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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 12/2015

Volkelt-NLWirt­schaft und Poli­tik: Nach der Frau­en­quo­te ist vor Equal Pay + Fremd-GF: Bes­se­re Kar­ten nach der Amts­nie­der­le­gung + Der Fall Tön­nies: Kein Beschluss ohne Form­vor­schrif­ten + Ter­min­sa­che: Erstel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses 2014 + Ter­min­sa­che: Jah­res­mel­dung zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung (KSV) + Steu­er: GmbH zahlt pri­va­te Ver­bind­lich­kei­ten per Scheck + Arbeits­recht: Min­dest­lohn-Ände­rungs­kün­di­gung ist unwirk­sam + Geschäfts­füh­rer unter­wegs: Das Han­dy ist kein Navi­ga­ti­ons­sys­tem +  BISS

 

 

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Nr. 12/2015

Frei­burg 20. März 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

nach der Frau­en­quo­te nimmt sich Fami­li­en­mi­nis­te­rin Manue­la Schwe­sig (SPD) jetzt des zwei­ten The­mas zum Arbeits­recht an, das im Koali­ti­ons­ver­trag (vgl. Nr. 2/2014) fest­ge­schrie­ben ist. Stich­wort: Equal Pay. Glei­cher Lohn für glei­che Arbeit.

In den meis­ten klei­ne­ren und mit­tel­stän­di­schen Betrie­ben ist das kein The­ma, weil ohne­hin in der Regel leis­tungs­ori­en­tiert ver­gü­tet wird. Unter­neh­men müs­sen befürch­ten, dass bei der Aus­füh­rung mit Kano­nen auf Spat­zen geschos­sen wird. Kon­kret: Mit­ar­bei­ter kön­nen von ihrem Arbeit­ge­ber Aus­kunft dar­über ver­lan­gen, ob sei­ne Ein­stu­fung kor­rekt in einer ver­gleich­ba­ren Lohn­grup­pe erfolgt ist. Ent­war­nung gibt es für klei­ne­re mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men: Eine gesetz­li­che Rege­lung wird es nur für Unter­neh­men mit 500 und mehr Mit­ar­bei­tern geben. Unter­neh­men, die vie­le Frau­en (Ein­zel­han­del, Tex­til, Phar­ma) beschäf­ti­gen, kann es sinn­voll sein, früh­zei­tig über Umstruk­tu­rie­run­gen nachzudenken.

Bereits im Juni wird es einen Gesetz­ent­wurf geben. Nach der Durch­set­zung der Frau­en­quo­te durch die Gro­ße Koali­ti­on ist abzu­se­hen, dass es auch in Sachen Equal Pay zu einer gesetz­li­chen Rege­lung kom­men wird. Das The­ma ist geeig­net, die dann bevor­ste­hen­de Bun­des­tags­wahl 2017 zu ent­schei­den. Damit sinkt die  Chan­ce, dass sich die CDU auf ihre Rol­le als Wirt­schafts­par­tei beruft und wei­te­re büro­kra­ti­sche Erschwer­nis­se nicht zulas­sen wird.

Fremd-GF: Bessere Karten nach der Amtsniederlegung

Nach eini­gen Urtei­len des BGH und des BAG zu der Fra­ge, wel­ches Gericht für strit­ti­ge Ange­le­gen­hei­ten des GmbH-Geschäfts­­­füh­rers mit sei­nem Arbeit­ge­ber GmbH zustän­dig ist, steht fest: Für den GmbH-Geschäfts­­­füh­rer ist es jetzt noch ein­fa­cher, sei­ne Streit­sa­che vor einem Arbeits­ge­richt ver­han­deln zu las­sen (vgl. Nr. 1/2015 und 40, 50/2014).

