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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 14/2015

Volkelt-NLWirt­schaft und Poli­tik: Büro­kra­tie-Brem­se: Unter­neh­men brau­chen mehr als Milch­mäd­chen-Rech­nun­gen + Marketing/PR: Finanz­amt liest Geschäfts­be­rich­te/I­mage-Bro­schü­ren + GmbH-Ver­kauf: Ver­ein­ba­ren Sie „Kauf­preis + antei­li­gen Jah­res­ge­winn“ + Fir­men­wa­gen: Nach AfA-Ende lohnt es sich, genau zu rech­nen + Woh­nen in der GmbH-Immo­bi­lie: Kein Vor­steu­er­ab­zug für die GmbH + Arbeits­recht: Leis­tungs-begrün­de­te Anschluss-Arbeits­ver­trä­ge sind unwirk­sam+ Wirt­schafts-Recht: Prü­fen Sie Ihre Mahn­schrei­ben +  BISS

 

 

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Frei­burg 3. April 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

als Info-Dienst für Geschäfts­füh­rer prü­fen wir von Berufs wegen (fast) täg­lich Geset­zes­ent­wür­fe und ‑anträ­ge. Bestand­teil jedes Antrags ist der Punkt „Erfül­lungs­auf­wand“. Hier wird auf­ge­schlüs­selt, wel­che Kos­ten mit dem Gesetz auf den Staat, den Steu­er­zah­ler oder die Unter­neh­men zukom­men. Zum Min­dest­lohn­ge­setz heißt es: „Bürokratie­kosten ent­stehen für die Wirt­schaft nur in gerin­gem Maße“. Für die betrof­fe­nen Unter­nehmen ist das weni­ger Trost denn eine Milch­mäd­chen­rech­nung. Wer z. B. mit vie­len Mini-Job­bern unter­wegs ist, muss­te im 1. Quar­tal gut und ger­ne meh­re­rer tau­send Euro zusätz­lich für Beratungs­leistungen ver­bu­chen. Jetzt soll eine Büro­kra­tie-Brem­se Abhil­fe schaffen.

Schon die letz­te schwarz-gel­be Koali­ti­on war mit dem Ziel ange­tre­ten, die Büro­kra­tie­kos­ten um 25 % zu sen­ken. Was auf Unter­neh­mer-Ebe­ne nie ange­kom­men ist. Auch die Ein­set­zung  eines Anti-Büro­kra­ti­sie­rungs-Kom­mis­sars auf EU-Ebe­ne (Stoi­ber) brach­te kei­ne vor­zeig­ba­ren Ergeb­nis­se. Die neue Büro­kra­tie-Brem­se soll die Wirt­schaft um 744 Mio. EUR ent­las­ten. Hof­fent­lich nicht nur auf dem Papier son­dern in bar.

Marketing/PR: Finanzamt liest Geschäftsberichte/Image-Broschüren

Vie­le GmbHs las­sen neben dem offi­zi­el­len Jah­res­ab­schluss zusätz­lich einen Geschäfts­bericht erstel­len. Ziel: Eine über­sicht­li­che Infor­ma­ti­ons-Bro­schü­re über das Unter­neh­men, mit dem Kun­den, Geschäfts­part­ner, Ban­ken und Arbeit­neh­mer über das Unter­neh­men infor­miert wer­den. Ach­ten Sie dabei unbe­dingt dar­auf, dass im Geschäfts­be­richt nur „fun­dier­te“ Aus­sa­gen zum Unter­neh­men bzw. zum Geschäfts­ab­lauf ste­hen. Sen­si­bi­li­sie­ren Sie alle an der Erstel­lung betei­lig­ten Mit­ar­bei­ter dafür, dass die ver­wen­de­ten Infor­ma­tio­nen z. B. von den Finanz­behörden gele­sen wer­den und u. U. zu einer erwei­ter­ten Prü­fung füh­ren. Bei­spiel: Laut Geschäfts­be­richt wur­den Tei­le der Pro­duk­ti­on ins Aus­land ver­la­gert. Das Finanz­amt wird dar­auf hin prü­fen, ob es zu steu­er­pflich­ti­gen Vor­gängen im Sin­ne der sog. Funk­ti­ons­ver­la­ge­rungs­ver­ord­nung gekom­men ist.

