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Volkelt-Brief 17/2016

Volkelt-FB-01Gel­d/­Ge­schäfts-Ideen: Mit dem rich­ti­gen Start-up lässt sich bes­tens ver­die­nen + Gehalts-Spi­ra­le: GmbH-Geschäfts­füh­rer pro­fi­tie­ren nicht + Mit­ar­bei­ter: Dür­fen Sie ein­stel­len, wen Sie wol­len? + GmbH-Finan­zen: Geld 4.0 geht auch ohne Ban­ken + Pana­ma-Papers: Was tun gegen eine schlech­te Pres­se   + GmbH-Recht: Kein Zurück beim Ord­nungs­geld + BISS

 

 

 

 

 

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Frei­burg 22. April 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

wo steht Ihre GmbH? „Wenn ich das nur wüss­te!“ oder „Noch läuft es“. Oder: „Wir haben ein zukunfts­fä­hi­ges Port­fo­lio“. Fakt ist, dass fast alle Bran­chen vor gewal­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen und gro­ßen Ver­än­de­run­gen ste­hen. Wie wer­den Sie in 5 oder 10 Jah­ren Ihr Geld verdienen?

Fakt ist, dass immer mehr Kon­zer­ne (Sie­mens, Bosch, Merck, Klöck­ner, Com­merz­bank u.v.a.) ein­ge­se­hen haben, dass sich aus den kom­ple­xen Unter­neh­mens­struk­tu­ren her­aus kaum noch Inno­va­tio­nen initi­ie­ren las­sen. Der Appa­rat ist zu lang­sam. Die Mit­ar­bei­ter zu kon­form, zu wenig risi­ko­be­reit und es fehlt an Krea­ti­vi­tät. Die gewach­se­ne Unter­neh­mens­kul­tur steht sich selbst im Wege. Lücken­fül­ler sind Start-Ups. Unter­des­sen wird mit dem Kauf und Ver­kauf von Start-Ups gut bis bes­tens verdient.

Bei­spiel: 2013 erwarb Bosch das israe­li­sche Start-Up Pepp­le Inter­faces (Pro­dukt: Soft­ware zur Erken­nung von mensch­li­chen Hand­ges­ten) für ein paar Mil­lio­nen EUR. Schon zwei Jah­re spä­ter, 2015, ver­kauf­te Bosch Pepp­le Inter­faces wei­ter an das Sili­kon-Val­ley-Unter­­neh­men Ocu­lus Rift für ein Viel­fa­ches – genau für 60 Mio. EUR. Schon weni­ge Mona­te spä­ter wur­de die Ocu­lus Rift von der Face­book Incor­po­ra­ti­on über­nom­men – für 400 Mio. Dol­lar in bar plus 1,6 Mrd. Dol­lar in Face­book-Akti­en. Insi­der gehen davon aus, dass heu­te über 90 % aller erfolg­rei­chen Start-Up-Grün­dun­gen nicht an die Bör­se gehen, son­dern vor­ab von grö­ße­ren Unter­neh­men auf­ge­kauft werden.

Unter­des­sen beschäf­ti­gen fast alle Kon­zer­ne eige­ne Abtei­lun­gen, die den (welt­wei­ten) Markt sys­te­ma­tisch nach Start-Ups aus­leuch­ten, die in ihre Stra­te­gie und ihr Port­fo­lio pas­sen. Die Sie­mens AG z. B. nimmt so Jahr für Jahr zu ca. Start-Ups Kon­takt auf und prüft, ob die Zusam­men­ar­beit Sinn macht (Sie­mens Inno­va­tions AG). Im Schnitt ent­ste­hen dar­aus jähr­lich 20 Koope­ra­tio­nen. Das Geschäft mit den Start-Ups ist nicht nur ein Pri­vi­leg der Gro­ßen. Auch vie­le Mit­tel­ständ­ler sind mit­ten drin in der Digi­ta­li­sie­rung, ent­wi­ckeln eige­ne Lösun­gen und sind selbst ein Start-Up – ver­mark­ten das aber nicht beson­ders gut.