Vor­teil für den Geschäfts­füh­rer: Das Ver­fah­ren ist schnel­ler (Ein­ver­fah­ren) und in der Ten­denz arbeit­neh­mer­freund­li­cher. Das gilt in ers­ter Linie für Streit­fragen aus dem Anstel­lungs­ver­hält­nis des Geschäfts­füh­rers, also z. B. um Gehalts­fra­gen, um Kün­di­gungs­mo­da­li­tä­ten oder sons­ti­ge Ansprü­che aus dem Anstel­lungs­ver­trag (Urlaub, Über­stun­den­ver­gü­tung, Ansprü­che auf Alters­ver­sor­gung). Rechts­fra­gen, die sich auf die Organ­stel­lung des Geschäfts­füh­rers bezie­hen, kön­nen aller­dings nach wie vor nicht von einem Arbeits­ge­richt ent­schie­den wer­den. Das sind z. B. Fra­gen um die Wahr­neh­mung des Wei­sungs­rechts durch die Gesell­schaf­ter. Hier ist die ordent­li­che Gerichts­bar­keit (hier: Land­ge­richt) zuständig.

Ach­tung: Der Weg zum Arbeits­ge­richt ist aber wei­ter­hin aus­ge­schlos­sen, solan­ge der Geschäfts­füh­rer noch im Amt ist. Der Zugang zum Arbeits­ge­richt ist aber immer dann mög­lich, wenn der Geschäfts­füh­rer bereits abbe­ru­fen wur­de oder wenn er sein Amt nie­der­ge­legt hat und wenn es sich bei den Strei­tig­kei­ten um Ansprü­che aus dem Arbeits­ver­hält­nis (Anstel­lungs­ver­hält­nis) han­delt (BAG-Beschluss vom 3.12.2014,10 AZB 98/14). Dro­hen die Gesell­schaf­ter dem Geschäfts­füh­rer bei Strei­tig­kei­ten mit einer schnel­len Abbe­ru­fung, ris­kie­ren sie damit, dass der Geschäfts­füh­rer sofort den für ihn bes­se­ren und schnel­le­ren Gerichts­weg über das Arbeits­ge­richt ein­schla­gen kann.

Umge­kehrt kön­nen Sie als Geschäfts­füh­rer, der mit sei­nem Arbeit­ge­ber GmbH zer­strit­ten ist, jetzt weit­ge­hend selbst bestim­men, wel­che Gerichts­zu­stän­dig­keit für Sie die bes­se­re Lösung ist. Glau­ben Sie sich mit Ihren For­de­run­gen bei einem Arbeits­ge­richt bes­ser auf­ge­ho­ben, genügt es, wenn Sie Ihr Amt nie­der­le­gen und vor dem Arbeits­ge­richt kla­gen. Prü­fen Sie vor­ab, ob in Ihrem Anstel­lungs­ver­trag eine Klau­sel ver­ein­bart ist, wonach die Amts­nie­der­le­gung als „wich­ti­ger Grund zur frist­lo­sen Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trags berech­tigt“. Dann soll­ten Sie zusam­men mit Ihrem Anwalt prü­fen, wel­ches die bes­se­re Rechts­po­si­ti­on für Sie ist.

Der Fall Tönnies: Kein Beschluss ohne Formvorschriften

Die Zwei­per­so­nen-GmbH mit zwei zu 50 % betei­lig­ten Gesell­schaf­tern ist eine sen­si­ble Ange­le­gen­heit. Solan­ge sich die Betei­lig­ten ver­ste­hen, ist Alles kein Pro­blem. Gibt es Kon­flik­te, wird es kom­pli­ziert. Wie kom­pli­ziert das wer­den kann, zeigt aktu­ell der Fall Tön­nies.

Das Pro­blem: Einer der bei­den 50%-Gesellschafter hat­te sich dar­auf beru­fen, dass ihm mit dem Erbe des GmbH-Anteils ein dop­pel­tes Stimm­recht zuge­stan­den wor­den sei. Eine sol­che (schrift­li­che) Ver­ein­ba­rung konn­te er aber vor Gericht nicht nach­wei­sen. In ers­ter Instanz wur­de ihm das dop­pel­te Stimm­recht abge­spro­chen (LG Bie­le­feld, 17 O 61/12, vgl. auch Nr. 47/2014). Jetzt hat das OLG Hamm den Fall been­det: „Eine sol­che Ver­ein­ba­rung muss nicht nur schrift­lich son­dern auch in der dafür vor­ge­se­he­nen Form (Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges, Gesell­schaf­ter­be­schluss) gefasst wer­den“ (Urteil vom 9.3.2015, 8 U 78/14).

