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Volkelt-Brief 12/2016

Volkelt-FB-01Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Win­ter­korn wird Haf­tungs-Prä­zen­denz­fall + Inves­tie­ren: Gewer­be­steu­er wird immer teu­rer – Was tun? + Dienst­plä­ne und Gehalts­lis­ten: So nicht, lie­be Zoll­prü­fer ! + Rich­tig gemacht: Kom­mu­ni­ka­ti­on oder Kon­fron­ta­ti­on mit dem Betriebs­rat + Ent­sen­de­ge­setz: Bes­se­rer Schutz für klei­ne­re Fir­men vor Lohn­dum­ping + GmbH-Recht: Über­nah­me der Grün­dungs­kos­ten + BMF: Steu­er­ge­stal­tung für Abfin­dung ist zuläs­sig + EU-Kon­zern: Steu­er­da­ten wer­den euro­pa­weit öffent­lich + GmbH-Steu­ern: BFH begrenzt die Zins­schran­ke + BISS

 

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Frei­burg 18. März 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

auch für Sie als GmbH-Geschäfts­füh­rer gel­ten Vor­ga­ben des Akti­en­ge­set­zes – so etwa zur Haf­tung des Vor­stan­des bzw. der Geschäfts­lei­tung. Lässt sich z. B. nach­wei­sen, dass VW-Vor­stand Mar­tin Win­ter­korn frü­her in die Abgas-Affä­re invol­viert war, besteht u. U. ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Unter­neh­mens (vgl. Nr. 41/2015). Für den Ex-VW-Chef wird es jetzt eng. Der Auf­sichts­rat prüft, ob gegen ihn Scha­dens­er­satz­kla­ge erho­ben wer­den muss. Womög­lich erle­ben wir einen Prä­zen­denz­fall. Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass der in der Insol­venz ein­ge­setz­te Insol­venz­ver­wal­ter prü­fen wird, ob Sie (Risi­ko-) Geschäf­te ein­ge­gan­gen sind, die Sie bes­ser nicht abge­schlos­sen hätten.

Ob ein Geschäft, das Sie abschlie­ßen und das zum Nach­teil der GmbH aus­fällt, ein Ver­stoß gegen die Treue­pflicht gegen­über Ihrer GmbH zu wer­ten ist, ent­schei­det sich auch am Gegen­stand des Unter­neh­mens. Das wird völ­lig unter­schätzt. Ist ein sol­ches Geschäft nicht durch den „Gegen­stand der GmbH“ gedeckt, soll­ten Sie sich zumin­dest die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter ein­ho­len. Ent­we­der als offi­zi­el­len Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung oder – Mini­mum – als pro­to­kol­lier­te Gesprächs­no­tiz, mit der Sie bele­gen kön­nen, dass die Gesell­schaf­ter 1. infor­miert waren und 2. nicht wider­spro­chen haben.

Investieren: Gewerbesteuer wird immer teurer – was tun?

Nach der RWE-0-Divi­den­de prü­fen vie­le Kom­mu­nen in NRW, ob sie die Ein­nah­me­aus­fäl­le mit einer Erhö­hung der Gewer­be­steu­er auf­fan­gen. Fakt ist: Von 2014 auf 2015 haben über 30 % aller Kom­mu­nen die Gewer­be­steu­er erhöht. Auch für 2016 haben vie­le Kom­mu­nen Anpas­sun­gen ein­ge­plant. Spit­zen­rei­ter bei den Hebe­sät­zen ist die Ober­hau­sen mit 550. Auch eini­ge ande­re NRW-Städ­te lie­gen über 500. Ber­lin liegt mit einem Hebe­satz von 410 im obe­ren Bereich. Einer der güns­tigs­ten Stand­or­te ist Unter­ha­ching mit einem Hebe­satz von 295. Es gibt aber auch Gemein­den, die neue Fir­men locken. In Ber­gisch-Glad­bach z. B. wur­de der Hebe­satz von 490 in 2014 auf 460 in 2015 gesenkt.

Für Unter­neh­men, die expan­die­ren und in den Stand­ort inves­tie­ren müs­sen, ist die Gewer­be­steu­er unter­des­sen ein ech­ter Kos­ten­fak­tor. Alter­na­ti­ven sind: Stand­ort­wech­sel, Aus­la­ge­rung von Tei­len des Unter­neh­mens in gewer­be­steu­er-begüns­ti­ge Stand­or­te (Grün­dung von selb­stän­di­gen Toch­ter­ge­sell­schaf­ten mit nied­ri­ge­ren Gewerbesteuer-Hebesätzen).

