann. Jeden­falls ist das in den meis­ten Fäl­len so und der Geschäfts­füh­rer muss eine even­tu­el­le Falsch­be­ra­tung in einem geson­der­ten Ver­fah­ren nach­wei­sen und durch­set­zen. Das ist auf­wän­dig und in der Pra­xis kaum durch­zu­set­zen. Was vie­le nicht wis­sen: Für sol­che Fäl­le gibt ein­schlä­gi­ge Vor­ga­ben des Bun­des­ge­richts­hofs, die die Rech­te des Geschäfts­füh­rers klar vorgeben.

Fazit: Bei Bera­tungs­män­geln haf­tet u. U. der Steu­er­be­ra­ter. Er muss die Steu­er­schuld zah­len. Kon­kret ging es um die Abfüh­rung von Umsatz­steu­er von Aus­lands­ge­schäf­ten (Schweiz), die die falsch bera­te­ne GmbH nicht zahl­te. Weil der Geschäfts­füh­rer nicht in der Lage war, die Aus­übung des Man­dats durch den Steu­er­be­ra­ter zu über­wa­chen, „wird die ver­trag­li­che Dritt­haf­tung des letzt ver­ant­wort­li­chen Steu­er­be­ra­ters eröff­net“ – so die BGH-Rich­ter (so zuletzt BGH, Urteil v. 13.10.2011, IX ZR 193/10).

Das gilt nur bei Bera­tungs­feh­lern, bei denen der Geschäfts­füh­rer nicht in der Lage war, der Über­wa­chung des beauf­trag­ten Steu­er­be­ra­ters nach­zu­kom­men. Das kann z. B. de Fall sein, wenn direk­te Ein­fluss­nah­me des Geschäfts­füh­rers auf­grund des Bera­tungs­ver­tra­ges mit dem Steu­er­be­ra­ter nicht mög­lich ist oder wenn der Steu­er­be­ra­ter Vor­ga­ben des Finanz­am­tes nicht umsetzt. Hier hat­te der Steu­er­be­ra­ter bereits bei einer Betriebs­prü­fung monier­te Anfor­de­run­gen nicht umge­setzt und zuvor schon feh­ler­haf­te Buchun­gen und Bilan­zie­rungs­ar­bei­ten vor­ge­nom­men. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie gut bera­ten, wenn Sie nach einer Betriebs­prü­fung das Abschluss-Pro­to­koll zusam­men mit dem Bera­ter bespre­chen und für ange­mahn­te Vor­gän­ge eine ent­spre­chen­de finanz­amts-taug­li­che Umset­zung bespre­chen und beschlie­ßen. Pro­to­kol­lie­ren Sie die Besprechungsergebnisse.

 

Der Fall Schlecker: Was Sie als Geschäftsführer dazu wissen müssen

Als Geschäfts­füh­rer haf­ten Sie für alle Zah­lun­gen der GmbH per­sön­lich, die Sie 3 Wochen nach Bestehen der Insol­venz­an­trags­pflicht ver­an­las­sen. So steht es im Gesetz und so prak­ti­zie­ren es die Insol­venz­ver­wal­tun­gen in unzäh­li­gen Ver­fah­ren gegen die Geschäfts­füh­rer von GmbHs in der Kri­se. Vie­le Fäl­le sind Grenz­fäl­le, in denen nicht klar ist, wann tat­säch­lich Über­schul­dung bzw. Illi­qui­di­tät – also Grün­de, nach denen Sie Insol­venz­an­trag stel­len müs­sen – für die GmbH gege­ben sind.

Jüngs­tes Bei­spiel: Der Fall „Schle­cker”. Der von Anton Schle­cker beauf­trag­te Sach­ver­stän­di­ge kommt jetzt zu dem Ergeb­nis, dass Insol­venz­rei­fe und damit Insol­venz­an­trags­pflicht erst 2012 vor­lag. Der Sach­ver­stän­di­ge der Ankla­ge tes­tiert dage­gen Insol­venz­rei­fe bereits in 2009. Bei­de Sach­ver­stän­di­ge legen aus­führ­li­che Begrün­dun­gen für Ihre Ein­schät­zun­gen vor. Die­se unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen dürf­ten das Gericht dar­in bestä­ti­gen, dass Schle­cker als Geschäfts­füh­rer sei­ner Unter­neh­mer selbst kaum in der Lage gewe­sen sein dürf­te, den Insol­venz­tat­be­stand aus eige­nem Ermes­sen beur­tei­len zu können.

