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Volkelt-Brief 29/2014

The­men heu­te:  Employ­er Bran­ding: Geben Sie Ihrer GmbH ein „Gesicht” + BGH-aktu­ell: Gesell­schaf­ter-Raus­wurf ohne Abfin­dung ist unzu­läs­sig +Geschäfts­füh­rer-Ver­trag: Krank­heits­fall unbe­dingt ver­trag­lich regeln + Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be: Nut­zen Sie den Frei­be­trag für klei­ne­re Fir­men + Unent­schul­dig­tes Feh­len: 6 Regeln, die die Mit­ar­bei­ter-Dis­zi­plin ver­bes­sern + Steu­er: Finanz­amt darf EK 02 besteu­ern + Kün­di­gung: Erst müs­sen Sie freie Stel­len anbie­ten + Recht: Behör­de darf Beherr­schungs­ver­trag nicht ein­fach löschen + BISS

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Nr. 29/2014

Freiburg,18.7.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

als CEO Josef Acker­mann einen Schwä­che­an­fall erlitt, stürz­te in 3 Stun­den der Kurs der Deut­schen Bank um ½ Mrd. Euro. Ganz so dras­tisch ist der Zusam­men­hang zwi­schen der Per­son des Mana­gers und dem Unterneh­mens­erfolg bei klei­ne­ren Unter­neh­men nicht. Aber als Geschäfts­füh­rer sind Sie das Gesicht des Unter­neh­mens. Auch für alle zukünf­ti­gen Mitarbeiter.

Das Employ­er Bran­ding – deutsch: Arbeit­ge­ber-Mar­ken­bin­­dung – wird in klei­ne­ren Fir­men ger­ne unter­schätzt. Ich ken­ne Geschäfts­füh­rer, die die Öffent­lich­keit mei­den – aus Beschei­den­heit, aus der Angst, zu bekannt zu sein. Das ist ver­ständ­lich. Aber Sie ver­ge­ben eine Chan­ce, neue Mit­ar­bei­ter zu fin­den. Gera­de die jun­gen Men­schen, die ihre beruf­li­che Zukunft nicht in einem Groß-Unter­­neh­men sehen, legen Wert auf die Che­mie im Unternehmen.

Suchen Sie bewusst Ver­an­stal­tun­gen und Schau­plät­ze auf (Mes­sen, Bran­chen­ver­an­stal­tun­gen, Kon­gres­se, Ver­an­stal­tun­gen der Fach­be­rei­che der Uni­ver­si­tä­ten und Fach­hoch­schu­len, Job-Bör­sen), auf denen sich jun­ge Men­schen über Beru­fe, über offe­ne Stel­len und einen Stel­len­wech­sel infor­mie­ren. Nut­zen Sie sol­che Gele­gen­hei­ten dazu, Ihre Mar­ke als Arbeit­ge­ber (Visi­ten­kar­ten) zu hin­ter­las­sen. Stel­len Sie sich und geben Sie Ihrer GmbH ein Gesicht.

BGH-aktuell: Rauswurf ohne Abfindung ist unzulässig

Nach einem aktu­el­len Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) zum Aus­schluss eines Gesell­schaf­ters aus der GmbH soll­ten Sie jetzt den Gesell­schafts­ver­trag Ihrer GmbH prü­fen. Ist dort ver­ein­bart, dass ein Gesell­schaf­ter ohne Zah­lung einer Abfin­dung aus­ge­schlos­sen wer­den kann, müs­sen Sie nach­bes­sern. Die­se Klau­sel ist unwirksam.

Fol­ge: Ent­we­der ist schon der Beschluss über den Aus­schluss des Gesell­schaf­ters unwirk­sam oder der Gesell­schaf­ter kann nur gegen die übli­che Abfin­dung aus­ge­schlos­sen wer­den (BGH, Urteil vom 29.4.2014, II ZR 216/13). Am bes­ten gehe Sie so vor: Prü­fen Sie, ob die­ser Fall im Gesell­schafts­ver­trag gere­gelt ist. Wenn JA: Nach­bes­se­rungs-Bedarf besteht, wenn für den aus­ge­schlos­se­nen Gesell­schaf­ter kei­ne Abfin­dung gezahlt wird. Es soll­te zumin­dest eine – aus Sicht der GmbH und der ver­blei­ben­den Gesell­schaf­ter – mög­lichst gerin­ge Abfin­dung ver­ein­bart sein. So kön­nen Sie den Buch­wert anset­zen. Das ist das Mini­mum. Will der aus­ge­schlos­se­ne Gesell­schaf­ter das nicht hin­neh­men, muss er dage­gen klagen.