Kei­nen Feh­ler machen Sie, wenn Sie zur sach­li­chen Dar­stel­lung aus­schließ­lich sol­che Anga­ben über­neh­men, die im Jah­res­ab­schluss bereits dar­ge­stellt sind. Das sind Anga­ben aus der Bilanz, der Gewinn- und Ver­lust­rech­nung, dem Anhang und dem Lage­be­richt der GmbH. Klei­ne GmbHs müs­sen zwar offi­zi­ell kei­nen Lage­be­richt erstel­len. Sie soll­ten sich an den Vor­ga­ben zur Erstel­lung des Lage­be­richts ori­en­tie­ren, wel­che Infor­ma­tio­nen Sie über die GmbH im Geschäfts­be­richt ver­öf­fent­li­chen. Dabei muss der Lage­be­richt den Geschäfts­ver­lauf und die Lage der GmbH so dar­stel­len, dass ein den tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­sen ent­spre­chen­des Bild ver­mit­telt wird. Außer­dem muss der Lage­be­richt ein­ge­hen auf:

  • Vor­gän­ge von beson­de­rer Bedeu­tung, die nach Schluss des Geschäfts­jah­res ein­ge­tre­ten sind (sofern vorhanden)
  • die vor­aus­sicht­li­che Ent­wick­lung der GmbH
  • den Bereich For­schung und Ent­wick­lung (sofern vorhanden)
  • bestehen­de Zweig­nie­der­las­sun­gen der GmbH (sofern vorhanden)

Für die Gestal­tung des Lage­be­richts gibt es kei­ne Vor­ga­ben. Er soll­te klar und über­sicht­lich sein. Bei der Beschrei­bung des Geschäfts­ver­laufs soll­te dar­gestellt wer­den, wie sich die GmbH im Lau­fe des Geschäfts­jah­res ent­wi­ckelt hat und wel­che Umstän­de zu die­ser Ent­wick­lung geführt haben. Geben Sie zunächst einen all­ge­mei­nen Über­blick über die His­to­rie der GmbH (Geschäfts­fel­der, Pro­duk­te). In die­sen kur­zen all­ge­mei­nen Über­blick kön­nen auch gesamt­wirt­schaft­li­che Rah­men­da­ten mit ein­be­zo­gen wer­den. Anschlie­ßend infor­mie­ren Sie über den kon­kre­ten Ablauf des Geschäftsjahres.

Selbst wenn der Geschäfts­be­richt nur als „Image-Bro­schü­re“ gedacht ist und so ver­wen­det wird, müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass der Geschäfts­be­richt in der Regel öffent­lich ist und damit auch den kri­ti­schen Augen der Öffent­lich­keit und der Finanz­be­hör­den stand­hal­ten muss. Gehen Sie davon aus, dass die Finanz­be­hör­den sämt­li­che öffent­lich zugäng­li­chen Infor­ma­tio­nen über Ihre GmbH zur Kennt­nis neh­men. Zum Bei­spiel im Vor­feld einer ange­kün­dig­ten Betriebs­prü­fung. Der Betriebs­prü­fer wird sich die Web-Sei­ten der GmbH ganz genau anschau­en und even­tu­ell ver­deckt Infor­ma­ti­ons­bro­schü­ren also auch den Geschäfts­be­richt anfor­dern und lesen. Aus steu­er­li­cher Vor­sicht emp­fiehlt es sich, alle Tex­te vor­ab vom Steu­er­be­ra­ter auf „Unbe­denk­lich­keit“ prü­fen zu lassen.

GmbH-Verkauf: Vereinbaren Sie „Kaufpreis + anteiligen Jahresgewinn“

Bei einem Ver­kauf Ihres GmbH-Anteils kön­nen Sie neben dem Kauf­preis zusätz­lich ver­ein­ba­ren, dass Sie Anspruch auf den antei­li­gen Gewinn des abge­lau­fe­nen Geschäfts­jah­res haben. Bei­spiel: Sie ver­kau­fen zum 30.06.2015 Ihren Anteil von 25 %. Der Gewinn für 2014 wird aber erst mit Erstel­lung und Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schluss ermit­telt bzw. über des­sen Ver­wen­dung ent­schie­den. Wich­tig: Mit einer sol­chen Verein­barung haben und behal­ten Sie Anspruch auf den antei­li­gen Gewinn des Geschäfts­jahres Ihres Ausscheidens.