Gehalts-Spirale: GmbH-Geschäftsführer profitieren nicht

2005 muss­ten die deut­schen bör­sen­no­tier­ten Unter­neh­men erst­mals detail­lier­te Ver­gü­tungs­be­rich­te für ihre Vor­stän­de offen legen. Mit den jetzt ver­öf­fent­lich­ten Zah­len lie­gen damit fun­dier­te Ver­gleichs­wer­te über einen 10-Jah­res-Zeit­raum vor. Ergeb­nis­se: 6 Unter­neh­men leg­ten in die­ser Zeit eine Stei­ge­rung von über 100 % hin. Das ent­spricht einer jähr­li­chen Stei­ge­rung von 10 % und mehr über 10 Jah­re. Spit­zen­rei­ter ist das Che­mie-Unter­neh­men Merck. Hier lag die Stei­ge­rung mit + 190 % abso­lut an der Spit­ze. Der Durch­schnitts­ver­dienst jedes ein­zel­nen Vor­stands-Mit­glieds betrug im Jahr 2015 6,26 Mio. EUR.

Bei GmbH-Geschäfts­füh­rern geht es um ande­re Dimen­sio­nen. Hier lag der Zuwachs im 10-Jah­res­ver­gleich im Durch­schnitt über alle Bran­chen und alle Betriebs­grö­ßen bei rund 60 %, also jähr­lich bei etwa 5 – 6 % – und damit deut­lich unter dem AG-Niveau. Wor­aus resul­tiert die unter­schied­li­che Gehalts­ent­wick­lung? Kri­ti­ker haben bereits 2004 mit der Umset­zung der Gehalts-Trans­pa­renz-Vor­schrif­ten dar­auf hin­ge­wie­sen, dass gera­de die­se Trans­pa­renz dazu füh­ren wür­de, dass damit eine Spi­ra­le in Gang gesetzt wür­de. Das scheint sich mit der Rea­li­tät und den jetzt ver­öf­fent­lich­ten Zah­len zu decken. GmbH-Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter blie­ben intrans­pa­rent und konn­ten so von die­sem Trend nicht profitieren.

Es geht aber nicht nur nach oben. Am schlech­tes­ten schnit­ten 2015 die Vor­stän­de der Deut­schen Bank ab. Sie muss­ten gegen­über dem Vor­jahr ein Minus von 60 % hin­neh­men. Jedes Vor­stands-Mit­glied ver­dien­te 2015 „nur noch“ 2,9 Mio. EUR. Bewer­tet man die Geschäfts­po­li­tik und den Akti­en­kurs des Unter­neh­mens, kommt man dem­entspre­chend zu dem Fazit: „Nicht ganz unbe­rech­tigt“.

Mitarbeiter: Dürfen Sie einstellen, wen Sie wollen?

Größ­tes Hin­der­nis bei der Ein­stel­lung von Flücht­lin­gen und Migran­ten ist die Sprach-Bar­rie­re. In der Pra­xis müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass es selbst bei der Erle­di­gung einfach(st)er Auf­ga­ben ohne Sprach­kennt­nis­se zu Pro­ble­men kom­men kann, im schlech­tes­ten Fall sogar zu Haf­tungs­fäl­len. Dazu die Anfra­ge eines Kol­le­gen: „Gibt es bei der Ein­stel­lung von Mit­ar­bei­tern so etwas wie eine Sorg­falts­pflicht?“.

JA: Gibt es! Solan­ge sich nicht die Gesell­schaf­ter das Recht zur Ein­stel­lung von Mit­ar­bei­tern vor­be­hal­ten haben, ist es Ihre Auf­ga­be als Geschäfts­füh­rer, Mit­ar­bei­ter ein­zu­stel­len, die fach­lich und per­sön­lich in der Lage sind, die ihnen über­tra­ge­nen Auf­ga­ben zu erle­di­gen. Ihnen steht grund­sätz­lich auch das Recht auf Ent­las­sung, also die Been­di­gung oder Kün­di­gung eines Arbeits- bzw. Anstel­lungs­ver­hält­nis­ses zu, sofern sich nichts ande­res aus ande­ren Ver­pflich­tun­gen – etwa dem Kata­log zustim­mungs­pflich­ti­ger Maß­nah­men – ergibt.