Ganz auf der siche­ren Sei­te sind Sie, wenn Sie die Abfin­dung nach einem aner­kann­ten Ver­fah­ren fest­le­gen, die einen gering­fü­gig über dem Buch­wert liegt. Nach einem Ver­fah­ren, das den Wert den Anteils objek­tiv ermit­telt, aber unter dem Markt­wert liegt, z. B. Stutt­gar­ter Ver­fah­ren oder (schlech­ter für die blei­ben­den Gesell­schaf­ter) dem ver­ein­fach­ten Ertragswertverfahren.

Oft ver­ein­ba­ren die Gesell­schaf­ter im Gesell­schafts­ver­trag einen Kata­log von Grün­den, die zum Aus­schluss aus der GmbH füh­ren, um einen unver­meid­li­chen Aus­schluss recht­lich ein­fa­cher zu machen. Wich­tig ist, dass jeder ein­zel­ne im Gesell­schafts­ver­trag genann­te Grund objek­ti­vier­bar ist, denn die Gerich­te prü­fen im Aus­schluss­ver­fah­ren den Ein­zel­fall ganz genau. Grund­re­gel: Ist im Gesell­schafts­ver­trag nichts zur Fra­ge der Abfin­dung ver­ein­bart, dürf­te die­se Ein­zel­fall-Prü­fung beson­ders kri­tisch aus­se­hen – meist zum Vor­teil des aus­ge­schlos­se­nen Gesellschafters.

Geschäftsführer-Vertrag: Krankheitsfall unbedingt vertraglich regeln

Wis­sen Sie, wie in Ihrem Anstel­lungs­ver­trag der Krank­heits­fall gere­gelt ist? Fakt ist, dass in vie­len Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­tra­gen eine Lohn­fort­zah­lung bis zu 6 Mona­ten ver­ein­bart ist. Wenn Sie als Geschäfts­füh­rer kei­ne Rege­lung im Anstel­lungs­ver­trag dazu haben, ist die Sache recht­lich schwie­rig. Sie haben kei­nen Anspruch auf Ent­gelt­fort­zah­lung. Das Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz (EFZG) gilt nicht für Geschäfts­füh­rer. Was müs­sen Sie dazu beachten?

  • Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Geschäfts­füh­rer kön­nen davon aus­ge­hen, dass Sie einen Anspruch auf Lohn­fort­zah­lung für 6 Wochen haben. Spre­chen Sie das The­ma beim nächs­ten Ver­trags­ge­spräch mit dem Arbeit­ge­ber GmbH an. Bes­ser ist es, wenn das schwarz auf weis ver­ein­bart ist. Üblich ist eine Lohn­fort­zah­lung bis zu 6 Monaten.
  • Alle ande­ren Geschäfts­füh­rer soll­ten eine Klau­sel zur Lohn­fort­zah­lung in den Anstel­lungs­ver­trag auf­neh­men. For­mu­lie­rung: „Ist der Geschäfts­füh­rer an der Aus­übung sei­ner Diens­te durch Krank­heit oder durch ande­re unver­schul­de­te Umstän­de ver­hin­dert, so behält er den Anspruch auf sei­ne Bezü­ge für die Dau­er von 6 Wochen (3, 6 Mona­ten) nach Ein­tritt des Verhinderungsfalles“. 
Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer müs­sen bei der Lohn­fort­zah­lung auch ans Finanz­amt den­ken. Gibt es kei­nen Rechts­an­spruch aus dem Anstel­lungs­ver­trag auf Lohn­fort­zah­lung, wird das Finanz­amt gezahl­ten Lohn als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung besteu­ern. Prü­fen Sie ent­spre­chend Ihren Ver­trag und bes­sern Sie gege­be­nen­falls nach.

