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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 28/2017

10 Jah­re UG: Bes­ser als ihr Ruf – was tun? + GF/Personal: Gute Ideen für´s Rekrui­ting + Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Neu­es Straf­recht betrifft Geschäfts­füh­rer + Neu­es Urteil: Prü­fen Sie jetzt Ihr D & O + Geschäfts­füh­rer pri­vat: So lösen Sie Steu­er­pro­ble­me ohne Bera­ter (-Hono­rar) + GmbH-Recht: Geschäfts­füh­rer muss widersprechen

BISS die Wirt­schaft-Sati­re

 

 

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Frei­burg, 14. Juli 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

mitt­ler­wei­le gibt es die Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (UG) – die Mini-GmbH – seit 10 Jah­ren. Fazit: Die Zahl der in Deutsch­land agie­ren­den Limi­t­eds ist dras­tisch zurück­ge­gan­gen. Dafür gibt es der­zeit rund 110.000 UGs. Den­noch: Nach wie vor gibt es schlech­te Noten für die UG. Laut Cre­dit­re­form wei­sen Schuld­ner in der Rechts­form Unter­neh­mer­ge­sell­schaft den höchs­ten Zah­lungs­ver­zug aus (ca. 19 Tage). Der durch­schnitt­li­che Rech­nungs­wert (553 EUR) von UGs liegt deut­lich unter dem Bran­chen­schnitt (1.711 EUR) und damit auch unter dem Ver­gleichs­wert für Unter­neh­men in der Rechts­form GmbH.

Auch aus juris­ti­schen Fach­krei­sen gibt es Kri­tik, z. B. an der 1‑EUR-Kapi­ta­l­aus­stat­tung. In der Pra­xis führt das meist dazu, dass im Insol­venz­fall ein recht­lich gesi­cher­ter Durch­griff auf die Gesell­schaf­ter nicht mög­lich ist. Alter­na­ti­ve: Es wird an einem (redu­zier­ten) Min­dest­ka­pi­tal (z. B. 10.000 EUR) fest­ge­hal­ten. Aber – in den Nie­der­lan­den wird das bereits prak­ti­ziert – das Kapi­tal muss nicht ein­ge­zahlt, son­dern ledig­lich bereit gehal­ten wer­den. Die Dis­kus­si­on dar­über fin­det der­zeit in den Exper­ten­zir­keln und Aus­schüs­sen statt. Bis dahin müs­sen Sie als Geschäfts­füh­rer einer Unter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt) mit die­sen (Vor-) Urtei­len leben.

Als Geschäfts­füh­rer einer UG sind Sie gut bera­ten, wenn Sie – erfolg­rei­cher Geschäfts­ver­lauf vor­aus­ge­setzt – so schnell wie mög­lich in eine Voll-GmbH umwan­deln. Also dann, wenn in der gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Gewinn­rück­la­ge der auf 25.000 EUR feh­len­de Betrag ange­sam­melt ist. Dann genügt ein Kapi­tal­erhö­hungs­be­schluss und die ent­spre­chen­de Mel­dung ans Han­dels­re­gis­ter zur Umwand­lung in die Voll-GmbH.

GF/Personal: Gute Ideen für´s Recruiting

Nach Hoch­rech­nun­gen des Insti­tuts der deut­schen Wirt­schaft (IW) feh­len bis 2020 bis zu 425.000 Mathe­ma­ti­ker, Natur­wis­sen­schaft­ler und Tech­ni­ker. Geschäfts­füh­rer klei­ne­rer und mit­tel­stän­di­scher GmbHs, die auf Fach­kräf­te ange­wie­sen sind (Indus­trie, Soft­ware, Che­mie usw.), ken­nen das Sze­na­rio. Laut IW ist nach wie vor nicht zu erken­nen, wie die Poli­tik gegen­steu­ern will. Um eini­ger­ma­ßen Abhil­fe zu schaf­fen, müss­te der Anteil der Abitu­ri­en­ten, die auf eine Hoch­schu­le wech­seln, von gegen­wär­tig 75 auf 85 % stei­gen. Eines der wir­kungs­volls­ten Instru­men­te dazu ist die regio­na­le Unter­neh­mens-PR. Tra­gen Sie Ihre Unter­neh­mens­grund­sät­ze und Ihre Grund­sät­ze im Umgang mit Ihren Mit­ar­bei­tern immer wie­der in die Öffent­lich­keit: Am Tag der offe­nen Tür, bei der Ver­ga­be von Lehr­stel­len, anläss­lich von Neu-Ein­stel­lun­gen, bei der Vor­stel­lung neu­er Pro­duk­te, Werk­hal­len usw.. Sie müs­sen dar­über immer lau­ter reden, wenn Sie wahr­ge­nom­men wer­den wollen.