Die Beschäf­ti­gung von unqua­li­fi­zier­ten oder zu gering qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­tern kann das Unter­neh­men schä­di­gen. Ver­säumt es der Geschäfts­füh­rer, geeig­ne­te Maß­nah­men für Ein­stel­lun­gen zu ergrei­fen (Stel­len­be­schrei­bun­gen, Ein­stel­lungs­kri­te­ri­en, Pflicht zum Einstellungs­­gespräch), kann dies als pflicht­wid­ri­ges Han­deln zu beur­tei­len sein, was ihn schadens­ersatzpflichtig gegen­über der geschä­dig­ten GmbH macht. Wir emp­feh­len, die fol­gen­den Grund­sät­ze in der Pra­xis zu beach­ten und zu kon­trol­lie­ren. Der Bewer­ber ist dar­auf­hin zu prüfen,

  • ob er in fach­li­cher Hin­sicht den Anfor­de­run­gen der Stel­le ent­spricht. Grund­la­ge dafür ist die Stel­len­be­schrei­bung, die das Soll in fach­li­cher Hin­sicht fest­legt. Ist kei­ne Stel­len­be­schrei­bung vor­han­den, soll­ten Sie zumin­dest ein Anfor­de­rungs­pro­fil erstel­len und die Anfor­de­run­gen im Ein­stel­lungs­ver­fah­ren über­prü­fen (las­sen).
  • ob der Bewer­ber, soweit er Vor­ge­setz­ter ist und Füh­rungs­auf­ga­ben wahr­zu­neh­men hat, den Anfor­de­run­gen ent­spricht, die das Unter­neh­men an ihn stellt. Das Soll dafür ist in der sog. Füh­rungs­richt­li­nie fest­ge­legt. Ist kei­ne Füh­rungs­richt­li­nie vor­han­den, soll­ten Sie eben­falls zumin­dest ein Anfor­de­rungs­pro­fil erstel­len und die Anfor­de­run­gen im Ein­stel­lungs­ver­fah­ren über­prü­fen (las­sen).
Instru­ment zur Bewer­ber­aus­wahl ist das Ein­stel­lungs­ge­spräch. Zum Ein­stel­lungs­ge­spräch ist vom Ein­stel­len­den ein Gesprächs­pro­to­koll auf­zu­zeich­nen und nach der Ein­stel­lung in der Per­so­nal­ak­te abzu­le­gen. Ist auf dem Arbeits­markt kein Bewer­ber mit aus­rei­chen­der Qua­li­fi­ka­ti­on vor­han­den, kann das Unter­neh­men – um den Geschäfts­be­trieb auf­recht zu erhal­ten – Bewer­ber mit gerin­ge­rer als gefor­der­ter Qua­li­fi­ka­ti­on ein­stel­len. In einem sol­chen Fall han­delt der Geschäfts­füh­rer nicht pflichtwidrig.

GmbH-Finanzen: Geld 4.0 geht auch ohne Banken 

Spä­tes­tens nach der 3‑SAT Exper­ten­run­de Bye-bye-Bar­geld ist klar: In Deutsch­land wird es nach Exper­ten-Ein­schä­t­­zun­gen auch nach der Ober­gren­ze für Bar­zah­lun­gen (5.000 EUR) und nach Abschaf­fung des 500-EURO-Scheins min­des­tens bis 2030 Bar­geld geben (vgl. Nr. 10/2016). Unter­des­sen hat näm­lich auch die Ban­ken­bran­che erkannt, dass mit der Abschaf­fung des Bar­gel­des u. U. auch das Geschäfts­mo­dell Bank auf dem Prüf­stand steht. Hin­ter­grund: Ist es mög­lich, ein „neu­tra­les“ Überweisungs­system – vgl. dem Inter­net-Betrieb – zu instal­lie­ren, ent­fällt die Über­wei­sungs-Hoheit der Ban­ken. In Schwe­den gibt es bereits eine sol­che neu­tra­le Clea­ring-Stel­le für Echtzeit-Überweisungen.

Die Debat­te ums Bar­geld ist eröff­net. Sie wird aller­dings so lan­ge eine Phan­tom-Debat­te blei­ben, bis die Ban­ken sich auf ein­heit­li­che Über­wei­sungs- und Buchungs-Stan­dards fest­ge­legt haben. Das ist im jet­zi­gen Zeit­punkt noch nicht abzu­se­hen und dürf­te die Hin­wei­se auf einen noch sehr lan­gen Über­gangs­zeit­raum für das Bar­geld bestätigen.

