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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 24/2016

Volkelt-FB-01Stra­te­gie: Bes­ser digi­ta­li­sie­ren mit einem (geför­der­ten) Inno­va­tions-Assis­ten­ten + Ter­min­sa­che 21.6.: Raus aus teu­ren Dar­le­hens­ver­trä­gen + GmbH-Fuhr­park: Die rich­ti­ge Stra­te­gie für die Blaue Pla­ket­te + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Wann gibt es Geld zurück vom Finanz­amt? + GmbH-Recht: Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung im Fein­des­land + Steu­er-Deal: Kei­ne Rechts­grund­la­ge für Cum-Ex-Geschäf­te + Haf­tung: Geschäfts­füh­re­rin – auf „eige­ne Gefahr“ + BISS

 

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Frei­burg 10. Juni 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

das Insti­tut für Mit­tel­stands­for­schung (IfM) stellt den Geschäfts­füh­rern klei­ne­rer Unter­neh­men ein schlech­tes Zeug­nis aus, wenn es – wie bei Indus­trie 4.0. – um die Beur­tei­lung „der tech­no­lo­gi­schen Rei­fe einer Inno­va­ti­on und deren wirt­schaft­li­chem Poten­ti­al“ geht. Im Klar­text: Die meis­ten Geschäfts­füh­rer haben danach wenig Ahnung von der Digi­ta­li­sie­rung ihrer Geschäfts­pro­zes­se und kön­nen die damit ver­bun­de­nen geschäft­lichen Chan­cen nicht beur­tei­len. Kann man das auf sich sit­zen las­sen? (< zur IfM-Stu­die)

NEIN. Natür­lich nicht. Aller­dings gibt es einen klei­nen aber nicht ganz unwe­sent­li­chen Unter­schied zur Inno­va­ti­ons­freu­dig­keit etwa eines Start­ups und einem gestan­de­nen Unter­neh­men. Der gestan­de­ne Geschäfts­füh­rer hat im Zwei­fel die Ver­ant­wor­tung für sei­ne Fami­lie und für sei­ne Arbeit­neh­mer. Der Start­up-Unter­neh­mer pro­biert, was geht. Geht´s nicht, geht es ander­wei­tig wei­ter. Anders gesagt: Gestan­de­ne Unter­neh­mer ris­kie­ren unter kon­trol­lier­ten Bedin­gun­gen. Und das ist rich­tig so. Rich­tig ist es auch, dass man von Ihnen nicht erwar­ten kann, dass Sie zum IT-Exper­ten mutie­ren. Das ist nicht Ihre Auf­ga­be. Aber man darf von Ihnen erwar­ten, dass Sie Ihr Unter­neh­men auf die Digi­ta­li­sie­rung ein­stel­len. Not­falls mit För­der­mit­teln vom Staat.

 För­der­mit­tel gibt es z. B. für einen „Inno­va­ti­ons­as­sis­ten­ten“. Dabei gibt es z. B. Zuschüs­se zum Gehalt – bis zu 50 %. Finan­ziert wird eine sol­che Lohn­bei­hil­fe z. B. über die Inves­ti­ti­ons­bank Ber­lin. Auch in ande­ren Bun­des­län­dern gibt es einen ent­spre­chen­den Per­so­nal­kos­ten­zu­schuss. Damit wird gezielt die Ein­stel­lung von qua­li­fi­zier­ten Hoch­schul­ab­sol­ven­ten (IT, Infor­ma­tik, QM) geför­dert. Ach­tung: Eini­ge die­ser För­der­mit­tel wer­den im Wind­hund­ver­fah­ren ver­ge­ben – wer zuerst bean­tragt, wird geför­dert. Hilf­rei­che Infos unter www.foerderdatenbank.de Such­be­griff: Innovationsassistent.

Terminsache 21.6.: Raus aus teuren Darlehensverträgen

Dar­le­hens­ver­trä­ge mit feh­ler­haf­ter Wider­rufs­be­leh­rung, die zwi­schen Herbst 2002 und dem 10.6.2010 abge­schlos­sen wur­den, kön­nen noch bis zum 21.6.2016 rück­ab­ge­wi­ckelt wer­den. Das betrifft alle pri­va­ten Dar­le­hens­ver­trä­ge aus die­ser Zeit, also auch Dar­le­hens­ver­trä­ge, die im Zusam­men­hang mit einer Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­rung abge­schlos­sen wur­den. Hier lohnt es zu wider­spre­chen, wenn hohe Zin­sen ver­ein­bart wur­den und es noch eini­ge Zeit bis zur Umschul­dung dau­ert. Exper­ten gehen davon aus, dass rund 80 % aller Wider­rufs­be­leh­run­gen feh­ler­haft sind. Aller­dings soll­ten Sie sich dar­auf ein­stel­len, dass die Bank den Wider­spruch nicht ein­fach hinnimmt.

Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass Sie Ihre Rechts­po­si­ti­on per Kla­ge durch­set­zen müs­sen. Zu prü­fen ist, ob Sie den Ver­brau­cher­schutz ein­schal­ten. Bis­her haben alle Instan­zen – also Land- und Ober­lan­des­ge­rich­te – den kla­gen­den Dar­le­hens­neh­mern Recht gege­ben. Eine höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung dazu wird es nicht geben, weil die Ban­ken eine Grund­satz­ent­schei­dung dazu auf kei­nen Fall wol­len (Ver­weis auf OLG Ham­burg: Urteil vom 16. Okto­ber 2015, 13 U 27/15).

Je frü­her der Ver­trag abge­schlos­sen wur­de und je höher der ver­ein­bar­te Zins ist, umso mehr lohnt es nach­zu­ha­ken. In der Pra­xis legen es die Ban­ken (Spar­da-Bank, LBBW) dar­auf an, sich außer­ge­richt­lich zu eini­gen. Im Klar­text: Die Ban­ken geben bei den Zin­sen nach – und das wohl auch rück­wir­kend. Für Alt­ver­trä­ge besteht das Wider­rufs­recht nur noch bis zum 21.6. – auf­grund einer Geset­zes­än­de­rung gel­ten die­se Ver­trä­ge anschlie­ßend als gül­tig. Neu­ver­trä­ge, die zwi­schen dem Juni 2010 und März 2016 abge­schlos­sen wur­den, kön­nen auch noch bis auf wei­te­res – also ohne Aus­lauf­frist – wider­ru­fen werden.

GmbH-Fuhrpark: Die richtige Strategie für die Blaue Plakette 

Ab 1.1.2017 kommt die Blaue Pla­ket­te. Dann kön­nen die Kom­mu­nen Innen­stadt­be­rei­che für Fahr­zeu­ge sper­ren, die die Euro-6-Vor­ga­ben nicht erfül­len und damit mehr als max. 80 Mil­li­gramm Stick­oxyd-Schad­stoff pro Kilo­me­ter auspusten.

Fol­ge: Die meis­ten Diesel­fahrzeuge errei­chen die­se Norm bis­lang nicht. Es ist wohl auch nicht davon aus­zu­ge­hen, dass die­se Norm erreicht wird. Die Die­sel-Affä­re lässt grü­ßen. Sie erin­nern sich: Mit Ein­füh­rung des Ampel­mo­dells sind nur noch Fahr­zeu­ge mit grü­ner Pla­ket­te in 51 von ins­ge­samt 53 Umwelt­zo­nen zuge­las­sen. Der Bun­des­ver­band Fuhr­park-Manage­ment warnt: „Dann kön­nen eini­ge Unter­neh­men einen Groß­teil ihrer Fuhr­parks nicht mehr ein­set­zen“.

Hier müs­sen bei allen Geschäfts­füh­rer mit Fuhrpark/Firmenwagen die Alarm­glo­cken läu­ten. Sicher wer­den das nicht alle Kom­mu­nen sofort umset­zen. Aber wie beim Ampel­mo­dell wird es eif­ri­ge Vor­rei­ter geben. Frü­her oder spä­ter zie­hen dann alle nach. Sinn­voll für den Fuhr­park der nächs­ten Jah­re sind Lea­sing-Beschaf­fun­gen mit kur­zen Lauf­zei­ten oder der Ver­zicht auf Die­sel-Fahr­zeu­ge bei regel­mä­ßi­gen Umwelt­zo­nen-Fahr­ten. Das gilt auch für den Fir­men­wa­gen des Chefs und der Mit­ar­bei­ter. Betrof­fe­ne Fahr­zeu­ge haben einen hohen Wert­ver­lust und müs­sen abge­schrie­ben werden.

Geschäftsführer privat: Wann gibt es Geld zurück vom Finanzamt?

Bis Ende Mai muss­ten alle Steu­er­zah­ler, die ihre Steu­er­un­ter­la­gen selbst erstel­len und nicht den Steu­er­be­ra­ter damit beauf­tragt haben, die ESt-Erklä­rung 2015 ein­rei­chen. Bei Unter­las­sen droht Ver­spä­tungs­zu­schlag. Dabei gilt: Je frü­her Sie Ihre Unter­la­gen ein­rei­chen umso schnel­ler gibt es Geld zurück. Dazu gibt es jetzt Zah­len: Im bun­des­wei­ten Durch­schnitt beträgt die Bear­bei­tungs­zeit durch die Finanz­be­hör­den 53 Tage.