Klar ist aller­dings auch, dass es gute Lösun­gen nicht zum Bil­lig­ta­rif gibt. Dabei gilt: Mit einem lang­wei­li­gen Essen für Alle, einer Rede vom Land­rat und einem zwar teu­ren, aber nicht pas­sen­den Event machen Sie beim Nach­wuchs kei­ne Punk­te – so wie ich es die­ser Tage anläß­lich der 150- Jahr-Fei­er eines 500 Mit­ar­bei­ter-Indus­trie­be­triebs im Schwarz­wald wie­der ein­mal erlebt habe. Sie müs­sen der Öffent­lich­keit zei­gen, wie Arbei­ten in Ihrem Unter­neh­men geht, auf wel­che Kol­le­gen sich die Neu­en ein­las­sen, wel­che Unter­neh­mens­kul­tur Sie und wel­che Lebens­qua­li­tät die Regio zu bie­ten hat.

In vie­len tech­nisch gepräg­ten Unter­neh­men gibt es meist nur eine (klei­ne­re) Mar­ke­ting-Trup­pe. Hier lau­fen die Geschäf­te nach eige­nen Regeln. Ent­spre­chend wenig eige­ne Erfah­rung gibt es mit den The­men PR und Event. Dabei gilt: Hier kann man mit selbst­ge­strick­ten Lösun­gen viel falsch machen. Bes­ser ist es, auf Pro­fis zu set­zen. Der Ablauf, die Insze­nie­rung und die Inhal­te von Ver­an­stal­tun­gen des Unter­neh­mens in der Öffent­lich­keit ist und bleibt aber Chef­sa­che. Wich­tig: Kei­ne Auf­trags­ver­ga­be ohne über­zeu­gen­de Refe­ren­zen, früh­zei­ti­ge Ein­bin­dung der regio­na­len Pres­se und Nut­zung der Sozia­len Medi­en und Netz­wer­ke. Das Rund­um-Paket muss stim­men. Das spricht für sich und für einen guten Arbeitgeber.

Geschäftsführer-Haftung: Neues Strafrecht betrifft Geschäftsführer

Natür­lich wol­len wir Ihnen an die­ser Stel­le kei­ne Nei­gung zur Spiel­sucht oder straf­be­wehr­ter Mani­pu­la­ti­on unter­stel­len. Den­noch: Es gibt eine aktu­el­le Ände­rung im Straf­recht, die auch Aus­wir­kun­gen für Geschäfts­füh­rer hat. Dazu: Die Zulas­sungs­vor­aus­set­zun­gen zum Amt des Geschäfts­füh­rers sind in § 6 GmbH-Gesetz gere­gelt. Danach kann nicht Geschäfts­füh­rer sein, wer wegen einer Straf­tat oder meh­re­rer vor­sätz­lich began­ge­ner Straf­ta­ten z. B. durch

  • Unter­las­sen der Stel­lung des Antrags auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens (Insol­venz­ver­schlep­pung),
  • fal­sche Anga­ben nach § 82 des GmbH-Geset­zes oder § 399 des Aktiengesetzes,
  • unrich­ti­ge Dar­stel­lung nach § 400 des Aki­en­ge­set­zes, § 331 des Han­dels­ge­setz­bu­ches, § 313 des Umwand­lungs­ge­set­zes oder § 17 des Publizitätsgesetzes

ver­ur­teilt ist. Mit der Bestel­lung ins Amt als Geschäfts­füh­rer muss der Geschäfts­füh­rer – Sie ken­nen das – ver­si­chern, dass er die­sen Kata­log zur Kennt­nis genom­men hat und dass er gegen kei­ne die­ser Vor­ga­ben ver­sto­ßen hat. Mit der aktu­el­len Ände­rung des Straf­ge­setz­bu­ches (StGB) wur­den die §§ 265 c – e geän­dert (51. Gesetz zur Ände­rung des Straf­ge­setz­bu­ches). Danach ist Sport­wet­ten­be­trug und die Mani­pu­la­ti­on von berufs­sport­li­chen Wett­be­wer­ben in Zukunft eine Straf­tat. Die Ein­hal­tung der Bestim­mung­nen des § 265 StGB gehört aber auch zu dem Kata­log der nach § 6 GmbH-Gesetz not­wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen zur Zulas­sung als GmbH-Geschäftsführer.