Panama-Papers: Was tun gegen eine schlechte Presse 

Kehr­sei­te des Ent­hül­lungs-Jour­na­lis­mus über Brief­kas­ten­fir­men, Steu­er­be­trug und Schwarz­­geld in Pana­ma: Auch so man­cher Jour­na­list hier­zu­lan­de dürf­te sich in sei­ner unter­neh­mens­kri­ti­schen Hal­tung bestärkt füh­len. Was tun gegen eine schlech­te Pres­se? Selbst­ver­ständ­lich darf die Pres­se auch über Ihre GmbH berich­ten. Zum Bei­spiel über alle Fak­ten aus dem (öffent­li­chen) Unter­neh­mens­re­gis­ter oder aus Geschäfts­be­rich­ten zitie­ren, die Sie der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt haben. Solan­ge die Grund­sät­ze des Pres­se­rechts bzw. der ordent­li­chen Pres­se­be­richt­erstat­tung ein­ge­hal­ten sind, kön­nen Sie dar­auf auch kei­nen wirk­li­chen Ein­fluss nehmen.

Aller­dings hat die Pres­se­frei­heit Gren­zen. Wel­che Gren­zen für eine pole­mi­sie­ren­de oder fal­sche Bericht­erstat­tung beacht­lich sind, wird der­zeit zwi­schen dem Han­dels­blatt und dem Mili­tär-Aus­rüs­ter Heck­ler und Koch (H&K) vor dem Bun­des­ge­richts­hof ver­han­delt. H&K erreich­te in ers­ter Instanz vor dem Ober­lan­des­ge­richt Köln eine Unter­las­sung der Über­schrift „Bun­des­wehr kauf­te Tau­sen­de untaug­li­che Waf­fen“ (15 U 10/14). Begrün­dung: Die Über­schrift erweckt beim Leser den Ein­druck, die Geweh­re wur­den im recht­li­chen Sin­ne „man­gel­haft“ geliefert.

Ent­ste­hen durch Head­lines oder pole­mi­sche Bericht­erstat­tun­gen nach­tei­li­ge Asso­zia­tio­nen über Ihre Unter­neh­men, haben Sie gute Chan­cen vor den Gerich­ten. Sol­che jour­na­lis­ti­schen Stil­mit­tel gehen in der Regel nur durch, wenn es sach­li­che Begrün­dun­gen dafür gibt. Lie­gen die nicht vor, haben Sie gute Chan­cen, eine Unter­las­sung durch­zu­set­zen. Als zusätz­li­ches Abwehr­mit­tel für fal­sche Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen kön­nen Sie eine Gegen­dar­stel­lung ver­lan­gen. Aller­dings darf die Gegen­dar­stel­lung wie­der­um nur Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen und kei­ne Mei­nungs­äu­ße­run­gen ent­hal­ten. Sie ist vom Geschäfts­füh­rer schrift­lich zu ver­lan­gen, muss per­sön­lich unter­zeich­net wer­den und spä­tes­tens 3 Mona­te nach der bean­stan­de­ten Bericht­erstat­tung ver­langt wer­den. Dabei soll­te die Gegen­dar­stel­lung nicht umfang­rei­cher als die bean­stan­de­te Bericht­erstat­tung sein.

GmbH-Recht: Kein Zurück beim Ordnungsgeld

Wird der Jah­res­ab­schluss einer GmbH nach einer ers­ten Ord­nungs­geld­an­dro­hung (2.500 EUR) durch einen Feh­ler des Steu­er­be­ra­ters auch nicht inner­halb der Nach­frist ver­öf­fent­licht, ist das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) berech­tigt ein wei­te­res Ord­nungs­geld (hier: 5.000 EUR) fest­zu­set­zen und bei­zu­trei­ben. Und zwar auch dann, wenn die GmbH das Regis­ter­ge­richt auf den Feh­ler des Steu­er­be­ra­ters ver­weist und des­we­gen nach­träg­lich eine Aus­set­zung des Ord­nungs­gel­des bean­tragt (OLG Köln, Beschluss vom 2.2.2016, 28 Wx 20/15).

Kei­ne Chan­ce! In der Pra­xis wer­den Ver­säum­nis­se gegen die Offen­le­gungs­pflich­ten von den betei­lig­ten Behör­den (Unter­neh­mens­re­gis­ter, Bun­des­amt für Jus­tiz) unter­des­sen lücken­los erfasst und geahn­det. Spä­tes­tens nach Andro­hung des Ord­nungs­gel­des und Fest­set­zung der 6‑Wo­chen-Nach­frist soll­ten Sie umge­hend ver­öf­fent­li­chen und den mit der Ver­öf­fent­li­chung beauf­trag­ten Steu­er­be­ra­ter kon­trol­lie­ren – unbe­dingt als Wie­der­vor­la­ge im Ter­min­ka­len­der vermerken.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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