Wer pünkt­lich zum 31.5. die Steu­er­erklä­rung erhält dann – feh­ler- und rück­fra­gen­freie Erstel­lung vor­aus­ge­setzt – nach 53 Tagen, also Mit­te Juli sein Geld zurück. Die längs­te Bear­bei­tungs­zeit haben die Finanz­be­hör­den in Bre­men. Hier kann es bis zu 80 Tagen bis zur Rück­zah­lung dau­ern. Auch im Saar­land wer­den Steu­er­be­schei­de über­durch­schnitt­lich lan­ge bear­bei­tet (68 Tage). Am schnells­ten ist das Finanz­amt Bie­le­feld-Außen­stadt (28 Tage).

Soll­te das Finanz­amt Rück­fra­gen zu Ihrer Steu­er­erklä­rung haben, fah­ren Sie am bes­ten, wenn Sie den/die zustän­di­ge Sachbearbeiter/in sofort tele­fo­nisch kon­tak­tie­ren. Beherr­schen Sie sich, ver­su­chen Sie freund­lich zu blei­ben, ohne in der Sache vor­ei­lig nach­zu­ge­ben. In der Regel führt es zu einer (noch) zügi­ge­ren Bear­bei­tung, wenn die Akte ohne­hin schon im Bear­bei­tungs­mo­dus ist.

Einladung zur Gesellschafterversammlung im Feindesland

Lädt der (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer sei­nen mit ihm völ­lig zer­strit­te­nen Mit-Gesell­schaf­ter in sei­ne Räum­lich­kei­ten zu einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, sind die dort gefass­ten Beschlüs­se wirk­sam, aber anfecht­bar. Erscheint der zer­strit­te­ne Gesell­schaf­ter nicht zu die­ser Ver­samm­lung und geht er nicht gegen die dort gefass­ten Beschlüs­se vor (Anfech­tungs­kla­ge), sind die Beschlüs­se wirk­sam (BGH, Urteil vom 24.3.2016, IX ZB 32/15).

Das ist sicher­lich schon ein Extrem­fall. Der Ehe­mann der ein­la­den­den Gesell­schaf­te­rin hat­te ange­droht, der zer­strit­te­nen Mit-Gesell­schaf­te­rin Haus­ver­bot für sei­ne Räum­lich­kei­ten zu ertei­len, in denen die GmbH einen Büro­raum ange­mie­tet hat­te. Vor­sicht: Dann reicht es nicht, ein­fach fern­zu­blei­ben. Sie müs­sen die in Ihrer Abwe­sen­heit gefass­ten Beschlüs­se anfechten.

Steuer-Deal: Keine Rechtsgrundlage für Cum-Ex-Geschäfte

Das Finanz­ge­richt Hes­sen hat jetzt klar gestellt, dass die sog. Cum-Ex-Geschäf­te nicht auf­grund einer Geset­zes­lü­cke statt­haft waren, son­dern dass die Kapi­tal­ertrag­steu­er (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) aus­schließ­lich im Zusam­men­hang mit der Erhe­bung erstat­tet wird (Hes­si­sches Finanz­ge­richt, Urteil vom 10.2.2016, 4 K 1684/14, PM vom 23.5.2016).

Zwar ist Revi­si­on gegen das Urteil vor dem Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) zuge­las­sen. Die betrof­fe­ne Gesell­schaf­te­rin hat aber dar­auf ver­zich­tet, das Urteil höchst­rich­ter­lich prü­fen zu las­sen. Danach sind Dop­pel­er­stat­tun­gen grund­sätz­lich geset­zes­wid­rig. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Finanz­be­hör­den ent­spre­chen­de Beschei­de für alle offe­nen Ver­an­la­gun­gen erlas­sen wer­den bzw. Rück­zah­lungs­an­sprü­che durchsetzen.

Haftung: Geschäftsführerin – auf „eigene Gefahr“

Kommt die Trä­ge­rin von Stö­ckel­schu­hen auf einer deut­lich erkenn­bar und sicht­bar aus­ge­leg­ten Schmutz­fang­mat­te und kommt es dabei zu einem Scha­den, kann der Haus­herr dafür nicht in die Haf­tung genom­men wer­den (OLG Hamm, Urteil vom 13.4.2016, 11 U 127/15).

Auch wenn das OLG Hamm gele­gent­lich zu dem ein oder ande­ren unge­wöhn­li­chen Urteil neigt, so kann man hier in der Sache kaum wider­spre­chen. Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch besteht auch dann nicht, wenn ein Geh­hin­der­nis bei vor­sich­ti­gem Gehen gefahr­los zu neh­men ist. Also: Dop­pel­te Vor­sicht beim Gehen im unbe­kann­tem Raum und gleich­zei­ti­gem Blick auf das Smart­phone – das geht zu grund­sätz­lich zu Ihren Lasten.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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