Künstlersozialabgabe: Nutzen Sie den Freibetrag für kleinere Firmen

Fir­men, die pro Jahr unter der Gering­fü­gig­keits­gren­ze von 450 EUR für KSV-pflich­ti­ge Leis­tun­gen blei­ben, brau­chen in Zukunft kei­ne Mel­dung an die Künst­ler­so­zi­al­kas­se machen und kei­ne Bei­trä­ge zah­len. Das gilt z. B. für gra­phi­sche Auf­trä­ge, für Auf­trä­ge an Web­de­si­gner usw. (vgl. Nr. 6/2013). Für sehr klei­ne Fir­men ist das erfreu­lich. Im Gegen­zug wer­den die Betriebs­prü­fun­gen ab 2015 inten­si­viert (BT-Druck­­sa­che 18/1770). Infor­mie­ren Sie sich vor­ab dar­über, wel­che Leis­tun­gen bei­trags­pflich­tig sind. Bei­spie­le gibt es auf der Home­page der KSV unter www.kuenstlersozialkasse.de > Down­load­be­reich für Unter­neh­men und Verwerter.

Prü­fen Sie, wel­che Leis­tun­gen Sie ggf. im eige­nen Haus ohne KSV-Bei­trag erstel­len kön­nen, z. B. For­mu­lie­rung von Wer­be­tex­ten, eige­ne Fotos durch Mit­ar­bei­ter erstel­len, Gestal­tung der Web-Sei­ten durch die eige­ne IT usw. Bei­trags­pflich­ti­ge Leis­tun­gen müs­sen Sie jeweils zum 31. März an die KSV mel­den (Vor­dru­cke > sie­he oben), even­tu­ell sind Vor­aus­zah­lun­gen zu leis­ten. Wir raten davon ab, das The­ma ein­fach zu ignorieren.

In der Pra­xis wird die Gering­fü­gig­keits­gren­ze von 450 EUR aller­dings kaum eine Rol­le spie­len. Wer an der Gren­ze ist, soll­te mit der/dem beauf­trag­ten Künstler/Agentur ver­su­chen, unter die 450-Euro-Gren­ze zu kom­men. Wenn Sie die­se Gren­ze über­schrei­ten, sind Sie aber gut bera­ten, die Mel­de­pflich­ten ein­zu­hal­ten. Ab 2015 wird die DR die Abfüh­rung die­ser Bei­trä­ge flä­chen­de­ckend kontrollieren.

Unentschuldigtes Fehlen: 6 Regeln, die Disziplin verbessern

Auf wen kann ich mich hier über­haupt noch ver­lassen?“. So ver­ständlich eine Feh­ler-Schel­te vom Chef auch sein mag. Ist der damit gemein­te Arbeit­nehmer bei der Team­sitzung gar nicht anwe­send, bewirkt der emo­tionale Aus­bruch das glat­te Gegen­teil: Alle Anwe­senden füh­len sich (zu unrecht) zurecht­ges­tutzt. Die Wir­kung geht nach hin­ten los. Wie kön­nen Sie das bes­ser lösen? 6 Punk­te gegen die unent­schul­dig­te Abwesenheit:

  1. Wen mei­nen Sie? Fehlt ein Mitar­beiter unent­schul­digt zur Team-Sit­zung, stel­len Sie das sach­lich fest – fürs Pro­tokoll und vor allen Anwesenden.
  2. Wie bew­erten Sie das: Verdeut­lichen Sie den anwe­senden Mitar­beit­ern Ihre Mei­n­ung dazu. Etwa so: „Ich neh­me das nicht nur per­sön­lich, wenn ein Mitar­beiter gegen die vere­in­barten Regeln ver­stößt. Das geht ein in mei­ne sach­liche Bew­er­tung, auch im näch­sten Per­son­alge­spräch“.
  3. Kla­re Vor­gaben: Vere­in­baren Sie für Team-Sit­zun­gen immer klipp und klar „Anwe­sen­heit­spflicht“. Bei Ver­hin­derung ist eine Abmel­dung oblig­a­torisch, ein Ver­tre­ter zu benen­nen und mit Anwe­sen­heitsverpflich­tung zu delegieren.
  4. Kei­ne Regel ohne Aus­nahme: Bei „außeror­dentlichen“ Vor­fällen (plöt­zliche Erkran­kung, ganz wich­ti­ger Kun­de) darf ein Auge zuge­drückt werden.
  5. Kei­ne Regelver­let­zung ohne Fol­ge: Regelver­stöße wer­den vom Team­leiter erfasst und sind zwin­gend Gegen­stand des näch­sten Personalgespräches.
  6. Die Fol­gen müs­sen spür­bar sein: Machen Sie dem Mitar­beiter im Per­son­alge­spräch klar, wel­che Fol­gen die Pflichtver­let­zung in der Bew­er­tung hat und wie sich das auf die Zukunft aus­wirkt (Gehalt, Perspektive).
Das gilt in der Regel für alle Teams und Pro­jekt­grup­pen, in denen die Mit­ar­bei­ter Tätig­kei­ten abstim­men und koor­di­nie­ren. Auch für die Teams, zu denen Sie selbst als Chef nicht gehö­ren. Ver­schaf­fen Sie sich einen Über­blick dar­über, wie mit dem The­ma „Abwe­sen­heit“ (Feh­len) in die­sen Grup­pen umge­gan­gen wird. Ggf. geben Sie eine Geschäfts­ord­nung (Pro­to­koll) her­aus. Teams und Pro­jekt­grup­pen ohne kla­re Regeln sind in der Regel ohne­hin überflüssig.

Steuer: Finanzamt darf EK 02 besteuern

Mit dem Kör­per­schaft­steu­er­erhö­hungs­be­trag (§ 34, 38 KStG) wur­de bis 2006 unver­steu­er­tes EK pau­schal mit 3/100 dem steu­er­pflich­ti­gen Ein­kom­men der GmbH zuge­rech­net und ver­steu­ert. Bei eini­gen Unter­neh­men führ­te das zu hohen Steu­er­nach­zah­lun­gen. Laut FG Düs­sel­dorf ist die­se Rege­lung nicht zu bean­stan­den (FG Düs­sel­dorf, Urteil vom 18.3.2014, 6 K 2087/11 F).

Die­se Rege­lung (JStG 2008) betraf die bilan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen der Umstel­lung vom Anrech­nungs- auf das Halb­ein­künf­te­ver­fah­ren. Damit wur­de bis dahin steu­er­frei­es EK 02 (Rück­la­gen) in die Besteue­rung ein­be­zo­gen. Das Finanz­ge­richt hat die Revi­si­on zum BFH zuge­las­sen. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Kündigung: Erst müssen Sie freie Stellen anbieten

Bie­ten Sie einem Arbeit­neh­mer bei einer betriebs­be­ding­ten Kün­di­gung­einen vor­han­de­nen oder einen abseh­bar frei wer­den­den Arbeits­latz nicht an, dann ist die Kün­di­gung so­zial­widrig und damit unwirk­sam (LAG Baden-Würt­te­m­­berg, Urteil vom 7.5.2014, 21 Sa 67/13).

Das Gericht weist im Urteil aus­drück­lich dar­auf hin, dass eine vor­ge­zo­ge­ne Neu­ein­stel­lung als Umge­hungs­ver­such gewer­tet wird. Das ist kei­ne pra­xis­taug­li­che Mög­lich­keit, eine betriebs­be­ding­te Kün­di­gung durchzudrücken.

Recht: Behörde darf Beherrschungsvertrag nicht einfach löschen

Ist ein Beherr­schungs- und Gewinn­ab­füh­rungs-Ver­trag im Han­dels­re­gis­ter der herr­schen­den Gesell­schaft ein­ge­tra­gen, darf das Regis­ter­ge­richt die­sen nicht ohne vor­he­ri­ge Prü­fung löschen (OLG Hamm, Beschluss vom 6.4.2014, 9 W 80/14).

Das Regis­ter­ge­richt darf den Unter­neh­mens­ver­trag nur löschen, wenn ein „Man­gel der wesent­li­chen Vor­aus­set­zun­gen“ der Ein­tra­gung gege­ben ist. Ist der Unter­neh­mens­ver­trag auch bei der herr­schen­den Gesell­schaft ein­ge­tra­gen, dann ist das zuläs­sig und darf nicht ein­fach gelöscht werden.

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Herausgeber

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