Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 30/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te : Best-Pra­xis: Tol­le neue Ideen für die Per­so­nal­füh­rung NEUE RECHTSLAGE Fir­men­wa­gen: Steu­er­be­frei­ung nur noch mit Fahr­ten­buch GmbH-Finan­zen: Vor­sicht bei GmbH-Sanie­rung mit eige­nen Dar­le­hen GmbH-Recht: Vor­sicht mit GmbH- und UG-Bera­tern + Wett­be­werb: Noch mehr Bewe­gung an der Kar­tell-Front – klei­ne­re Fir­men müs­sen weni­ger zah­len + Geschäfts­füh­rer-Amt: Kop­pe­lung von Amt und Job ist nicht zu bean­stan­den + + BISS

Download-Button

 

 Nr. 30/2013 vom 26.7.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

wer bei der All­sa­ve Jung­falk GmbH & Co. KG poten­zi­el­le neue Mit­ar­bei­ter vor­ab ken­nen ler­nen will, kann das ohne Pro­ble­me. Die Vor­stel­lungs­run­den sind „öffent­lich“. Das ver­wirrt zwar so man­chen Bewer­ber, der im Vor­stel­lungs­ge­spräch bis zu 7 Per­so­nen gegen­über sitzt. Aber jeder Mit­ar­bei­ter, der in Zukunft mit dem Neu­en zusammen­arbeitet oder der den neu­en Kol­le­gen ein­fach nur befra­gen will, kann das. Er darf Fra­gen stel­len, ohne Abspra­che mit dem Geschäfts­füh­rer oder Personalleiter.

Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer Det­lef Loh­mann hat das ein­ge­führt, als er das Unter­neh­men mit­samt 128 Mit­ar­bei­tern vor eini­gen Jah­ren über­nom­men hat. Zwei­te Neue­rung: Vor der Neu­ein­stel­lung gibt es einen Pro­be­tag. Da kann sich der/die Neue einen Tag lang das Unter­neh­men anschau­en. Außer­dem muss er/sie eine klei­ne Pro­jekt­auf­ga­be erle­di­gen. Bes­te Gele­gen­heit für alle, um fest­zu­stel­len, wie team­fä­hig der Neue in der Pra­xis ist. Fehler­quote: Bis­her Fehl­an­zei­ge. Jede Neu­ein­stel­lung war ein Volltreffer.

Für die Pra­xis: Mit die­sen und vie­len wei­te­ren inno­va­ti­ven Ideen hat es die Fir­ma bereits zum drit­ten Mal zum TOP-Arbeit­ge­ber im Mit­tel­stand geschafft. Pra­xis ist es im Unter­neh­men auch, dass Leih­ar­beit­neh­mer bes­ser bezahlt wer­den als die Stamm­be­leg­schaft. Der Erfolg gibt dem Geschäfts­füh­rer Recht. Die Fir­ma ist hoch­profitabel, inno­va­tiv und ein belieb­ter Arbeit­ge­ber in der Regi­on. Geschäfts­füh­rer Det­lef Loh­mann hat sei­ne Erfah­run­gen zum Nach­le­sen auf­ge­schrie­ben. Unter dem Titel: „… und Mit­tags geh ich Heim“. Lesens­wert.

ACHTUNG Firmenwagen: Steuerbefreiung nur noch mit Fahrtenbuch

ACHTUNG: (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer von GmbHs, die den Fir­men­wa­gen aus­schließ­lich für geschäft­li­che Zwe­cke nut­zen, müs­sen sofort die neue Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) dazu beach­ten. Danach gilt: Selbst wenn in der Nut­zungs­über­las­sung (also z. B. im Anstel­lungs­ver­trag) aus­schließ­lich eine geschäft­li­che Nut­zung ver­ein­bart ist, müs­sen Sie trotz­dem Lohn­steu­er dafür zah­len. Ein­zi­ge Aus­nah­me: Sie füh­ren zusätz­lich ein Fahr­ten­buch und kön­nen damit auch den Beweis dafür erbrin­gen (BFH, Urteil vom 21.3.2013, VI R 31/10, VI R 46/11, VI R 42/12 und VI R 23/12). Das soll­ten Sie ernst neh­men. Es han­delt sich um eine Ände­rung der bis­he­ri­gen Rechts­auf­fas­sung. Danach war es näm­lich z. B. mög­lich, einen indi­rek­ten Beweis zu erbringen.