Er durf­te sich auf den Rat sei­ner Exper­ten (Lei­ter Finan­zen bzw. sei­nen Steu­er­be­ra­ter) ver­las­sen. Das ist in der Kon­se­quenz bereits jetzt so abseh­bar. Das dürf­te für eine Straf­frei­heit genü­gen. Wir hal­ten Sie zu allen für den akti­ven Geschäfts­füh­rer wich­ti­gen Aspek­ten des Ver­fah­rens auf dem Lau­fen­den. Das Ver­fah­ren wird vor­aus­sicht­lich erst Anfang 2018 abge­schlos­sen. Dabei geht es um aus­ste­hen­de For­de­run­gen der Gläu­bi­ger in Höhe von mehr als einer hal­ben Mil­li­ar­de EUR.

 

Terminsache: Jahresabschluss 2016 für mittlere und große GmbH

Mit­tel­gro­ße und gro­ße GmbHs müs­sen den Jah­res­ab­schluss 2016 und den Lage­be­richt bis zum 31.8. des Jah­res auf­stel­len und die­sen durch die Gesell­schaf­ter fest­stel­len las­sen (§ 42a Abs. 2 GmbH-Gesetz). Ein Ver­stoß gegen die­se Vor­schrif­ten bedeu­tet für Sie als Geschäftsführer:

  1. Sie sind auch zustän­dig für die Vor­la­ge der Steu­er­erklä­run­gen der GmbH. Dazu ist der von den Gesell­schaf­tern fest­ge­stell­te Jah­res­ab­schluss der GmbH an das Finanz­amt ein­zu­rei­chen. Ver­stö­ße gegen die­se Steu­er­vor­schrift wer­den mit Buß­gel­dern, Straf­zin­sen oder sogar als Straf­tat belangt.
  2. Außer­dem kön­nen die Gesell­schaf­ter der GmbH den Geschäfts­füh­rer in die Haf­tung nehmen.

Ggf. muss der Geschäfts­füh­rer Scha­den erset­zen. Außer­dem dro­hen organ- und arbeits­recht­li­che Konsequenzen.

Gibt es zwi­schen dem Geschäfts­füh­rer und den Gesell­schaf­tern Pro­ble­me, soll­ten Sie die Fris­ten ganz genau neh­men. Dann ist sicher­ge­stellt, dass Ihnen kein Nach­teil in Form eines Abbe­ru­fungs­grun­des bzw. eines Fehl­ver­hal­tens-Vor­wurfs gemacht wer­den kann. Beden­ken Sie, dass Ihnen das Frist­ver­säum­nis bei künf­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen auch noch Jah­re spä­ter vor­ge­hal­ten wer­den kann. Der JA der klei­nen GmbH (Bilanz­sum­me bis 6.000.000 €, Umsatz bis 12.000.000 €, bis 50 Mit­ar­bei­ter) muss bis zum 30.11. des Fol­ge­jah­res fest­ge­stellt sein. Für alle ande­ren GmbHs ist der 31.08. der letz­te Zeitpunkt.

 

AZUBI-Einstellung: So behalten Sie die Entscheidungs-Hoheit

Als Geschäfts­füh­rer einer GmbH, die aus­bil­det, soll­ten Sie in den nächs­ten Wochen beson­ders auf­pas­sen: Passt der AZUBI nicht, ist es in der Pro­be­zeit noch leicht mög­lich zu reagie­ren, ohne gegen arbeits­recht­li­che Bestim­mun­gen zu ver­sto­ßen. Möch­ten Sie das Aus­bil­dungs­ver­hält­nis been­den, soll­ten Sie das also unbe­dingt noch in der Pro­be­zeit tun. Nur in der Pro­be­zeit (min­des­tens 1, höchs­tens 4 Mona­te) kön­nen Sie das Aus­bil­dungs­ver­hält­nis jeder­zeit, ohne Kün­di­gungs­frist und ohne Begrün­dung kün­di­gen (§ 22 Berufs­bil­dungs­ge­setz). Nach der Pro­be­zeit kön­nen Sie als Arbeit­ge­ber nur noch frist­los, aus wich­ti­gem Grund kün­di­gen. Die Kün­di­gung ist noch am letz­ten Tag der Pro­be­zeit mög­lich. Der Aus­zu­bil­den­de muss die schrift­li­che Kün­di­gung spä­tes­tens an die­sem Tag erhal­ten. Nach der Pro­be­zeit kön­nen Sie Ihrem Aus­zu­bil­den­den nur noch kün­di­gen, wenn Sie einen wich­ti­gen Grund haben. Eine Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grund setzt vor­aus, dass