Unkla­re Beschluss­fas­sun­gen betref­fen aber nicht nur Zwei­per­so­nen-GmbHs. Hier kön­nen sich die Betei­lig­ten vor einer Patt-Situa­ti­on schüt­zen, indem sie einen neu­tra­len Drit­ten als Schieds­rich­ter ins Boot neh­men (Haus­an­walt, Steu­er­be­ra­ter, IHK-Sach­ver­­­stän­di­­ger). Schwie­ri­ger wird es, wenn ein erfolg­rei­ches Unter­neh­men in die 2. und 3. Gene­ra­ti­on geht. Als Grün­der müs­sen Sie sehr vor­aus­schau­end agie­ren, um „den Laden zusam­men­zu­hal­ten“. Dazu gibt es eini­ge Mög­lich­kei­ten: Stü­cke­lung der Antei­le, Bestim­mung der Rech­te der Fami­li­en-Mit­glie­der/An­ge­hei­ra­te­ten, Bestim­mung der Qua­li­fi­ka­tio­nen für die Mit­ar­beit im Unternehmen.

Oft kommt es in sol­chen Kon­flikt-Kon­stel­la­tio­nen zur gegen­sei­ti­gen Abbe­ru­fung der 50:50 % betei­lig­ten Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer. Die­se Fäl­le lan­den in der Regel vor dem Gericht. Die Gesell­schaf­ter über­las­sen damit die Zukunft der GmbH einem unge­wis­sen Ver­fah­rens­aus­gang. Die GmbH ist in sol­chen Fäl­len erst dann wie­der hand­lungs­fä­hig, wenn ein Gericht über die Zuläs­sig­keit und Wirk­sam­keit der Abbe­ru­fung ent­schie­den hat (vgl. Nr. 33/2013, 26, 47/2014). Wich­tig ist, den Kon­flikt­fall vor­aus zu den­ken und nicht erst dann zu han­deln, wenn es bereits zu unüber­brück­ba­ren Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Geschäfts­po­li­tik gekom­men ist.

Terminsache: Erstellung des Jahresabschlusses 2014

Mit­tel­gro­ße und gro­ße GmbHs müs­sen den Jah­res­ab­schluss 2014 bis zum 31.3.2015 auf den Weg brin­gen – „erstel­len“ (§ 264 HGB). Anschlie­ßend muss der Jah­res­ab­schluss fest­ge­stellt und per Gesell­schaf­ter-Beschluss abge­seg­net wer­den. Letz­te Maß­nah­me wird dann der 31.12.2015 sein, zu dem alle GmbHs ihren Jah­res­ab­schluss 2014 offen legen müs­sen (Zu den „GmbH-Grö­ßen­klas­sen“ > vgl. zuletzt Nr. 4 + 10/2015).

Laut HGB muss der Jah­res­ab­schluss 2014 bereits zum 31.3.2015 „erstellt“ sein. In der Pra­xis ist das für die meis­ten GmbHs nicht zu leis­ten – so sind vie­le Steu­er­be­ra­ter dazu zeit­lich nicht in der Lage. Aber: Wo kein Klä­ger, da kein Täter. In der Pra­xis wird die­se Ter­min­vor­ga­be nicht geprüft und auch nicht geahn­det. Zum Pro­blem wird die­se Frist aber dann, wenn einer der Gesell­schaf­ter auf Ein­hal­tung des Ter­mins drängt (klagt) oder wenn ein Bank­ter­min zu Finan­zie­run­gen ansteht und die Bank dar­auf Wert legt, den aktu­el­len Jah­res­ab­schluss einzusehen.

Terminsache: Jahresmeldung zur Künstlersozialversicherung (KSV)

Die Sum­me aller an selb­stän­di­ge Künst­ler und Publi­zis­ten gezahl­ten Ent­gel­te aus 2014 müs­sen Sie bis zum 31.3.2015 an die Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung (KSV) mel­den. Die­se Mel­dung ist die Grund­la­ge für die Abrech­nung der Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be für das Vor­jahr. Soweit sich hier­aus Nach­zah­lun­gen erge­ben, wer­den die­se eben­falls am 31.3. des Abrech­nungs­jah­res fäl­lig. Die monat­li­chen Vor­aus­zah­lun­gen auf die Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be sind bis zum 10. des Fol­ge­mo­na­tes an die Künst­ler­so­zi­al­kas­se zu zah­len. Zah­len Sie Bei­trä­ge nicht, nicht in der gefor­der­ten Höhe oder nicht pünkt­lich, ist die Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung berech­tigt, monat­lich Säum­nis­zu­schlä­ge in Höhe von 1% des Rück­stan­des zu berechnen.