Es genüg­te zum Bei­spiel, wenn zusätz­lich ein pri­va­ter Pkw vor­han­den war oder sicher­ge­stellt war, dass Sie den Fir­men­wa­gen am Wochen­en­de auf dem GmbH-Park­platz abge­stellt haben. Bis zuletzt haben eini­ge Finanz­ge­richt ledig­lich gefor­dert, dass die GmbH das pri­va­te Nut­zungs­ver­bot über­wa­chen muss (z. B. FG Düs­sel­dorf mit aktu­el­lem Urteil vom 15.6.2013, 11 K 2935/11 E). Also einem Urteil noch aus dem Juni die­ses Jah­res. Das ist aber jetzt hin­fäl­lig. Die ein­zi­ge Chan­ce, die Lohn­steu­er­frei­heit für den Fir­men­wa­gen zu errei­chen, ist der Nach­weis mit Fahr­ten­buch. Gehen Sie davon aus, dass das bei Betriebs­prü­fun­gen ab sofort zu den Pflicht-Prüf­punk­ten des Steu­er­prü­fers gehört.

Für die Pra­xis: Im steu­er­li­chen Sinn gilt ein Fahr­ten­buch nur dann als Nach­weis, wenn sicher­ge­stellt ist, dass die Auf­zeich­nun­gen nach­träg­lich nicht ver­än­dert wer­den kön­nen. Das ist mög­lich mit einem hand­schrift­li­chen Fahr­ten­buch (Datum, Kilo­me­ter­stand, Rei­se­ziel, bei Umwe­gen die Rei­se­rou­te, Rei­se­zweck und auf­ge­such­ter Geschäfts­part­ner). ACHTUNG: In Zwei­fels­fäl­len schal­tet der Betriebs­prü­fer einen Gut­ach­ter ein, der die Echt­heit der hand­schrift­li­chen Auf­zeich­nun­gen auf Fäl­schung oder Nach­da­tie­run­gen prüft (vgl. dazu Nr. 28/2013). Wenn Sie ein elek­tro­ni­sches Fahr­ten­buch füh­ren, müs­sen Sie dar­auf ach­ten, dass nach­träg­li­che Ände­run­gen nicht mög­lich sind. Eine selbst gestrick­te Excel-Tabel­le genügt dem in der Regel nicht. Die in Fra­ge kom­men­den mit dem Hin­weis auf „Finanz­amts­taug­lich­keit“. Bei­spie­le > z. B. von Tra­vel­Con­trol, Tom­Tom usw.

GmbH-Finanzen: Vorsicht bei GmbH-Sanierung mit eigenen Darlehen

Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer, die ihre GmbH mit Dar­le­hen finan­zie­ren, müs­sen gleich mit 2 Risi­ken leben: Gerät die GmbH in eine wirt­schaft­li­che Kri­se, hat er kei­nen Anspruch auf Rück­zah­lung. Zwei­ter Nach­teil: Nur im Aus­nah­me­fall kann der Gesell­schaf­ter die­sen Ver­lust bei der Steu­er ver­rech­nen. Nach einem aktu­el­len Urteil des FG Düs­sel­dorf gilt das aber nicht für den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer mit einer Mini-Beteiligung.