Ach­tung: Da Sie zum Zeit­punkt der Fest­stel­lung und Ver­tei­lung des GmbH-Gewinns bereits aus der GmbH aus­ge­schie­den sind, kön­nen die Gesell­schaf­ter den Gewinn mani­pu­lie­ren, z. B. indem sie Tei­le des Gewinns per Beschluss in eine Rück­la­ge ein­stel­len könn­ten. Der Bun­des­ge­richts­hof hat dazu in einem Grund­satz-Urteil Ihre Rechts­stel­lung als Ver­käu­fer klar gere­gelt. Danach gilt: Die Gesell­schaf­ter dür­fen aus dem Gewinn Ihres letz­ten Zuge­hö­rig­keits­jah­res kei­ne Rück­la­gen bil­den oder sons­ti­ge Gewinn­minderungen beschlie­ßen (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 30.6.2004, VIII ZR 349/03).

Sie brau­chen also nicht zu befürch­ten, dass die neu­en Gesell­schaf­ter Ihren Gewinn mani­pu­lie­ren und her­un­ter­rech­nen. Ver­ein­ba­ren Sie bei einer antei­li­gen Gewinn­auszahlung trotz­dem zusätz­lich, dass Sie und Ihr per­sön­li­cher Steu­er­be­ra­ter Ein­blick in alle Unter­la­gen haben, aus denen der GmbH-Jah­res­ab­schluss erstellt wird (GuV, Bilanz, Anhang, Lage­bericht). Nur so ist sicher­ge­stellt, dass Sie und Ihr Steu­er­be­ra­ter die Aus­übung von Bilan­zie­rungs­wahl­rech­ten und Gewinn­ver­schie­bun­gen zu Ihren Unguns­ten nach­prü­fen und ver­hin­dern können.

Ver­wen­den Sie die fol­gen­de Ver­trags­klau­sel „Der Ver­käu­fer hat einen antei­li­gen Anspruch auf den Gewinn des Geschäfts­jahres 2014. Der Jah­res­ab­schluss der Mus­ter-GmbH für 2014 ist in der vom Gesetz­ge­ber vor­ge­schrie­be­nen Auf­stel­lungs­frist zu erstel­len. Der Ver­käu­fer und Steuerberater/WP des Ver­käu­fers haben ein umfas­sen­des Ein­sichts­recht in den Jah­res­ab­schluss der Mus­ter-GmbH (GuV, Bilanz, Anhang, Lage­be­richt) und in alle für die Erstel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses zugrun­de lie­gen­den Unter­la­gen (Buch­füh­rung) für das Geschäfts­jahr 2014“.

Firmenwagen: Nach AfA-Ende lohnt es sich, genau zu rechnen

Längst nicht alle Geschäfts­füh­rer, die neu im Geschäft sind und die Buch­hal­tung per Soft­ware erstel­len, nut­zen den Kos­ten­de­ckel zu Pri­vat-Nut­zung des Fir­men­wa­gens. Danach gilt: Der Lohn­steu­er-Vor­teil nach der 1%-Methode nur so hoch sein wie die tat­säch­li­chen monat­li­chen Kos­ten für den Fir­men­wa­gen. Bei­spiel: Anschaf­fungs­kos­ten 60.000 EUR. Jähr­licher lohn­steu­er­li­cher Vor­teil nach der 1%-Methode: 7.200 EUR. Tat­säch­li­che lau­fen­de Kos­ten für AfA (0), Sprit, Ver­si­che­rung usw. 5.800 EUR. Das Finanz­amt darf dann den lohn­steu­er­li­chen Vor­teil ledig­lich mit 5.800 EUR pro Jahr anset­zen (Quel­le: zuletzt im BMF-Schrei­ben vom 18.11.2009, IV C 6 – S 2177/07/10004, Rz. 18 Kostendeckelung).

Wer den Fir­men­wa­gen nicht per Steu­er­be­ra­ter opti­miert, ist gut bera­ten ein­mal selbst nach­zu­rech­nen und nicht ein­fach nur nach der 1%-Regelung zu ver­steu­ern. In der Regel lohnt das bei teu­ren Fahr­zeu­gen (bei denen die 1%-Regel zuschlägt), die abge­schrie­ben sind, die einen nied­ri­gen Sprit­ver­brauch haben und für die nur gerin­ge Ver­si­che­rungs­bei­trä­ge gezahlt werden.