Seit Anfang 2014 wird die ord­nungs­ge­mä­ße Mel­dung und Abfüh­rung der Bei­trä­ge zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung im Rah­men der Betriebs­prü­fun­gen durch die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung (DR) geprüft. Infor­mie­ren Sie sich vor­ab, wel­che Leis­tun­gen bei­trags­pflich­tig sind. Bei­spie­le gibt es unter www.kuenstlersozialkasse.de > Down­load­be­reich für Unter­neh­men und Ver­wer­ter. Prü­fen Sie, wel­che Leis­tun­gen Sie ggf. im eige­nen Haus ohne KSV-Bei­trag erstel­len kön­nen, z. B. Wer­be­tex­te, eige­ne Fotos durch Mit­ar­bei­ter erstel­len, Gestal­tung der Web-Sei­ten durch die eige­ne IT usw..

Steuer: GmbH zahlt private Verbindlichkeiten per Scheck

Die GmbH hat­te Zah­lun­gen der GmbH an den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer per Scheck als durch­lau­fen­den Pos­ten ver­bucht, ohne dass nähe­re Anga­ben zum Ver­wen­dungs­zweck gemacht wur­den. Der Steu­er­prü­fer wer­te­te das als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) und for­der­te für ins­ge­samt rund 100.000 EUR Nach­steu­ern nach dem zu die­ser Zeit noch gel­ten­den Halb­ein­künf­te­ver­fah­ren ein. Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) bestä­tig­te jetzt die­se Rechts­la­ge (BFH, Urteil vom 2.12.2014, VIII R 45/11).

Steu­er­lich kor­rekt ist es, wenn die GmbH Scheck­zah­lun­gen für pri­va­te Aus­ga­ben des Gesell­schaf­ters auf des­sen Ver­rech­nungs­kon­to ver­bucht. Dann han­delt es sich um eine (vor­schrifts­mä­ßi­ge) Gewinn­aus­schüt­tung. So kann der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer die zusätz­li­che Belas­tung aus einer vGA verhindern.

Arbeitsrecht: Mindestlohn-Änderungskündigung ist unwirksam

Die ers­ten Urtei­le in Sachen Min­dest­lohn sind da. Hier: Will der Arbeit­ge­ber Urlaubs­geld und Son­der­zah­lun­gen auf den Min­dest­lohn anrech­nen, dann ist eine aus die­sem Grund aus­ge­spro­che­ne Ände­rungs­kün­di­gung unwirk­sam (Arbeits­ge­richt Ber­lin, Urteil vom 4.3.2015, 54 Ca 14420/14).

Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig. Der Arbeit­ge­ber wird den Sach­ver­halt in der nächs­ten Instanz (LAG Ber­lin-Bran­den­burg) prü­fen las­sen. Das Arbeits­ge­richt hat zum Sach­ver­halt aller­dings kei­ne über­zeu­gen­de und fun­dier­te Begrün­dung gelie­fert. Über den Aus­gang des Ver­fah­rens hal­ten wir Sie selbst­ver­ständ­lich auf dem Laufenden.

Geschäftsführer unterwegs: Das Handy ist kein Navigationssystem

Auch wenn Sie das Smart­phone im Auto nur für die Navi­ga­ti­on ver­wen­den, wird das teu­er. Nach einem Urteil des OLG Hamm dür­fen Sie das Han­dy nur anfassen/berühren, wenn das Fahr­zeug steht und wenn der Motor aus­ge­schal­tet ist (OLG Hamm, Urteil vom 15.1.2015, 1 RBs 232/14).

Den­noch ist es ver­brei­te­te Pra­xis (vgl. beim Ampel­stopp, Auto­bahn­fah­ren), dass das Han­dy wäh­rend der Fahrt benutzt wird. Ein sol­cher Miss­brauch wird immer pro­ble­ma­ti­scher, weil die Ver­si­che­run­gen danach fahn­den, ob ein Unfall han­dy­be­dingt ver­ur­sacht ist. Im Ernst­fall kann das den Ver­si­che­rungs­schutz kosten.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

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