Bei­spiel: Einer der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer war nach meh­re­ren Kapi­tal­erhö­hun­gen und nach der Über­tra­gung eines Teils sei­ner GmbH-Antei­le auf sei­ne Töch­ter nur noch zu 1,64 % an der GmbH betei­ligt. Zur Abwen­dung eines Insol­venz­ver­fah­rens ver­lang­ten die neu­en Inves­to­ren von dem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer den Ver­zicht auf sei­ne Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen, in der Höhe von ins­ge­samt ca. 80.000 EUR. Strit­tig ist, ob das Finanz­amt die­sen Ver­lust steu­er­lich berück­sich­ti­gen muss (FG Düs­sel­dorf, Urteil vom 7.12.2012, 1 K 522/11 E). Dazu das Finanz­ge­richt: JA. Und zwar als Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Tätig­keit. Aller­dings ist das nur der Fall, wenn eini­ge Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind:

  1. Es han­delt sich um die (Mini-) Betei­li­gung eines sog. Klein-Gesell­schaf­ters. Das ist der Fall bei einer Betei­li­gung unter 10 % (§ 50 GmbHG).
  2. Der Ver­zicht dient der Siche­rung des Arbeits­plat­zes des Geschäfts­füh­rers. Das ist der Fall, wenn die als Geschäfts­füh­rer erziel­ten Ein­künf­te (hier: 150.000 EUR) den Wert sei­ner Betei­li­gung und die dar­aus erziel­ba­ren Betei­li­gungs­ein­künf­te weit übersteigen.
  3. Die Höhe der vom Finanz­amt anzu­er­ken­nen­den Wer­bungs­kos­ten für den Dar­le­hens-Ver­zicht ergibt sich als Teil­wert. Im Urteils­fall unter­stell­te das Gericht einen Betrag von 10 % des Nenn­wer­tes des Dar­le­hens (hier: 8.000 EUR).

Das FG Düs­sel­dorf bestä­tigt damit die bereits bis­her vom Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) dazu ver­tre­te­ne Rechts­auf­fas­sung (vgl. BFH, Urteil vom 25.11.2010, VI R 34/08). Aller­dings wol­len die Finanz­be­hör­den das so nicht hin­neh­men. Das FG Düs­sel­dorf hat Revi­si­on zuge­las­sen und das Finanz­amt prüft das wei­te­re Vorgehen.

Für die Pra­xis: Das Ver­fah­ren zeigt, das der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sehr genau rech­nen muss, wenn er sei­ne GmbH mit einem Dar­le­hen aus der Kri­se füh­ren will. Vor­sicht: Immer wenn neue Inves­to­ren mit in die Sanie­rung ein­stei­gen, ist der (Mini-) Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer gut bera­ten, sein eige­nes Ver­mö­gen gut zusam­men zu hal­ten. Wird ein zusätz­li­ches Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen als Sanie­rungs­bei­trag ver­langt, müs­sen die Alarm­glo­cken läu­ten. Bes­ser ist es dann, sofort eine beruf­li­che Neu­ori­en­tie­rung vor­zu­neh­men anstatt zusätz­li­che Inves­ti­tio­nen aus dem Pri­vat­ver­mö­gen in ein unge­wis­ses Sanie­rungs­pro­jekt vor­zu­neh­men. Dass Sie den Ver­lust bei der Steu­er (zu einem Teil) als Wer­bungs­kos­ten anset­zen kön­nen, wirkt zwar ent­las­tend, steht aber in den meis­ten Fäl­len in kei­ner Rela­ti­on zum ein­ge­gan­ge­nen Risi­ko und dem erlit­te­nen Vermögensverlust.

GmbH-Recht: Vorsicht mit GmbH- und UG-Beratern

Wer­ben Grün­dungs­be­ra­ter oder Anbie­ter von Vor­rats-Gesell­schaf­ten mit einer „1‑Eu­ro-GmbH“, dann ist das nicht kor­rekt. Die 1‑Eu­ro-Gesell­schaft ist recht­lich genau genom­men eine Unter­neh­mer­ge­sell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung. Im Fach­jar­gon: Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt) oder UG (haf­tungs­be­schränkt). Im Jar­gon: Mini-GmbH). Sol­che Ange­bo­te ver­sto­ßen nach aktu­el­ler Recht­spre­chung gegen das Wett­be­werbs­recht. Es han­delt sich wett­be­werbs­wid­ri­ge Wer­bung, die mit Buß­geld belangt wer­den kann (so zuletzt OLG Dres­den, Urteil vom 19.2.2013, 14 U 1810/12, Quel­le: GmbH-Rund­schau 2013, Sei­te 715).