  • Sie alle ande­ren Mög­lich­kei­ten aus­ge­schöpft haben,
  • Sie Ihren Aus­zu­bil­den­den erfolg­los abge­mahnt haben und
  • es Ihnen beim bes­ten Wil­len nicht zumut­bar ist, das Aus­bil­dungs­ver­hält­nis fortzusetzen.

Ihr Kün­di­gungs­grund muss umso schwe­rer wie­gen, je jün­ger Ihr Aus­zu­bil­den­der ist und je län­ger das Aus­bil­dungs­ver­hält­nis schon dau­ert. Kurz vor der Abschluss­prü­fung ist eine Kün­di­gung nur in ganz außer­ge­wöhn­li­chen Fäl­len mög­lich. Ist Ihnen der Kün­di­gungs­grund, z. B. das üble Beschimp­fen eines Kol­le­gen, schon län­ger als 2 Wochen bekannt, dür­fen Sie des­we­gen nicht mehr kün­di­gen. Die Kün­di­gung muss schrift­lich erfol­gen. Bei der Kün­di­gung nach der Pro­be­zeit ist der Kün­di­gungs­grund im Kün­di­gungs­schrei­ben genau anzu­ge­ben. Fehlt er, ist die Kün­di­gung unwirk­sam. All­ge­mei­ne For­mu­lie­run­gen wie z. B. „schlech­tes Beneh­men“ oder „Zuspät­kom­men“ rei­chen nicht aus.

Bei­spiel: Unter­neh­mer U. beschließt, den min­der­jäh­ri­gen Aus­zu­bil­den­den zu kün­di­gen. Da die Pro­be­zeit nicht ganz abge­lau­fen ist, meint er, kei­nen beson­de­ren Grund zu brau­chen. Er adres­siert das Schrei­ben an die Eltern des Azu­bi und lässt es am letz­ten Tag der Pro­be­zeit früh­mor­gens in den Haus­brief­kas­ten der Eltern ein­wer­fen. Die Eltern, die zu die­sem Zeit­punkt ver­reist sind, erfah­ren erst 2 Tage spä­ter durch ihren Sohn von der Kün­di­gung. Hat U. alles rich­tig gemacht? Ant­wort: Ja, U. hat noch recht­zei­tig gekün­digt. Weil sein Aus­zu­bil­den­der min­der­jäh­rig war, muss­te er die Kün­di­gung an die Eltern rich­ten. Die Kün­di­gung war früh­mor­gens recht­zei­tig im Haus­brief­kas­ten der Eltern Die Eltern muss­ten an die­sem Tag noch mit der übli­chen Post­zu­stel­lung rechnen.

 

Übergangsregelung: Geschäftsführer darf länger arbeiten

Arbei­tet der Geschäfts­füh­rer nach Errei­chen des ver­ein­bar­ten Pen­si­ons­al­ters zu ver­rin­ger­ten Bezü­gen wei­ter, ist sein Pen­si­ons­an­spruch nicht auf 75 % die­ses Betra­ges gede­ckelt (FG Schles­wig-Hol­stein, Urteil v. 4.7.2017, 1 K 201/14).

Eini­ge Finanz­äm­ter haben in der Ver­gan­gen­heit im Fal­le der Wei­ter­ar­beit immer wie­der ver­sucht, die sog. 75 % – Ver­dienst­gren­ze auf die­se Wei­se zu drü­cken, die so bewirk­te über­höh­te Pen­si­ons­rück­stel­lung nach­träg­lich zu monie­ren und eine ent­spre­chend Nach­ver­steue­rung durch­zu­set­zen. Laut FG Schles­wig darf das FA das Zusatz­ge­halt nur antei­lig auf­rech­nen. Der BFH wird in letz­ter Instanz dazu ent­schei­den (vgl. Nr. 4/2016).

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

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