Wie gesagt – wir gehen nicht davon aus, dass die­se Ände­rung des Straf­ge­setz­bu­ches ernst­haf­te Aus­wir­kun­gen auf Ihre Tätig­keit als Geschäfts­füh­rer haben wird. Aller­dings steht zu befürch­ten, dass ein­zel­ne Regis­ter­ge­rich­te die­se Vor­ga­ben ganz genau neh­men wer­den. Durch­aus ver­brei­tet ist ja die gericht­li­che Pra­xis, unge­eig­ne­te gesetz­li­che Maß­nah­men mit ent­spre­chen­den Ver­fah­ren anzu­pran­gern bzw. so eine Kor­rek­tur durch den Gesetz­ge­ber zu erzwin­gen. Der Amts­schim­mel hat schon ganz ande­re Merk­wür­dig­kei­ten hervorgebracht.

Neues Urteil: Prüfen Sie jetzt Ihr D & O

Immer mehr Kol­le­gen ohne eige­ne Betei­li­gung an der GmbH haben sich in den letz­ten Jah­ren dazu ent­schie­den, sich gegen die mit Ihrem Job ver­bun­de­nen per­sön­li­chen Haf­tungs­ri­si­ken abzu­si­chern. Aus gutem Grund: Die Bereit­schaft der Gesell­schaf­ter, den Fremd-Geschäfts­füh­rer für Miss­erfol­ge und den damit ver­bun­de­nen Ver­mö­gens­scha­den in die Haf­tung zu neh­men, ist gestie­gen … und zwar deut­lich. Gegen­mit­tel: Die Ver­mö­gens­scha­dens-Ver­si­che­rung – im Fach­jar­gon nach dem eng­li­schen Vor­bild als Direc­tors and Offi­cers (D & O) bezeich­net. Wur­de die­ser Ver­si­che­rungs­typ zunächst nur im angel­säch­si­schen Raum „gut ver­kauft“, hat jetzt bereits jeder zwei­te deut­sche Geschäfts­füh­rer eine sol­che Ver­si­che­rung abge­schlos­sen – neben ande­ren Zusatz­ver­si­che­run­gen (z. B. gegen Steu­er­haf­tung oder eine Rechts­schutz-Ver­si­che­rung spe­zi­ell für Rechts­strei­tig­kei­ten aus dem Anstellungsvertrag.

Nach einem aktu­el­len Urteil des OLG Cel­le kom­men eini­ge D & O – Ver­si­che­rer nicht mehr für Scha­den auf, der im Zusam­men­hang mit einem Ver­stoß gegen die Insol­venz­an­trags­pflicht ent­steht. Dadurch ent­steht näm­lich kein Ver­mö­gens­scha­den beim Gesell­schaf­ter. Geschä­digt wird die GmbH, weil der Insol­venz­mas­se ent­zo­gen wird (OLG Cel­le, nicht ver­öf­fent­lich­tes Urteil, 8 W 20/16). Und die­ser Fall ist von der D & O in der Regel nicht gedeckt. Dazu das Gericht: „Zah­lun­gen nach der Insol­venz­rei­fe sind von einer Mana­ger-Haft­pficht wie die D & O nicht gedeckt“. Dazu RA Chris­toph Schu­bert von der Kanz­lei Görg im Han­dels­blatt: „Damit bleibt der betrof­fe­ne Geschäfts­lei­ter auf sei­ner per­sön­li­chen Haf­tung sit­zen“.

Dabei geht es um alle Zah­lun­gen der GmbH, die Sie als Geschäfts­füh­rer nach Ablauf der 3‑wöchigen Insol­venz­an­trags­pflicht ver­an­las­sen. In der Pra­xis ist der genaue Zeit­punkt, wann Insol­venz ange­mel­det wer­den muss, schwer zu bestim­men. Fazit: Als Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie in der GmbH-Kri­se beson­ders kri­tisch sein, sich extern bera­ten las­sen und lie­ber zu früh als zu spät handeln.