Dienstpläne und Gehaltslisten: So nicht, liebe Zollprüfer !

Mit einer gewis­sen Genug­tu­ung haben wir jetzt einen Fall vor dem Amts­ge­richt Frei­burg zur Hin­ter­zie­hung von Sozi­al­bei­trä­gen zur Kennt­nis genom­men. Als Beleg für den Betrug leg­te der Zoll dem Gericht zahl­rei­che Leit­z­ord­ner vor. Inhalt: Die Doku­men­ta­ti­on der Arbeits­zei­ten durch den Unter­neh­mer (hier: Gas­tro­no­mie­be­trieb), Dienst­plä­ne und Gehalts­ab­rech­nun­gen. Zur Ver­deut­li­chung: In Bran­chen, in denen vie­le Gering­ver­die­ner beschäf­tigt sind, kom­men da schnell eini­ge „Meter“ Ord­ner zusam­men. Das Gericht lehn­te das als Beweis­mit­tel schlicht­weg ab. Der Rich­ter ver­lang­te vom Zoll vor Gericht eine ver­ständ­li­che und nach­voll­zieh­ba­re Beweis­füh­rung für den Einzelfall.

U. E. eine begrü­ßens­wer­te Ein­sicht. Die Zoll­be­hör­de hat­te auf­grund die­ser Unter­la­gen 60.000 € hin­ter­zo­ge­ne Sozi­al­bei­trä­ge hoch­ge­rech­net. War dann aber nicht in der Lage eine Beweis­füh­rung zu erbrin­gen. Hut ab vor einem Rich­ter, der – allen Vor­ur­tei­len gegen die Gas­tro-Bran­che zum Trotz – sich nicht auf Ver­dacht, Ver­mu­tun­gen und Schät­zun­gen ein­lässt, son­dern eine lücken­lo­se und plau­si­ble Beweis­füh­rung ver­langt und durch­setzt. Es bleibt zu hof­fen, dass die Zoll­be­hör­den das zum Anlass neh­men, vor­schnel­le und „über den Dau­men“ geschätz­te Betrugs­sum­men klar zu bele­gen und vor­ab recht­lich kor­rekt abzusichern.

Richtig gemacht: Kommunikation/Konfrontation mit dem Betriebsrat

In vie­len Fir­men läuft die Zusam­men­ar­beit mit dem Betriebs­rat gut. Das ist aber nicht immer so. Je grö­ßer die Ent­fer­nung der Geschäfts­füh­rung zu den Mit­ar­bei­tern, je mehr Beschäf­tig­te im Unter­neh­men und je stär­ker exter­ner Ein­fluss (Gewerk­schaft) auf die Mit­ar­bei­ter aus­ge­übt wird, umso pro­ble­ma­ti­scher sehen vie­le per­so­nal­ver­ant­wort­li­che Geschäfts­führer das Ver­hält­nis zu den Arbeit­neh­mer-Ver­tre­tun­gen. Hier eini­ge Hin­wei­se wie Sie sich das Leben mit dem Betriebs­rat leich­ter machen:

  • Kom­mu­ni­ka­ti­on: Suchen Sie bewusst das 4‑Au­gen-Gespräch mit dem Betriebs­rats­vor­sit­zen­den. Stei­gen Sie dabei mit einem pri­va­ten The­ma ein. Es wird für Ihren Gesprächs­part­ner nach die­sem Ein­stieg schwie­rig, auf einen dog­ma­ti­schen Weg zurück­zu­fin­den. Geben Sie ihm Ein­blick in betrieb­li­che Belan­ge und einen Infor­ma­ti­ons­vor­sprungs (Bran­chen­in­for­ma­tio­nen).
  • Zeit zum Ver­han­deln: Stel­len Sie sich auf lang­wie­ri­ge Ver­hand­lun­gen ein. Es schwächt Ihre Ver­hand­lungs­po­si­ti­on unge­mein, wenn Sie unter Zeit­druck Ver­hand­lun­gen zu Ende brin­gen müs­sen. Drän­gen Sie nicht auf eine bestimm­te Zeit­vor­ga­be. Las­sen Sie Ihr Gegen­über spü­ren, dass für Sie bei den Ver­hand­lun­gen die Zeit kei­ne Rol­le spielt – auch, wenn Ihnen das schwer fällt.
  • Kom­pe­tenz statt Ideo­lo­gie: Vie­le moti­vier­te und leis­tungs­ori­en­tier­te Mit­ar­bei­ter scheu­en davor zurück, ein Betriebs­rats­amt zu über­neh­men. Sie fürch­ten einen Kar­rie­re-Knick und Nach­tei­le für ihre beruf­li­che Ent­wick­lung. Als per­so­nal­ver­ant­wort­li­cher Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie eine sol­che Situa­ti­on als Chan­ce sehen: Sie ver­lie­ren zwar einen guten Mit­ar­bei­ter, Ihr Unter­neh­men gewinnt dadurch aber unter Umstän­den einen loya­len und kom­pe­ten­ten Betriebs­rat, der die Betriebs­be­lan­ge bes­ser versteht.
  • Regel und Aus­nah­me: Vor­läu­fi­ge Per­so­nal­ein­stel­lun­gen in Eil­fäl­len soll­ten Sie als Vor­ge­setz­ter auf kei­nen Fall über­stra­pa­zie­ren. Ein dau­ern­der Miss­brauch kann zu einer gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung führen.
  • Wochen­end-Poli­tik: Das Arbeits­recht stellt auf Kalen­der­ta­ge ab. Daher ist Eile gebo­ten, wenn Sie die Mit­tei­lung des Betriebs­ra­tes an einem Frei­tag erhal­ten, z. B. Wider­spruch gegen Mehr­ar­beit. In die­sem Fall ist näm­lich der fol­gen­de Mon­tag bereits der letz­te Tag, um den Antrag auf Mehr­ar­beit beim Arbeits­ge­richt wirk­sam stel­len zu kön­nen. Neh­men Sie Infos vom BR frei­tags zur Kennt­nis, damit Sie u. U. noch über das Wochen­en­de mit Ihrem Anwalt in der Sache Kon­takt auf­neh­men kön­nen.*   *   *
Wert­vol­le Hil­fe kann der Betriebs­rat für die Geschäfts­lei­tung über­neh­men, wenn es zu Kon­flik­ten zwi­schen ein­zel­nen Mit­ar­bei­tern kommt, etwa wenn ein Vor­ge­setz­ter mit unter­ge­ord­ne­ten Mit­ar­bei­tern nicht klar kommt oder wenn Pro­jekt­mit­ar­bei­ter gegen­ein­an­der statt mit­ein­an­der funk­tio­nie­ren. Sie brau­chen dann nicht mehr bei jeder Ange­le­gen­heit ein­grei­fen und behal­ten sich den­noch die letz­te Ent­schei­dung vor, wenn der als Media­tor ein­ge­setz­te Betriebs­rat kei­ne Kon­flikt-Lösung durch­set­zen kann.

Besserer Schutz für kleinere Firmen vor Lohndumping

Die EU-Kom­mis­si­on plant neue Vor­ga­ben für eine Ent­sen­de-Richt­li­nie als Nach­fol­ge-Rege­lung für das der­zei­tig Ent­sen­de­ge­setz. Arbeit­neh­mer sol­len euro­pa­weit nach ein­heit­li­chen Kri­te­ri­en ver­gü­tet wer­den. Ent­schei­dend ist die Lohn­re­ge­lung am Auf­trags-Ort der Tätig­keit. In einem ers­ten Schritt betrifft das Gleich­ver­gü­tungs­ge­bot Lohn und Lohn­ne­ben­leis­tun­gen (Zula­gen, Über­stun­den­ver­gü­tung). Zusätz­lich wer­den nach 2 Jah­ren Sozi­al­bei­trä­ge fällig.

Für klei­ne­re inlän­di­sche Unter­neh­men – Hand­werks-GmbHs – ist das eine über­fäl­li­ge Anpas­sung. Immer mehr stellt sich näm­lich her­aus, dass gera­de in grenz­na­hen Zonen – immer mehr aus­län­di­sche Fir­men bei öffent­li­chen Aus­schrei­bun­gen zum Zuge kom­men. Eben weil sie mit Lohn­dum­ping kal­ku­lie­ren kön­nen. Die Umset­zung durch die EU-Behör­den dürf­te aller­dings dau­ern. Mit einer Umset­zung vor 2018 dürf­te kaum zu rech­nen sein.

GmbH-Recht: Übernahme der Gründungskosten

Nur wenn es eine kor­rek­te Klau­sel zur Über­nah­me der Grün­dungs­kos­ten im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH gibt, muss die GmbH die Kos­ten über­neh­men. Das gilt auch für die Aner­ken­nung der Grün­dungs­kos­ten als Betriebs­aus­ga­ben der GmbH (OLG Cel­le, Urteil vom 11.2.2016, 9 w 10/16).