Für die Pra­xis: Unter­neh­mer, die auf die „Schnel­le“ eine wei­te­re Gesell­schaft grün­den wol­len, soll­ten bei sol­chen Ange­bo­ten vor­sich­tig sein. Das klingt nach schnel­lem Geld nicht aber nach seriö­ser gesell­schafts­recht­li­cher Bera­tung. Wer eine Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (UG) grün­den will, kann das zusam­men mit einem Notar ohne grö­ße­ren Auf­wand (350 EUR) und in der Regel inner­halb weni­ger Tage.

Wettbewerb: Noch mehr Bewegung an der Kartell-Front – kleinere Firmen müssen weniger zahlen

Das  Bun­des­kar­tell­amt hat neue Leit­li­ni­en für die Buß­gel­der in Kar­tell­ver­fah­ren fest­ge­legt. Danach müs­sen klei­ne­re Unter­neh­men, die nur ein oder weni­ge Pro­duk­te anbie­ten oder her­stel­len, in Zukunft gerin­ge­re Buß­gel­der zah­len. Im Gegen­zug wer­den grö­ße­re Unter­neh­men bei Kar­tell­ver­ge­hen stär­ker belas­tet. An der Ober­gren­ze, wonach bis zu 10 % eines Jah­res­um­sat­zes als Buß­geld fest­ge­setzt wer­den kön­nen, wird sich aller­dings nichts ändern. Zusätz­lich kön­nen die Kar­tell­be­hör­den den gesam­ten Kon­zern­um­satz zur Bemes­sung des Buß­gel­des zugrun­de legen (Buß­geld­leit­li­ni­en, Voll­text unter > www.bundeskartellamt.de > Buß­geld­leit­li­ni­en).

Für die Pra­xis: Unter­des­sen hat das Bun­des­kar­tell­amt wohl auch in Sachen Ver­öf­fent­li­chungs­pra­xis aus lau­fen­den Ver­fah­ren reagiert (vgl. Nr. 29/2013). Auf der aktu­el­len Inter­net­sei­te des Bun­des­kar­tell­amts tau­chen sol­che Insi­der-Infor­ma­tio­nen aus lau­fen­den Ver­fah­ren nicht mehr auf. Auch u. E. war die­se Vor­ge­hens­wei­se recht­lich nicht abge­si­chert und benach­tei­lig­te betrof­fe­ne Unternehmen. 

Geschäftsführer-Amt: Koppelung von Amt und Job ist nicht zu beanstanden

In vie­len Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trä­gen ist ver­ein­bart, dass der Ver­trag mit Been­di­gung der Organ­stel­lung auto­ma­tisch been­det ist. Eine sol­che sog. Kop­pe­lungs­ver­ein­ba­rung ist grund­sätz­lich nicht zu bean­stan­den. Der Anstel­lungs­ver­trag endet dann auto­ma­tisch mit der Abbe­ru­fung. Eine zusätz­li­che, for­mel­le Kün­di­gung sei­tens der GmbH ist nicht not­wen­dig (OLG Saar­brü­cken, Urteil vom 8.5.2013, 1 U 154/12–43, Quel­le: GmbH-Rund­schau 2013, Sei­te 758 – 762, Kanz­lei Löff­ler).

Für die Pra­xis: Etwas anders liegt der Fall, wenn im Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag ver­ein­bart ist, dass mit der Been­di­gung der Stel­lung des Geschäfts­füh­rers (genau: Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers vom Amt) ein außer­or­dent­li­cher Grund für die Been­di­gung des Anstel­lungs­ver­tra­ges vor­liegt. Dann muss die GmbH (hier: die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung bzw. ein Ver­tre­ter der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung) die Kün­di­gung aus­drück­lich aus­spre­chen. Am bes­ten schrift­lich mit einem Hin­weis auf den außer­or­dent­li­chen Kündigungsgrund.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

Schreibe einen Kommentar