Ob Über­schul­dung vor­liegt, kann Ihnen in der Regel nur der Steu­er­be­ra­ter zuver­läs­sig sagen. Den soll­ten Sie bei Kri­sen­an­zei­chen (Umsatz­rück­gang, unge­plan­te Kos­ten­stei­ge­run­gen) umge­hend ein­schal­ten und ggf. mit der Erstel­lung einer Zwi­schen­bi­lanz beauf­tra­gen (nach­weis­lich). Für die D & O gilt: Prü­fen Sie Ihre Poli­ce, ob es zu die­sem Punkt (hier: Ver­stoß gegen § 64 GmbHG) eine Vereinbarung/Regelung gibt. Ist das nicht der Fall, soll­ten Sie Ihren Ver­si­che­rungs­be­ra­ter (schrift­lich) dazu anfra­gen. Ggf. erhal­ten Sie dann ein zusätz­li­ches Ange­bot für eine Erwei­te­rung der Poli­ce. Doku­men­tie­ren Sie auf jeden Fall die gesam­te Kor­re­spon­denz mit dem Versicherer.

Geschäftsführer privat: So lösen Sie Steuerprobleme ohne Berater

Das BMF hat das amt­li­che Ein­kom­men­steu­er-Hand­buch 2016 in digi­ta­ler Form ver­öf­fent­licht. Damit kön­nen Sie bei Zwei­fels­fra­gen selbst nach­blät­tern, wie Ihr kon­kre­ter Steu­er­fall ein­zu­schät­zen ist – inkl. zahl­rei­cher Fall­bei­spie­le und mit Ver­wei­sen auf ent­spre­chen­de Urtei­le. Das amt­li­che Hand­buch gibt es ab sofort zur kos­ten­frei­en Nut­zung unter > https://bmf-esth.de/esth/2016/home.html.

Damit kön­nen Sie Ihrem Steu­er­be­ra­ter auch ein­mal über die Schul­ter schau­en. Die Benut­zung ist ein­fach. Es gibt ein aus­führ­li­ches Inhalts­ver­zeich­nis und eine pra­xis­taug­li­che Such­funk­ti­on – damit wer­den Sie per Stich­wort auto­ma­tisch zur wich­tigs­ten Quel­le unter die­sem Stich­wort geführt. Kei­ne Infor­ma­tio­nen gibt es aller­dings für die GmbH-Besteue­rung – die amt­li­chen Kör­per­schaft-Steu­er-Richt­li­ni­en sind noch nicht digi­tal auf­be­rei­tet. U. E. dürf­ten die auch noch eine Wei­le auf sich war­ten lassen.

GmbH-Recht: Geschäftsführer muss widersprechen

Erteilt der Allein-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer einer GmbH einem zwei­ten Geschäfts­füh­rer (ohne Betei­li­gung) eine Wei­sung, nach der Zah­lun­gen gegen die Kapi­tal­erhal­tungs­vor­schrif­ten ver­sto­ßen, dann macht die­ser sich scha­dens­er­satz­pflich­tig, wenn er die­se Wei­sung den­noch aus­führt und eine Zah­lung ent­spre­chend ver­an­lasst (LG Mün­chen, Urteil v. 26.1.2017, 3 O 3420/15).

Als Fremd-Geschäfts­füh­rer (ohne eige­ne Betei­li­gung an der GmbH) müs­sen Sie mit die­sem Risi­ko leben. Der/die Gesell­schaf­ter sind grund­sätz­lich wei­sungs­be­fugt in allen Ange­le­gen­hei­ten der GmbH. Haben Sie Zwei­fel an der Recht­mä­ßig­keit einer Wei­sung, soll­ten Sie sich absi­chern. Holen Sie sich exter­nen, qua­li­fi­zier­ten Rat (Fach­an­walt für Gesell­schafts­recht) ein. Im Zwei­fel soll­ten Sie sich unter Hin­weis auf die Rechts­wid­rig­keit der Wei­sung wei­gern, die­se aus­zu­füh­ren. Im Kon­flikt­fall bleibt Ihnen eine Amts­nie­der­le­gung aus wich­ti­gem Grund.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

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