Wohnen in der GmbH-Immobilie: Kein Vorsteuerabzug für die GmbH

Laut Bun­des­fi­nanz­hof kann die GmbH kei­ne Vor­steu­er für Auf­wen­dun­gen für eine an den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer ver­mie­te­te Immo­bi­lie anrech­nen. Das gilt für die unent­gelt­lich über­las­se­ne Woh­nung und für eine ent­gelt­lich ver­mie­te­te Immo­bi­li­en, die nach dem 31.12.2010 ange­schafft oder erstellt wur­de (BFH, Urteil vom 8.10.2014, V R 56/13).

Das gilt auch, wenn die GmbH nicht wirt­schaft­li­cher Eigen­tü­mer der an den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer über­las­se­nen Woh­nung ist. Zum Bei­spiel dann, wenn die GmbH die Woh­nung mie­tet und die­se anschlie­ßend dem Geschäfts­füh­rer kos­ten­los oder gegen Ent­gelt über­lässt. In bei­den Fäl­len kann die GmbH für die von ihr über­nom­me­nen Sanie­rungs­kos­ten (neue Böden, Tape­te usw.) dem Finanz­amt gegen­über kein Vor­steu­er in Rech­nung stellen.

Leistungs-begründete Anschluss-Arbeitsverträge sind unwirksam

Begrün­den Sie die Befris­tung eines Arbeits­ver­tra­ges damit, dass Sie die betrieb­li­chen Fol­gen bei der Ein­stel­lung eines älte­ren und even­tu­ell leis­tungs­ein­ge­schränk­ten Arbeit­neh­mers wirt­schaft­lich nicht ver­ant­wor­ten kön­nen, dann ist eine Befris­tung unzu­läs­sig. Der Arbeit­neh­mer hat Anspruch auf eine unbe­fris­te­te Ein­stel­lung (Arbeits­ge­richt Mainz, Urteil vom 19.3.2015, 3 Ca 1197/14).

Im Urteil ging es um den mehr­fach befris­te­ten Arbeits­ver­trag eines Pro­fi-Fuß­bal­lers des FSV Mainz 05. In die­ser Bran­che sind befris­te­te Arbeits­ver­trä­ge üblich und bis­her unwi­der­spro­chen. Inter­es­sant: Die Grund­sät­ze die­ses Urteil gel­ten auch dort, wenn Arbeit­neh­mer mit kla­ren Leis­tungs­vor­ga­ben beschäf­tigt wer­den (Akkord). Hat der Arbeit­neh­mer den Ein­druck, dass ein befris­te­tes Arbeits­ver­hält­nis wegen sei­ner sin­ken­den Leis­tung nicht ver­län­gert wird, hat er jetzt gute Aus­sich­ten, dage­gen gericht­lich vor­zu­ge­hen. Ver­wen­den Sie nie das Argu­ment der „man­geln­den Leis­tungs­fä­hig­keit“ – weder schrift­lich bei der Ableh­nung noch im Bewerbergespräch.

Wirtschafts-Recht: Prüfen Sie Ihre Mahnschreiben

Auf Mah­nun­gen dür­fen Sie nicht andro­hen, dass Sie bei wei­te­rem Zah­lungs­ver­zug die­sen Vor­gang und die Schuld­ner­da­ten an die Schufa mel­den (BGH, Urteil vom 19.3.2015, I ZR 157/13).

Der Unter­neh­mer hat­te im Mahn­schrei­ben dar­auf ver­wie­sen, dass er sich als Part­ner der Schufa dazu ver­pflich­tet hat, säu­mi­ge Schuld­ner zu mel­den. Eine sol­che Andro­hung – so der BGH – darf ab sofort abge­mahnt wer­den (Abmahn- und Unter­las­sungs­ge­büh­ren). Prü­fen Sie Ihr For­de­rungs-Manage­ment bzw. im auto­ma­ti­sier­ten Mahn­ver­fah­ren, wel­che For­mu­lie­run­gen hier in Ihren Stan­dard-Schrei­ben ver­wen­det werden.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

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