Die For­mu­lie­rung: „Die Kos­ten der Grün­dung der Gesell­schaft bis zu einem Betrag von 3.000 € trägt die Gesell­schaft“ reicht nicht für einen recht­li­chen Anspruch der Gesell­schaf­ter für eine Über­nah­me bzw. für eine steu­er­li­che Aner­ken­nung als Betriebs­aus­ga­ben der Grün­dungs­kos­ten. Die Grün­dungs­kos­ten müs­sen zudem „ange­mes­sen“ sein. Statt zu pro­zes­sie­ren ist Nach­bes­se­rung in der Regel die bes­se­re weil kos­ten­güns­ti­ge­re Lösung.

BMF: Steuergestaltung für Abfindung ist zulässig

Das Bundes­finanz­ministerium (BMF) hat jetzt schwarz auf weis bestä­tigt, was die Finanz­ge­rich­te bereits vor­ge­ge­ben hat­ten. Danach kann die steu­er­lich güns­ti­ge Fünf­tel­re­ge­lung (§ 34 EStG) auch dann bean­sprucht wer­den, wenn ein Teil­be­trag der Abfin­dung – max. 10 % – erst im Fol­ge­jahr gezahlt wird (BMF-Schrei­ben vom 4.3.2016, IV C 4 – S – 2290/07/10007).

Erfreu­lich: Der 10%-Anteil ist eine Steu­er-siche­re Sache und ist immer dann vor­teil­haft, wenn der Geschäfts­füh­rer im Fol­ge­jahr sehr nied­ri­ge Ein­künf­te erzielt oder wenn er – z. B. aus gesund­heit­li­chen Grün­den – im Fol­ge­jahr eine beruf­li­che Pau­se (Sab­bat­jahr) ein­le­gen will. Laut BMF ist die­se Rechts­la­ge auch auf alle noch offe­nen Ver­fah­ren in der Sache anzuwenden.

EU-Konzerne: Steuerdaten werden europaweit öffentlich

Noch in die­sem Jahr sol­len Kon­zer­ne mit Sitz in Euro­pa dazu ver­pflich­tet wer­den, ihre gesam­ten Umsät­ze, Gewin­ne und Infor­ma­tio­nen über geleis­te­te Steu­er­zah­lun­gen euro­pa­weit zu ver­öf­fent­li­chen. Das haben die Finanz- und Wirt­schafts­mi­nis­ter der EU-Staa­ten jetzt im Rah­men der Eco­fin-Bera­tun­gen ver­ein­bart (Quel­le: Beschluss des Eco­fin-Rates vom 8.3.2016).

Ziel ist es, die Kon­zer­ne dazu zu brin­gen, Gewin­ne dort zu ver­steu­ern, wo sie erwirt­schaf­tet wer­den. Bis 2017 sol­len auch die USA und die OECD-Staa­ten in die­se Rege­lung ein­be­zo­gen wer­den. Unklar ist, ob und wie nicht-euro­päi­sche Toch­ter­ge­sell­schaf­ten in die Offen­le­gungs­ver­pflich­tun­gen ein­be­zo­gen wer­den. Es steht noch aus die par­la­men­ta­ri­sche Zustim­mung Groß­bri­tan­ni­ens. Wird die Zustim­mung erteilt, müs­sen die Vor­schrif­ten in der EU in spä­tes­tens 12 Mona­ten umge­setzt werden.

GmbH-Steuern: BFH begrenzt die Zinsschranke

Unab­hän­gig vom Urteil des BVerfG zur Zuläs­sig­keit der Zins­schran­ke (Nr. 9/2016) hat der BFH klar­ge­stellt: Bei Prü­fung der 10%-Grenze zur Anwen­dung der Zins­schran­ke (§ 8a KStG) darf das Finanz­amt die Zin­sen der ein­zel­nen qua­li­fi­ziert betei­lig­ten Gesell­schaf­ter nicht zusam­men­rech­nen (Az.: I R 57/13).

Klei­ne­re Unter­neh­men, deren Zins­sal­do (Zins­auf­wen­dun­gen minus Zins­er­trä­ge) < 3 Mio. EUR betra­gen, lie­gen unter der Frei­gren­ze. Damit sind alle Zins­auf­wen­dun­gen in vol­ler Höhe steu­er­lich abzugs­fä­hig. Beträgt der Zins­sal­do genau 3 Mio. € oder liegt er dar­über, unter­lie­gen die gesam­ten Zins­auf­wen­dun­gen der Zins­schran­ke. Laut Finanz­ver­wal­tung erhöht ein Zins­vor­trag den Zins­sal­do des Fol­ge­jah­res (Text­zif­fer 46 des BMF-Schrei­bens vom 4.7.2008, IV C 7 – S 2742/a/07/10001).

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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